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Ausrichtung der Kräfte |
Es folget nunmehr zu
untersuchen, was denn die Kräffte auszurichten
vermögend seyn, wann sie auf
gewisse Art und unter gewissen Directionen
miteinander combiniret werden, oder in collision gerathen.
Hierbey ergeben sich in Ansehung der mutuellen Situation derer
Directionen zweyer oder mehrerer Kräffte,
vornehmlich drey Fälle. |
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Wir
wollen zwey Kräffte betrachten. Dieser ihre Directionen können
entweder einander gerade entgegen gestellet, oder nach einerley Gegend gerichtet
seyn, oder auch einen schieffen Winckel mit einander machen. Diejenigen Kräffte
welche nach entgegen gesetzten Directionen arbeiten, heissen Vires
contrariae; diejenigen, deren Directions-Linien miteinander
überein kommen, oder wenigstens parallel nach einerley Gegend gerichtet
sind, Vires conspirantes; und die dritte Art der Verbindung zweyer oder
mehrerer Kräffte unter der Condition, daß ihre Directions-Linien
schieffe Winckel miteinander formiren, wird Compositio Virium
genennet. |
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Alle diese drey
Arten finden so wohl an lebendigen als todten Kräfften
Statt. Was die Vires contrarias anlanget; so sind dieselbigen entweder
einander gleich, oder einander ungleich. In dem erstern Falle wird entweder die
Bewegung
völlig gehemmet, wann es
bewegende Kräffte seyn, oder es kan keine
Krafft die andere überwältigen und folglich keine Bewegung erreget werden, wenn
die Kräffte in dem
Zustande der Pression sich befinden: In dem andern
Falle folget eine Bewegung nach der Direction der stärckern Krafft,
welche durch dasjenige, um wie viel die stärckere Krafft vermögender als die
geringere Krafft ist, erfolget. |
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Also wann zwey
Cörper die eine gleich starcke
Bewegung haben nach entgegen
gesetzten Directionen gegen einander anstossen, so halten sie sich
völlig in ihrer Bewegung auf, und dieselbigen Cörper verbleiben nach
verrichteten Stosse in Ruhe. Es
verstehet sich dieses von Cörpern, die nur eine
Vim Inertiae, aber keine
elastische Krafft haben, Vermöge
welcher sie nach geendigten Stoß sonst wieder zuruck springen. |
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Wenn die
Bewegung
des einen Cörpers, den wir
z.E. A nennen wollen
grösser ist als des andern, der B heissen
soll, und sie stossen gegen
einander nach entgegen gesetzten Directionen; so wird zwar des weniger
bewegten Cörpers B. Bewegung völlig destruiret, allein durch
seine Vim Inertiae benimmt er ein gleich grosses Stücke der Bewegung
des mächtigern Cörpers A; und alsdenn wird die Bewegung nach der
Direction des mächtigern Cörpers A von beyden Cörpern
fortgesetzet, die aber nur so groß als der
Unterscheid bey der Bewegungen von
dem Stoß ist. So ist es auch mit denen Kräfften, deren
Würckung in einem Drucke,
Zuge oder Spannung bestehet. |
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[Figur] |
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Es sey C ein Cörper an zwey Fäden CB, AC zu beyden
Seiten angebunden, welche bey B und |
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{Sp. 1694} |
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A. über Rollen gezogen sind, und unten ein angehangenes Gewichte
haben. Es sey das Gewichte P so groß als das Gewichte Q, z.E.
beyde ein Pfund; so wird der Cörper C von dem Gewichte Q so
starck nach CB zu gezogen, wie starck eben derselbe Cörper C
von dem Gewichte P nach der Direction CA gezogen wird, und kan
folglich keine
Bewegung von dem Cörper C weder nach CB noch
CA erfolgen, sondern Q hält mit P das
Aequilibrium. |
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Wenn man hingegen dem Gewichte Q noch ein anderes R, z.E.
