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Zedler: Monarchie HIS-Data
5028-21-997-4
Titel: Monarchie
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 21 Sp. 997
Jahr: 1739
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 21 S. 520
Vorheriger Artikel: Monarchici
Folgender Artikel: Monarchie (allgemeine)
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben und Anmerkungen
  Monarchie, ist ein Griechisches Wort, und bedeutet eigentlich eine ordentliche Form der Republick, da die höchste Gewalt nur einer Person zukommt, wird auch sonst ein Reich oder Königreich genennet, wiewol nicht ein ieder Monarch ein König ist, und hingegen einige den Königlichen Titel ohne der höchsten Gewalt geführet haben.  
  Einige halten diese Art der Regiments-Form vor die älteste; Pufendorf aber in jure naturae ... giebt hierinnen der Democratie den Vorzug. Wenigstens ist bey dem Jüdischen Volck keine monarchische Regierung, von Anfang bis zu Ende, im Schwange gewesen, und die in solchem Wahn stehen, sind gantz irrig dran. Doch hat diese Meynung Adrian Houtuynus de monarchia Ebraeorum ... 1685. verfochten; dem aber Rechenberg eine besondere Dissertation, de ficta monarchiae Ebraeorum ante Saulem, die in Volum. Dissert. ... stehet, entgegen gesetzet hat.  
  Die Art des Regiments, darunter ehemals das Volck Israel stunde, war gantz etwas sonderbares, und wird von etlichen Theocratie, ein GOttes-Regiment genennet, die hierinnen den Josephus lib. 2. contra Appionem ... zum Vorgänger haben. Die Sache verhält sich auch in der That so. Denn man mag entweder die erste Einrichtung des Israelitischen Staats, oder das darinnen geführte Regiment, oder die Handhabung der Rechte der Maiestät ansehen, welches alles GOtt zugeschrieben wird; so wird sich zeigen, daß die Regiments-Form mit allem Recht eine Theocratie heisse.  
  Boßius introd. in notit. ... theilet die Monarchie in eine göttliche und menschliche, davon jene bey dem Jüdischen Volck, vor Sauls Regierung, gewesen, und nimmt also das Wort Monarchie in solchem Verstand, daß man es auch von GOtt sagen könne, welches aber wider den gewöhnlichen Gebrauch desselbigen ist.  
  In der Sache selbst, daß einem die höchste Gewalt aufgetragen worden, sind die Monarchien einander gleich; in andern Umständen aber von einander unterschieden.  
  Aristoteles polit. III. 10. 11. theilet sie in regnum,  
 
a) heroicum, welche von den wohlverdienten Helden, und ihren Nachkommen geführet wird, dergleichen die Nachkommen des Hercules bey den Griechen gewesen;
 
 
b) in laconicum, oder legale, da der König nach den Gesetzen zu regieren verbunden ist, dergleichen Monarchie vor Alters die Lacedämonische gewesen, und noch heutiges Tages die Regiments-Form bey der Republick Venedig ist;
 
 
c) in barbaricum, vermöge dessen ein Regente über seine Unterthanen eine despotische Gewalt hat, und sowol ihrer
 
  {Sp. 998}  
 
  Personen als Güter einziger Herr, sie aber alle seine Sclaven sind, dergleichen hauptsächlich bey den Morgenländischen Völckern üblich ist;
 
 
d) in Aesymneticum, da iemand, mit Bewilligung des gantzen Landes, auf eine Zeit zum Ober-Herrn erwehlet, und ihm eine unumschränckte Gewalt aufgetragen wird, die aber weder erblich ist, noch auch länger als auf die bestimmte Zeit währt, von welcher Art, vorzeiten die Regierung der Dictatorum zu Rom gewesen; und endlich
 
 
e) in Pambasilicum, so darinn bestehet, daß der Regent über seine Unterthanen also herrschet, wie ein guter Haus-Vater über seine Familie, und also nach Beschaffenheit der Umstände über einige als Bürger, über andere als Sclaven herrschet, nachdem er Macht über sie hat, wovon Müller in institut. politic. ... und Arnisäus in operib. politic. ... zu lesen, welche Eintheilung aber nicht viel auf sich hat.
Siehe Hertius in elem. prud. civil. ... und Huberum de jure civit. Eb. ...
  Besser kann man die Monarchie betrachten, daß die sey  
 
