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Zedler: Weibs-Person, (ledige oder unverheyrathete) [2] HIS-Data
5028-54-157-7-02
Titel: Weibs-Person, (ledige oder unverheyrathete) [2]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 54 Sp. 161
Jahr: 1747
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 54 S. 94
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Hinweise:

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Übersicht
Rechte der Jungfern
  Kranz
  Vortäuschung
  Morgengabe
  Ausstattung
  Meister-Töchter
  keine Adoption
  keine Vormünder
  Erbrecht
  Verwaltung des Vermögens
  privilegierter Gerichtsstand
  peinliche Fälle

Stichworte Text   Quellenangaben
Rechte Die Rechte derer Jungfrauen nun selbst gelangen und; so bestehen selbige kürtzlich im folgenden:  
Kranz Hauptsächlich ist wohl das Recht, einen Crantz zu tragen, was besonders, welches andern Weibs-Personen nicht zustehet, so bereits mit einer Manns-Person sich fleischlich vermischet haben, daferne nur die fleischliche Vermischung nicht im Nothzwange geschehen. Und zwar stehet dieses Recht, Kräntze zu tragen, allen Jungfrauen zu, sie mögen aus einem unbefleckten, oder aber befleckten Ehe-Bette gezeuget worden seyn; so gar, daß auch diejenige Jungfrau, welche fälschlich bekannt hat, sie sey von einem andern geschwängert worden, wenn sich das Gegentheil hernach ausweiset, davon nicht ausgeschlossen werden kan. Denn ohngeachtet sie durch ihre schändliche That ihrem Privilegio renunciret zu haben geglaubet wird, weil aber niemand, der seine eigene Schande, ohne beygebrachte erhebliche Muthmassungen bekennet, Glauben beygemessen wird; so wird auch dieser ihrem Geständnisse nicht geglaubet, folglich kan sie auch nach der Zeit sich wieder ändern, und die Rechte der Jungfrauen, samt dem Rechte, einen Krantz zu tragen, billig gebrauchen, bevorab, wenn sie zur Vermeidung alles Argwohns sich endlich reinigen will, sie hätte niemahls sich mit einer Manns-Bilde fleischlich vermischet.
  • arg. l. 31. …
  • Meier Disp. cit.
Vortäuschung Ferner gehöret hieher, daß, wenn einer eine sich vor eine Jungfer auffüh-  
  {Sp. 162}  
  rende Weibs-Person geheyrathet hat, er findet sie aber wahrhafftig nicht als eine unberührte Jungfrau, solche geschlossene Ehe, so wohl als die Ehe-Gelöbnisse, hinwiederum getrennet werden kan.
  • Brouwer de Jure Connub. …
  • Stryck de sponsaliorum dissolutione
  • Carpzov Iprud. Consist. …
  • Struv Diss. de Jure Divortiorum
  Wovon bereits in dem Artickel: Ehestand, im VIII Bande, p. 360. u.ff. und Ehe-Scheidung, ebend. p. 351. u.ff. wie auch Verlöbnisse (Trennung der) im XLVII Bande, p. 1192. u.ff. mit mehrerm gehandelt worden.  
  Woraus umso viel deutlicher erhellet, wie die Bedingung: Ich will dich heyrathen, wenn du eine Jungfer bist; weil sie weder unerbar, noch unmöglich ist, allerdings bestehen kan, ohngeachtet sie schon stillschweigend darunter begriffen, unnöthig und überflüßig ist. Pagenstecher l.c. §. 35.
Morgengabe Hieher gehöret auch die Morgengabe, welches nichts anders als dasjenige Geschenck ist, so der Bräutigam den andern Tag der Hochzeit frühe Morgens seiner Braut zu geben pfleget, gleichsam zu einer Vergeltung oder Belohnung vor die ihr geraubte Jungferschafft.
