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Zedler: Student [2] HIS-Data
5028-40-1185-8-02
Titel: Student [3]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 40 Sp. 1195
Jahr: 1744
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 40 S. 611
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Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage

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Stichworte Text   Quellenangaben
Studieren Sein Studiren betreffend, um dessen Fortsetzung willen, er sich auf Universitäten begeben; so sind folgende Puncte wohl in Acht zu nehmen.  
  Erstlich soll ein Studiosus bald anfangs, auf vorhergegangene Prüfung seines Ingenii, mit guten Rath verständiger Leute ein gewisses Studium, es sey die Theologie, die Jurisprudentz, die Medicin, die Philologie, oder ein anders, GOtt und dem Vaterlande einsten damit redlich zu dienen erwehlen, auch ohne genugsame erhebliche und dringende Ursachen, nicht von einem Studio zum andern fallen, und verändern; sintemahl alle unnöthige Veränderungen der Studiorum, wenn sie zumahl allzuspät geschehen, keinen oder wenig Nutzen schaffen. Hat nun ein Studiosus sich einmahl dem Studio Theologico ergeben, und er hat die Gaben von GOtt, seiner Kirche dermahleinst zu dienen, so verlasse er solches nicht, und trete zu einem Studio politico, sondern bleibe in GOttes Nahmen dabey, und thue seinen möglichsten Fleiß, GOtt wird schon zu seiner Zeit ihn wissen herfür zuziehen.  
  Vors andere muß er sich gewisse und beständige Bücher erwehlen, die er lese; nicht aber alles lesen, was ihm in die Hände kommt, sondern hierinne seiner Lehrer und anderer gelehrten Leute guten Raths sich bedienen. In der heutigen überaus grossen Menge der Bücher ist eine solche Wahl höchst nöthig, und kan ein Studiosus aus einem eintzigen guten Autore mehr, als aus fünff oder zehen andern lernen.  
  Vors Dritte, soll er sich vor solchen Büchern, die confisciret sind, ob sie gleich gelehret, und zu lesen angenehm sind, fleißig hüten. Es steckt ein heimlicher Gifft darinne, damit man leichte angesteckt werden kan. Die curiösen Schrifften in der Theologie, wie die Erfahrung, haben zeithero, dem wahren Christen-  
  {Sp. 1196}  
  thum grossen Schaden und Abbruch gethan.  
  Ebenfalls ist zum Vierten nöthig, daß ein Studiosus seine Studia fein methodice und ordentlich tractire, nicht bald dieses bald jenes lese, und sich damit confundire. Vulgo dicitur: Nusquam est, qui ubique est; ordine pervenies, quo non datur abore. Wer fein methodice studiret, dem wird sein Studiren nicht halb so schwer, und kan bessere Profectus machen, denn ein anderer, der seine Studia unordentlich tractiret. Zu solchen Behuff soll ein Studiosus sich seiner Lehrer treuen Raths gebrauchen, und nicht auf seinem eignen Kopffe bestehn.  
  Fünfftens soll er die Collegia publica und privata fleißig besuchen, und den Unterricht der Herren Professoren nicht verachten, und hindansetzen, auch sich nicht einbilden: Er könne auch wohl ohne Handleitung und Unterweisung gelehrt werden, und bedürffe deswegen anderer gelehrten Leute Unterricht nicht. Solcher Dünckel hat manchen betrogen, und es ist selten ein autodidaktos wohlgerathen.  
  Sechstens soll er in seinem Studiren allen möglichsten Fleiß anwenden, und alle Mittel so zu seinem Zwecke dienlich sind ergreiffen, jedoch dabey seiner Leibes-Gesundheit schonen, und dieselbe wohl bewahren, damit er nicht etwan durch unmäßiges Leben, oder aber durch allzuvieles Nacht-Studiren, seine Leibes- und Gemüths-Kräffte schwäche, dadurch sich selbst verderbe, und zum künfftigen Dienste des Vaterlands, gantz untüchtig mache. Hierher gehöret auch, daß ein Studiosus zur Erhaltung seiner Gesundheit je zuweilen dienliche Artzeneyen brauche, seine Stube und Cammer reinlich halte, und alles meide, was der Gesundheit schädlich ist.  
