Titel: |
Codicillus |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
6 Sp. 561 |
Jahr: |
1734 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd.
6 S. 298 |
Vorheriger Artikel: |
Condicilli |
Folgender Artikel: |
Codicilus mere nuncupatiuus |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
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Text |
Quellenangaben |
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Codicillus, ein Codicill, ist eine schrifft- oder
mündliche Disposition und
Verordnung des
letzten Willens eines auf dem Todt-Bett liegenden oder
sonst testirenden
Menschen, in
Gegenwart fünff
ungefehr zusammen gekommener Zeugen
aufgerichtet, wie es zwischen seinen
Kindern, oder
andern Erben einiger Legatorum oder
Fideicommisses halber
solte gehalten werden. |
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Und findet statt, wenn die Kürtze der
Zeit oder
andere
Umstände, die zu einem Testament
erfordernde
Sollemnitaeten und Requisita nicht
zulassen wollen. |
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Der
Unterscheid zwischen einem Codicill und
Testamente ist sowohl wegen der innerlichen als
äusserlichen Substantialium wichtig. Wegen der
innerlichen, so findet die Erbeinsetzung in einem
Codicille nicht statt, mithin auch nicht die
Benehmung der Erbschafft, noch die Substitution,
und kan dem ehemahls im Testamente
eingesetzten Erben keine Condition in solchem
beygesetzet werden, welches letztere sonst in der
That eine Erbeinsetzung seyn würde, |
§. 2.
I. de Cod. |
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dieses aber alles kan in einem Testamente
wohl angehen. |
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Was die äusserlichen anbetrifft, so werden zu
Errichtung eines Codicilli fünff Zeugen erfordert |
l. f. §. vlt.
C.
de Cod. |
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im Testamente aber sieben. |
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Bey einem Codicill ist die Erbetung derer
Zeugen nicht
nöthig, wohl aber im Testamente, bey
jenen werden auch die
Weiber zu Zeugen
zugelassen, welches nicht sowohl aus denen
Gesetzen, (denn der
Schluß, welcher gemeiniglich
aus dem l. 1. pr.
π.
de testibus, und aus dem leg.
10. §. 6. π. qui testam. facere poss. gemacht wird,
wird wenig Beyfall finden) als vielmehr durch die
Meynung bewährter
Rechts-Lehrer abzunehmen,
wie wohl kein ausdrücklicher Text, der diese
Meynung bestätiget, verhanden, so will doch die
Gleichheit des
Rechts solche zur Gnüge
unterstützen. Denn daß ein Weib bey einem
solemnen
Testament nicht zugelassen wird, verlangt das
ausdrückliche Verbot derer Gesetze, dergleichen
aber bey denen Codicillen nicht vorhanden. |
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Fragt man nach der
Ursache, warum ein Weib
ein untüchtiger Zeuge bey einem sollemnen
Testamente sey, so fällt derer Rechts-Lehrer
Meynung dahin, weil sie sich weder zum
Krieg
rüsten, noch der Überlassung, so per aes et liberam geschähe, noch
denen
Reichs- |
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{Sp. 562} |
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Tagen beywohnen durfften, so aber bey den
Codicillen gar nicht angehet, mithin von der
verweigerten Zulassung eines Zeugens im
Testamente auf ein Codicill sich nicht appliciren
lassen will; Dieser Meynung kan Bachov. ad Treutl
… durch sein
Urtheil nichts entziehen wenn er
setzet, daß ein Codocill von einem Testamente nur
vermöge derer Anzahl Zeugen, nicht aber wegen
ihrer
Eigenschafft, und
Geschlechts
unterschieden
sey, und so offt die Gesetze eine
gewisse Anzahl
Zeugen zur Unternehmung einer
Handlung
erfordern, so offt
Manns-Personen darunter
verstanden werden, weil die Weiber nicht von der
Qualité seyn, daß nichts wieder sie oder deren
Aussage aufgebracht werden solle. |
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Noch weniger kan des
berühmten
Beyeri in
Posit. ad. π. tit. de jure …
Gedancke etwas
beytragen, wenn er setzet: Daß bey einem Codocill
Manns-Personen zu Zeugen erfordert würden, weil
sie 5. Classen derer Römischen Bürger vorstelleten;
so aber sehr schlecht von einem Testament auf ein
Codocill geschlossen, denn zu geschweigen, daß
die
Nothwendigkeit derer dabey erfordernden
Zeugen nicht sogleich zu des Augusti Zeiten,
sondern lange hernach von Constantino, oder, wie
andere wollen, von Constantio in l. 1. Cod. Theod.
