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Quellenangaben |
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5) Eintheilungen des Göttlichen Willens.
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Es ist der
Wille
GOttes:¶ |
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(1) |
Entweder
natürlich, oder
frey. (Naturalis, vel
libera) |
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Der natürliche Wille GOttes wird derjenige
genennet, der aus der
Natur und Beschaffenheit des göttlichen Wesens
fliesset, wenn GOtt alles dasjenige will, was er, vermöge seiner
Heiligkeit und
Gerechtigkeit, nicht anders kan, als wollen, weil das
Gegentheil eine Contradiction involviren würde. Da er
z.E. will, daß man
ihn fürchte, liebe, und ihm gehorche. |
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Der freye Wille hingegen hat sein Absehen auf
solche
Dinge, die er, ohne Verletzung seiner wesentlichen Heiligkeit,
auch anders wollen könnte, weil das Gegentheil, oder entgegen gesetzte
desselben, keine Contradiction involvirte. So hätte GOtt zu der
Erschaffung der
Welt auch mehr oder weniger, als sechs Tage, erwählen
können, wenn er gewolt hätte; So hätte er auch ein ander
Land, als
Canaan, zu dem Erbtheile seines
Volckes erwählen können; So hätte er
auch ein ander Werckzeug, als Mosen, zu der Ausführung
der Israeliten aus Egypten er- |
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{Sp. 37|S. 32} |
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wählen können. Das alles war ein
Werck der
Freyheit, ob er gleich seine weisen
Ursachen dazu gehabt, daß er also,
und nicht anders gehandelt. |
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Das ist die erste Eintheilung, zwischen dem
natürlichen und freyen Willen.¶ |
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(2) |
Der Wille GOttes ist entweder
absolut oder
verordnet. (Absoluta, vel
ordinata) |
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Der absolute Wille ist, da
GOtt etwas will, ohne
einige Bedingung, die den
freyen Ursachen vorgeschrieben wäre. Durch
diesen absoluten Willen, der mit einer absoluten Allmacht
verknüpffet
war, hat GOtt die
Welt erschaffen. Offenb. IV, 11. Du hast alle
Dinge geschaffen, und durch deinen Willen haben Sie das Wesen, und sind
geschaffen. Durch diesen absoluten Willen, der an keine Gesetze der
Natur gebunden ist, hat er so viel Wunder verrichtet. Und diesen
absoluten Willen kan keine Creatur widerstehen. |
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Der bedingte, oder verordnete Wille ist, wenn
GOtt etwas unter einer gewissen Bedingung will, oder in Absicht auf eine
gewisse
Ordnung, die den freyen Creaturen vorgeschrieben ist. So heisset
es Psalm LXXXI, 14. Wolte mein Volck mir gehorsam seyn,
so wolte ich ihre Feinde bald dämpfen. Das ist ein verordneter Wille,
welchen die
Menschen widerstehen können. Matth. XXIII, 37. Wie
offt habe ich deine Kinder versammlen wollen, wie eine Henne versammlet
ihre Küchlein unter ihre Flügel; Aber ihr habt nicht gewolt. So will
GOtt, daß alle Menschen selig werden; Er will es aber nicht anders, als
unter dieser Bedingung, daß sie die der Busse und Glauben angebotene
Gnade annehmen, und derselben nicht muthwillig widerstreben. Dadurch
wird GOtt nicht von der freyen Willkühr des Menschen dependent, wie die
Reformirten dafür halten, welche den verordneten Willen GOttes nicht
zugeben wollen; Sondern er hält nur über seine Ordnung, die er den
Menschen vorgeschrieben hat.¶ |
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(3) |
Der Wille GOttes ist entweder
vorhergehend, oder nachfolgend; (Antecedens,
vel consequens) Worzu einige noch den begleitenden
(Concomitantem) und den
mittlern (Mediam) Willen setzen. |
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Wir geben zwar den Reformirten zu, daß diese
Benennungen keine biblischen
Redens-Arten sind; Indessen stehet aber
doch die Sache, welche durch diese Redens-Arten ausgedrücket wird,
allerdings in der
Bibel. Zu dem, so haben sich auch schon die Väter
dieser Redens-Arten bedient. Als |
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- Johann Damascenus, welcher die Eintheilung in
dem vorhergehenden Willen erfunden haben soll,
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L. II. de fide orthodoxa ...; Vergl.