von einem halben Pfunde adjungiret; so
muß
nothwendig der Wagrechte
Stand gehoben werden, und der Cörper C sich nach CB der
Direction der stärcker Zührenden Krafft bewegen, welche
Bewegung lediglich
von dem Gewichte R erreget wird, in dem Q von dem gleich viel
vermögenden Gewichte P völlig zurück gehalten wird; daß also diese
Bewegung durch eine Krafft R herfür gebracht wird, welche so groß ist
als der Unterscheid zwischen denen Gewichten Q und R zusammen
genommen, so auf der einen Seite des Cörpers C adpliciret sind, und dem
Gewichte P, so auf der andern Seite an demselben Cörper arbeitet. |
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Die Vires conspirantes thun just das Gegentheil, was die Vires
contrariae thaten, in dem sie einander nicht aufhalten, sondern das ihre
zur Vergrösserung der
Bewegung beytragen. Wenn in vorhergehender Figur die
Gewichte P und R nicht zugegen wären, sondern das Gewichte
Q zöge allein an dem
Cörper C. so würde es solchen auf eine
gewisse Art bewegen. Adjungirte man nun dem Gewichte Q noch
das Gewichte R, so muß von dem Cörper C eine stärckere
Bewegung erfolgen, indem nunmehro eine grösse Krafft, nehmlich Q und
R zusammen genommen an ihr arbeiten, indem beyde Vermöge ihrer Schwere
den Faden herunterwärts zühen, und also nach einerley Direction eine
Bewegung zu erregen sich bemühen, unter welchen
Umständen als denn auch diese
Gewichte Vires conspirantes genennet werden. |
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Solchergestallt sind alle Vires Gravitatis eines Cörpers, Vermöge
welcher derselbe Cörper im Fallen seine
Bewegung acceleriret, Vires
conspirantes, indem sie auch einerley Direction, nehmlich nach der
Direction der Schwere, so nach den Mittel-Punct der
Erden
zugerichtet ist, ihre
Würckung praestiren, und dadurch verursachen, daß die
Bewegung des fallenden Cörpers immer grösser und grösser werde. |
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Wenn zwey Cörper an beyden Enden einer Stange befestiget sind, und man
lässet sie zusammt der Stange loß, so fallen sie perpendicular nach den
Horizont zu, und beschreibet also ein jeder eine Linie, so auf dem
Horizonte perpendicular stehet, daß folglich ihre Directions-Linien
einander parallel sind. Beyde Cörper hindern im Fallen einander nicht,
in dem sie mit gleicher Geschwindigkeit herunter fallen (wenn man nehmlich à
Resistentia Medii abstrahiret, und die
Bewegung in vacuo geschehen
lässet) und einerley Situm gegen einander beständig in währenden Falle
erhalten. |
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Die Kräffte dieser beyden Cörper, welche sie fallend machen, indem sie
einander in der Erzeugung ihrer
Würckung nicht hindern, sondern in
parallelen Direction eine
Bewegung von gleicher |
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{Sp. 1695|S. 844} |
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Geschwindigkeit hervorbringen, heissen ebenfalls Vires conspirantes.
So ist es auch, wenn die Kräffte nur einen Druck ausüben. Wenn man auf die Hand
ein Stuck Bley leget, so
empfindet man einen gewissen Druck von der Schwere
desselbigen; leget man auf dasselbe Stücke Bley noch ein anderes, so conjugiren
beyde ihren Druck, und die Hand empfindet eine stärckere Pression. Eine
gleiche Bewandniß hat es, wenn man
verschiedene Gewichte über oder neben
einander auf eine Wag-Schahle leget, da der Druck je desto grösser wird, je mehr
Gewichte darauf zu liegen kommen; und der gäntzliche Druck, welchen die
Wag-Schahle ausstehen muß, ist so groß als die Summe aller Pressionen,
die ein jedes Gewichte ins besondere
verrichten kan. |
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Die Vires conspirantes helffen demnach einander, und die
Würckung,
die sie zusammen praestiren, ist ihnen zusammen genommen
proportioniret. Dieses thun sie, wenn sie entweder noch einerley, oder
wenigstens parallelen Directionen adpliciret sind.
Wenn hingegen ihre Directions-Linien einen Winckel mit einander
formiren, so helffen sie zwar zu Weilen auch ein ander, allein dieses
Helffen geschiehet als denn unter
gantz andern Umständen, so daß sie zu Weilen
auch einander hinderlich fallen können. |
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Es sey A ein
Cörper, welcher nach der Direction AB
angestossen werde, |
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[Figur] |
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in gleicher Zeit aber erhalte er auch einen Stoß nach der Linie A C.
