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Quellenangaben
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Studieren |
Sein Studiren betreffend, um dessen
Fortsetzung willen, er sich auf
Universitäten
begeben; so sind folgende Puncte wohl in Acht zu
nehmen. |
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Erstlich soll ein Studiosus bald anfangs, auf
vorhergegangene Prüfung seines
Ingenii,
mit
guten
Rath
verständiger Leute ein
gewisses
Studium, es sey die
Theologie, die Jurisprudentz,
die Medicin, die Philologie, oder ein anders,
GOtt
und dem Vaterlande einsten damit redlich zu
dienen
erwehlen, auch ohne genugsame
erhebliche und dringende
Ursachen, nicht von
einem Studio zum andern fallen, und
verändern; sintemahl alle
unnöthige
Veränderungen der
Studiorum, wenn sie zumahl allzuspät geschehen,
keinen oder wenig
Nutzen schaffen. Hat nun ein
Studiosus sich einmahl dem Studio Theologico
ergeben, und er hat die Gaben von GOtt, seiner
Kirche dermahleinst zu dienen, so verlasse er
solches nicht, und trete zu einem Studio
politico,
sondern bleibe in GOttes Nahmen dabey, und
thue seinen
möglichsten
Fleiß, GOtt wird schon zu
seiner
Zeit ihn wissen herfür zuziehen. |
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Vors andere muß er sich gewisse und
beständige
Bücher erwehlen, die er lese; nicht
aber alles lesen, was ihm in die Hände kommt,
sondern hierinne seiner
Lehrer und anderer
gelehrten Leute guten Raths sich bedienen. In der
heutigen überaus grossen Menge der Bücher ist
eine solche
Wahl höchst nöthig, und kan ein
Studiosus aus einem eintzigen guten Autore mehr,
als aus fünff oder zehen andern lernen. |
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Vors Dritte, soll er sich vor solchen Büchern,
die confisciret sind, ob sie gleich gelehret, und zu
lesen angenehm sind, fleißig hüten. Es steckt ein
heimlicher Gifft darinne, damit man leichte
angesteckt werden kan. Die curiösen
Schrifften in
der Theologie, wie die
Erfahrung, haben zeithero,
dem wahren Christen- |
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{Sp. 1196} |
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thum grossen Schaden und Abbruch
gethan. |
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Ebenfalls ist zum Vierten nöthig, daß ein
Studiosus seine Studia fein methodice und
ordentlich tractire, nicht bald dieses bald jenes
lese, und sich damit confundire. Vulgo dicitur:
Nusquam est, qui ubique est; ordine pervenies,
quo non datur abore. Wer fein methodice studiret,
dem wird sein Studiren nicht halb so schwer, und
kan bessere Profectus machen, denn ein anderer,
der seine Studia unordentlich tractiret. Zu solchen
Behuff soll ein Studiosus sich seiner Lehrer treuen
Raths gebrauchen, und nicht auf seinem eignen
Kopffe bestehn. |
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Fünfftens soll er die
Collegia publica und
privata fleißig besuchen, und den Unterricht der
Herren Professoren nicht verachten, und
hindansetzen, auch sich nicht einbilden: Er könne
auch wohl ohne Handleitung und
Unterweisung
gelehrt werden, und bedürffe deswegen anderer
gelehrten Leute
Unterricht nicht. Solcher Dünckel
hat manchen betrogen, und es ist selten ein
autodidaktos wohlgerathen. |
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Sechstens soll er in seinem Studiren allen
möglichsten Fleiß anwenden, und alle Mittel so zu
seinem
Zwecke dienlich sind ergreiffen, jedoch
dabey seiner
Leibes-Gesundheit schonen, und
dieselbe wohl bewahren, damit er nicht etwan
durch unmäßiges
Leben, oder aber durch
allzuvieles Nacht-Studiren, seine Leibes- und
Gemüths-Kräffte schwäche, dadurch sich selbst
verderbe, und zum künfftigen
Dienste des
Vaterlands, gantz untüchtig mache. Hierher
gehöret auch, daß ein Studiosus zur Erhaltung
seiner Gesundheit je zuweilen dienliche
Artzeneyen brauche, seine Stube und Cammer
reinlich halte, und alles meide, was der
Gesundheit schädlich ist. |
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Siebendens soll ein Studiosus GOtt hertzlich
dancken, wenn er in seinen Studiis guten
Fortgang erlanget hat, und denselben der
Gnade
GOttes, nicht aber schlechterdings seiner guten
Fähigkeit, und angewandten grossen Fleisse