Acta Synodi Dordracenae ... |
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- Ferner Chrysostomus, welcher nebst andern
Kirchen-Lehrern den vorhergehenden Willen den ersten,
und den nachfolgenden den andern Willen nennet,
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Homil. I. in Epist. ad Ephes. |
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Bey dem vorhergehenden Willen
ist dreyerley anzumercken: |
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α) |
Was der vorhergehende Wille unter sich begreiffe?
Nehmlich er begreifft den gantzen göttlichen Rathschluß in sich, daß er
das Heyl des gantzen menschlichen
Geschlechtes, in einer gewissen
Ordnung, durch Christum, wiederbringen wolle. |
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(A) |
die allgemeine Gunst, oder
Liebe, des
Vaters, da
Gott, als er von Ewigkeit her den Abfall der Menschen |
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{Sp. 38} |
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vorher gesehen, sich derselben aller erbarmet,
und den Entschluß gefasset hat, seinen lieben
Sohn für sie alle dahin zu
geben. Denn er hat keinen Gefallen an dem
Tode des Gottlosen, |
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Ezech. XVIII, 33; |
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Sondern er hat die
Welt also geliebet, daß er
seinen eingebohrnen Sohn gab, |
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Joh. III, 16; |
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Da eine
Welt,
darinnen einige glauben, andere nicht glauben, und also der ganze
Inbegriff des
menschlichen
Geschlechtes, verstanden wird: Daher er auch will, daß allen Menschen
geholffen werde, |
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1 Timoth. II, 4; |
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Und hingegen nicht will, daß Jemand verlohren
werde, nach 2 Petri III, 9. |
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Denn bey ihm ist kein Ansehen der
Person, |
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Apost. Gesch. X, 34. |
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Diese allgemeine Gewogenheit GOttes können wir
nicht nur aus den jetzt angeführten Sprüchen der
Schrifft, sondern auch
durch
Schlüsse erweisen. Es sind dieselben |
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a. |
von der
Natur GOttes hergenommen. |
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Selbst die Natur kan sich GOtt nicht anders
vorstellen, |
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- als ein allgütiges Wesen, das gerne allen, die in gleichem
Elende liegen, helffen wolle;
- Als ein allmächtiges Wesen, das allen ohne Ausnahme, helffen
könne;
- Als ein gerechtes Wesen, das von aller Partheyligkeit entfernet
ist.
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Es ist die höchste Unvollkommenheit bey
Menschen,
wenn sie in Ausübung ihrer
Liebe und Barmhertzigkeit sich partheyisch
beweisen. Was nun bey den Menschen, auch nach dem Natur-Lichte, ein
Fehler ist, das kan nimmermehr bey dem Urheber des Natur-Lichts eine
Tugend seyn. |
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b. |
Aus der Natur und
Gemüths-Art der Gläubigen
Kinder GOttes wünschen ernstlich, daß allen Menschen, auch ihre Feinde
selig werden möchten, |
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Röm. X, 1. |
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Da nun die Kinder GOttes den
Sinn ihres
himmlischen
Vaters haben, so muß dieses allgemeine Verlangen nach aller
Menschen Seligkeit auf die erhabenste und vollkommenste Weise
anzutreffen seyn. es würde auch sonst folgen, daß elende Menschen eine
grössere Liebe und Vollkommenheit des Willens in sich hätten, als
GOtt
der HErr selbst. |
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(B) |
das allgemeine
Verdienst des
Sohnes, da Christus
sich selbst für alle
Menschen in den
Tod dahin gegeben hat, ihnen allen
das verlohrne Heyl wieder zu erwerben. |
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Es ist aber Christi Genugthuung und Verdienst
allgemein, nicht nur in Ansehung der Zulänglichkeit, daß es, seiner
Würdigkeit nach, allen und jeden zu statten kommen könnte, wo nicht GOtt
ein anders beschlossen hätte, welches auch die Reformirten zugeben;
Sondern auch in Ansehung der göttlichen Absicht und
Krafft. |
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(C) |
hieher: Die allgemeine
Würckung des
Heiligen
Geistes, da er die allgemeine
Liebe GOttes, und das allgemeine Verdienst
des
Sohnes, in dem Evangelium der gantzen
Welt bekannt machet, zu dessen
Genuß alle
Menschen ernstlich einladet, und alle, die ihm nicht
muthwillig widerstreben, zu der Busse und zu dem Glauben zu bringen
suchet. |
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Es sind also die Liebe des
Vaters, die
Genugthuung des
Sohnes, und die Beruffung und
Würckung des
heiligen
Geistes, die drey Handlungen des vorhergehenden Willens Gottes, welche 2
Cor. XIII, 13, beysammen stehen, da es heisset: Die Gnade
unsers HErrn JEsu Christi, und die Liebe GOttes, und die Gemeinschaft
des Heiligen Geistes, sey mit euch allen! Alle drey |
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{Sp. 39|S. 33} |
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Der
Vater hat die,
Welt geliebet, |
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Joh. III, 16. |
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Der
Sohn hat die Welt erlöset und versöhnet, |
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- 2 Corinth. V, 19;
- 1 Joh. II, 2.