Hier sind zwey Kräffte, welche dem Cörper A zu gleicher Zeit nach
verschiedenen Directionen, nehmlich nach AB, und AC
bewegen wollen, welche in einem Winckel CAB gegen einander incliniret
sind. Nun ist klar, daß der Cörper nach AB und AC nicht
zugleich fortgehen könne, in dem es eine Contradiction involviret, daß
ein Cörper zu gleicher Zeit an zwey verschiedenen
Orten seyn könne. Nun kann er
aber auch weder alleine nach AB, noch auch alleine nach AC
fortgehen; denn sonst würde in dem erstern Falle die Krafft nach AC; in
dem andern die Krafft nach AB nichts
gewürcket haben, welches auch
nicht seyn kan, weil durch eine lebendige Krafft auch eine
Würckung hervor
gebracht werden muß. Derowegen muß der Cörper eine gewisse Linie beschreiben,
die zwischen denen beyden Directions-Linien AB und AC
zu liegen kommt. |
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Hier ist nun die
Frage, was dieses vor eine Linie, ob es eine krumme oder
gerade sey. Wir wollen setzen, es habe der Cörper durch den Stoß nach AB
eine solche Geschwindigkeit erhalten, daß er, wenn er alleine von diesem Stosse
wäre in
Bewegung gesetzet worden, die Linie AB in einer gegebenen Zeit
durchlauffe. Gleicher
Gestallt wollen wir setzen, es habe eben derselbige eine
solche Geschwindigkeit durch den Stoß nach AC bekommen, daß, wenn er
alleine von diesem Stosse seine Bewegung erhalten hätte, er in eben derselbige
Zeit die Linie AC durchlauffen könne. |
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{Sp. 1696} |
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Die Würckung beyder Kräffte ist demnach die
Bewegung des Cörpers durch die
Linien AB, AC zu gleicher Zeit. Diese Würckung muß auch von beyden
conseruiret werden, Massen sonst die Kräffte nichts verrichtet hätten. Wenn
demnach der Cörper, Vermöge seiner Bewegung nach AB in B seyn
sollte, so hat er sich Vermöge seiner andern Bewegung nach AC von
selbiger Linie AB um die Linie BD, die da so groß als AC
und mit ihr parallel ist, entfernet: denn solcher Gestallt findet
beyder Seits Bewegung in ihrer gehörigen Grösse und Direction Statt.
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Es befindet sich dahero der
Cörper nicht in B, sondern in D.
gleicher Gestallt, wenn der Cörper in a seyn sollte, so ist er um
ad zu gleicher Zeit von der Linie AB abgewichen und befindet sich
in d; da nun der Cörper nach beyder Seits
Bewegung die Linien Aa,
ad zu gleicher Zeit würde beschrieben haben, so müsten sich dieselbigen wie
die Geschwindigkeiten
verhalten, welche der Cörper in beyder Seits Bewegung
respectiuè haben müste; oder es verhält sich Aa zu ad wie
die Geschwindigkeit des Cörpers, so er nach der Direction AB alleine
haben würde, zu der Geschwindigkeit, mit welcher er nach der Direction AC
alleine fortgehen könnte.
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Es verhielten sich aber die Linien AB, BD (oder AC) eben
wie diese jetzt genennten Geschwindigkeiten; dahero verhält sich Aa :
ad = AB : BD. Da nun dieses die
Eigenschafft eines
geradlinigten Triangels ist, so muß A B D ein geradlinigter Triangel und
AD eine
gerade Linie seyn. An statt demnach der Cörper in a und B seyn sollte, so
befindet er sich in D und d und da dieses an allen Puncten seiner Bewegung Statt
findet, so muß der Cörper, in dem er von zwey Kräfften nach A B und
A C gestossen
wird, die gerade Linie AD beschreiben. Nun war Bd Parallel mit
AC und so groß
als AC; wenn man dahero die Puncte C und D durch CD connectiret; so bekommt man
ein parallelogrammum ABDC, davon AD die Diagonal-Linie ist.
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zusammengesetzte Bewegung |
Ein
Cörper demnach, welcher von zweyen Kräfften nach zweyen in einem Winckel
inclinirten Direction AB, AC angetrieben wird, beweget sich
nach einer geraden Linie, AD welche die Diagonale eines
Parallelogrammi ist, dessen Seiten AB, AC die Geschwindigkeiten
repraesentiren, mit welchen der Cörper seine
Bewegung nach beyden von
diesen Directionen ins besondere fortsetzen würde, wenn jede Krafft ins
besondere, und nicht zusammen an ihn gearbeitet hätte. Die Bewegung welche ein
solcher Cörper unter diesen Umständen durch AD bewerckstelliget, wird
Motus compositus genennet, weil sie aus beyden Bewegungen nach AB
und AC entspringet und gleichsam aus ihnen zusammen gesetzet ist.
