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Zedler: Krafft [5] HIS-Data
5028-15-1662-6-05
Titel: Krafft [5]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 15 Sp. 1693
Jahr: 1737
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 15 S. 843
Vorheriger Artikel: Krafft [4]
Folgender Artikel: Krafft [6]
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

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Übersicht
physikalische Kräfte (Forts.)
  bewegende Kräfte (Forts.)
 
  Ausrichtung der Kräfte
  zusammengesetzte Bewegung
  ziehende u. a. Kräfte
  Parallelogramm der Kräfte

Stichworte Text  
Ausrichtung der Kräfte Es folget nunmehr zu untersuchen, was denn die Kräffte auszurichten vermögend seyn, wann sie auf gewisse Art und unter gewissen Directionen miteinander combiniret werden, oder in collision gerathen. Hierbey ergeben sich in Ansehung der mutuellen Situation derer Directionen zweyer oder mehrerer Kräffte, vornehmlich drey Fälle.  
  Wir wollen zwey Kräffte betrachten. Dieser ihre Directionen können entweder einander gerade entgegen gestellet, oder nach einerley Gegend gerichtet seyn, oder auch einen schieffen Winckel mit einander machen. Diejenigen Kräffte welche nach entgegen gesetzten Directionen arbeiten, heissen Vires contrariae; diejenigen, deren Directions-Linien miteinander überein kommen, oder wenigstens parallel nach einerley Gegend gerichtet sind, Vires conspirantes; und die dritte Art der Verbindung zweyer oder mehrerer Kräffte unter der Condition, daß ihre Directions-Linien schieffe Winckel miteinander formiren, wird Compositio Virium genennet.  
  Alle diese drey Arten finden so wohl an lebendigen als todten Kräfften Statt. Was die Vires contrarias anlanget; so sind dieselbigen entweder einander gleich, oder einander ungleich. In dem erstern Falle wird entweder die Bewegung völlig gehemmet, wann es bewegende Kräffte seyn, oder es kan keine Krafft die andere überwältigen und folglich keine Bewegung erreget werden, wenn die Kräffte in dem Zustande der Pression sich befinden: In dem andern Falle folget eine Bewegung nach der Direction der stärckern Krafft, welche durch dasjenige, um wie viel die stärckere Krafft vermögender als die geringere Krafft ist, erfolget.  
  Also wann zwey Cörper die eine gleich starcke Bewegung haben nach entgegen gesetzten Directionen gegen einander anstossen, so halten sie sich völlig in ihrer Bewegung auf, und dieselbigen Cörper verbleiben nach verrichteten Stosse in Ruhe. Es verstehet sich dieses von Cörpern, die nur eine Vim Inertiae, aber keine elastische Krafft haben, Vermöge welcher sie nach geendigten Stoß sonst wieder zuruck springen.  
  Wenn die Bewegung des einen Cörpers, den wir z.E. A nennen wollen grösser ist als des andern, der B heissen soll, und sie stossen gegen einander nach entgegen gesetzten Directionen; so wird zwar des weniger bewegten Cörpers B. Bewegung völlig destruiret, allein durch seine Vim Inertiae benimmt er ein gleich grosses Stücke der Bewegung des mächtigern Cörpers A; und alsdenn wird die Bewegung nach der Direction des mächtigern Cörpers A von beyden Cörpern fortgesetzet, die aber nur so groß als der Unterscheid bey der Bewegungen von dem Stoß ist. So ist es auch mit denen Kräfften, deren Würckung in einem Drucke, Zuge oder Spannung bestehet.  
  [Figur]  
  Es sey C ein Cörper an zwey Fäden CB, AC zu beyden Seiten angebunden, welche bey B und  
  {Sp. 1694}  
  A. über Rollen gezogen sind, und unten ein angehangenes Gewichte haben. Es sey das Gewichte P so groß als das Gewichte Q, z.E. beyde ein Pfund; so wird der Cörper C von dem Gewichte Q so starck nach CB zu gezogen, wie starck eben derselbe Cörper C von dem Gewichte P nach der Direction CA gezogen wird, und kan folglich keine Bewegung von dem Cörper C weder nach CB noch CA erfolgen, sondern Q hält mit P das Aequilibrium.  
