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Zedler: Krafft [3] HIS-Data
5028-15-1662-6-03
Titel: Krafft [3]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 15 Sp. 1681
Jahr: 1737
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 15 S. 837
Vorheriger Artikel: Krafft [2]
Folgender Artikel: Krafft [4]
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Übersicht
physikalische Kräfte (Forts.)
  bewegende Kräfte
 
  Aktion der Kraft
 
  Druck
  tote und lebendige Kraft
  Zeit
  Sollicitation
  Masse

Stichworte Text  
bewegende Kräfte Wir verlassen nunmehro diese Untersuchung derer Kräffte, die wir bisher nach ihren besondern Eigenschafften und Unterscheid angestellet haben, und zeigen diejenigen, die sich als bewegende Kräffte zu erkennen geben, unter einer allgemeinen Betrachtung, die allen denenselbigen, in so ferne sie bewegende Kräffte sind, zukommet, und welche hauptsächlich hier abgehandelt werden muß.  
  Dasjenige, wodurch wir eine Krafft erkennen, ist die Würckung oder die Bewegung, die sie produciret oder hervorbringen will; massen man aber in der Mechanic dasjenige, was sich eine Bewegung zu erregen, adpliciret, eine Krafft genennet. Der Unterschied in denen Würckungen, welche zwey oder mehrere Kräffte bewerckstelligen, zeiget auch einen Unterscheid in der grösse selbiger Kräffte.  
  Wenn zwey Kräffte einerley Würckung oder eine gleich grosse Bewegung hervorbringen, werden es gleiche Kräffte, Lat. Vires aequales genennet. Ist hingegen die Bewegung so von der einen Krafft herrühret, hefftiger, als eine Bewegung, so von der andern Krafft ihren Ursprung genommen; so sind es ungleiche Kräffte, Lat. Vires inaequales, und heisset jene eine stärckere, diese eine schwächere Krafft, daß also die Grösse der vor einer Krafft hervorgebrachten Würckung die Abmessung derselbigen an die Hand giebet.  
  Diese bewegende Kräffte, ob sie zwar beständig eine Bemühung anwenden, eine Bewegung zu erregen; so erfolget doch nicht allezeit eine Bewegung daraus, sondern bald verrichten sie unter gewissen Umständen nichts, bald aber bringen sie eine Bewegung hervor: Die Adplication eine Krafft an einen Cörper, um eine Bewegung in selbigen zu erregen,  
  {Sp. 1682}  
Aktion der Kraft wird die Action der Krafft genennet. Da nun diese Action der Krafft bald mit einer Bewegung verknüpfet ist, bald aber auch keine Bewegung daraus erfolget; so erhält sie auch daher besondere Namen, und wird in dem erstern Falle schlechter Dings eine Action; in dem andern aber ein Druck, Lat. Pressio, Nisus agendi genennet; daß also die Pression eine Action ohne zu erfolgender Bewegung ist.  
Druck Eine Krafft, als ein thätiges Ding, muß nothwendig etwas verrichten, da nun aber bey einem Drucke keine Würckung von hier erfolget, so muß in dem Falle etwas anders, so ebenfalls eine Krafft seyn muß, ihr daraus hinderlich fallen. Es wird demnach eine Krafft in den Zustand einer Pression gebracht, wenn ihr eine andere Krafft entgegen gestellet wird, welche jene aufhält.  
  Der Zustand zweyer solcher einander entgegen gesetzten Kräffte, Vermöge welchem keine die andere zu der Hervorbringung einer Bewegung gelangen lässet, wird die Gleichwage, oder das Aequilibrium dererselbigen genennet; die Kräffte aber selbst, die da solcher Gestallt einander aufzuhalten fähig sind, sind gleiche Kräffte, in dem eine so viel Bemühung als die andere anwenden muß; dahero der Zustand das Aequilibrii uns die Gleichheit zweyer Kräffte bekannt machet, und den Weg zeiget, wie man vermittelst desselbigen eine Krafft durch die andere auszumessen in dem Stande sey.  
  Wenn wir die Phaenomena derer oben-specificirten Kräffte durchgehen wollten, so würden wir überaus viele dergleichen Fälle antreffen. Wir wollen nur einige davon anführen.  
