Titel: |
Staats-Minister |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
39 Sp. 670 |
Jahr: |
1744 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 39 S. 348 |
Vorheriger Artikel: |
Staats-Maximen |
Folgender Artikel: |
Staats-Minister, (erster) |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
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Text |
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Staats-Minister,
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heißt insgemein einer, welcher
bey
Hofe vom
Kriege,
Friede, Bündnissen,
Vermählungen und denen geheimesten und
wichtigsten
Regiments-Geschäfften und
Angelegenheiten
bestellet, und zu
Hause oder
auswärtig
gebrauchet wird. |
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Es können alle Staats-Leute oder Minister in
drey
Classen
eingetheilet werden. |
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Die erste Classe ist die Classe
kluger und
redlicher Patrioten, die es mit dem
Herrn und dem
Lande
gut
meynen, weil weder das
wahre
Interesse des Landes ohne das Interesse des
Herrn, noch das wahre Interesse des Herrn ohne
das Interesse des Landes auf eine wahrhaffte und
dauerhaffte Art zu befördern
möglich ist. |
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Die andere ist die Classe der Machiavellisten, die, um es mit
dem Herrn ihrer Einbildung nach recht gut zu
meynen, das Interesse des Landes gar geringe
achten. |
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Die dritte Classe ist der
Freyheits-Trotzer,
oder
Monarchomachorum, die es
mit dem Lande gut meynen
wollen, aber mit dem
Herrn nicht. |
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Es kan hier die
Frage aufgeworffen werden:
Ob Staats-Männer oder Staats-Minister allemahl
zugleich Rechts-Gelehrte seyn
solten? Die
Erfahrung lehret das Widerspiel, in dem sich |
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{Sp. 671|S. 349} |
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an
verschiedenen
Höfen jederzeit über aus
habile Staats-Minister befunden, die sich nie um
die Rechts-Gelahrheit bekümmert haben, und
niemahls als
Studenten auf
Universitäten
gewesen sind. Ist aber ein Staats-Minister
zugleich ein grosser Rechts-Gelehrter, so ist es
desto besser, und ein Souverain kan zum
wenigsten in
Sachen, welche die Justitz angehen,
ein gutes Vertrauen vor andern in ihn setzen. |
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Es ist aber nicht allezeit
gut, ein grosser
Staats-Minister seyn, sondern nur alsdenn ist es
gut, wenn der
Fürst oder
Souverain gütig, gerecht
und großmüthig ist. Hingegen
muß in diesem Falle
der Staats-Minister einer ächten
Müntze gleichen,
die allein ihres Herrn Bildniß träget: ein jeder muß
sein Amt weißlich führen, und es heilig halten,
auch sich von seiner unverrückten Beobachtung
keinesweges abwendig machen lassen. |
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Indessen ist es vielmahls ein
Unglück, daß
sie durch die verdammte Jalousie ihrer eigenen
Mit-Collegen gehindert werden, so viel gutes zu
stifften, als ein rechtschaffener Staats-Minister
stifften
will und kan. Denn dadurch wird nicht nur
der Herr und dem Interesse des Souverains,
sondern auch seinem Lande grosser
Schaden
zugezogen. Wann die, so in einem Schiffe arbeiten,
wider einander rudern, werden sie unfehlbar
ihre
Reise hindern und sich sammt dem Schiff in
Gefahr setzen. Wie wollte demnach das Schiff des
Staats seinen Lauff halten, daferne es durch
ein widerwärtiges Bestreben seiner Führer
geirret, und von einer Seite zu der andern umgetrieben wird? |
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Haben aber sämmtliche Collegen und Mit-Arbeiter einen Nord-Stern vor Augen,
und suchen einmüthig das Beste ihres Herrn, seiner Lande und seiner
Unterthanen, sind folglich in einem
Sinne
bemühet, das ihnen anvertraute Staats-Schiff nach dem Hafen der
vollkommensten
Glückseligkeit,
die nur zu erreichen, zu führen, alsdann muß alles
gut
und
glücklich
gehen. Es sind die Jalousie und der Neid wider einen Staats-Minister, der sich
einig und allein appliciret, die
Ehre und
das Interesse seines Herrn und dann den
Nutzen
seiner Lande und Leute zu beobachten, solche
Dinge,
die von nichts anders als aus der
Schule des Satans herkommen. |
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Indessen muß sich nur ein solcher Staats-Minister wider diese beyden Feinde der
Tugend
und des Glücks gebührend waffnen. Hierzu nun
dienen insonderheit die Unschuld und die
Aufrichtigkeit, welche den Neid zu entwaffnen
mächtig sind. Sie, nehmlich die Unschuld und
Aufrichtigkeit, ist wie ein Schußfreyer Hanisch,
der alle Streiche auffänget, und ein stählerner Schild, von dem die stärcksten Pfeile vergeblich
zurücke prallen. |
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Trachtet aber eine Staats-Minister nach der
Unschuld und der Aufrichtigkeit, so muß er sich
auch bestreben leutselig zu seyn. Denn die
Leutseligkeit ist gleichsam der schönste unter
allen Edelgesteinen, womit ein grosser Staats-
Minister die, mit seinem
Amte
verknüpffte Ehren-Crone zieren und auschmücken kan. Fähret er
aber die Leute, so bey ihm etwas zu suchen
haben, an; so ladet er
gewiß aller
Welt Haß auf
sich, und die Seuffzer der Trostlosen, welche noch
darzu in ihrem Elende angefahren werden, sind
bisweilen so schwer, daß sie den Fall eines
grossen Ministers |
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{Sp. 672} |
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nach sich ziehen. |
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Siehe übrigens den
Artickel:
Minister, im
XXI
Bande,
p. 376. |
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