  Wenn man hingegen dem Gewichte Q noch ein anderes R, z.E. von einem halben Pfunde adjungiret; so muß nothwendig der Wagrechte Stand gehoben werden, und der Cörper C sich nach CB der Direction der stärcker Zührenden Krafft bewegen, welche Bewegung lediglich von dem Gewichte R erreget wird, in dem Q von dem gleich viel vermögenden Gewichte P völlig zurück gehalten wird; daß also diese Bewegung durch eine Krafft R herfür gebracht wird, welche so groß ist als der Unterscheid zwischen denen Gewichten Q und R zusammen genommen, so auf der einen Seite des Cörpers C adpliciret sind, und dem Gewichte P, so auf der andern Seite an demselben Cörper arbeitet.  
  Die Vires conspirantes thun just das Gegentheil, was die Vires contrariae thaten, in dem sie einander nicht aufhalten, sondern das ihre zur Vergrösserung der Bewegung beytragen. Wenn in vorhergehender Figur die Gewichte P und R nicht zugegen wären, sondern das Gewichte Q zöge allein an dem Cörper C. so würde es solchen auf eine gewisse Art bewegen. Adjungirte man nun dem Gewichte Q noch das Gewichte R, so muß von dem Cörper C eine stärckere Bewegung erfolgen, indem nunmehro eine grösse Krafft, nehmlich Q und R zusammen genommen an ihr arbeiten, indem beyde Vermöge ihrer Schwere den Faden herunterwärts zühen, und also nach einerley Direction eine Bewegung zu erregen sich bemühen, unter welchen Umständen als denn auch diese Gewichte Vires conspirantes genennet werden.  
  Solchergestallt sind alle Vires Gravitatis eines Cörpers, Vermöge welcher derselbe Cörper im Fallen seine Bewegung acceleriret, Vires conspirantes, indem sie auch einerley Direction, nehmlich nach der Direction der Schwere, so nach den Mittel-Punct der Erden zugerichtet ist, ihre Würckung praestiren, und dadurch verursachen, daß die Bewegung des fallenden Cörpers immer grösser und grösser werde.  
  Wenn zwey Cörper an beyden Enden einer Stange befestiget sind, und man lässet sie zusammt der Stange loß, so fallen sie perpendicular nach den Horizont zu, und beschreibet also ein jeder eine Linie, so auf dem Horizonte perpendicular stehet, daß folglich ihre Directions-Linien einander parallel sind. Beyde Cörper hindern im Fallen einander nicht, in dem sie mit gleicher Geschwindigkeit herunter fallen (wenn man nehmlich à Resistentia Medii abstrahiret, und die Bewegung in vacuo geschehen lässet) und einerley Situm gegen einander beständig in währenden Falle erhalten.  
  Die Kräffte dieser beyden Cörper, welche sie fallend machen, indem sie einander in der Erzeugung ihrer Würckung nicht hindern, sondern in parallelen Direction eine Bewegung von gleicher  
  {Sp. 1695|S. 844}  
  Geschwindigkeit hervorbringen, heissen ebenfalls Vires conspirantes. So ist es auch, wenn die Kräffte nur einen Druck ausüben. Wenn man auf die Hand ein Stuck Bley leget, so empfindet man einen gewissen Druck von der Schwere desselbigen; leget man auf dasselbe Stücke Bley noch ein anderes, so conjugiren beyde ihren Druck, und die Hand empfindet eine stärckere Pression. Eine gleiche Bewandniß hat es, wenn man verschiedene Gewichte über oder neben einander auf eine Wag-Schahle leget, da der Druck je desto grösser wird, je mehr Gewichte darauf zu liegen kommen; und der gäntzliche Druck, welchen die Wag-Schahle ausstehen muß, ist so groß als die Summe aller Pressionen, die ein jedes Gewichte ins besondere verrichten kan.  
  Die Vires conspirantes helffen demnach einander, und die Würckung, die sie zusammen praestiren, ist ihnen zusammen genommen proportioniret. Dieses thun sie, wenn sie entweder noch einerley, oder wenigstens parallelen Directionen adpliciret sind. Wenn hingegen ihre Directions-Linien einen Winckel mit einander formiren, so helffen sie zwar zu Weilen auch ein ander, allein dieses Helffen geschiehet als denn unter gantz andern Umständen, so daß sie zu Weilen auch einander hinderlich fallen können.  