  Eine ausgespannte Saite, wenn man solche zurückziehen will, wiederstehet mit ihrer elastischen Krafft der dehnenden Gewalt der Hand, und zwar ie desto mehr, je weiter sie gedehnet werden soll; springet auch vermöge ihrer elastischen Krafft alsbald zurücke, so bald die Spannung nachlässet. Wenn man nun an eine zwischen zweyen Nägel-horizontal ausgespannte Saite ein Gewichte hanget, so bieget solches dieselbe herunterwärts, aber nur bis auf eine gewisse Weite, so lange nehmlich bis die elastische Krafft der gespannten Saite so viel vermag als die Schwere des daran hangenden Gewichtes. Denn in diesem Zustande ist die Bemühung des Gewichtes niederwärts, so starck als das Vermögen der elastischen Krafft der Saite aufwarts, mit welcher solche zurückspringen will. Beyde Kräffte verhindern einander unaufhörlich und es erfolget von keiner eine Bewegung, ungeachtet bey ihnen die Bemühungen, des Gewichtes niederwärts, der elastischen Krafft aufwärts, beständig vorhanden sind. Hier findet eine Action ohne eine darauf erfolgenden Würckung, das ist, eine Pression zwischen diesen Kräfften statt.  
  In gleichen Zustande befinden sich die Kräffte, wenn ein elastischer Ball durch ein Gewichte zusammen gepresset wird; wenn ein Wasser-Tropffen vermöge seiner Cohasions-Krafft sich an ein gläsernes Rohr anhanget, die ihn zurücke hält, daß er vermöge seiner Schwere nicht herunter falle; wenn das Scheide-Wasser die kleinsten Theile eines Metalls, in welche es dasselbe resolviret, zwischen seinen Poris dergestalt erhält, daß mit ihm eine flüßige Materie aus-  
  {Sp. 1683|S. 838}  
  machen, und durch ihre Schwere nicht zu Boden sincken, und so weiter.  
  Also können Kräffte unter diesen Umständen auch nichts verrichten; allein eben dieselbigen erregen alsobald eine Bewegung, wenn man die entgegen gesetzte Krafft removiret, so ihnen daran hinderlich gewesen ist. Also wenn man das vermittelst eines Fadens an obige Saite gebundene Gewichte abschneidet; so springet die Saite vermöge ihrer elastischen Krafft mit Gewalt in die Höhe; das Gewichte hingegen fällt vermöge seiner Schwere danieder. Hier erfolget von beyden Kräfften eine Bewegung, so bald als man sie ausser Zustand gesetzet, weiter in einander zu würcken, und folglich keine die andere mehr aufhalten konnte.  
  Gleicher Gestalt wenn man einen schweren Cörper in der Hand hält, so empfindet man von ihm eine Bemühung, mit welcher er niederwärts will; er fällt aber nicht so lange man ihn zurücke hält; lässet man ihn aber loß, so steiget er mit Gewalt darnieder. Es wird demnach von einer Krafft eine Bewegung erzeuget, wenn ihr keine andere Krafft im Wege stehet, und ihr daran hinderlich fällt.  
tote und lebendige Kraft Wenn eine Krafft nur einen Druck verrichtet, ohne daß eine Bewegung daraus erfolget, wird es eine todte Krafft Lat. Vis mortua, genennet; erreget hingegen eine Krafft eine würckliche Bewegung, heiset es eine lebendige Krafft, Lat. Vis viua, Vis motrix.  
  Weilen wir die todten Kräffte durch den Druck erkennen, dieser aber daher rühret, weil eine andere gleich grosse Krafft der agirenden Krafft entgegen gestellet ist, so können wir die Grösse der druckenden Krafft durch die grösse dererjenigen Krafft ausmässen, so mit jener das Aequilibrium hält. Also wenn man an eine ausgespannte Saite Gewichte von verschiedener Schwere nach und nach anhänget, so wird die Saite dadurch, je schwerer das Gewichte ist, desto mehr ausgespannet, und im jeglichen Zustande der Ausspannung giebt die Grösse des Gewichtes, welches dieselbige verursachet, die Grösse der elastischen Krafft zu erkennen, die dieselbige Saite in dieser ihrer Ausspannung hat. Und hieraus erhellet, was man vor eines Masses sich bey denen todten Kräfften bedienen müsse.  
