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Quellenangaben |
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Weibs-Person, (ledige oder
unverheyrathete)
Lat.
Innupta, heißt eine
Weibs-Person, die ausser
der Ehe lebet, und zwar entweder als eine solche, die sich noch niemahls
verheyrathet, oder aber, deren
Mann, mit
dem sie
verehlicht gewesen, mit
Tode abgegangen. |
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Jene
nennet man sonst auch gemeiniglich
Jungfern; diese
aber
Wittwen. |
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Der letztern ihre
Rechte
anlangend; so versparen wir selbige bis zu dem
Worte:
Wittwe. |
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Jungfern: Rechte |
Mithin bleibet uns allhier nichts übrig, als bloß von denen erstern, oder
den so genannten
Jungfern zu handeln. Doch müssen wir gleich
zum Voraus melden, daß wir in dem gegenwärtigen
Artickel
weiter nichts gedencken werden, als was denen Jungfern vor andern
Weibs-Bildern
besonders
Rechtens
sey. Diejenigen Rechte aber, die ihnen mit andern Weibs-Personen gemein sind,
übergehen wir
billig, angesehen doch ordentlicher Weise, so offt in denen
Gesetzen
etwas von denen Weibs-Personen geordnet ist, hierunter auch die Jungfern
begriffen werden, in so ferne nicht die Umstände und
Materie ein anders an die Hand geben. |
- Göddeus ad l. 13. …
- Carpzov P. II. …
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Wovon auch in dem
Artickel:
Weiber-Rechte bereits ausführlich gehandelt worden. |
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Nicht weniger müssen wir zugleich erinnern, daß wir uns alhier lediglich an
die
Rechte
der
Jungfern halten werden, da von ihrer natürlichen Beschaffenheit schon in dem
Artickel:
Jungfer, im XIV Bande, p. 1608 u.ff. und
Jungfrauschafft, ebend. p. 1618 u.ff. das nöthigste
beygebracht worden. |
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Definition |
Es ist also im rechtlichen
Verstande eine
Jungfer nichts anders, als eine solche
Weibs-Person, so sich mit keinem Manns-Bilde jemahls fleischlich vermischet,
oder die kein Mann
erkannt hat, sondern noch unversehrt ist. |
-
Struv.
S.I.C. …
- Pagenstecher de Jure Virginum …
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Oder wie Pabst Innocentius III. in C. 6.
X. de
frigid. schreibet, virgines esse mulieres, quibus naturales serae a
viro nondum reseratae; Das ist:
Jungfern sind
Weibs-Bilder, denen die
natürlichen Schlösser von einem
Manne noch
nicht aufgeschlossen worden. Aus dieser Beschreibung erhel- |
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{Sp. 158} |
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let sogleich, wie in dem Falle, wenn Zweiffel vorfällt, man eine
Weibs-Person vor eine
Jungfer halten muß, aus
Ursache,
weil die fleischliche Vermischung, oder, wie der Pabst redet, die Aufschliessung
des natürlichen Schlosses eine
Sache
ist, die in einer
That
beruhet, dergleichen aber werden nicht vermuthet, sondern müssen erwiesen
werden; besonders da auch die Jungferschafft eine von
Natur
angebohrne
Eigenschafft
ist, natürliche
Dinge aber werden im Zweiffel vermuthet, weil keine Veränderung
vermuthet wird, sondern erwiesen werden muß, |
- l. 22.
ff. de probat.