zuschreiben, auch solle deswegen sich nicht
erheben, und mit seiner
Gelehrsamkeit prangen,
noch andere die es soweit nicht gebracht, neben
sich verachten. |
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Achtens soll er sich nicht gelehrter düncken
lassen als er ist, und daher von seinem Fleisse
ablassen. Manche düncken sich viel belesener,
geschickter und klüger zu seyn, als die
Professores selbst. Die eitle
Selbstliebe hat sie so
verblendet, daß sie meynen, sie wüsten viel
artiger die Argumente zu setzen, die Einwürffe
aufzulösen, und zu unterscheiden; aber es heisset
öffters bey ihnen wie Capnio hat pflegen zu
sagen:
Primo anno novitioli sciunt
dijudicare
omnes controversias, secundo incipiunt dubitare,
tertio videre, se nihil scire, et tunc primo incipiunt
discere. |
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Zum Neunten soll ein Studiosus, wenn er
arm
und unvermögend ist, und wegen Mangel
benöthigter Mittel, seine Studia so hoch nicht
bringen kan, deßwegen nicht verzagen, sondern
GOtt vertrauen, fleißig beten, fromm,
Gottesfürchtig, demüthig,
gedultig, und diensthafft
seyn, und immer fortfahren, GOtt wird ihn nicht
verlassen, er wird väterlich vor ihm sorgen, er wird
ihn schon zu rechter Zeit suchen, und herfür
ziehen, und nach denen ihm
verliehenen Gaben,
ihn mit gnädigster Beförderung ansehen. |
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Endlich und zum |
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{Sp. 1197|S. 612} |
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Zehenden, wenn ein Studiosus sein
Academisches Leben verlassen muß, soll er dahin
sehen, daß er von iederman ein gutes Zeugniß
seines Wohlverhaltens und Fleisses mitbringe,
und hierdurch seine
Eltern und Freundschafft
erfreue. Solches wird geschehen, wenn er dieser
Instruction in allen und jeden Puncten, vermittelst
göttlichen Beystandes sich gemäß bezeigen
wird. |
Ahasver.
Fritschen guter
Student. |
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Herr D. Andreas
Rüdiger giebet in seinem
Programmate, worinnen er den in Leipzig
Studirenden ein Collegium eröffnet, folgende
Regeln zur guten und nützlichen Anwendung der
Stunden des Tages, nach welcher ein Student
seine Studia auf einen guten Fuß setzen, und
binnen drey Jahren glücklich zu Ende bringen
kan: |
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Das erste Jahr müste man täglich zwey
Stunden
Philosophie und Mathematick hören, 2
Stunden selbige aufmercksam wiederhohlen, eine
Stunde zu seinem Zwecke dienliche
Sprachen,
und noch eine die Historie seiner Facultät zu
erlernen befliessen seyn. |
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Das andere Jahr hörte man des Tages 2
Stunden die
Wissenschafften seiner Facultät bey
einem Lehrer, der seine Sätze mit Beyhülffe der
Philosophie und Mathematick zu demonstriren
wüste: 2 Stunden wiederhohlte man das gehörte
also, daß man die Sätze nach den
Gründen der
Philosophie und Mathematick beurtheilete; eine
Stunde continuirte man in Sprachen und eine in
der Historie. |
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Das dritte Jahr könnte man Sprache und
Historie ruhen lassen, und täglich 4 Stunden den
Rest seiner Facultät studiren, und 2
repetiren. |
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Die übrige Zeit in allen 3 Jahren kan ein
Armer informieren oder sonst etwas, so zu seiner
Erhaltung dienlich ist, verrichten; ein
Reicher
fechten, tantzen, reuten, Ball spielen. Was noch
Zeit übrig ist, das wendet man billig zur
Gesundheit, indem die Armen spatzieren gehen,
die Reichen fahren, reuten u.s.w. |
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Bey diesem Unterricht dürfften wohl andere
noch vieles zu erinnern finden; er aber nicht zu
verwerffen; doch muß wohl ein ieder sich dabey
auch nach der Beschaffenheit seines
Zustandes
und Beutels richten, und mit dessen
Genehmhaltung erst einen solchen Unterricht
annehmen. |
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Siehe auch |
Man lese auch die
Artickel:
Studiosus. |
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Von den Jüdischen Studenten siehe den
Artickel: Jünger, im XIV
Bande,
p. 1531. u.ff. |
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