  • Beyers Jus Germ. …
  • Gundling de Emtione uxoris, dote et Morgengaba,
  worvon aber ebenfalls schon in dem Artickel: Morgengabe, im XXI Bande, p. 1639. u.ff. mit mehrern und ausführlich gehandelt worden,  
Ausstattung weiter ist dieses ein Vorrecht der Jungfern, daß dererselben Vater sie auszustatten schuldig sey, l. 19. ff. de R.N.
  welches aber bey denen Wittwen, als da sie schon einmahl ihre Ausstattung erhalten haben, nicht statt findet; worvon gleichergestalt in den Artickeln: Dos, im VII Bande, p. 1342. u.ff. und Heurats-Guth im XII Bande; p. 1940. gedacht worden.  
Meister-Töchter Diesem wollen wir noch als ein besonderes Recht derer Jungfrauen beyfügen, daß an manchen Orten unter denen Handwerckern keiner zu dem Meister-Rechte gelangen kan, welcher nicht, daferne eine vorhanden, eine Meisters Tochter heyrathen will, wiewohl dergleichen Statuten gantz unvernünfftig und unbillig zu seyn scheinen, bevorab da die Ehen nicht gezwungen, sondern freywillig geschlossen werden sollen, welches letztere aber durch dergleichen Statuten verhindert wird. Mit besserem Rechte, und weil dergleichen bey der Ehe höchsterforderliche Freyheit in der Wahl dadurch nicht eingeschräncket wird, seyn diese Statuten der Handwercker gültig, welche die Verordnung treffen, daß diejenigen, welche eines Meisters Tochter heyrathen, von vielen Beschwerden die sie sonst ehe sie zum Meister-Rechte gelangen, erfüllen müssen, dispensiret und frey sind,
  • Adrian Beyer in Synt. Jur. opif.
  • Besolds Thesaur. pract. Tom. I. verb. Handwercker
  • Stephani de Jurisdict. …
  • Georg Beyer, Delin. Jur. Germ. …
keine Adoption Sie können niemand an Kindesstatt annehmen, angesehen nach dem § 10. J. de adopt. nur denen Wittben, welche ihre Kinder verlohren haben, nicht aber andern noch im  
  {Sp. 163|S. 95}  
  Ehestande lebenden Weibs-Personen, vielweniger denen Jungfrauen, solches vergönnet ist. l. 5. C. de adopt.
  Angesehen die Novella Leonis 27. Vermöge welcher auch denen Jungfrauen solche Annehmung an Kindes statt zugestanden worden, nur in Orient gültig gewesen, ausser dem Oriente aber niemahls angenommen worden.
  • Hoppius ad §. 10. I. de Nupt.
  • Pagenstecher de Jure Virgin. …
keine Vormünder Und wie bereits in dem Artickel: Weiber-Rechte; desgleichen Vormundschaft (ausserordentliche) im L Bande, p. 937. u.ff. und Vormundschaft (rechtmäßige) ebend. p. 977. u.ff. gedacht worden, daß die Weibs-Personen insgesamt, die Mutter und Groß Mutter ausgenommen, nicht mögen Vormünder abgeben; also werden unter solchen nicht minder die Jungfrauen gäntzlich von der Vormundschaft ausgeschlossen.  
Erbrecht Diejenigen Jungfrauen, welche vor Verlauff des 25. Jahres sich haben schwängern lassen, können derenthalben auch von ihren Eltern gültiger Weise enterbet werden, welches aber von denen Söhnen, die vor dem 25. Jahre andere beschlaffen haben, nicht anzunehmen. Nov. 115. c. 3.
