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Zedler: Gott [2] HIS-Data
5028-11-295-17-02
Titel: Gott [2]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 11 Sp. 298
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 11 S. 166
Vorheriger Artikel: Gott [1]
Folgender Artikel: Gott [3]
Hinweise:

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Übersicht
Erkenntnis der Existenz Gottes (Forts.)
  erworbene Erkenntnis
 
  Betrachtung der Welt
  Zufälligkeit
  notwendiges Ding

Stichworte Text Quellenangaben
erworbene Erkenntnis Die andere Art GOTT erkennen, hat man Notitiam adquisitam in Gegensatz der insitae genennet. Man verstehet darunter, wenn man aus der Betrachtung derer erschaffenen Dinge schlüsset, daß ein GOTT sey. Diese Art ist diejenige, von der der Apostel Paullus Rom. 1, 19. 20. redet: Daß man weiß, daß GOTT sey, ist ihnen offenbaret, damit, daß GOTTES unsichtbares Wesen, das ist, seine ewige Krafft und GOttheit, wird erstehen, so man des wahrnimmt an denen Wercken, nemlich an der Schöpffung der Welt, also, daß sie keine  
  {Sp. 299|S. 167}  
  Entschuldigung haben. Und wie schön saget nicht Hiob 12, 7. seqq. Frage doch das Vieh, das wird dichs lehren, und die Vögel unter dem Himmel, die werden dirs sagen- Oder rede mit der Erde, die wird dichs lehren, und die Fische im Meer werden dirs erzählen. Wer weiß solches alles nicht, daß des HERRN Hand das gemacht hat.  
Betrachtung der Welt Wir haben aber schon gleich beym Anfange erinnert, daß man unter GOTT ein Wesen verstehe, welches von sich selbst sey, und von dem alle Dinge wären. Eine gründliche Betrachtung der Welt, mit denen darinnen enthaltenen Geschöpffen führet uns also zu GOTT. Denn was vor einen andern Grund sollte wohl die Vernunfft haben, ein Ding zu erkennen, das nicht unmittelbar, sondern durch seine Würckungen, die menschlichen Sinne rühret, als eben die Betrachtung seiner Wercke? zumahl da in der Betrachtung GOTTES dieses besondere vorkömmt, daß GOTT an sich selbst, und ohne Absicht auf die Natur der natürlichen Vernunfft unbegreifflich.  
  Es stellet sich dahero GOTTES unendliche Wesen vermittelst seiner Geschöpffe dar. Und in so ferne hat sich GOTT, so ein unendliches Wesen er auch ist, in die Grentzen der Erkenntniß eines endlichen Verstandes gesetzet. Daß sich aber GOTT, so ein unendliches Wesen er auch ist, dennoch in der Natur durch endliche Würckungen äussere; diese also frey determiniren, und ihnen die, zu Hervorbringung des Endlichen dienliche Schrancken setzen könne, weisen Theils das würckliche Seyn, des durch die würckende Thätigkeit GOTTES hervorgebrachte endliche, Theils aber, daß die Thaten, durch welche GOTT in die Natur würcket, frey, und also nicht nothwendig, sondern zufällig seyn.  
Zufälligkeit Dahero ziehet Wolff in denen Anmerckungen über die vernünfftigen Gedancken von GOTT, §. 351. allen andern Betrachtungen der Welt, aus welchen das Seyn GOTTES sich erweisen lasse, die Betrachtung ihrer Zufälligkeit vor. Müller Metaphys. ...Anmerck. p. 243. billiget dieses vollkommen, erinnert aber, daß so bündig dieser Beweiß, so richtig könne auch über dieses aus allen Betrachtungen der Welt dieses bewiesen werden. Denn es sey unstreitig, daß alle wahrhaffte Betrachtungen der Welt in unverrückter Folge auseinander zusammen hangen. Folglich scheine es wohl, daß die Beweis-Gründe des Seyns GOTTES, die andere Gelehrten von der Bewegung, von der Endlichkeit der Welt, von der Ordnung derer würckenden Ursachen, von der Ordnung derer End-Ursachen derer Dinge, von dem Ursprunge des menschlichen Geschlechts u.d. herführen, nicht vor solche, die nur vor Leute gehören, die keine Demonstration verstünden, auszuschreyen wären.  
  Denn da, wenn anders ein GOTT sey, die Natur, man möge sie auch betrachten wie man wolle, ein Geschöpffe GOTTES seyn müsse, indem GOTT nichts anders heisse als der Schöpffer aller Dinge, so müsse sich GOTT aus der Natur, man möge sie betrachten wie man wolle, mit gleicher Gründligkeit demonstriren lassen. Man werde in der Ausführung eines jeden Beweis-Grundes von denen andern Betrachtungen der Welt auf ihre Zufälligkeit, oder von dieser auf jene, ja von einer jeden auf eine  
  {Sp. 300}  
  jede andere unvermerckt geleitet werden. Es thue auch nichts zur Sache, daß andere Beweiß-Gründe denen Einwürffen derer Atheisten unterworffen seyn, es wäre genung, daß solche Einwürffe zu heben wären, ja welche Betrachtung als der Welt wäre wohl mehrern und hartnäckigern Einwürffen von uralten Zeiten her biß auf den heutigen Tag unterworffen gewesen, als eben die Zufälligkeit der Welt, wie unter dem Articel Zufälligkeit mit mehrern wird dargethan werden. Müller l.c. ...
notwendiges Ding Wenn demnach Wolf in vernünfft. Gedancken von GOTT §. 928. sagt: Wenn der Grund der Existentz eines Dinges nicht in ihn selbst, sondern in einen andern zu sey, so müste das andere den Grund seiner Existentz in sich selber haben, und also nothwendig seyn; und demnach gebe es ein nothwendiges Ding; so setzet Müller Metaphys. ... Anmerckung ... daran aus, daß dieses ein sehr weiter Sprung sey. Und ob zwar Wolf l.c. hinzuthut, daß wer da sagen wolle, daß der Grund, warum wir sind, auch in etwas könnte angetroffen werden, das den Grund, warum es ist, nicht in sich habe, der verstehe nicht, was ein zureichender Grund sey, so giebt Müller l.c. dieses zwar gar gerne zu, meynt aber, daß man es eben deswegen nicht verstehe, weil die Demonstration von diesem Orte nicht völlig hinaus geführet sey. Eben dieser Mangel der Ausführung wäre auch bey den andere Haupt-Puncte zu befinden, ob, wenn ein nothwendiges Ding sey, solches nicht vielleicht die ersten natürlichen Grundursachen seyn mögten. Wolff l.c. ...
  Es werde sich auch niemand bereden lassen, daß wie Wolf in denen Anmerckungen über die Gedancken von GOTT §. 351. sage, er nach seinen Grund-Lehren eben Falls nicht von Nöthen habe, diesen wichtigen Haupt-Punct zu erörtern, wenn man bedencke, wie nöthig es sey, daß erwiesen werde, daß Gott ein von der Natur unterschiedenes Wesen sey. Denn daß überhaupt ein schlechter Dings nothwendiges und ewiges Wesen, das von sich selbst sey, existire, beede auch ein Heyde und Atheiste leichte zu geben; nur wäre so dann die Haupt-Frage, ob solches Wesen nicht die ersten innerlichen Grund-Ursachen der Welt wäre?  

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Stand: 30. Januar 2013 © Hans-Walter Pries