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Der
Heil.
Geist
bestraffet die gantze Welt, |
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Joh. XVI, 8. |
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β) |
In welchen
Stellen der Schrifft dieser
vorhergehende Wille GOttes anzutreffen sey? Wir antworten: In allen den
Stellen, in welchen eines göttlichen Vorsatzes und Rathes Meldung
geschiehet. Als |
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- Röm. VIII, 28, heisset es: Die nach dem Vorsatz
beruffen sind.
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- Ephes. I, 11. proorithéntes katá próthesin, die
prädestinirt, oder verordnet sind, nach dem Vorsatz.
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- Und Cap. III, 11: katà próthesin tōn aiōnon,
nach dem ewigen Vorsatz.
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- 2 Timoth. I, 9. Der uns selig gemacht
und beruffen hat, nicht nach unsern
Wercken, sondern
katá tōn idían
próthesin, nach seinem Vorsatz
und Gnade, die uns gegeben ist in Christo JEsu, vor der
Zeit der
Welt.
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An andern Orten wird dieser Vorsatz auch
eudokía toũ thelēmatos
hautoũ das
Wohlgefallen seines Willens, genennet, |
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Eph. I, 5. 9. |
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Desgleichen, boulē toũ thelēmatos,
der Rath seines Willens, |
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Eph. I, 11. |
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boulē toũ Theoũ,
der Rath GOttes, |
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Apost. Gesch. XX, 27, etc. |
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Der Inhalt dieses göttlichen Vorsatzes und
Rathschlusses wird Joh. III, 16. ausgedrücket: Daß alle, die an
ihn glauben, nicht verlohren werden, sondern das ewige Leben haben |
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Joh. VI, 10: Das ist der Wille des, der
mich gesandt hat, daß, der den Sohn siehet, und gläubet an ihn, habe das
ewige Leben. |
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Marc. XVI, 16. Wer da glaubet
und getauffet wird, der wird selig. In diesen
Worten fasset das
Prädicatum: Er wird selig werden, den göttlichen Vorsatz in sich. In dem
Subjecto aber: Wer da glaubet, liegen die drey Handlungen des göttlichen
Vorsatzes, oder vorhergehenden Willens: |
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Denn ohne des Heiligen Geistes
Würckung, kan kein
Glaube entstehen; Der Glaube hat das allgemeine Verdienst Christi zu
seinem Gegenstande; Und das allgemeine Verdienst Christi hat aus der
allgemeinen Gewogenheit des Vaters seinen
Ursprung, der seinen
Sohn der
Welt geschencket hat. Und also muß das Subjectum also umschrieben
werden: Wer durch die
Würckung des Heiligen Geistes, den Glauben an den
Sohn GOttes, den der
Vater, aus einer allgemeinen Liebe, zu einem
allgemeinen Heylande der
Welt verordnet, in sich anzünden lässet, der
soll selig werden. |
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γ) |
Warum dieser Wille den
Nahmen des vorhergehenden
führe? Wir antworten: In Absicht auf die Application, vor welcher er
vorher gehet. Dieser Wille könnte auch der generelle Wille genennet
werden, weil er die generelle
Regel in sich fasset, nach welcher
GOtt
die Menschen selig machen will: Wer gläubet, soll selig werden. Dabey
ist noch keine Application der
Regel auf gewisse Subjecta. Wenn aber die
göttliche Vorhersehung darzu kommt, und es heißt: Dieser und jener will
sich zu dem Glauben an meinen
Sohn bringen lassen; So folgt nachgehends
der nachfolgende oder specielle Wille: dieser oder jener soll selig
werden. |
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Der vorhergehende Wille ist also, da GOtt etwas
in einer gewissen
Ordnung will, |
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{Sp. 40} |
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die von den Menschen zu appliciren ist, da er
z.E. in der
Ordnung der Busse und Glaubens gern alle
Menschen selig
machen will. Der nachfolgende Wille aber ist, da er etwas in der Ordnung
will, die von den Menschen appliciret worden ist. Der vorhergehende
Wille macht also insgemein eine Verbindung, zwischen einer gewissen
Ordnung und einer gewissen Wohlthat, die in solcher Ordnung ertheilet
werden soll. Denn da heisset es: Wer da glaubet, der soll selig werden.