  Bey denen lebendigen Kräfften ist dieses gantz anders. Diese bringen einen würcklichen Effect hervor; dahero muß auch dasjenige, was sie verrichtet haben, zu ihren Masse dienen, welche gleich viel thun, dieselben sind gleich groß; thut eine mehr als die andere, so ist jene auch grösser als diese. Der Effect einer lebendigen Krafft ist eine Bewegung; dahero muß auch die Grösse einer Bewegung zum Masse dererjenigen Kräffte dienen, welche sie erzeuget haben.  
  Wenn wir auf die Art und Weise Acht haben, nach welcher eine lebendige Krafft eine Würckung hervorbringet, so nehmen wir wahr, daß dieses nicht in einem Augenblicke, sondern nach und nach und also in einer Zeit geschehe. Ein schwerer Körper, der aus einer Höhe herunter fällt, nimmt in seiner Geschwindigkeit desto mehr zu, je länger er fällt. Ein Feuer, so einen Körper warm machet, erwärmet denselbigen ie desto mehr, je länger es dem Körper adpliciret wird.  
Zeit Wenn dahero eine Krafft eine Bewegung hervorbringen soll, so muß ihr eine Zeit darzu ver-  
  {Sp. 1684}  
  gönnet werden, darinnen sie solche bewerckstelligen kan. Wenn gleiche Kräffte in verschiedenen Zeiten an einen Cörper arbeiten, um ihn in Bewegung zu bringen; so erreget diejenige eine stärckere Bewegung, als die andere, welche länger gearbeitet hat. Zwey gleich schwere Cörper wenden gleiche Krafft an, niederwärts zu steigen. Wenn aber der eine nur 2. Minuten, der andere aber 6. Minuten fällt; so hat jener eine weit geringere Geschwindigkeit zu Ende seines Falls als dieser erreichet. Bey einer lebendigen Krafft demnach nimmt die Würckung mit der Zeit zu.  
  Es ist aber die Zeit, durch welche eine Krafft arbeitet, nicht alleine hinlänglich, daß wir daraus sollten schliessen können, es müsse dieses eine lebendige Krafft seyn, die durch eine gewisse Zeit arbeitet; sondern dieselbe Krafft muß sich diese Zeit durch frey an den Cörper adpliciren, und von nichts gehindert werden.  
  Die todten Kräffte arbeiten auch in der Zeit, aber ihre Würckung wächset nicht mit der Zeit, wie bey denen lebendigen Kräfften. Die Ursache ist, weil solcher eine andere Krafft entgegen gesetzet ist, die sie eben dadurch zu einer todten Krafft machet. Die Würckung einer todten Krafft ist ein Druck oder eine Bemühung zu bewegen, so bald dieselbe solchen ausübet, so bald verzehret auch die entgegen gesetzte Krafft denselben wiederum, und ist also ein continuirlicher Streit zwischen diesen entgegen gesetzten Kräfften, da die eine alsbald dasjenige consumiret, was die andere hervorbringet. Es bleibet die Würckung in demjenigen Cörper, der da gedruckt, wird nicht rückständig, sondern wird in der Erregung auch wieder verzehret.  
  Eine Krafft hingegen, die frey arbeitet, bringet ebenfalls nach und nach ihre Würckungen in den Cörper, den sie bewegen will; alle diese nach und nach hervorgebrachte Würckungen aber verharren in ihm, und componiren einen gewissen Grad der Bewegung, mit welcher der Cörper auch fortgehet, wenn gleich die Krafft in ihn zu würcken aufhöret.  
  Weil eine Krafft in einer Zeit frey arbeiten muß, wenn eine Würckung erfolgen soll, so wird in rechtmäßigen Verstande die ungehinderte Adplication einer Krafft in einer Zeit, ihre Action genennet. Es produciret demnach die Action einer Krafft, nicht aber die Krafft selbst eine Bewegung; sintemahl eine Kraff, in Status Pressionis ebenfalls noch eine Krafft ist, und doch keine Würckung hervorbringet. Es ist auch daher eine Pression von einer Action, ungeachtet beyde durch einerley Zeit dauren, darinnen unterschieden, daß bey der Action die Krafft in der Zeit frey arbeite, hingegen in der Pression von der entgegen gesetzten Krafft unaufhörlich an der Erzeugung ihrer Würckung verhindert werde.  