  Es sey A ein Cörper, welcher nach der Direction AB angestossen werde,  
  [Figur]  
  in gleicher Zeit aber erhalte er auch einen Stoß nach der Linie A C. Hier sind zwey Kräffte, welche dem Cörper A zu gleicher Zeit nach verschiedenen Directionen, nehmlich nach AB, und AC bewegen wollen, welche in einem Winckel CAB gegen einander incliniret sind. Nun ist klar, daß der Cörper nach AB und AC nicht zugleich fortgehen könne, in dem es eine Contradiction involviret, daß ein Cörper zu gleicher Zeit an zwey verschiedenen Orten seyn könne. Nun kann er aber auch weder alleine nach AB, noch auch alleine nach AC fortgehen; denn sonst würde in dem erstern Falle die Krafft nach AC; in dem andern die Krafft nach AB nichts gewürcket haben, welches auch nicht seyn kan, weil durch eine lebendige Krafft auch eine Würckung hervor gebracht werden muß. Derowegen muß der Cörper eine gewisse Linie beschreiben, die zwischen denen beyden Directions-Linien AB und AC zu liegen kommt.  
  Hier ist nun die Frage, was dieses vor eine Linie, ob es eine krumme oder gerade sey. Wir wollen setzen, es habe der Cörper durch den Stoß nach AB eine solche Geschwindigkeit erhalten, daß er, wenn er alleine von diesem Stosse wäre in Bewegung gesetzet worden, die Linie AB in einer gegebenen Zeit durchlauffe. Gleicher Gestallt wollen wir setzen, es habe eben derselbige eine solche Geschwindigkeit durch den Stoß nach AC bekommen, daß, wenn er alleine von diesem Stosse seine Bewegung erhalten hätte, er in eben derselbige Zeit die Linie AC durchlauffen könne.  
  {Sp. 1696}  
  Die Würckung beyder Kräffte ist demnach die Bewegung des Cörpers durch die Linien AB, AC zu gleicher Zeit. Diese Würckung muß auch von beyden conseruiret werden, Massen sonst die Kräffte nichts verrichtet hätten. Wenn demnach der Cörper, Vermöge seiner Bewegung nach AB in B seyn sollte, so hat er sich Vermöge seiner andern Bewegung nach AC von selbiger Linie AB um die Linie BD, die da so groß als AC und mit ihr parallel ist, entfernet: denn solcher Gestallt findet beyder Seits Bewegung in ihrer gehörigen Grösse und Direction Statt.  
  Es befindet sich dahero der Cörper nicht in B, sondern in D. gleicher Gestallt, wenn der Cörper in a seyn sollte, so ist er um ad zu gleicher Zeit von der Linie AB abgewichen und befindet sich in d; da nun der Cörper nach beyder Seits Bewegung die Linien Aa, ad zu gleicher Zeit würde beschrieben haben, so müsten sich dieselbigen wie die Geschwindigkeiten verhalten, welche der Cörper in beyder Seits Bewegung respectiuè haben müste; oder es verhält sich Aa zu ad wie die Geschwindigkeit des Cörpers, so er nach der Direction AB alleine haben würde, zu der Geschwindigkeit, mit welcher er nach der Direction AC alleine fortgehen könnte.  
  Es verhielten sich aber die Linien AB, BD (oder AC) eben wie diese jetzt genennten Geschwindigkeiten; dahero verhält sich Aa : ad = AB : BD. Da nun dieses die Eigenschafft eines geradlinigten Triangels ist, so muß A B D ein geradlinigter Triangel und AD eine gerade Linie seyn. An statt demnach der Cörper in a und B seyn sollte, so befindet er sich in D und d und da dieses an allen Puncten seiner Bewegung Statt findet, so muß der Cörper, in dem er von zwey Kräfften nach A B und A C gestossen wird, die gerade Linie AD beschreiben. Nun war Bd Parallel mit AC und so groß als AC; wenn man dahero die Puncte C und D durch CD connectiret; so bekommt man ein parallelogrammum ABDC, davon AD die Diagonal-Linie ist.  
zusammengesetzte Bewegung Ein Cörper demnach, welcher von zweyen Kräfften nach zweyen in einem Winckel inclinirten Direction AB, AC angetrieben wird, beweget sich nach einer geraden Linie, AD welche die Diagonale eines Parallelogrammi ist, dessen Seiten AB, AC die Geschwindigkeiten repraesentiren, mit welchen der Cörper seine Bewegung nach beyden von diesen Directionen ins besondere fortsetzen würde, wenn jede Krafft ins besondere, und nicht zusammen an ihn gearbeitet hätte. Die Bewegung welche ein solcher Cörper unter diesen Umständen durch AD bewerckstelliget, wird Motus compositus genennet, weil sie aus beyden Bewegungen nach AB und AC entspringet und gleichsam aus ihnen zusammen gesetzet ist.  