  Desgleichen sind einige derer Rechts-Lehrer, besonders aber Anton Matthäus de Crimin. … derer Gedancken, daß, wenn eine Jungfrau, die sich von einem andern, aus besonderer hefftiger Liebe zu demselbigen, hat schwängern lassen, in einem Testamente zum Erben eingesetzt, des Testirenden Bruder aber darinnen übergangen, und mit nichts bedacht worden, dieser übergangene Bruder solches Testament wegen der zum Erben eingesetzten geschwächten Weibs-Person, als ein liebloses anfechten könne; denen aber Menoch A.I.Q. … so wohl auch Harprecht ad Jul. Clar. … widersprechen, welcher letztern Meynung auch deswegen, weil dergleichen Schwächung in denen Rechten keine Unehre nach sich ziehet, auch nur diejenige Weibs-Person, welche um Geld zu verdienen, sich mit andern fleischlich vermischet, und eine öffentliche Hure abgiebt, infam zu nennen, l. 4. … so von dergleichen Weibs-Personen nicht zu sagen, Zahn de Jur. municip. … Carpzov P. II.billig beyzupflichten.  
  Dieses ist auch ein besonderes Vorrecht der Jungfern vor denen Wittwen, daß an statt, da die Wittwen des ihnen unter der Bedingung, daferne sie nicht wieder heyrathen würden, verlassenen Vermächtnisses verlustig werden, so bald sie ihren Wittwen Stuhl verrücket und sich wieder verheyrathet haben, auch deshalber bey einem solchen verlassenen Vermächtnisse, ehe sie dasselbige erhalten, die Cautionem Mutianam zuförderst bestellen, und vermittelst derselben, wenn sie wieder heyrathen solten, das Vermächtniß mit allen eingehobenen Nutzungen zu restituiren versprechen müssen,
  • Nov. 77. …
  • Müller de odio secundarum nupt.
  • Carpzov P. II.
  • Frantzkius Lib. I.
  • Stryck Us. mod.
  sie dasjenige Vermächtniß, das ihnen unter der Bedingung verlassen worden, daferne sie sich niemahls verheyrathen, sondern ihre  
  {Sp. 164}  
  Jungfrauschafft bis an ihr Ende behalten würden, sogleich erhalten, ohne daß sie zuförderst die Cautionem Mutianam zu bestellen schuldig wären; angesehen in Betrachtung derer Jungfrauen solche Bedingung vor unmöglich und schändlich geachtet, folglich aus der Natur derer unmöglichen und schändlichen Bedingungen davor gehalten wird, als ob dasselbe Vermächtniß ihr unter keiner Bedingung, sondern schlechtweg und unbedingt, wäre verlassen worden.
  • l. 7. …
  • Pagenstecher l.c. …
  Wenn jemand einer Jungfrauen eine Ausstattung vermacht hat; so ist solches Vermächtniß ein bedingtes Vermächtniß, und kan von der Jungfrau nicht eher gefordert werden, als wenn sie würcklich geheyrathet hat; angesehen ausser dem Ehestande keine Ausstattung statt findet. l. 3. ff. de jur. dot.
  Folglich wenn die Jungfrau, der ein solches Vermächtniß ist verlassen worden, stirbt, ehe sie würcklich Hochzeit gemachet hat, ob sie sich schon mit einer Manns-Person verlobet hat; so kommt das Vermächtniß nicht auf die Erben der Jungfrau, angesehen die unter einer gewissen Bedingung verlassene Vermächtnisse, dergleichen gegenwärtiges Vermächtniß ist, wenn derjenige, dem sie sind vermachet worden, vor Erfüllung der Bedingung stirbt, erlöschen, und auf dererselben Erben nicht verfället werden können. l. un.