- Mascard de Probat. …
- Menoch de Praes. …
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Beweis der Jungfernschaft |
Folglich darf die Weibs-Person, die sich vor eine
Jungfer ausgiebt, nicht
ihre Jungfrauschafft erweisen, sondern derjenige, welcher behauptet, sie wäre
keine Jungfer, muß solches
beweisen; auch in denselben Falle, wenn nicht die
Weibs-Person selbst, sondern eine andere
Person,
sie vor eine
Jungfrau achtet, und sich darauf gründet. |
Pacianus de probat. … |
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Es hätte denn die Weibs-Person sich |
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1) |
von einem Manns-Bilde schwängern lassen, die
Manns-Person
aber leugnete, daß sie dazumahl eine
Jungfer gewesen wäre, als in
welchem Falle ihrem Vorgeben nicht so schlechterdings Glauben
beyzumessen, noch dem Manns-Bilde, ohngeachtet der natürlichen
Beschaffenheit, vor die sonst doch jederzeit die Vermuthung ist, der
Beweiß
auferleget wird. Vielmehr ist die Weibs-Person zuförderst zu schwören
schuldig, daß sie zu derselben Zeit eine wahre Jungfer gewesen. Aus
Ursachen,
weil aus gegenwärtiger Schwängerung eine üble Vermuthung wider sie
streitet, welches vermittelst des Eydes abgelehnet werden muß. |
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Pacianus de Probat. … |
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Oder es wäre etwan |
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2) |
an einem
Orte
vermittelst eines
Statuts etwas anders verordnet, dergleichen Pagenstecher
l.c. p. 15. von dem Statute zu Padua anführet, vermöge dessen
eine Weibs-Personen, so über 20 Jahr alt, nicht mehr vor eine
Jungfer
geachtet und vermuthet wird. Wie denn auch diese Vermuthung der
Jungferschafft, wie alle andere Vermutungen, durch starcken
Beweiß
getilget, und daß solchergestalt eine Weibs-Person keine
Jungfer mehr
sey, erwiesen werden kan. |
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Darbey sich denn die Frage noch besonders äussert, wie denn das Gegentheil,
und daß sie keine
Jungfer sey, erhärtet werden möge? Welches gewiß etwas
schweres, angesehen die so genannten Kennzeichen der Jungfrauschafft insgesamt
sehr schlecht sind, und auch bey den geringsten Umständen ihren Abfall leiden. |
Zachias quaest. Medico-Legal. … |
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Worunter die Gegenwart des hymenis oder Jungfer-Häutleins auch
gezählet wird; angesehen dasselbe, da es sich noch finde, streitig, andern
theils auch durch einen zähen Tritt und Schritt, Fall, Sprung und dergleichen
gar wohl verletzet und getrennet werden kan. Und ob zwar sonst auch, daß in
ihren Brüsten vollkommene Milch gefunden worden, eine sehr starcke Vermuthung
wider sie giebt, und deshalber nach der Peinl. Hals-Ger. Ordn.
art. 36. bey beschuldigtem
Kinder-Morde vor allen Dingen die
verdächtige Person durch die Wehe-Mutter an ihren Brüsten besichtiget werden
muß; so ist doch hinwiederum selbiges nicht schlechterdings unwie- |
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{Sp. 159|S. 93} |
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derleglich: angesehen es gar wohl geschehen kan, daß auch eine
Jungfrau, so
noch von keinem Manns-Bilde
erkannt worden, Milch in ihren Brüsten haben könne. |
Kornmann de Jure Virgin. … |
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So ist auch dieses kein trifftiger und
ungezweifelter
Beweiß,
wenn die
Weibs-Person
bey der ersten fleischlichen Vermischung nicht geblutet hat, folglich das
Betttuch nicht blutig gemacht worden; angesehen auch
natürliche Ursachen, besonders bey schon erwachsenen und starcken
Weibs-Bildern, solches haben verhindern können, auf gleiche Weise, wie dessen
blutiger Erfolg die Jungfrauschafft nicht unwidersprechlich
beweiset, weil
listige Weibs-Bilder hierwieder schon Mittel genug zu ersinnen wissen. |
Pacianus de Probat. … |
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Um soviel weniger mag aus dergleichen Vermuthungen und Anzeigungen