  Wenn der Winckel CAB, unter welchen die Directions-Linien AB, AC, nach welchen jede Krafft ins besondere ihren Stoß vollführet, incliniret sind, ein spitziger Winckel ist; so ist die Diagonale AD, grösser als eine iegliche von denen Seiten AB. oder AC. weil nun diese Linien die Geschwindigkeiten vorstellen, die der Cörper in seinen besondern Bewegungen nach AB, AC observiren würde, sich aber zu eben derselbigen Zeit in D befindet, wenn er in seiner Bewegung nach AB in B, oder nach AC in C seyn sollte; so repraesentiret AD die Geschwindigkeit, die der Cörper  
  {Sp. 1697|S. 845}  
  in dem Motu composito hat; sinte Mahl in der gleichförmigen Bewegung, die wir hier lediglich in Betrachtung zühen, die in einerley Zeit durchlauffenen Spatia sich wie die Geschwindigkeiten verhalten, siehe Geschwindigkeit T. XI. p. 1234. seqq.  
  Also weil AD grösser alsdenn ist als AB, oder AC; so ist auch in diesem Falle die Geschwindigkeit in der componirten Bewegung grösser, als eine iegliche Geschwindigkeit dererjenigen Bewegungen nach AB, AC, ins besondere, daraus sie componiret ist. Und in diesem Falle heissen die Kräffte, deren Directions-Linien einen spitzigen Winckel mit einander formiren, einander in der Erzeugung ihrer Würckung; ie doch nicht so viel als die Vires conspirantes, derer Würckung ihrer Summ proportioniret oder gleich war; in dem hier nach der Natur eines Triangels AD nicht so groß ist als AB und BD oder AC zusammen genommen.  
  Wenn CAB ein stumpfer Winckel ist, so ist die Diagonale AD kürtzer als eine von denen Seiten des Parallelogrammi und folglich auch die componirte Bewegung schwächer, als eine von denenjenigen, daraus sie componiret; woraus erhellet, daß nach der verschiedenen Art der Combination derer Kräffte bald ihre Würckung grösser bald geringer werde, und man folglich bey Beurtheilung der Würckung, die die Kräffte hervorbringen, nicht nur auf ihre Grösse, sondern auch zugleich auf die Art ihrer Adplication und Verbindung mit einander zu sehen habe.  
  Weil in denen obigen Bewegungen die Masse des Cörpers A einerley verbleibet, es mag sich derselbige durch AB, AC, oder AD bewegen, Massen diese Bewegungen an eben demselbigen Cörper A sind betrachtet worden; so verhalten sich die grösten dererselbigen Bewegungen wie die Geschwindigkeiten durch AB, AC oder AD, oder wie die Linien AB, AC, AD selbsten: folglich da die Grössen derer Bewegungen das Maaß derer bewegenden Kräffte sind; so repraesentiren auch die Linien AB, AC, AD die Kräffte, welche dieselbige Bewegungen nach AB, AC, Ad hervorbringen würden, wenn jede vor sich dem Cörper eine Bewegung geben sollte.  
  Eine Krafft demnach so groß als AD kan nach der Direction AD alleine dem Cörper A eine solche Bewegung communiciren, wie dieselbige erfolgen wird, wenn zwey andere Kräffte so groß als AB, AC nach denen Directionen AB und AC zugleich an den Cörper A arbeiten; oder die eintzele Krafft AD vermag nach der Direction Ad so viel als die beyden Kräffte AB, AC. Man pfleget dieses in der Mechanic durch aequipollere auszusprechen und saget: Vis per AD solitaria aequipollet viribus juxta AB et AC simul adplicatis; und man muß das aequipollere von dem aequale esse gar wohl unterscheiden, in dem zwey Kräffte, da eine jede vor sich ihrem Vermögen nach betrachtet wird, einander gleich seyn können; da sie hingegen nach dem sie auf verschiedene Art mit andern Kräfften combiniret werden, ungleich viel vermögen; und vice versa können Kräffte einander ungleich seyn und doch in einem gewissen Statu adplicationis gleich viel vermögen: z.E. Ein halb Pfund ist eine geringere Krafft als ein gantzes Pfund. Wenn man aber einen Hebel in seinem Centro Grauitatis aufleget, und der eine Arm desselbigen ist noch  
  {Sp. 1698}  
  ein Mahl so lang als der andere; so wird das halbe Pfund, wenn es an das Ende des längern Arms angehangen wird, das Aequilibrium mit dem gantzen Pfunde, so an das Ende des kürtzern Arms gebunden, halten und so viel als jenes in diesem Statu adplicationis vermögen. Man muß daher, wie gedacht, nicht auf die Grösse der Kräffte allein, sondern zugleich auf die Art ihrer Adplication sehen.  