  Wenn aber einer Jungfrau eine Ausstattung ist vermachet worden, diese aber heyrathet nicht, sondern gehet in das Kloster, so ist nach der Auth. nisi rogati C. ad SCt. Trebell. dieselbe der ihr vermachten Ausstattung nicht verlustig, sondern es muß ihr dieselbe, dem ohngeachtet, ob sie schon nicht heyrathet, gegeben werden, woferne sie nur zu der Zeit, da sie in das Kloster gegangen ist, 16 Jahr alt gewesen, in das Kloster freywillig, nicht gezwungen, gegangen, und nach dem Probe-Jahre mit gewöhnlichen Ceremonien eingekleidet worden, und das Kloster-Gelübde zierlich abgelegt hat. Richter ad Auth. nisi rogati …
  Wie denn bey denen Vermächtnissen noch dieses zu gedencken, daß, wenn jemand einer Jungfrauen etwas vermachet hat, und zwar nicht etwann aus naher Freund- oder Bekanntschafft, sondern vielmehr ihrer Keuschheit halber, und weil sie ihre Jungfrauschafft so wohl bewahrete, dieselbe Jungfrau aber lässet sich herrnachmahls, ehe das Vermächtniß ihr noch anfället, schwängern, sie das Vermächtniß nicht fordern könne, weil die Art und Bedingung, unter welcher ihr das Vermächtniß ist verlassen worden, nunmehr ermangelt.
  • §. 29. …
  • Kornmann de Virginit. Jur. …
Verwaltung des Vermögens Was denen Jungfrauen in Ansehung der Verwaltung ihres Vermögens vor Vorrechte vor andern Weibs-Personen zustehen, äussert sich aus demjenigen, was wir bereits in dem Artickel: Vormund (kriegerischer) im L Bande, p. 908. und Vormundschafft (immerwährende) ebend. p. 972. u.ff. wie auch in dem Artickel: Weiber-Rechte, weitläufftig gezeiget haben.  
  Nur ist hierbey zu gedencken, daß, wenn eine Jungfrau vor ihrer Vereheligung etwas von ihrem Vermögen  
  {Sp. 165|S. 96}  
  verschencket hat, sie heyrathet nachgehends, und zeuget Kinder, selbige befugt seyn, von der Schenckung, wenn sie auch gleich von ihr beschworen worden, abzugehen, angesehen in denen Rechten die Vermuthung ist, es habe die Jungfrau auf diese Art ihre Güter verschencket, wenn sie keine Kinder zeugen dürffte; und dahero gehet die natürliche der vormaligen Freygebigkeit vor,
  Auf gleiche Weise, wie es Rechtens, daß, wenn eine unverheyrathete Jungfrau ein Testament gemachet, solches nach Sachsen-Recht, wenn sie heyrathet, und nach vollzogener Priesterlichen Trauung beyleget, nicht gültig, nicht etwan aus dieser Ursache, als ob die Ehe eine Art wäre, das Testament ungültig zu machen, sondern weil nach Sachsen-Rechte sie die beweglichen Güter ihrem Manne hinterlassen muß, auf welche Art und Weise das Testament wiederruffen wird, damit es nicht heisse, sie habe von eines andern Sachen, die dem Manne bereits zugehöret, ein Testament gemachet. Carpzov de Jure Foem. …
privilegierter Gerichtsstand Wie denen Wittwen das Recht angediehen, daß sie in denen Rechten unter denen armseligen und miserablen Personen begriffen werden, ohne Unterscheid, wes Standes, Würden und Vermögens sie seyn, in Ansehung dessen sie auch mit vielen besondern Privilegien und Freyheiten, so wohl ihrer Person, als Güter wegen, begnadiget werden, unter denen, was die Person betrifft, das vornehmste ist, daß zur Beförderung der Wittwen-Rechte und zu Verkürtzung der Processe, sie, wenn sie Beklagtens Stelle vertreten, die erste Instantz vor dem Kayser selbst, oder heut zu Tage vor dem höchsten Gerichte des Landes-Herrn selbigen Orts haben, also, daß, wenn sie vor ihrer ordentlichen Unter-Obrigkeit belanget werden, sie sich daselbst einzulassen nicht gehalten seynd, sondern alsobald auf die Hohe Lands-Obrigkeit und vor selbiger habende privilegirte erste Instantz sich beruffen können; hingegen wenn sie von jemand auch gleich auf ein Special-Rescript vor dem höchsten Gericht selbiger Lande verklaget werden, sie wider ihren Willen für demselben zu erscheinen, und daselbst Recht zu nehmen nicht gezwungen werden mögen, sondern die Wahl haben, ob sie vor ihrer ordentlichen Unter-Obrigkeit, oder vor dem höchsten Gerichte sich stellen, und desselben rechtlichen Ausspruchs sich unterwerffen wollen; hingegen daferne sie Klägers Stelle vertreten, ihre Beklagte mit Übergehung derer Beklagten ordentlichen Gerichts-Instantz sogleich vor Deroselben Landes-Herrn höchste Gerichte zu ziehen,
  • l.un. …
  • Carpzov Disp. de Judicio Imperatoris extraordinario.