geschlossen werden, es sey eine
Weibs-Person
keine
Jungfrau gewesen, wenn dieselbe bereits
geheyrathet, oder auch gebohren
gehabt. Dahero wenn eine
Manns-Person
seine
Frau
beschuldigt, sie wäre nicht
Jungfer gewesen, mag von der Jungferschafft vor der
Hochzeit, durch keine angestellte Besichtigung der Weh-Mutter, etwas geurtheilet
werden. |
Horn Class. … |
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Man kan also keine gewisse
Regel,
nach welcher man sich bey dem
Beweise
richten könne, daß die
Weibs-Person
eine
Jungfrau gewesen, machen; vielmehr
kommt es lediglich auf das Ermessen des
Richters, so wohl auch wenn erhebliche
Umstände sich hervor thun, und dasselbe erfordern, auf die Besichtigung der
Wehe-Mutter an, von denen dennoch auch dieses zu gedencken, daß, wenn selbige
verschiedener
Gedancken sind, eine sagt z.E. sie wäre eine Jungfrau, die andere
behauptet, sie wäre keine Jungfrau mehr, derjenigen, so sie vor eine Jungfer
hält, mehrer Glaube beygemessen wird, als der letztern; es äusserten sich denn
verschiedene Umstände und Anzeigungen wider die Weibs-Person, daß sie keine
Jungfrau mehr sey, da denn der Wehe-Mutter, welche sie vor keine Jungfer hält,
in diesem Falle allerdings wider die erstere beygepflichtet wird: auf gleiche
weise, wie der
verehlichten Weibs-Person, welche sich berühmet, sie sey noch
eine Jungfer, wenn jemand das Gegentheil anführet, wegen der Vermuthung, so
wider sie streitet, kein Glauben beygemessen werden kan; sondern sie muß
vielmehr das Gegentheil, und daß sie eine Jungfer noch sey,
beweisen. Welches
denn durch Besichtigung der Wehe-Mütter geschehen muß, denen alsdenn auch frey
stehet, nicht allein den
Leib und alle Glieder des
menschlichen
Cörpers der
Frauen zu besehen, sondern weil dieses
Sachen
seyn, welche nicht allein mit dem Gesichte, sondern auch grossen Theils mit dem
Fühlen, müssen begriffen werden, müssen solche auch ihre Schaam begreiffen und
betasten. |
Pacianus l.c. … |
Einteilung |
Die
Jungfern aber pfleget man abermahls einzutheilen, in veras und
quasi virgines, das ist, in
wahrhafftige, und
gleich als oder vermeyntliche. |
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wahrhaftige |
Unter die erste Gattung gehören unstreitig alle diejenigen, denen die
vorherstehende Beschreibung zukömmt. Gleicher Gestalt
mag auch mit
Recht
hierunter gezählet werden diejenige
Frau,
welche sich zwar mit einem
Manne
verheyrathet hat, von demselben aber niemahls |
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{Sp. 160} |
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fleischlich und
ehelich
erkannt worden, theils weil der Mann vor der
Beschreitung des Ehe-Bettes am
Hochzeit-Tage
gestorben, theils weil sie mit
einander beständige
Keuschheit gelobet, darvon in der Historie verschiedene
Exempel gefunden werden, theils weil der Mann, oder die
Weibs-Person,
eines
Leibes
Gebrechens halber unfähig sind, einander die eheliche Pflicht zu leisten,
dergleichen Personen
denn in denen
Rechten
besonders uxores virgines genennet werden. Und ob zwar, wie bey der
Lehre von dem
Ehestande, im VIII Bande, p.
360 u.ff. und Ehescheidung, ebend. p. 351 u.ff. wie
auch Unvermögen (männliches), im XLIX Bande, p.
2352 u.ff. gezeiget worden, im letzten Falle dem vermögenden und fähigen
Ehe-Gatten die Ehescheidung zugelassen ist; so kan dennoch, wenn beyde Personen
die Ehe mit einander fortsetzen wollen, dieses Band der Ehe, dem ohngeachtet,
zwischen ihnen bestehen. |
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Hierunter gehören auch diejenigen
Weibs-Personen,
welche von andern abwesende seyn geehelichet und durch einen Procuratorn dem
Bräutigam angetrauet worden, und der Bräutigam vor der Beschreitung des
Ehe-Bettes
verstorben, dergleichen
Ehen unter denen Potentaten und grossen
Fürsten
gar gewöhnlich sind: |
- Feltmann de Promot. absent. …
- Ludewig Disp. de matrimonio per procuratorem contracto.