ziehende u. a. Kräfte Was bisher von denen stossenden Kräfften gesagt worden, gilt auch von denen, so ihre Würckung durch Zühen, Ausdehnen und so ferner, zu erzeigen pflegen. Man concipire sich, es würde die Action besagter Kräffte, die bisher eine Bewegung nach AB und AC hervorzubringen vermögend waren, und deren Grösse durch die Linien AB, AC selbst vorstellig gemacht wurden, in einen Druck verwandelt, in dem z.E. dem Cörper A eine unbeweglicher Cörper entgegen gestellet wird; so ist klar, daß dadurch denenselben Kräfften die Energie, ihre Bewegungen nach AB, AC, hervorzubringen, nicht benommen, sondern nur durch den entgegen gestellten Widerstand an der würcklichen Erzeugung dieser Würckung verhindert werde.  
  Da nun dieselbigen beyden Kräffte in dem Zustande ihrer Adplication nach AB, AC und durch ihre würckliche Activität eine Bewegung nach AD hervor brachten, und eben dasselbige praestirten, als eine Krafft, die so groß als AD ist, und nach der Direction AD alleine arbeitete; so werden aber dieselben Kräffte ietzo in dem Zustande ihres Druckes auch nicht mehr vermögen, alsdiese Krafft AD nach dieser ihrer Direction AD, wenn solche durch den Widerstand des entgegen gestellten unbeweglichen Cörpers in einen Druck verwandelt wird.  
Parallelogramm der Kräfte Folglich ein Druck nach AD vermag so viel als die Pressiones nach AB, AC in dieser ihrer Adplication zusammen genommen, wenn nehmlich die Linien AB, AC, AD die Grösse derer Pressionen nach diesen Directionen AB, AC, AD repraesentiren, und in ihrer Combination ein Parallelogrammum ABDC formiren. Dieses Parallelogrammum wird Parallelogrammum sub Viribus genennet; die Art der Adplication derer Kräffte aber Compositio Virium, da nehmlich eine Krafft, deren Grösse und Direction durch die Diagonale desselben Parallelogrammi repraesentiret wird, so viel vermag als 2. andere Kräffte, deren Grössen und Directionen die Seite ermeldeten Parallelogrammi AB, AC, zu erkennen geben. Es ist hier der Schluß von denen bewegenden Kräfften auf die Pressiones oder todten Kräffte gemacht worden.  
  Ob nun dieses zwar nicht allenthalben angehet, daß man aus der Beschaffenheit derer bewegenden Kräffte auf die Conditiones derer todten argumentiren könne; so lässet sich doch dieses hier noch gar wohl anbringen, in dem man AB, AC, als unendlich klein betrachten kann, um die Elemente deren Geschwindigkeiten durch AB, AC, zu erhalten, die alsdenn denen Sollicitationen oder druckenden Kräfften proportioniret sind, wenn solche in einerley Zeit ihre Geschwindigkeiten hervorbringen.  
  Doch ist nicht zu läugnen, daß diese Art zu demonstriren, nicht so überzeugend ist, als wenn die Compositio Virium unmittelbar aus denen Pressionen erwiesen wird, welches auch Dan. Bernoulli Commentar. Acad.  
  {Sp. 1699|S. 846}  
  Petrop. ... gethan, in dem er die erstere Methode, deren Newton, Varignon und andere sich bedienet, nicht hat admittiren wollen. Im übrigen aber findet man die Demonstration de Compositione Motus et Virium nach der ersten Art in
  • Nevvton Princip. philos. natur. Lib. 1. Axiom. de legibus motus,
  • Krill Introd. ad veram physicam ...
  • Hermann Phoron. ...
  • Wolff Elem. Mechan. ...
  • Lamy novelle Maniere ...
  • Zanottus Schediasmat. de Motu ...
  • und andern.
  Honoratus Fabri de Motu ... hat die Compositionem Motus in Zweifel ziehen wollen, welche aber Wallistus Tract. geometrico de Motu, so in seinen Operibus Vol. I. befindlich, removiret.  