  • Berger Elect. Discept. For.
  Also stehet auch denen Jungfrauen, sie mögen arm oder reich, mündig oder unmündig seyn, auch ohne Unterscheid, ob sie schon bey Jahren, und sich das ehelose Leben erwehlet haben, oder noch bey ihrem besten Alter, und das Heyrathen nicht verredet haben,
  • Franc. Vivius Decis. Neapol. …
  • Gräven Concl. Pract.
  (nicht aber denen-  
  {Sp. 166}  
  jenigen, welche noch in väterlicher Gewalt stehen, Carpzov l.c. … oder welche kein jungfräulich Leben führen, Hilliger in Donell. … Christinäus Vol. II …)  
  solches Recht des privilegirten Gerichts-Standes auf gleiche Weise, wie denen Wittwen, billig zu, obschon weder in der Aufschrifft, noch im Texte des angeführten l. un. C. quando Imp. int. pup. derer Jungfern Meldung geschiehet.  
  Angesehen solche in den Rechten unter denen Wittwen verstanden werden, l. 242. …
  und daher auch dieses privilegirten Gerichts-Standes, besonders da die Ursache, weswegen denen Wittwen solcher Vorzug gegeben worden, sich nicht minder bey denen Jungfrauen äussert, geniessen müssen.
  • Carpzov Lib. II.
  • Lyncker de Gravam. Extrajudic. …
  • Brunnemann ad l. un. C. quando Imp.
  Welches auch in der Hertzogl. Magdeburgischen Proceß-Ordnung vom Jahre 1696 … in denen Worten: Armselige Personen, als Wittwen, sie sind reich oder arm, Jungfrauen, ob sie gleich majorennes, u.s.w. ausdrücklich auf die Jungfrauen ist gezogen worden.  
peinliche Fälle Die Rechte derer Jungfrauen in peinlichen Fällen sind ferner diese, daß, wenn eine Jungfrau, die eines erbaren Wandels, und der sonst niemand etwas nachzusagen weiß, (denn wenn es eine leichtsinnige und leichtfertige Dirne, die sonst mit Mannsbildern verdächtig umgegangen, findet solches nicht statt. Pagenstecher l.c. §. 65.) sich von einem andern hat schwängern lassen, die Vermuthung vor die Jungfrau sey, sie habe sich nicht anders, als unter geschehener Versprechung, sie zu ehelichen, schwängern lassen; folglich derjenige, der sie geschwängert hat, sich vermittelst Eydes, er habe ihr nicht vor der Schwängerung die Ehe versprochen, reinigen muß. Carpzov P. I. …
  worvon in dem Artickel: Schändung der Weibs-Personen, im XXXIV Bande, p. 761 u.ff. schon weitläufftiger gehandelt worden.  
