|
Text |
Quellenangaben und Anmerkungen
|
|
Monarchie, ist ein
Griechisches
Wort, und
bedeutet
eigentlich eine
ordentliche
Form der
Republick, da
die höchste Gewalt nur einer
Person zukommt, wird auch sonst ein
Reich oder Königreich
genennet, wiewol nicht
ein ieder
Monarch ein
König ist, und hingegen einige den Königlichen
Titel ohne
der höchsten Gewalt geführet haben. |
|
|
Einige halten diese
Art der
Regiments-Form vor die älteste;
Pufendorf aber in jure naturae ... giebt hierinnen der
Democratie
den
Vorzug. Wenigstens ist bey dem Jüdischen
Volck keine monarchische
Regierung,
von Anfang bis zu Ende, im Schwange gewesen, und die in solchem Wahn stehen,
sind gantz irrig dran. Doch hat diese
Meynung Adrian Houtuynus
de monarchia Ebraeorum ... 1685. verfochten; dem aber
Rechenberg eine besondere Dissertation, de ficta monarchiae
Ebraeorum ante Saulem, die in Volum. Dissert. ... stehet, entgegen
gesetzet hat. |
|
|
Die
Art des Regiments, darunter ehemals das
Volck Israel stunde, war gantz
etwas sonderbares, und wird von etlichen Theocratie, ein
GOttes-Regiment
genennet, die hierinnen den Josephus lib. 2.
contra Appionem ... zum Vorgänger haben. Die
Sache verhält sich auch in der
That so. Denn man mag entweder die erste Einrichtung des Israelitischen
Staats,
oder das darinnen geführte Regiment, oder die Handhabung der Rechte der
Maiestät
ansehen, welches alles
GOtt zugeschrieben wird; so wird sich zeigen, daß die
Regiments-Form mit allem
Recht eine Theocratie heisse. |
|
|
Boßius introd. in notit. ... theilet die Monarchie
in eine göttliche und
menschliche, davon jene bey dem Jüdischen
Volck, vor Sauls
Regierung, gewesen, und nimmt also das
Wort Monarchie in solchem
Verstand,
daß man es auch von
GOtt
sagen könne, welches aber wider den gewöhnlichen Gebrauch
desselbigen ist. |
|
|
In der
Sache selbst, daß einem die
höchste Gewalt aufgetragen worden, sind
die Monarchien einander gleich; in andern Umständen aber von einander
unterschieden. |
|
|
Aristoteles polit. III. 10. 11. theilet sie in
regnum, |
|
|
a) |
heroicum, welche von den
wohlverdienten
Helden, und ihren Nachkommen geführet wird, dergleichen die Nachkommen
des Hercules bey den Griechen gewesen; |
|
|
|
b) |
in laconicum, oder legale, da
der
König nach den
Gesetzen zu
regieren
verbunden ist, dergleichen
Monarchie vor Alters die Lacedämonische gewesen, und noch heutiges Tages
die
Regiments-Form bey der Republick Venedig ist; |
|
|
|
c) |
in barbaricum, vermöge dessen ein
Regente über seine
Unterthanen eine despotische
Gewalt hat, und sowol
ihrer |
|
|
|
{Sp. 998} |
|
|
|
Personen als
Güter einziger
Herr, sie aber alle
seine Sclaven sind, dergleichen hauptsächlich bey den Morgenländischen
Völckern üblich ist; |
|
|
|
d) |
in Aesymneticum, da iemand, mit Bewilligung des
gantzen Landes, auf eine
Zeit zum
Ober-Herrn erwehlet, und ihm eine
unumschränckte
Gewalt aufgetragen wird, die aber weder erblich ist, noch
auch länger als auf die
bestimmte Zeit währt, von welcher
Art, vorzeiten
die
Regierung der Dictatorum zu Rom gewesen; und endlich |
|
|
|
e) |
in Pambasilicum, so darinn bestehet, daß
der
Regent über seine
Unterthanen also herrschet, wie ein guter
Haus-Vater über seine Familie, und also nach Beschaffenheit der Umstände
über einige als
Bürger, über andere als Sclaven herrschet, nachdem er
Macht über sie hat, wovon
Müller in institut.
politic. ... und Arnisäus in
operib. politic.