  Wenn eine Krafft bey der Action von einerley Grösse verbleibet, so ist die Würckung desto grösser, je länger die Action dauret. Wir können dahero eine in einer gewissen Zeit absolvirte Action als ein gantzes ansehen, und solches in seine Theile zergliedern; und zwar wird diese Zergliederung, weil die Krafft gleich groß durchgängig verbleiben soll, nach der Zeit eingerichtet werden können; dahero in der Helffte der Zeit dieselbe Krafft nur halb so viel wird gethan, auch nur  
  {Sp. 1685|S. 839}  
  die Helffte von der Würckung erzeuget haben; in dem dritten Theile der Zeit, wird ihre Thätigkeit auch nur den dritten Theile der gantzen Action betragen, und es wird auch nur der dritte Theil von der gantzen Würckung bewerckstelliget worden seyn: Und so weiter, bilden wir uns einen unendlich kleinen Theil der Zeit ein; so ist auch die Bemühung der Krafft unendlich klein, und es wird eine unendlich kleine Würckung hervorgebracht.  
  Die Action einer Krafft in einem Elemente der Zeit wird Actio elementaris, und die daher entstandene Würckung, Effectus elementaris genennet. Man nenne dieses Element der Zeit dt, und concipire sich solches aus lauter Puncten zusammen gesetzet zu seyn, wenn man sich in der Geometrie ein Element einer Linie aus einer unendlichen Menge Puncte componiret zu seyn vorstellet; Ein solcher Punct der Zeit wird instans genennet, und ist der Terminus der Zeit, wie der Punct der Terminus einer Linie; dahero sind die instantia eben sowohl als die Puncte untheilbar, und alle unter sich einander gleich.  
  Im ingleichen instanti muß die Krafft auch arbeiten, und etwas hervor bringen, welches aber gleichsam nur ein Punct von der Elementarischen Würckung seyn wird, gleichwie das instans ein Punct der Zeit ist. Dergleichen Action der Kraffft in instanti, wird Actio instantanea, und die daher rührende Würckung Effectus instantaneus genennet. Gleichwie nun eine Elementar-Zeit aus unendlich vielen instantibus, und eine endliche Zeit aus unendlich vielen Elementar-Zeiten zusammen gesetzet wird, so wird auch eine Actio elementaris aus infinit vielen Actionibus instantaneis; und eine endliche Action aus infinit vielen Actionibus elementaribus componiret.  
  Eben dieses ist auch von denen Würckungen zu verstehen; und wird folglich in einem instanti ein Punct einer Würckung, das ist, ein solches Ding einer Würckung, das als gar keine Würckung anzusehen ist, hervor gebracht, eben so wie ein Punct keinen Theil einer Linie ausmachen kan. Es thut demnach eine Krafft in einem instanti der Zeit eben dasjenige, was eine Krafft in Statu Pressionis verrichtet, in dem in beyden Fällen keine Bewegung erfolget. Doch ist dieser Unterscheid, daß dort die Krafft frey arbeitet, und der Punct der Würckung in dem Cörper, denen er mitgetheilet wird, verharret, da hingegen bey der Pression wegen der entgegen gesetzten Krafft keine Perseverantia Effectus Statt findet.  
Sollicitation In dem letztern Falle hieß die Krafft Vis mortua; in dem erstern Falle wird sie hingegen besonders Sollicitatio genennet, die folglich nichts anders, als eine in instanti frey adplicirte Krafft ist. Die Vis mortua bemühet sich in ingleichen instanti etwas zu produciren, die Sollicitation desgleichen: Jenes wird wieder von der entgegen gesetzten Krafft consumiret, dieses nicht. Demnach ist das Bemühen der Vis mortua und Sollicitation in einem instanti einerley, und wird die Vis mortua alsobald zu einer Solicitation, so bald man die entgegen gesetzte Krafft removiret, sie aber nur durch ein instans arbeiten lässet. In Ansehung dessen pfleget man auch die Sollicitationes und Vires mortuas permiscuè vor einander zu gebrau-  
  {Sp. 1686}  
  chen, und haben dieselbigen auch einerley Abmessung.  
  Der Druck, welchen ein schwerer Cörper gegen meiner Hand ausübet, wann ich ihn darmit halte, ist eben dasjenige, was in dem erstern instanti sich adpliciret, den Cörper in Bewegung zu bringen, das ist, eine Sollicitation. Die Grösse demnach einer Sollicitation oder Actionis instantanea giebt uns die Grösse der arbeitenden Krafft selbst zu erkennen, in dem hier die Betrachtung der Zeit wegfällt, da alle instantia einander gleich, und die in selbigen verrichteten Actiones folglich wie die Kräffte selbsten proportioniret sind.  