  Die Sache ist aus der Theorie sowohl als Erfahrung richtig. Man binde den Cörper A. der z.E. auf einem Tische lieget, an drey Fäden AB, AC, AE, zühe solche dergestallt über Rollen, daß sie frey von dem Tische herunter hangen können, um Gewichte daran zu appliciren. Man gebe denen Fäden eine solche Lage, daß die beyden AB, AC, nach denen Seiten des Parallelogrammi ABDC, hingegen AE, nach der Direction der verlängerten Diagonale AD, extendiret sind. Man construire das Parallelogrammum ABDC, von beliebiger Grösse, und mässe die Linien AB, AD, AC, nach einem verjüngten Maß-Stabe ab, um die Proportion dieser Linien in Zahlen zu erhalten, z.E. Es sey AB = 4," AC = 2," AD = 5."  
  Wenn man nun nach eben dieser Proportion an ermeldeten Fäden Gewichte anhänget, z.E. an AB. 4. Loth, AC. 2. Loth, AE. 5. Loth; so werden diese nach denen Directionen AB, AC, AE, an dem Cörper A. ziehenden Gewichte mit einander das Aequilibrium halten; folglich 5. Loth nach AE. eben so viel vermögen als 4. Loth und 2. Loth nach AB. und AC. zusammen genommen in dieser ihrer Application. Weil nun aber AE. die verlängerte Linie AD. ist, und folglich AD. und AE. entgegen gesetzte Directionen sind, so vermögen 5. Loth nach AE. eben nicht mehr als 5. Loth nach AD. Massen gleiche Kräffte nach entgegen gesetzten Directionen das Aequilibrium mit einander halten; dahero werden auch 5. Loth nach AD. eben so viel als 4. Loth nach AB. und 2. Loth nach AC. in diesem Statu adplicationis vermögen; wodurch obiger Satz durch die Erfahrung bekräfftiget ist.  
  Nach dieser Doctrin de Compositione Virium kan man demnach aus jeglichen zweyen Kräfften, deren Grösse und Direction der Lage nach gegeben werden, die Grösse und Direction einer eintzigen Krafft bestimmen, die unter diesen Umständen eben dasjenige vermag, was jene in dem Zustande ihrer Adplication zu thun vermögend sind; in dem man weiter nichts zu thun hat, als daß man auf denen Directions-Linien AB. AC. die ihrer gegebene Lage nach einen gewiesen Winckel CAB. formiren, die Grösse der Seiten AB. AC. in eben der Proportion nimmt, welche die nach diesen Directionen adplicirten Kräffte unter sich haben, als das Parallelogramum sub viribus ABDC.  
  {Sp. 1700}  
  ergäntzet; da denn die Diagonale durch ihre Grösse und Situation die Grösse und Direction der gleichgültigen einzelnen Krafft bestimmet.  
  Man pfleget dahero die in A. nach AB. AC. combinirten Kräffte Vires laterales, und die gleichgültige Krafft nach AD. Vim compositam, oder auch Vim juxta diagonalem zu nennen. Also kan man auch aus der gegebenen Grösse und Lage deren Directionen dreyer oder mehrer Kräffte einer einzelnen Krafft ihre Grösse und Direction bestimmen; in dem man nemlich erst zu zweyen von denenselbigen Kräfften eine gleichgültige eintzelne Krafft, und zu dieser und der dritten von jenen wiederum eine gleichgültige eintzelne Krafft und so ferner determiniret, die endlich so viel als alle dieselbigen Kräffte zusammen in ihrer Adplication vermögen wird.  
  Gleicher Gestallt kan man auch eine eintzelne Krafft wiederum in Vires laterales resolviren, und solche aus diesen zusammengesetzet zu seyn concipiren. Also wann eine Krafft, deren Grösse durch die Linie AD. vorstellig gemacht wird, nach dieser Direction AD. arbeitet; so kan man um die Linie AD. als eine Diagonale, ein Parallelogramum ABDC. was man für eines will, concipiren, so repraesentiren alsdann die Seiten desselbigen AB, AC, zwey Kräffte, die nach denen Directionen AB, AC, eben nicht mehr vermögen als die eintzelne Krafft nach AD, die man alsdann aus ihnen entstanden zu seyn betrachten kan. Die Resolution einer Krafft in Vires laterales wird Decompositio Virium genennet.  
     

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Stand: 9. März 2013 © Hans-Walter Pries