... zu lesen, welche
Eintheilung aber nicht viel auf sich hat. |
|
Siehe Hertius in elem. prud. civil. ... und
Huberum de jure civit. Eb. ... |
|
Besser kann man die Monarchie betrachten, daß die sey |
|
|
1) |
- entweder ein souveraines
Reich, da der
König an keine
Fundamental-Gesetze gebunden,
- oder ein despotisches, das ist, sclavisches Reich, wenn der
Monarch völlige
Macht hat, nicht nur über das
Thun und Lassen der
Unterthanen, sondern auch über alle
Güter im
Lande, dergestalt, daß
solche nicht den Unterthanen, sondern dem König
eigenthümlich
gehören,
- oder ein gemäßigtes
Reich, wenn die
Gewalt des Monarchen durch
die Fundamental-Gesetze dergestalt eingeschräncket ist, daß in
etlichen Stücken auch die Einwilligung entweder der Vornehmsten im
Volck, siehe Mixta Respublica
... oder des gantzen Volcks erfordert wird.
|
2) |
- Entweder ein Wahl-Reich, wenn die
höchste Gewalt durch die
Wahl
erlangt wird;
- oder ein Erb-Reich, wenn solches durch die Erb-Folge geschiehet;
|
|
|
|
|
Bey der Wahl aber pflegt man zuweilen bey einer
gewissen
Familie zu bleiben, wie in Engeland; oder man bindet sich an
kein
Geschlecht, sondern
wehlet, welchen man für den
geschicktesten zum
Regiment, und dem
Reiche
am fürträglichsten hält, dergleichen Wahl-Reich das
Königreich Pohlen
ist,
|
|
von welcher
Materie Grotius
de jure belli et pacis ... nebst seinen Auslegern
-
Pufendorf
de jur. natur. ...
- Hochstetter
in colleg. Pufendorf. ...
- Huber. de jur.
civitat. ...
- Griebner jur. nat. ... und andere
zu lesen sind. |
|
|
|
|
3) |
|
|
Siehe
Erb-Folge eines Reiches,
im VIII. Bande p. 1489. |
|
|
|
Es fallen hier noch unterschiedener
Fragen für, als: |
|
|
1) |
ob iemals eine gantz allgemeine Monarchie
gewesen, oder noch einzuführen? wovon ein besonderer
Artickel, und |
|
|
|
(2) |
ob man Monarchen auf eine
gewisse Zeit haben
könne, deren
Regierung nur an eine gewisse Zeit gebunden, daß, wenn
selbige um, sie dieselbige niederlegen müsten? welches gar wohl
geschehen kan. |
|
Thomasius in jurisprudentia
div. ... meynet auch, es gienge dieses wohl an. Denn es könte gar
füglich beysammen stehen, daß man die
höchste Gewalt, und doch nur auf
eine
bestimmte Zeit habe, welches man an denen- |
|
|
|
{Sp. 999|S. 521} |
|
|
|
jenigen sehen könte, die ihre Crone
niedergeleget, und das Privat-Leben erwehlet. Man könte zwar solche auf
eine Zeitlang angenommene Monarchen zwingen, daß sie die
Regierung
niederlegen müsten, wenn sie über die
Zeit
regieren wolten; sie wären
aber alsdenn nicht mehr als
Regenten anzusehen; gnug, wenn dieses
geschähe, so brauche er seines Verhaltens wegen dem
Volck keine
Rechenschafft zu geben, könne auch nicht zur
Straffe gezogen werden. |
|
|
|
Auf diese Frage gründet sich diejenige, ob der Römische Dictator eine
würckliche Majestät gehabt, und ob er als ein
Monarch anzusehen gewesen. Es
leugnet dieses |
|
|
- Bodinus ... de republ.
-
Pufendorf in jure natur. ...
- Kulpisius in collegio Grotiano ...
- Böcler ad Grotium ...
-
Buddeus in Specim. ...
- nebst einigen andern,
|
|
|
und zwar, daß nicht einmal diejenigen Dictatores, welche das
gemeine Wesen
in Ruhe zu bringen, erwehlet worden, die
höchste Gewalt gehabt hätten. Denn
obschon die
Obrigkeitlichen Personen, so bald ein Dictator erwehlet worden, ihr
Amt
niedergeleget, so wären doch die Tribuni plebis geblieben, die ein
Dictator weder erwehlen, noch abschaffen können, wie man denn auch fände, daß
ihrer zuweilen zwey in gleicher
Gewalt die Dictatur geführet, und also die
Geschäffte unter sich getheilet. So hätte auch die Appellation von einem
Dictator, an das
Volck statt gehabt, und wan sie nur im Fall der Noth gesetzet,
sie zu gewissen Verrichtungen gebrauchet, auch nur auf eine
gewisse Zeit
angenommen, so wären dieses alles solche Umstände, welche nicht undeutlich
anzeigten, daß sie keine Majestät gehabt hätten. |
|
|
Doch sind einige anderer
Meynung als |
|
|
- Grotius de jure
belli ...
- Arnisäus in operibus politicis ...
-
Conring
in adnot. ad Lampad. ...
- Ziegler de jurib. maj. ...