… eingeführet werden. |
Böhmer in
Diss. de Codic. sine
Testam. … |
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So kan auch des Vinnii ad §. 6. I. de Test. ord.
Urtheil hierwieder nichts thun, wenn er
glaubt, daß
die Zeugen einem Codicille sollemnitatis gratia
beywohnen, und solches
nothwendig Manns-Personen seyn
müsten. Allein es ist noch nicht
ausgemacht, daß Zeugen sollemnitatis gratia bey
einem Codicill seyn müssen, vielmehr werden sie
wegen eines deutlichen
Beweises erfordert,
welches dahero
wahrscheinlich, da sie nicht darzu
erbeten seyn müssen. |
- Hol. Cons. …
- Cujacius
ad Afric. …
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und obschon zwey Zeugen zum Beweiß
ordentlicher weise erfordert werden, so wollen doch
die Gesetze offt nicht mit zweyen zufrieden seyn,
damit durch viele Leute die
Wahrheit desto
vollkommener sich an
Tage lege, |
Inhalts den 32. l. C. de Fideic.
… |
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In Testamento sollemni hingegen ist derer
Weiber Zeugniß nicht zuläßlich. In einem Codicill
kan der Vermächtniß-Nehmer keinen Zeugen
abgeben, weil das Hauptwerck ihn angehet. In
einem Codicill ist die Besieglung derer Zeugen nicht
nöthig, |
l. f. §. f. C. de Cod. |
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wohl aber in einem Testamente, wo die
Unterschrifft nicht gnug ist. |
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Es kan auch noch dieser Unterscheid Platz
finden, daß iemand mit Errichtung zweyer Codicillen
sterben kan, |
§. 3. I. de Cod. |
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wenn sie nur nicht einander entgegen seyn. da
hingegen zwey Testamente nicht bestehen, (es sey
denn der Testator ein Soldat, l. 30. π. de test. mil.)
noch aus jeden die Erbschafft zur Helffte erlanget
werden kan, indem 2. Vniversalia ohne
Contradiction nicht bestehen können, wohl aber
zwey particularia; In einem testamento non
holographo, das nicht
gantz des
Testatoris Hand
geschrieben, wird dieses Unterschrifft absolute
erfordert, und wenn er nicht schreiben kan, wird der
8te Zeuge erfordert, der sich vor ihm
unterschreibt. |
l. 21. … |
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so aber in einem Codicill sich anders befindet,
welches der Testator weder schreiben, noch
unterschreiben, |
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{Sp. 563|S. 299} |
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noch besiegeln darff. |
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Ein Codicill wird durch einen anders gesinnten
Willen widerrufen, |
pr. I. de ademt. reg. |
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worzu nicht eben fünff Zeugen nöthig, sondern
zwey gnug sind. |
Stryck. ad Laut. de Jure
Cod. |
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Da hingegen ein Testament durch dergleichen
nicht, wohl aber durch eine neue Erbeinsetzung
oder nach Verflüssung 10.
Jahre nach dem erst
errichteten Testamente aufgehoben wird, |
l. 27. … |
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Ehedem konnte in einem Codicill kein Vormund
gegeben werden, |
l. 3. … |
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wohl aber in einem Testamente, und wenn er in
einem Codicille vorgeschlagen, muste er confirmiret
werden. Da aber heut zu Tage alle Vormündere
bestätiget werden müssen, wird auch dieses nicht
mehr in Consideration gezogen. |
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