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Wenn der Winckel CAB, unter welchen die Directions-Linien
AB, AC, nach welchen jede Krafft ins besondere ihren Stoß vollführet,
incliniret sind, ein spitziger Winckel ist; so ist die Diagonale
AD, grösser als eine iegliche von denen Seiten AB. oder AC.
weil nun diese Linien die Geschwindigkeiten
vorstellen, die der Cörper in seinen
besondern Bewegungen nach AB, AC observiren würde, sich aber zu eben
derselbigen Zeit in D befindet, wenn er in seiner
Bewegung nach AB
in B, oder nach AC in C seyn sollte; so
repraesentiret AD die Geschwindigkeit, die der Cörper
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{Sp. 1697|S. 845} |
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in dem Motu composito hat; sinte Mahl in der gleichförmigen
Bewegung, die wir hier lediglich in Betrachtung zühen, die in einerley Zeit
durchlauffenen Spatia sich wie die Geschwindigkeiten verhalten, siehe
Geschwindigkeit T. XI. p. 1234. seqq.
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Also weil AD grösser alsdenn ist als AB, oder AC;
so ist auch in diesem Falle die Geschwindigkeit in der componirten
Bewegung grösser, als eine iegliche Geschwindigkeit dererjenigen Bewegungen nach
AB, AC, ins besondere, daraus sie componiret ist. Und in
diesem Falle heissen die Kräffte, deren Directions-Linien einen
spitzigen Winckel mit einander formiren, einander in der Erzeugung
ihrer Würckung; ie doch nicht so viel als die Vires conspirantes, derer
Würckung ihrer Summ proportioniret oder gleich war; in dem hier nach
der Natur eines Triangels AD nicht so groß ist als AB und
BD oder AC zusammen genommen.
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Wenn CAB ein stumpfer Winckel ist, so ist die Diagonale AD
kürtzer als eine von denen Seiten des Parallelogrammi und folglich auch
die componirte
Bewegung schwächer, als eine von denenjenigen, daraus
sie componiret; woraus erhellet, daß nach der verschiedenen Art der
Combination derer Kräffte bald ihre
Würckung grösser bald geringer werde,
und man folglich bey Beurtheilung der Würckung, die die Kräffte hervorbringen,
nicht nur auf ihre Grösse, sondern auch zugleich auf die Art ihrer
Adplication und Verbindung mit einander zu sehen habe.
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Weil in denen obigen Bewegungen die Masse des
Cörpers A einerley
verbleibet, es mag sich derselbige durch AB, AC, oder AD
bewegen, Massen diese Bewegungen an eben demselbigen Cörper A sind
betrachtet worden; so verhalten sich die grösten dererselbigen Bewegungen wie
die Geschwindigkeiten durch AB, AC oder AD, oder wie die
Linien AB, AC, AD selbsten: folglich da die Grössen derer Bewegungen
das Maaß derer
bewegenden Kräffte sind; so repraesentiren auch die
Linien AB, AC, AD die Kräffte, welche dieselbige Bewegungen nach
AB, AC, Ad hervorbringen würden, wenn jede vor sich dem Cörper eine
Bewegung geben sollte.
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Eine Krafft demnach so groß als AD kan nach der Direction AD
alleine dem Cörper A eine solche
Bewegung communiciren, wie
dieselbige erfolgen wird, wenn zwey andere Kräffte so groß als AB, AC
nach denen Directionen AB und AC zugleich an den
Cörper A arbeiten; oder die eintzele Krafft AD vermag nach der
Direction Ad so viel als die beyden Kräffte AB, AC. Man
pfleget dieses in der Mechanic durch aequipollere
auszusprechen und
saget: Vis per AD solitaria aequipollet viribus juxta AB
et AC simul adplicatis; und man muß das aequipollere von dem
aequale esse gar wohl
unterscheiden, in dem zwey Kräffte, da eine jede vor
sich ihrem Vermögen nach betrachtet wird, einander gleich seyn können; da sie
hingegen nach dem sie auf verschiedene Art mit andern Kräfften combiniret
werden, ungleich viel vermögen; und vice versa können Kräffte einander
ungleich seyn und doch in einem gewissen Statu adplicationis gleich
viel vermögen: z.E. Ein halb Pfund ist eine geringere Krafft als ein gantzes
Pfund.