1)
  • entweder ein souveraines Reich, da der König an keine Fundamental-Gesetze gebunden,
  • oder ein despotisches, das ist, sclavisches Reich, wenn der Monarch völlige Macht hat, nicht nur über das Thun und Lassen der Unterthanen, sondern auch über alle Güter im Lande, dergestalt, daß solche nicht den Unterthanen, sondern dem König eigenthümlich gehören,
  • oder ein gemäßigtes Reich, wenn die Gewalt des Monarchen durch die Fundamental-Gesetze dergestalt eingeschräncket ist, daß in etlichen Stücken auch die Einwilligung entweder der Vornehmsten im Volck, siehe Mixta Respublica ... oder des gantzen Volcks erfordert wird.
2)
  • Entweder ein Wahl-Reich, wenn die höchste Gewalt durch die Wahl erlangt wird;
  • oder ein Erb-Reich, wenn solches durch die Erb-Folge geschiehet;
 
 
  Bey der Wahl aber pflegt man zuweilen bey einer gewissen Familie zu bleiben, wie in Engeland; oder man bindet sich an kein Geschlecht, sondern wehlet, welchen man für den geschicktesten zum Regiment, und dem Reiche am fürträglichsten hält, dergleichen Wahl-Reich das Königreich Pohlen ist,
von welcher Materie Grotius de jure belli et pacis ... nebst seinen Auslegern
  • Pufendorf de jur. natur. ...
  • Hochstetter in colleg. Pufendorf. ...
  • Huber. de jur. civitat. ...
  • Griebner jur. nat. ... und andere
zu lesen sind.
 
  Siehe
 
 
 
3)
  Siehe Erb-Folge eines Reiches, im VIII. Bande p. 1489.
 
  Es fallen hier noch unterschiedener Fragen für, als:  
 
1) ob iemals eine gantz allgemeine Monarchie gewesen, oder noch einzuführen? wovon ein besonderer Artickel, und
 
 
(2) ob man Monarchen auf eine gewisse Zeit haben könne, deren Regierung nur an eine gewisse Zeit gebunden, daß, wenn selbige um, sie dieselbige niederlegen müsten? welches gar wohl geschehen kan.
  Thomasius in jurisprudentia div. ... meynet auch, es gienge dieses wohl an. Denn es könte gar füglich beysammen stehen, daß man die höchste Gewalt, und doch nur auf eine bestimmte Zeit habe, welches man an denen-
 
  {Sp. 999|S. 521}  
 
  jenigen sehen könte, die ihre Crone niedergeleget, und das Privat-Leben erwehlet. Man könte zwar solche auf eine Zeitlang angenommene Monarchen zwingen, daß sie die Regierung niederlegen müsten, wenn sie über die Zeit regieren wolten; sie wären aber alsdenn nicht mehr als Regenten anzusehen; gnug, wenn dieses geschähe, so brauche er seines Verhaltens wegen dem Volck keine Rechenschafft zu geben, könne auch nicht zur Straffe gezogen werden.
 
  Auf diese Frage gründet sich diejenige, ob der Römische Dictator eine würckliche Majestät gehabt, und ob er als ein Monarch anzusehen gewesen. Es leugnet dieses  
 
  • Bodinus ... de republ.
  • Pufendorf in jure natur. ...
  • Kulpisius in collegio Grotiano ...
  • Böcler ad Grotium ...
  • Buddeus in Specim. ...
  • nebst einigen andern,
 
  und zwar, daß nicht einmal diejenigen Dictatores, welche das gemeine Wesen in Ruhe zu bringen, erwehlet worden, die höchste Gewalt gehabt hätten. Denn obschon die Obrigkeitlichen Personen, so bald ein Dictator erwehlet worden, ihr Amt niedergeleget, so wären doch die Tribuni plebis geblieben, die ein Dictator weder erwehlen, noch abschaffen können, wie man denn auch fände, daß ihrer zuweilen zwey in gleicher Gewalt die Dictatur geführet, und also die Geschäffte unter sich getheilet. So hätte auch die Appellation von einem Dictator, an das Volck statt gehabt, und wan sie nur im Fall der Noth gesetzet, sie zu gewissen Verrichtungen gebrauchet, auch nur auf eine gewisse Zeit angenommen, so wären dieses alles solche Umstände, welche nicht undeutlich anzeigten, daß sie keine Majestät gehabt hätten.  
  Doch sind einige anderer Meynung als  
 
  • Grotius de jure belli ...
  • Arnisäus in operibus politicis ...
  • Conring in adnot. ad Lampad. ...
  • Ziegler de jurib. maj. ...
  • Jensius in ferculo ...
 