  Bey dem versuchten Nothzwange oder der Nothzüchtigung stehet der Jungfer die Macht zu, wenn sie siehet, sie könne ihre Jungfrauschafft und Keuschheit wider den Nothzwänger nicht anders, als mit dessen Entleibung, beschützen, sie berechtiget sey, denselben ohne alle Schuld und Straffe zu entleiben, und zu Beschützung ihrer Jungferschafft zu ermorden,
  • l. 1. …
  • Struv de Vindicta privata. …
  • Simon Disp. de Justitia hominis
  Welches aber nach bereits erlittener Nothzüchtigung, aus Ursachen, weil es alsdenn nicht so wohl eine Beschützung ihrer Jungferschafft, als vielmehr eigenmächtige Rache wegen der ihr zugefügten gewaltsamen Beraubung derselben ist, nicht gesagt werden kan. Gestalt denn in diesem Falle sie nicht von aller Straffe befreyet wird, sondern, ohngeachtet die ordentliche Straffe des Todschlags, wegen des hefftigen Schmerzens und gerechten Zorns, wegfällt, mit einer ausserordentlichen Straffe belegt werden muß. Simon Diss. cit. § 10.
  Was aber die Straffe des Nothzwanges betrifft, so ist davon in dem Artickel: Nothzucht, im XXIV Bande, p. 1455 u.ff. zur Gnüge geredet worden.  
  Eben dieses ist auch von dem Verbrechen des Jungfern-  
  {Sp. 167|S. 97}  
  Raubes zu gedencken; welches Verbrechen gleichfals in dem Artickel: Raptus, im XXX Bande, p. 878 u.ff. weitläufftig erkläret worden.  
  Hier wollen wir nur noch mit wenigen von zwey Verbrechen, die in Ansehung derer Jungfern begangen werden, ein weniges anführen.  
  Und zwar das erstere von dem Falle wenn einer eine noch unmannbare Jungfer beschläfft und stupriret, als in welchem Falle, wenn er keine Gewalt dabey gebrauchet hat, sie auch schon über 7. Jahr alt ist, er mit Staupen-Schlägen des Landes ewig verwiesen, bey verübter Gewalt aber, oder wenn sie noch unter 7. Jahr alt ist, ob er gleich keine Gewalt dabey gebrauchet, mit dem Schwerdte vom Leben zum Tode gebracht werde.
  • Carpzov P. IV. …
  • Coler
  • Berger Oecon. Jur.
  Das andere hingegen handelt von den Beschimpfungen und Schmähungen, so denen Jungfern angethan werden, welche verschiedentlich und entweder in Real oder Verbal-Injurien eingetheilet werden müssen.  
  Unter die erste gehöret die Verwundung, welche, wie bey andern Menschen, zu bestraffen. Nur ist dieses bey den Jungfern was besonderes, daß, wenn jemand eine Jungfrau im Gesichte verwundet, und sie dadurch ungestaltet wird, es nicht genug ist, daß der Verwundende das Artzt-Lohn und Schmertzen-Geld ihr zu ersetzen schuldig, sondern er muß noch über dieses auch vor den grossen ihr zugefügten Schaden, daß sie nemlich heßlich geworden, und nunmehro keine so bequeme Gelegenheit zu heyrathen bekommen kan, nach Ermessen des Richters, eine gewisse Summe Geldes zahlen.  
  Und zwar führet Pagenstecher l.c. §. 61. dieses aus dem Grunde her, weil nach dem §. 1. in fin. J. de obligat. quae quasi ex delict. auch dasjenige, was dem Verwundeten Zeit währender Verwundung zu verdienen entgangen, oder was er nach der Zeit und in Zukunfft, weil er durch die Verwundung darzu untüchtig gemacht worden, nicht verdienen kan, und solchemnach Schaden leidet, ersetzen muß. Über dieses, schreibet er darauf weiter, muß nunmehr eine solche armselige Weibs-Person, welche vielleicht ihr gantzes Heyraths-Gut in dem schönen Gesichte herumgetragen, sich, wegen der zugefügten Narben, alles Vortheils, den sie sonst erhalten können, auf ewig beraubt sehen; da hingegen wenn eine Manns-Person, oder ein verheyrathetes Weibsbild also im Gesichte verwundet und ungestalt worden, sie, vor solche ihr zugefügte schändliche Gestalt, nichts fordern kan.  