- Jensius in ferculo ...
|
|
|
welche sich sonderlich auf die Zeugnisse der alten
Scribenten gründen, die den
Dictatoren eine höchste Gewalt beylegten. |
|
|
Die Frage selbst hat keinen sonderlichen
Nutzen, die auch so schlechterdings
nicht kan ausgemachet werden, wenn nicht die dazu gehörigen Umstände ihre
Richtigkeit haben. Diejenigen, welche dem Dictator die
höchste Gewalt
absprechen, beruffen sich unter andern darauf, daß man von ihnen an das
Volck
appelliren können, welches andere leugnen, und dabey erinnern, es wäre wol
per legem Juliam verordnet worden, keine
Obrigkeit sine provocatione
zu bestellen, welches man aber nur von den ordentlichen Obrigkeitlichen
Bedienungen zu
verstehen habe. Die Tribuni plebis wären geblieben;
hätten sich aber der
Macht der Dictatoren unterwerffen müssen, und so verhält
sichs auch mit den andern Umständen, daß dieselbige so klar und ausgemacht in
dieser
Sache nicht sind. Besiehe auch Dictator, im VII.
Bande p. 796. |
|
|
Endlich ist auch noch von den Vorzügen der Monarchischen
Regierungs-Art, vor
der Aristocratie und
Democratie, ingleichen von ihren Unglücks-Fällen, etwas zu
erinnern
nöthig. |
|
|
Die Vortheile einer Monarchie bestehen demnach darinn, daß man |
|
|
a) |
geschwinde zu einem
Schluß kommen, und |
|
|
|
b) |
die Sachen[1] geheim halten kan. |
|
[1] |
HIS-Data: s.
Staats-Sachen |
|
|
|
Denn weil in einer Monarchie eine
Person allein
herrschet, und ohne der übrigen Bewilligung einen Schluß fassen und
bewerckstelligen kan, so ist nicht nöthig, daß man diejenigen, welche
rathschlagen sollen, |
|
|
|
{Sp. 1000} |
|
|
|
erst aus verschiedenen
Orten zusammen beruffet,
welches ohne vielen Zeit-Verlust nicht geschehen kan; vielmehr da der
Monarch seine Räthe bey sich hat, so kan er alle Augenblicke, wenn etwas
wichtiges zu überlegen vorfällt, sie bey einander haben, ihren Rath
vernehmen, und daraus, ohne allen Verzug, einen
Schluß fassen,
dergestalt, daß in einer Monarchie sich öffters ein Rathschluß eher
ausführen, als in andern
Regiments-Formen abfassen lässet. |
|
|
|
|
Zudem giebt es hier auch nicht so viel Aufenthalt
wegen widriger
Meynungen, um deren
Willen man in den übrigen
Regierungs-Arten öfters zu einem
Schluß kommen kan. |
|
|
|
|
Was die Geheimhaltung der
Sachen betrifft; so ist
es klar, daß sie sich um so viel leichter bewerckstelligen lässet, ie
weniger Personen darum wissen. Da nun in einer Monarchie niemand, als
der Monarche und seine Räthe, die zum Stillschweigen höchst verpflichtet
sind, um die Sache wissen, so lässet sie sich hier allerdings eher
geheim halten, als in den übrigen
Regierungs-Formen; zumal wenn der
Monarche zwar aller Räthe ihre
Meynung, nebst den
Gründen, die sie dazu
haben, anhöret, den
Schluß aber entweder für sich allein, oder nur mit
Zuziehung eines und des andern fasset, dessen
Verstand und Tugend er in
andern Fällen genug
erkannt hat. |
|
|
|
|
Es kömmet auch noch eine andere
Ursache dazu. In
der Monarchie machet es kein Aufsehen, wenn der Monarch mit seinen
Räthen zusammen kommt, über einer Sache sich mit ihnen zu
berathschlagen; da hingegen, wenn viele aus verschiedenen
Orten zusammen
beruffen werden, man so gleich weiß, daß etwas wichtiges vorseyn müsse.