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Diese werden nun in denen
Rechten
vor
Ehe-Weiber geachtet, dergestalt, daß sie auch schuldig sind, ihre
Ehe-Männer, ohngeachtet dieselben sie nicht ehelich
erkannt haben, zu betrauren,
ihnen auch die Erbfolge nach ihres
Mannes
Tode
zukömmt, |
- l. 6. und 7.
ff. de R.N.
- Gail
…
- Mynsinger …
- Wissenbach ad tit. de
sponsal. …
- Pagenstecher de Jure Virginum …
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obschon nach
Sächsischen Rechten vor Beschreitung des
Ehebettes die Erbfolge nicht statt findet. |
- Const. El. Sax. …
- Berger Oecon. Jur. …
- Rivinus Disp. de
Conscensione thori …
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Hingegen weil zur Beraubung der Jungfrauschafft doch der Beyschlaf oder die
fleischliche und
eheliche Vermischung von nöthen, und solange dieselbe noch
nicht erfolget, sie in der That eine
Jungfrau ist und bleibet; so sind
dieselbigen allerdings vor Jungfrauen zu achten dergestalt, daß, wenn dieses
alles notorisch und erwiesen, daß der Beyschlaf nicht erfolget, oder wegen
Verhinderniß die fleischliche Vermischung, eines Gebrechens der
Natur
halber, nicht erfolgen können, sie nicht allein vermittelst Dispensation gar
wohl ihres ihnen angetrauten
Ehe-Mannes Bruder
heyrathen können, |
-
Carpzov Iprud. Consist. …
- Gerhard in loco de conjugio …
- Beust de
spons. et matrim. …
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sondern ihnen auch nicht verwehret werden mag, fernerhin sich
einer
Jungfrau gleich zu kleiden, und einen Krantz zu tragen. |
- Carpzov P. III. …
- Neuenhan de Jure Viduit. …
- Müller Disp. de Hierologia …
- Willenberg Disp. de Abusu serti virginalis …
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gleich als Jungfern |
Was aber die andere Art, oder die so genannten gleich als
Jungfern
betrifft; so gehören hierunter diejenigen, welche zwar wider die
jungfräuliche Zucht und Erbarkeit sich mit einer
Manns-Person
fleischlich vermischet, dennoch |
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{Sp. 161|S. 94} |
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aber alles so geheim gehalten, daß niemand einen lebendigen Zeugen davon
siehet, und welche immer mitzu der
Rechte
der
Jungfrauen geniessen. |
Pagenstecher l.c. … |
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Eben hierunter rechnet auch der
Kayser
Justinianus in der Novella 2. diejenigen
Weibs-Personen,
welche nach ihrer
Männer
Tode beständige
Keuschheit gelobet, und sich nicht wieder
verheyrathet, obschon
ausgemacht, daß dieselbigen die
Rechte
derer wahren
Jungfern, welche noch keinen Mann
erkannt haben, nicht geniessen
können. |
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Mit bessern
Rechte
gehören diejenigen unter die
Jungfrauen, welche genothzüchtiget, oder im Schlafe
und Truncke (wiewohl dergleichen Fall sich selten zutragen kan) in der Raserey
und Aberwitze, oder aber noch in ihrer Kindheit, ehe sie noch zu
Verstande
gekommen sind, fleischlich
erkannt worden; angesehen die Jungfrauschafft grösten
Theils auch im
Gemüthe bestehet, welche aber durch keine
Gewalt
genommen werden kan. Dahero denn auch diese, daferne die Genothzüchtigte nur
geschryen, und durch dieses Schreyen ihren Wiederwillen zu
erkennen gegeben hat,
(anders verhält es sich, wenn sie nicht geschryen, und dadurch gleichsam
stillschweigends ihre Einwilligung hierein gegeben hat,) der geschehenen
fleischlichen Vermischung ungeachtet, nebst andern Jungfrauen einen Krantz zu
tragen, nicht verwehret wird, |
- Mascard de Probat. …
- Stephani ad Art. 119 O.C.C.
- Berlich P. V. …
- Brunnemann ad l. 20. …
- Meyer Disp. de serto virginum §. 9.
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ob sie schon niemahls in einem
Kloster als eine Nonne
aufgenommen werden kan. |
Kornmann de Virginit. Jure … |
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