Wenn man aber einen Hebel in seinem Centro Grauitatis aufleget, und
der eine Arm desselbigen ist noch
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{Sp. 1698}
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ein Mahl so lang als der andere; so wird das halbe Pfund, wenn es an das
Ende des längern Arms angehangen wird, das Aequilibrium mit dem gantzen
Pfunde, so an das Ende des kürtzern Arms gebunden, halten und so viel als jenes
in diesem Statu adplicationis vermögen. Man muß daher, wie gedacht,
nicht auf die Grösse der Kräffte allein, sondern zugleich auf die Art ihrer
Adplication sehen.
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ziehende u. a. Kräfte |
Was bisher von denen stossenden Kräfften
gesagt worden, gilt auch von denen,
so ihre Würckung durch Zühen, Ausdehnen und so ferner, zu erzeigen pflegen. Man
concipire sich, es würde die Action besagter Kräffte, die
bisher eine
Bewegung nach AB und AC hervorzubringen vermögend
waren, und deren Grösse durch die Linien AB, AC selbst vorstellig
gemacht wurden, in einen Druck verwandelt, in dem z.E. dem
Cörper A
eine unbeweglicher Cörper entgegen gestellet wird; so ist klar, daß dadurch
denenselben Kräfften die Energie, ihre Bewegungen nach AB, AC,
hervorzubringen, nicht benommen, sondern nur durch den entgegen gestellten
Widerstand an der würcklichen Erzeugung dieser Würckung verhindert werde.
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Da nun dieselbigen beyden Kräffte in dem
Zustande ihrer Adplication
nach AB, AC und durch ihre
würckliche Activität eine
Bewegung
nach AD hervor brachten, und eben dasselbige praestirten, als
eine Krafft, die so groß als AD ist, und nach der Direction AD
alleine arbeitete; so werden aber dieselben Kräffte ietzo in dem Zustande ihres
Druckes auch nicht mehr vermögen, alsdiese Krafft AD nach dieser ihrer
Direction AD, wenn solche durch den Widerstand des entgegen gestellten
unbeweglichen Cörpers in einen Druck verwandelt wird.
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Parallelogramm der Kräfte |
Folglich ein Druck nach AD vermag so viel als die Pressiones
nach AB, AC in dieser ihrer Adplication zusammen genommen,
wenn nehmlich die Linien AB, AC, AD die Grösse derer Pressionen
nach diesen Directionen AB, AC, AD repraesentiren, und in
ihrer Combination ein Parallelogrammum ABDC formiren. Dieses
Parallelogrammum wird Parallelogrammum sub Viribus genennet;
die Art der Adplication derer Kräffte aber Compositio Virium,
da nehmlich eine Krafft, deren Grösse und Direction durch die
Diagonale desselben Parallelogrammi repraesentiret wird, so viel
vermag als 2. andere Kräffte, deren Grössen und Directionen die Seite
ermeldeten Parallelogrammi AB, AC, zu
erkennen geben. Es ist hier der
Schluß von denen
bewegenden Kräfften auf die Pressiones oder todten
Kräffte gemacht worden.
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Ob nun dieses zwar nicht allenthalben angehet, daß man aus der
Beschaffenheit derer bewegenden Kräffte auf die Conditiones derer
todten argumentiren könne; so lässet sich doch dieses hier noch gar
wohl anbringen, in dem man AB, AC, als unendlich klein betrachten kann,
um die Elemente deren Geschwindigkeiten durch AB, AC, zu
erhalten, die alsdenn denen Sollicitationen oder druckenden Kräfften
proportioniret sind, wenn solche in einerley Zeit ihre
Geschwindigkeiten hervorbringen.
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Doch ist nicht zu
läugnen, daß diese Art zu
demonstriren, nicht so
überzeugend ist, als wenn die Compositio Virium
unmittelbar aus denen
Pressionen erwiesen wird, welches auch Dan.
Bernoulli Commentar. Acad.
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{Sp. 1699|S. 846} |
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Petrop. ...
gethan, in dem er die erstere
Methode, deren
Newton, Varignon und andere sich bedienet, nicht hat admittiren
wollen. |
Im übrigen aber findet man die Demonstration de Compositione Motus
et Virium nach der ersten Art in
- Nevvton
Princip. philos. natur. Lib. 1. Axiom. de legibus motus,
- Krill Introd. ad veram physicam ...
- Hermann Phoron.
...
-
Wolff Elem. Mechan. ...
- Lamy novelle Maniere ...
- Zanottus Schediasmat.
de Motu ...
- und andern.