Weil nun hierdurch iederman begierig wird, zu wissen, was es bedeuten
solle, so geschehen mehr Nachstellungen, die Sache zu
erfahren. Man hat
aber schleunigen Rathschluß nöthig, wenn ein Feind einen unvermutheten
Krieg anfänget; hingegen Verschwiegenheit wird erfordert, wenn man
andere bekriegen will. |
|
|
|
|
Es können auch noch andere dergleichen Fälle
kommen, da Verzug und Aufenthalt
nachtheilig, und die Geheimhaltung
eines Vorhabens nöthig ist. z.E. Der Feind kan im Kriege öffters in so
verwirrte Umstände gesetzet werden, daß er einen
vortheilhafften
Frieden
einzugehen bereit ist: wenn man aber ihm viel
Zeit lässet, sich zu
besinnen, und wieder zu erholen, so vergehet ihm wieder die Lust, und
gielt hier dannenhero das Sprichwort: Man muß das Eisen schmieden, weil
es warm ist. |
|
|
|
|
Wann wir nach diesem, die in
Verwaltung des
gemeinen Wesens, nöthigen Puncte durchgehen: so werden sich häuffige
Fälle zeigen, wo Aufenthalt
nachtheilig; Geheimhaltung hingegen
vorteilhafft ist. Der |
|
|
|
c) |
Vortheil der Monarchie bestehet darinn, daß in
derselben alles mit mehrerm Fleisse verrichtet wird, als in andern
Regiments-Formen, wo eine
Sache vielen aufgetragen ist, allermassen sich
sodann einer auf den andern verlässet, welches in einer Monarchie nicht
zu besorgen stehet, indem diejenigen, denen etwas zu verrichten
aufgetragen ist, bey vermerckter Saumseligkeit die
Ungnade ihres
Herrn
ohnfehlbar zu befürchten haben. Sodann ist |
|
|
|
d) |
die Monarchie ein kräfftiges Mittel wider den
ungezähmten Ehrgeitz und Neid, welche sich in andern
Regierung-Arten
häuffig hervor zu thun pflegen, indem immer einer den andern zu
übertreffen, und sich und die seinigen, auch mit dem
Nachtheil des
gemeinen Wesens, groß zu machen suchet; auch daher aus Neid offtmals
nicht nur die besten Rathschläge ver- |
|
|
|
{Sp. 1001|S. 522} |
|
|
|
nichtet, sondern wol gar dem Feinde offenbaret
werden, welches bey einer Monarchischen Regiments-Form nicht zu
befürchten, da der
Regent nicht auf die Vielheit der Stimmen, sondern
auf die Güte des Raths zu sehen hat, wodurch viele Zerrüttungen des
gemeinen Wesens vergütet werden. |
|
|
|
Anderer Vortheile der Monarchie zu geschweigen. |
|
|
Was endlich die Unglücks-Fälle bey einer Monarchischen
Regierung anbelanget,
so bestehen selbige in folgendem: Weil in der Monarchie der
Wille eines
Monarchen zugleich der Wille aller übrigen seyn muß, und er dannenhero alles
thun kan, was er will, so kan es auch leichter, als in andern
Regierungs-Formen
geschehen, daß er, entweder aus Mangel genungsamer Einsicht, oder auch wegen
einiger Neigungen und
Affecten, sein eigenes Wohlseyn der Wohlfahrt seiner
Unterthanen vorziehet, und also dieselben, theils mit schweren
Auflagen drücket,
theils verschiedene andere, dem
Lande
nachtheilige Vorschläge, bewerckstelliget,
theils durch unnütze Kriege, und durch Eigensinn, in Fortsetzung derselben, Land
und Leute in die äusserste Gefahr setzet. |
|
|
Hiernächst findet sich bey einer Monarchie diese Unvollkommenheit, daß man
bey Verledigung des Throns, durch das
Absterben eines
Regenten, wenn das
Reich
erblich ist, offtmals einem Kinde, oder einer
Frauens-Person unterworffen ist,
welche unmöglich die zur
Regierung nöthige Einsicht und
Erfahrung haben kan;
woferne aber der verledigte Thron durch die Wahl wiederum ersetzet wird, ist man
gleichfalls vielen Unruhen und andern Unbequemlichkeiten gleichsam zum Ziel
ausgesetzet. |
|
|
Denn welche Streitigkeiten, Betrügereyen, und
Zertheilungen ergeben sich
nicht dabey, wodurch nothwendig der gantze
Staat muß umgekehret, und öffters gar
zu
Grunde gerichtet werden. Alle diejenigen, welche nach der Crone streben,
halten sich für würdig genug, dieselbe zu empfangen, und glauben demnach, es sey
eine grosse Ungerechtigkeit, wenn man ihnen dieselbe versagen, oder ihnen andere
vorziehen wolte, daher entstehen blutige Kriege, mit deren nothwendige
Nachfolger, Mord, Brand, und allerhand
Arten von Verwüstungen, welche dem Staate
nicht anders als höchst nachtheilig seyn können. Und was geschehen nicht sodann
für Bemühungen, durch Geschencke, und andere dergleichen unerlaubte Wege, die so
sehnlich gewünschte Cronen-Herrlichkeit zu erlangen, welches hier auszuführen
viel zu weitläufftig fallen würde. |
|
|
Siehe |
-
Wolffs vernünfftige Gedancken von dem
gesellschaftlichen Leben der Menschen ...
- Lamy Demonstration
von der Wahrheit und Heiligkeit der Christlichen Sitten-Lehre IV.
Abtheilung 19 ...
|
|
Besiehe auch
Regierungs-Forme. |
|
|
|
|