  Siebendens soll ein Studiosus GOtt hertzlich dancken, wenn er in seinen Studiis guten Fortgang erlanget hat, und denselben der Gnade GOttes, nicht aber schlechterdings seiner guten Fähigkeit, und angewandten grossen Fleisse zuschreiben, auch solle deswegen sich nicht erheben, und mit seiner Gelehrsamkeit prangen, noch andere die es soweit nicht gebracht, neben sich verachten.  
  Achtens soll er sich nicht gelehrter düncken lassen als er ist, und daher von seinem Fleisse ablassen. Manche düncken sich viel belesener, geschickter und klüger zu seyn, als die Professores selbst. Die eitle Selbstliebe hat sie so verblendet, daß sie meynen, sie wüsten viel artiger die Argumente zu setzen, die Einwürffe aufzulösen, und zu unterscheiden; aber es heisset öffters bey ihnen wie Capnio hat pflegen zu sagen: Primo anno novitioli sciunt dijudicare omnes controversias, secundo incipiunt dubitare, tertio videre, se nihil scire, et tunc primo incipiunt discere.  
  Zum Neunten soll ein Studiosus, wenn er arm und unvermögend ist, und wegen Mangel benöthigter Mittel, seine Studia so hoch nicht bringen kan, deßwegen nicht verzagen, sondern GOtt vertrauen, fleißig beten, fromm, Gottesfürchtig, demüthig, gedultig, und diensthafft seyn, und immer fortfahren, GOtt wird ihn nicht verlassen, er wird väterlich vor ihm sorgen, er wird ihn schon zu rechter Zeit suchen, und herfür ziehen, und nach denen ihm verliehenen Gaben, ihn mit gnädigster Beförderung ansehen.  
  Endlich und zum  
  {Sp. 1197|S. 612}  
  Zehenden, wenn ein Studiosus sein Academisches Leben verlassen muß, soll er dahin sehen, daß er von iederman ein gutes Zeugniß seines Wohlverhaltens und Fleisses mitbringe, und hierdurch seine Eltern und Freundschafft erfreue. Solches wird geschehen, wenn er dieser Instruction in allen und jeden Puncten, vermittelst göttlichen Beystandes sich gemäß bezeigen wird. Ahasver. Fritschen guter Student.
  Herr D. Andreas Rüdiger giebet in seinem Programmate, worinnen er den in Leipzig Studirenden ein Collegium eröffnet, folgende Regeln zur guten und nützlichen Anwendung der Stunden des Tages, nach welcher ein Student seine Studia auf einen guten Fuß setzen, und binnen drey Jahren glücklich zu Ende bringen kan:  
  Das erste Jahr müste man täglich zwey Stunden Philosophie und Mathematick hören, 2 Stunden selbige aufmercksam wiederhohlen, eine Stunde zu seinem Zwecke dienliche Sprachen, und noch eine die Historie seiner Facultät zu erlernen befliessen seyn.  
  Das andere Jahr hörte man des Tages 2 Stunden die Wissenschafften seiner Facultät bey einem Lehrer, der seine Sätze mit Beyhülffe der Philosophie und Mathematick zu demonstriren wüste: 2 Stunden wiederhohlte man das gehörte also, daß man die Sätze nach den Gründen der Philosophie und Mathematick beurtheilete; eine Stunde continuirte man in Sprachen und eine in der Historie.  
  Das dritte Jahr könnte man Sprache und Historie ruhen lassen, und täglich 4 Stunden den Rest seiner Facultät studiren, und 2 repetiren.  
  Die übrige Zeit in allen 3 Jahren kan ein Armer informieren oder sonst etwas, so zu seiner Erhaltung dienlich ist, verrichten; ein Reicher fechten, tantzen, reuten, Ball spielen. Was noch Zeit übrig ist, das wendet man billig zur Gesundheit, indem die Armen spatzieren gehen, die Reichen fahren, reuten u.s.w.  
  Bey diesem Unterricht dürfften wohl andere noch vieles zu erinnern finden; er aber nicht zu verwerffen; doch muß wohl ein ieder sich dabey auch nach der Beschaffenheit seines Zustandes und Beutels richten, und mit dessen Genehmhaltung erst einen solchen Unterricht annehmen.  
Siehe auch Man lese auch die Artickel: Studiosus.  
  Von den Jüdischen Studenten siehe den Artickel: Jünger, im XIV Bande, p. 1531. u.ff.  
     

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Stand: 12. Juli 2013 © Hans-Walter Pries