Der vorhergehende Wille aber wird er genennet, weil er vor der Ansehung
des Glaubens in dem Subjecto vorher gehet: Zwar nicht nach der
Ordnung
der Zeit, denn in
GOtt ist nichts eher, noch später, aber doch nach der
Ordnung der Natur. Weil nun dieser vorhergehende Wille GOttes höchst
Gnaden-voll ist, so wird daher die gantze Wahl GOttes eine Gnaden-Wahl
genennet. |
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Was der nachfolgende Wille sey,
und warum er so heisse, das kan schon aus dem bisher
gesagten
erkannt
werden. Es wird nehmlich dadurch der würckliche Schluß GOttes
verstanden, diesem oder jenem
Menschen, dessen beharrlichen Glauben an
Christum er vorher gesehen hat, würcklich selig zu machen, und ihn also
zu dem ewigen Leben würcklich zu verordnen und zu bestimmen. |
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Der vorhergehende Wille ist general, und heisset:
Wer da glaubet, der soll selig werden. Der nachfolgende Wille aber ist
particulair, doch nicht aus
GOttes, sondern aus der Menschen Schuld.
Denn, wo GOtt von einem Menschen vorher gesehen hat, daß er in die
Ordnung des Glaubens treten werde, da hat er den Entschluß gefasset:
Dieser, jener Mensch, soll selig werden. Wer also nicht in die Ordnung
des Glaubens treten will, der hat es sich selber zuzuschreiben, wenn er
von dem Genuß der ewigen Seligkeit ausgeschlossen wird. Und dieser
nachfolgende Wille heißt eigentlich proorismòs,
die Prädestination, oder Erwählung. |
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- Röm. VIII, 29. 30.
- Eph. I, 4, 5. 11.
- und so weiter.
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Es ist der selige Balthasar Menzer,
ein Giesischer Theologe, besonders glücklich gewesen, diese
drey Handlungen, nehmlich den vorhergehenden Willen, die Vorhersehung,
und den nachfolgenden Willen, oder die Wahl, in einen ordentlichen
Syllogismus zu verfassen; Da nehmlich próthesis, oder der vorhergehende
Wille, den Vörder-Satz, prógnosis den Nachsatz, und
proorismòs, oder der
nachfolgende Wille, den Schluß ausmachet. Auf diese Weise: |
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Próthesis:
Wer da glauben wird, der soll selig werden. |
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Prógnosis:
Petrus, Paulus, Jacobus, werden glauben; |
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Proorismòs:
Also sollen Petrus, Paulus, Jacobus, selig werden. |
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Es hat diese
Erfindung Menzers
bey den größten Theologen, als bey |
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- Dannhauern, in Hodosophia ...
- Ovenstedten,
- Schertzern,
- Lütken in
Colleg. Bibl. ...,
- bey dem
Abt Breithaupt, in
Institut. theol. ...