  welche sich sonderlich auf die Zeugnisse der alten Scribenten gründen, die den Dictatoren eine höchste Gewalt beylegten.  
  Die Frage selbst hat keinen sonderlichen Nutzen, die auch so schlechterdings nicht kan ausgemachet werden, wenn nicht die dazu gehörigen Umstände ihre Richtigkeit haben. Diejenigen, welche dem Dictator die höchste Gewalt absprechen, beruffen sich unter andern darauf, daß man von ihnen an das Volck appelliren können, welches andere leugnen, und dabey erinnern, es wäre wol per legem Juliam verordnet worden, keine Obrigkeit sine provocatione zu bestellen, welches man aber nur von den ordentlichen Obrigkeitlichen Bedienungen zu verstehen habe. Die Tribuni plebis wären geblieben; hätten sich aber der Macht der Dictatoren unterwerffen müssen, und so verhält sichs auch mit den andern Umständen, daß dieselbige so klar und ausgemacht in dieser Sache nicht sind. Besiehe auch Dictator, im VII. Bande p. 796.  
  Endlich ist auch noch von den Vorzügen der Monarchischen Regierungs-Art, vor der Aristocratie und Democratie, ingleichen von ihren Unglücks-Fällen, etwas zu erinnern nöthig.  
  Die Vortheile einer Monarchie bestehen demnach darinn, daß man  
 
a) geschwinde zu einem Schluß kommen, und
 
 
b) die Sachen[1] geheim halten kan.
[1] HIS-Data: s. Staats-Sachen
 
  Denn weil in einer Monarchie eine Person allein herrschet, und ohne der übrigen Bewilligung einen Schluß fassen und bewerckstelligen kan, so ist nicht nöthig, daß man diejenigen, welche rathschlagen sollen,
 
  {Sp. 1000}  
 
  erst aus verschiedenen Orten zusammen beruffet, welches ohne vielen Zeit-Verlust nicht geschehen kan; vielmehr da der Monarch seine Räthe bey sich hat, so kan er alle Augenblicke, wenn etwas wichtiges zu überlegen vorfällt, sie bey einander haben, ihren Rath vernehmen, und daraus, ohne allen Verzug, einen Schluß fassen, dergestalt, daß in einer Monarchie sich öffters ein Rathschluß eher ausführen, als in andern Regiments-Formen abfassen lässet.
 
 
  Zudem giebt es hier auch nicht so viel Aufenthalt wegen widriger Meynungen, um deren Willen man in den übrigen Regierungs-Arten öfters zu einem Schluß kommen kan.
 
 
  Was die Geheimhaltung der Sachen betrifft; so ist es klar, daß sie sich um so viel leichter bewerckstelligen lässet, ie weniger Personen darum wissen. Da nun in einer Monarchie niemand, als der Monarche und seine Räthe, die zum Stillschweigen höchst verpflichtet sind, um die Sache wissen, so lässet sie sich hier allerdings eher geheim halten, als in den übrigen Regierungs-Formen; zumal wenn der Monarche zwar aller Räthe ihre Meynung, nebst den Gründen, die sie dazu haben, anhöret, den Schluß aber entweder für sich allein, oder nur mit Zuziehung eines und des andern fasset, dessen Verstand und Tugend er in andern Fällen genug erkannt hat.
 
 
  Es kömmet auch noch eine andere Ursache dazu. In der Monarchie machet es kein Aufsehen, wenn der Monarch mit seinen Räthen zusammen kommt, über einer Sache sich mit ihnen zu berathschlagen; da hingegen, wenn viele aus verschiedenen Orten zusammen beruffen werden, man so gleich weiß, daß etwas wichtiges vorseyn müsse. Weil nun hierdurch iederman begierig wird, zu wissen, was es bedeuten solle, so geschehen mehr Nachstellungen, die Sache zu erfahren. Man hat aber schleunigen Rathschluß nöthig, wenn ein Feind einen unvermutheten Krieg anfänget; hingegen Verschwiegenheit wird erfordert, wenn man andere bekriegen will.
 
 
  Es können auch noch andere dergleichen Fälle kommen, da Verzug und Aufenthalt nachtheilig, und die Geheimhaltung eines Vorhabens nöthig ist. z.E. Der Feind kan im Kriege öffters in so verwirrte Umstände gesetzet werden, daß er einen vortheilhafften Frieden einzugehen bereit ist: wenn man aber ihm viel Zeit lässet, sich zu besinnen, und wieder zu erholen, so vergehet ihm wieder die Lust, und gielt hier dannenhero das Sprichwort: Man muß das Eisen schmieden, weil es warm ist.
 