  Es sey f. eine Sollicitation, dt. das Element der Zeit, durch welches dieselbige adpliciret werden soll. Weil dieselbe Sollicitation f. so viel mahl repliciret wird, als instantia in dem Element der Zeit dt. seyn, so ist die Menge derer widerhohlten Sollicitationen so groß als ein Product aus der Sollicitation f. in die Summe aller instantium, das ist, in das Element der Zeit, oder so groß als fdt.  
  Wann aber eine Krafft sich durch ein Element der Zeit adpliciret, heisset dieses Actio elementaris; derowegen ist solche so groß als fdt; welche einen Elementar-Effect, so dv. seyn soll, produciret hat. Wann wir nun die Elementar-Actiones alle zusammen nehmen oder summiren, so erhalten wir eine endliche Action, die so groß ist, als S. fdt. wann wir durch S. die Summe aller f.dt. verstehen; und diese S. f.dt. hat eine endliche Würckung oder die Summam aller dv oder Elementar-Würckungen, das ist, v. produciret.  
  Eine endliche Würckung schreiben wir einer lebendigen Krafft zu; daher ist eine endliche Action und eine lebendige Krafft einerley, und man ersiehet hieraus, wie eine lebendige Krafft aus einer todten Krafft oder Sollicitation erzeuget werde. Nehmlich die todte Krafft muß ungehindert arbeiten, und zu einer Sollicitation werden. Arbeitet sie nun durch ein Element der Zeit, so verrichtet sie eine Elementar-Action, produciret ein Element des Effects, und ist als eine Elementar lebendige Krafft anzusehen.  
  Fähret nun die Sollicitation fort, unendlich viele Elementar-Actiones zu Summen zu setzen, so wird endlich eine endliche Action, und eine endliche lebendige Krafft daraus, die eine endliche Bewegung hervor gebracht hat, und die nicht anders, als eine Action einer durch eine endliche Zeit ungehindert arbeitenden todten Krafft anzusehen ist.  
Masse Bis jetzo haben wir die Maße des Cörpers nicht mit in Betrachtung gezogen; weil aber ein jeglicher Punct des Cörpers in Bewegung gesetzet wird, wann man seine gantze Maße beweget, so muß auch einem jeglichen Punct desselbigen eine solche Sollicitation adhaeriren, folglich ist die Summa aller Kräffte, die in instanti an den Cörper arbeiten, so groß, als ein Product aus der Sollicitation in die Maße des Cörpers.  
  Es sey die Maße m, die Sollicitation f, so ist m x f der gäntzliche Druck, den der Cörper in instanti ausübet; wird nun solcher durch ein Element der Zeit dt repliciret, so ist m x f x dt die Elementar-Action desselbigen. Es war aber f dt = dv, wann wir durch dv das Element der erzeugten Würckung oder Geschwindigkeit verstehen, weil die Maße zuvor nicht in Consideration ist gezogen worden; daher ist m f dt = m dv-  
  {Sp. 1687|S. 840}  
  und wann man solches summiret, S. m f dt = S. m dv, das ist, m x S. f dt = mv. Es ist dahero die endliche Action, die von der todten Krafft m x f ist verrichtet worden, S. m f dt, die lebendige Krafft, welche die Würckung produciret hat, und die wir F. nennen wollen. Folglich weil S. m f dt = m v; so ist F = m v, das ist, die lebendige oder bewegende Krafft F ist so groß als ein Product aus der Maße m in die erzeugte Geschwindigkeit V, oder so groß als die Grösse der Bewegung, weil man diese nach eben einen solchen Product schätzet.  
  Das Maß demnach derer bewegenden Kräffte sind die Grössen derer Bewegungen, die sie hervor bringen. Es wird diese Abmässung derer bewegende Kräfte, Lat. Mensura Virium Cartesiana genennet, weil Cartesius solche zu erst bey Untersuchung derer Bewegungen derer Cörper durch den Stoß angebracht hat. Und das wäre nun dasjenige, was bey denen Kräfften in Ansehung der Zeit, durch welche sie arbeiten, zu erinnern nöthig gewesen.  
     

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Stand: 9. März 2013 © Hans-Walter Pries