- u. andern
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vollkommene Approbation und Beyfall gefunden. |
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Die Arminianer gestehen nicht zu, daß |
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{Sp. 41|S. 34} |
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der vorhergehende Wille derjenige sey, nach
welchem
GOtt aller
Menschen Seligkeit ernstlich und auf gleiche Weise
wolle, und Mittel, welche vor alle und jede Menschen, die Seligkeit zu
erlangen, zulänglich sind, geordnet habe. |
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Die
Reformirten aber haben längst zu
erkennen
gegeben, daß sie den vorhergehenden Willen für eine blosse Neigung zu
wollen (Velleitatem) halten. Viele der jetzigen Reformirten
verwerffen diese Distinction der Alten gäntzlich. |
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Siehe Turretini Institut. Theol. Elencht.
... |
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Sie machen uns den Einwurff: Nach dem
vorhergehenden Willen, wolle GOtt aller Menschen Seligkeit; Hingegen
nach dem nachfolgenden Willen wolle er nicht aller Menschen Seligkeit;
Das wären ja offenbare widersprechende Willen, die in dem einfachesten
Wesen GOttes ohnmöglich statt finden könnten. Wir antworten: Diese
beyden Willen sind in GOtt nicht würcklich, sondern nur nach der Weise
unsers
Begriffes, unterschieden. Ja, solte ein wahrer Widerspruch da
seyn, so müsten beyde Actus eben dasselbe Objectum betreffen, das unter
eben derselben formalen Beschaffenheit betrachtet wird. |
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Wenn
GOtt die, welche bis an das Ende glauben,
selig machen und nicht selig machen wolte, das wären widersprechende
Willen. Denn da kämen eben dasselbe Object und eben dieselbe
Beschaffenheit in Betrachtung. Das ist aber hier nicht. Der Wille GOttes
hat der
Menschen Seligkeit zu seinem Objecte. Mit diesem Gegenstande
beschäfftiget sich der vorhergehende Wille abstractive, ohne Betrachtung
des Glaubens, der in dem Gegenstande ist; Der nachfolgende Wille aber
beschäfftiget sich mit dem Gegenstande concretive, in Absicht auf den
Glauben. |
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Der vorhergehende Wille siehet zwar auch auf den
Glauben, aber nur, sofern er die
Ordnung der Seligkeit ist; Wer glaubt,
der soll selig werden. Der nachfolgende Wille aber siehet auf den
Glauben, nicht nur, sofern er die Ordnung der Seligkeit ist; sondern
auch, sofern GOtt vorher siehet, daß ein Mensch in diese Ordnung treten,
und die angebotenen
Kräffte zu glauben annehmen werde. Da ist also kein
wahrer Widerspruch anzutreffen. |
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Beyderley Willen, den vorhergehenden und
nachfolgenden, finden wir Matth. XXIII, 37. 38. gegründet. Da ist der
vorhergehende Wille, da GOtt, der GOtt-Mensch, die Seligkeit des
menschlichen
Geschlechtes und ihre Bekehrung ernstlich wolte, wie es V.
37. heist: Wie offt habe ich deine Kinder versammlen wollen etc. da ist
auch der nachfolgende Wille ausgedruckt; Denn weil er ihren
incorrigiblen Unglauben vorher sahe, so kündigte er ihnen die Ausrottung
an, und
spricht: Siehe, euer Hauß soll euch wüste gelassen werden. |
|
Siehe Johann Musäi Dissertation, de
voluntate Dei antecedente et consequente. |
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Der begleitende Wille GOttes,
dessen einige Theologen gedencken, wird also beschrieben, daß er
derjenige Wille sey, nach welchem
GOtt den
Menschen in dem
Wercke der
Seligkeit begleitet, und den Fortgang und Erfolg seiner
Gnaden, nebst
der von dem Menschen geschehenden Annehmung, oder Widerstrebung, als
eine in der Vorstellung gegenwärtige
Sache, ansiehet und betrachtet, wie
auch den gantzen
Lebens-Lauff der Menschen also einrichtet, daß er
diejenigen, wel- |
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{Sp. 42} |
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che die Gnade annehmen, mehr und mehr vollkommen
mache, diejenigen hingegen, welche die Gnade hartnäckig und beständig
verwerffen, nach Verdienst, mit Entziehung der Gnaden
bestraffe. |