 
  Wann wir nach diesem, die in Verwaltung des gemeinen Wesens, nöthigen Puncte durchgehen: so werden sich häuffige Fälle zeigen, wo Aufenthalt nachtheilig; Geheimhaltung hingegen vorteilhafft ist. Der
 
 
c) Vortheil der Monarchie bestehet darinn, daß in derselben alles mit mehrerm Fleisse verrichtet wird, als in andern Regiments-Formen, wo eine Sache vielen aufgetragen ist, allermassen sich sodann einer auf den andern verlässet, welches in einer Monarchie nicht zu besorgen stehet, indem diejenigen, denen etwas zu verrichten aufgetragen ist, bey vermerckter Saumseligkeit die Ungnade ihres Herrn ohnfehlbar zu befürchten haben. Sodann ist
 
 
d) die Monarchie ein kräfftiges Mittel wider den ungezähmten Ehrgeitz und Neid, welche sich in andern Regierung-Arten häuffig hervor zu thun pflegen, indem immer einer den andern zu übertreffen, und sich und die seinigen, auch mit dem Nachtheil des gemeinen Wesens, groß zu machen suchet; auch daher aus Neid offtmals nicht nur die besten Rathschläge ver-
 
  {Sp. 1001|S. 522}  
 
  nichtet, sondern wol gar dem Feinde offenbaret werden, welches bey einer Monarchischen Regiments-Form nicht zu befürchten, da der Regent nicht auf die Vielheit der Stimmen, sondern auf die Güte des Raths zu sehen hat, wodurch viele Zerrüttungen des gemeinen Wesens vergütet werden.
 
  Anderer Vortheile der Monarchie zu geschweigen.  
  Was endlich die Unglücks-Fälle bey einer Monarchischen Regierung anbelanget, so bestehen selbige in folgendem: Weil in der Monarchie der Wille eines Monarchen zugleich der Wille aller übrigen seyn muß, und er dannenhero alles thun kan, was er will, so kan es auch leichter, als in andern Regierungs-Formen geschehen, daß er, entweder aus Mangel genungsamer Einsicht, oder auch wegen einiger Neigungen und Affecten, sein eigenes Wohlseyn der Wohlfahrt seiner Unterthanen vorziehet, und also dieselben, theils mit schweren Auflagen drücket, theils verschiedene andere, dem Lande nachtheilige Vorschläge, bewerckstelliget, theils durch unnütze Kriege, und durch Eigensinn, in Fortsetzung derselben, Land und Leute in die äusserste Gefahr setzet.  
  Hiernächst findet sich bey einer Monarchie diese Unvollkommenheit, daß man bey Verledigung des Throns, durch das Absterben eines Regenten, wenn das Reich erblich ist, offtmals einem Kinde, oder einer Frauens-Person unterworffen ist, welche unmöglich die zur Regierung nöthige Einsicht und Erfahrung haben kan; woferne aber der verledigte Thron durch die Wahl wiederum ersetzet wird, ist man gleichfalls vielen Unruhen und andern Unbequemlichkeiten gleichsam zum Ziel ausgesetzet.  
  Denn welche Streitigkeiten, Betrügereyen, und Zertheilungen ergeben sich nicht dabey, wodurch nothwendig der gantze Staat muß umgekehret, und öffters gar zu Grunde gerichtet werden. Alle diejenigen, welche nach der Crone streben, halten sich für würdig genug, dieselbe zu empfangen, und glauben demnach, es sey eine grosse Ungerechtigkeit, wenn man ihnen dieselbe versagen, oder ihnen andere vorziehen wolte, daher entstehen blutige Kriege, mit deren nothwendige Nachfolger, Mord, Brand, und allerhand Arten von Verwüstungen, welche dem Staate nicht anders als höchst nachtheilig seyn können. Und was geschehen nicht sodann für Bemühungen, durch Geschencke, und andere dergleichen unerlaubte Wege, die so sehnlich gewünschte Cronen-Herrlichkeit zu erlangen, welches hier auszuführen viel zu weitläufftig fallen würde.  
  Siehe
  • Wolffs vernünfftige Gedancken von dem gesellschaftlichen Leben der Menschen ...
  • Lamy Demonstration von der Wahrheit und Heiligkeit der Christlichen Sitten-Lehre IV. Abtheilung 19 ...
  Besiehe auch Regierungs-Forme.  
     

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Stand: 5. April 2014 © Hans-Walter Pries