  Weiter gehöret unter die Real-Injurien, wenn einer einer erbaren Jungfer wider ihren Willen einen Kuß giebt; gestalt denn dieser, daferne nicht die Landes-Gewohnheit ein anders mit sich bringet, oder die Jungfrau sich mit schmeichelnden Worten darzu bereden lassen, oder daß ihr solches nicht so sehr zuwider sey, sich durch verblümte Worte oder Thaten schon erkläret hat, Pagenstecher l.c. §. 83.
  deshalber von der Jungfrau gar wohl mit der Injurien-Klage belanget werden kan.
  • Stryck de J. Jure Sens. …
  • Strauch ad Jus Justin. …
  • Struv. S.J.C. …
  • Müller Disp. de osculo nocivo.
  Ja wenn die Jungfrau gleich der Manns-Person, die ihr wider ihren Willen einen Kuß geben wollen, eine Ohrfeige gegeben hat, mag sie doch deswegen von der Manns-Person nicht belanget,  
  {Sp. 168}  
  und als eine Injuriantin bestrafft werden. Müller l.c. …
  Hingegen mag sie, wenn sie siehet, daß sie sich des Kusses nicht erwehren kan, zu dessen Vermeidung keinesweges die Manns-Person tödtlich verwunden, ohngeachtet ihr solches bey dem Nothzwange nicht zur Straffe gereichet; angesehen zwischen dem Nothzwange und einem gewaltsamen geraubten Kusse ein grosser Unterscheid ist, da durch den Nothzwang die Jungferschafft gäntzlich geraubet und entzogen wird, welches aber durch einen gewaltsamen geraubten Kuß nicht geschiehet. Daß also dasjenige, was im ersten Falle Rechtens, auf den andern nicht zu ziehen. Wolffs Selecta opuscula
  So gehöret auch hierunter, wenn einer heimlich einer erbaren Jungfer beständig nachgehet und sie verfolget, und also verursachet, daß sie in übeln Ruff und böses Gerede kommt, als in welchem Falle die Jungfer auch ihn mit der Injurien-Klage belangen kan. Welches aber nicht auf den Fall zu ziehen, wenn er, nachdem er gehöret, daß sie zu einer Hochzeit gebeten worden, sie zu careßieren und zu bedienen, auf den Großvater gehet, oder es so anstellet, daß er auch zu dieser Hochzeit gebeten werde, oder aber die Gasse, wo sie wohnet, öfters auf- und abgehet, als welches alles der Jugend-Hitze zuzuschreiben. Dietherr Suppl. Speidel. voc. Jungfrau.
  Also auch ist dieses nur eine derer stärcksten Real-Injurien, wenn er sie geiler Weise an denen Brüsten oder Geburts-Gliedern betastet, als welches mit der Landes-Verweisung, auch, nach Gelegenheit derer Umstände und gebrauchten gewaltsamen Thätlichkeiten, mit dem Staupenschlage bestraffet werden kan, wenn auch gleich die Manns-Person vorschützen wolte, es sey solches aus hefftiger Liebe geschehen. Wolff l.c. §. 67.
  Ferner ist hieher zu ziehen, wenn jemand einer Jungfer den Crantz vom Kopffe reisset, oder der Braut an dem ersten Hochzeit-Tage den Braut-Crantz raubet, und an dessen Stelle ihr eine Haube aufsetzet; angesehen er ihr dadurch Schuld giebt, sie hätte vor der Hochzeit sich nicht keusch genug aufgeführet, und wäre nicht würdig, einen Crantz zu tragen,
  • arg. l. 13. …
  • Ludwell Exerc. …
  • Meier Disp. de serto virgin.