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Honoratus Fabri de
Motu ... hat die Compositionem Motus in
Zweifel ziehen wollen,
welche aber Wallistus
Tract. geometrico de Motu,
so in seinen Operibus Vol. I. befindlich,
removiret. |
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Die Sache ist aus der
Theorie sowohl als
Erfahrung
richtig. Man binde den
Cörper A. der
z.E. auf einem Tische lieget, an drey Fäden
AB, AC, AE, zühe solche dergestallt über Rollen, daß sie
frey von dem
Tische herunter hangen können, um Gewichte daran zu appliciren. Man
gebe denen Fäden eine solche Lage, daß die beyden AB, AC, nach denen
Seiten des Parallelogrammi ABDC, hingegen AE, nach der
Direction der verlängerten Diagonale AD, extendiret sind. Man
construire das Parallelogrammum ABDC, von beliebiger Grösse, und
mässe die Linien AB, AD, AC, nach einem verjüngten Maß-Stabe ab, um die
Proportion dieser Linien in
Zahlen zu erhalten, z.E. Es sey AB
= 4," AC = 2," AD = 5." |
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Wenn man nun nach eben dieser Proportion an ermeldeten Fäden
Gewichte anhänget, z.E. an AB. 4. Loth, AC. 2. Loth, AE.
5. Loth; so werden diese nach denen Directionen AB, AC, AE, an
dem Cörper A. ziehenden Gewichte mit einander das Aequilibrium
halten; folglich 5. Loth nach AE. eben so viel vermögen als 4. Loth und
2. Loth nach AB. und AC. zusammen genommen in dieser ihrer
Application. Weil nun aber AE. die verlängerte Linie AD.
ist, und folglich AD. und AE. entgegen gesetzte Directionen
sind, so vermögen 5. Loth nach AE. eben nicht mehr als 5. Loth nach
AD. Massen gleiche Kräffte nach entgegen gesetzten Directionen das
Aequilibrium mit einander halten; dahero werden auch 5. Loth nach
AD. eben so viel als 4. Loth nach AB. und 2. Loth nach AC.
in diesem Statu adplicationis vermögen; wodurch obiger
Satz durch die
Erfahrung bekräfftiget ist. |
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Nach dieser Doctrin de Compositione Virium kan man demnach aus
jeglichen zweyen Kräfften, deren Grösse und Direction der Lage nach
gegeben werden, die Grösse und Direction einer eintzigen Krafft
bestimmen, die unter diesen
Umständen
eben dasjenige vermag, was jene in dem
Zustande ihrer Adplication zu thun vermögend sind; in dem man weiter
nichts zu
thun hat, als daß man auf denen Directions-Linien AB. AC.
die ihrer gegebene Lage nach einen
gewiesen
Winckel CAB. formiren, die Grösse der Seiten AB. AC. in eben der Proportion nimmt, welche die nach diesen Directionen
adplicirten Kräffte unter sich haben, als das Parallelogramum sub
viribus ABDC. |
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{Sp. 1700} |
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ergäntzet; da denn die Diagonale durch ihre Grösse und
Situation die Grösse und Direction der gleichgültigen einzelnen
Krafft bestimmet. |
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Man pfleget dahero die in A. nach AB. AC. combinirten
Kräffte Vires laterales, und die gleichgültige Krafft nach AD. Vim
compositam, oder auch Vim juxta diagonalem zu
nennen. Also kan man
auch aus der gegebenen Grösse und Lage deren Directionen dreyer oder
mehrer Kräffte einer einzelnen Krafft ihre Grösse und Direction
bestimmen; in dem man nemlich erst zu zweyen von denenselbigen Kräfften eine
gleichgültige eintzelne Krafft, und zu dieser und der dritten von jenen wiederum
eine gleichgültige eintzelne Krafft und so ferner determiniret, die
endlich so viel als alle dieselbigen Kräffte zusammen in ihrer Adplication
vermögen wird. |
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Gleicher
Gestallt kan man auch eine eintzelne Krafft wiederum in Vires
laterales resolviren, und solche aus diesen zusammengesetzet zu seyn
concipiren. Also wann eine Krafft, deren Grösse durch die Linie AD.
vorstellig gemacht wird, nach dieser Direction AD. arbeitet; so kan man
um die Linie AD. als eine Diagonale, ein Parallelogramum
ABDC. was man für eines
will, concipiren, so repraesentiren
alsdann die Seiten desselbigen AB, AC, zwey Kräffte, die nach denen
Directionen AB, AC, eben nicht mehr vermögen als die eintzelne
Krafft nach AD, die man alsdann aus ihnen entstanden zu seyn betrachten
kan. Die Resolution einer Krafft in Vires laterales wird
Decompositio Virium genennet. |
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