  Welches aber nicht auf den andern Hochzeit-Tag zu ziehen. Denn wenn jemand gleich an dem andern Hochzeit-Tage der Braut den Crantz raubet, und ihr eine Haube oder aber einen Vexier-Crantz aufsetzt, (daferne der Vexir Crantz nur nicht unzüchtig und schändlich, und mit Figuren des männlichen Gliedes oder Hörnern und dergleichen ausgespickt ist, gestalt denn in diesem Fall derjenige, der der Braut solchen an dem andern Hochzeit-Tage aufsetzet, nicht von aller Straffe einer Injurie befreyet ist, vielmehr weil der Wille, die Braut zu schmähen, aus solchem Bezeigen vermuthet wird, solchen Willen zu injuriren abschwören muß,) so mag er deshalber nicht als ein Injuriante bestraffet werden. Meier l.c. …
  Unter die Verbal-Injurien gehöret, wenn jemand eine erbare Jungfrau, (anders verhält es sich, wenn sie an verdächtigen Örtern, oder in Huren-Habit sich irgendwo aufhält, oder mit ihren unzüchtigen und Hurerischen Geberden und Worten sich verdächtig machet, als in welchem  
  {Sp. 169|S. 98}  
  Fall diese Straffe wegfällt. Pagenstecher, l.c. §. 169. Theodorici Coll. Crim. … ) mit Worten zur Hurerey verleiten will, als welches Laster, nebst einer der hierdurch geschmäheten Jungfrau zu leisten schuldigen Abbitte, noch mit einer ausserordentlichen Straffe beleget wird. l. 15. …
  Ferner wenn einer bößlicher und schmähsüchtiger Weise sich berühmet, er habe diese oder jene erbare Jungfer fleischlich gebrauchet; in solchen Falle kan er ebenfalls mit der Injurien-Klage belanget, und noch über den Wiederruf willkührlich mit Gefängniß, oder zeitlicher, ja ewiger Verweisung, und, nach Gelegenheit derer Umstände, wohl noch mit Staupen-Schlägen gestrafft werden,
  • Churf. Sächs. 45. Const. P. IV. und daselbst Carpzov def. 2
  • Schultz Synops. Inst. …
  • Beyer verb. jure commun.
  • Berlich P. V. …
  • Coler decis. …
  • Philippi 4. …
  Noch weiter, welcher sich garstiger Worte und Zoten bey einer erbaren Jungfrau bedienet, begehet eine wörtliche Injurie, l. 15. ff. de injur.
  und mag so wohl als derjenige, welcher eine Jungfrau aus Vorsatz ein Weib schilt, als ein Injuriant bestrafft werden. Lauterbach Compend. Jur. …
  Eben dieses ist auch zu sagen, wenn einer eine ehrliche und unbescholtene Jungfrau fraget, ob sie auch mit Recht und guten Gewissen einen Crantz tragen könne? ingleichen ob es sie noch gedencke, daß sie eine Jungfrau gewesen? u. d. gl. angesehen derselbe doch auf diese Masse zweifelt, ob sie auch sich erbar und honett bishero aufgeführet habe, aller und jeder Zweifel aber an des andern Ehrbarkeit, wenn er ohne vorhergehende rechtmäßige Ursache und Anzeigungen geschiehet, eine Injurie in sich hält. Meier Disp. cit. …
  Worzu auch noch dieses kommt, daß, wenn zwey Jungfrauen bey einander stehen, und einer saget zu oder von einer derselben: das ist eine rechte keusche Jungfer! die andere sich solches als eine Injurie annehmen und vindiciren könne, angesehen durch dergleichen Worte die andere ausgeschlossen, und als unkeusch angegeben würde, Vincentius Caroc de Revelat. Confess. qu. 39.
  daferne diejenige Person nur, welche solchergestalt gesprochen, nicht mit der einen Jungfrau allein bekannt ist, die andere aber nicht gekennet hat, als in welchem Falle, weil er von der unbekannten Jungfrau ihren Sitten nicht reden können, noch wollen, er selbige durch solche Worte auch nicht ausschliessen, vielmehr lediglich von der bekannten Jungfrau reden wollen. Kornmann de Jure Virginit. … und des Deutschen Rechts-Gelehrten I. Haupt-Th. …
     

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Stand: 18. September 2016 © Hans-Walter Pries