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Die Rathschlüsse dieses begleitenden Willens sind
folgende: |
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α) |
Wenn jemand die zuvorkommende Gnade nicht
verstösset, so will ich ihm die bekehrende, und so weiter, geben, |
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Psalm XXXII, 8. 9. |
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β) |
Ich will allezeit denen grössere Grade der Gnade
geben, welche den kleinern nicht widerstehen, |
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Matth. XXV, 29. |
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γ) |
Wenn einer zurück fällt, und der zuvorkommenden
Gnade, die ihn wieder zurück rufft, nicht widerstehet, will ich ihn von
neuem bekehren, |
|
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Ezech XVIII, 30. |
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|
δ) |
Denjenigen, welcher mir allzu boshafft und
hartnäckig widerstrebet, will ich verhärten, ich will ihm die Gnade,
welcher ihn der begleitende Wille theilhafftig gemachet hat, entziehen,
und zulassen, daß die Härtigkeit seines Hertzens von Tage zu Tage
grösser werde, |
|
|
Röm. IX, 18. |
|
|
Die hieher gehörigen Wege GOttes sind: |
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|
α) |
Die beystehende, bekehrende, ziehende,
wiedergebährende, gerechtmachende Gnade, |
|
|
Philipp. II, 13. |
|
|
β) |
Die einwohnende, erneurende, vereinigende,
salbende, bestätigende, vollendende Gnade, |
|
|
Johann. XIV, 23. |
|
|
γ) |
Die Gnade der Wiederkehrung, |
|
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Jerem. III, 12. XXXI, 21. |
|
|
δ) |
Die Verstockung und Verblendung, |
|
|
2 B. Mos. IV, 21, VII, 3. |
|
|
Sowohl von diesem begleitenden, als auch von der
Vereinigung des vorhergehenden und nachfolgenden Willens GOttes, sind in
den
Unschuldigen Nachrichten von 1702 p. 473 u.ff.
schöne
Gedancken anzutreffen. In eben diesen Unschuldigen
Nachrichten, von 1710, wird p.
759 u.ff. eines Reformirten Theologen, L. Johann Wilhelm de Neve,
Dissertatio Epistolico-Paraenetica ... (Franckfurt an der Oder 1710, in
8.) recensiret, und zu Ende folgendes erinnert: Der Verfasser behalte
auch den Irrthum, daß der vorhergehende Wille GOttes ungleich sey, da
doch die überschwengliche Gnade, in soferne sie überschwenglich sey, auf
welche der Verfasser vornemlich sehe, nicht zu dem vorhergehenden,
sondern zu dem begleitenden Willen, gehöre. Diesen aber weigere er sich,
als einen neu erdachten, anzunehmen; da doch dieses
Wort dem seligen
Leyser, und andern alten Theologen, sehr gewöhnlich gewesen sey. |
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|
Es sey aber dieser begleitende Wille nicht das
Mittel zwischen den widersprechenden
Dingen, des Vorhersehens und
Nicht-Vorhersehens, da er vielmehr als etwas unterschiedenes anzusehen
sey, und diejenigen Dinge unter sich begreiffe, welche in dem Lauffe der
Gnaden von aussen hinzu kommen, und keinen würckenden Einfluß in das
Geschäffte der Seligkeit haben, sondern mit demselben von ohngefähr
zusammen hängen. |
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|
Ob nun gleich dieser begleitende Wille vor denen
zu bestimmenden Umständen vorher gehe, so sey er doch nicht vor dem
Glauben vorhergehend, oder allgemein: Dahero werde derselbe von dem
Verfasser, p. 64. unbequem durch denjenigen Willen beschrieben,
welcher die Güter des Heyls denen, die zu der Seligkeit zu führen sind,
ertheile. |
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Diese Eintheilungen des göttlichen Willens sind auch in den
Schulen der
heutigen
Weltweisen beliebet worden. Wir beruffen und vor allen andern auf den
Herrn von Leibnitz. |
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{Sp. 43|S. 35} |
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Denn wenn
Bayle, in dem siebenden und letzten der von ihm
angeführten theologischen Lehrsätze, die, nach seiner unglücklichen
Beurtheilungs-Krafft, der
Vernunfft widersprechen sollen, also
schreibet: |
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"Er bietet Leuten Gnade an, von denen er weiß, daß sie
solche nicht annehmen, und sich, durch dieses von sich stossen, noch
strafbarer machen werden, als sie gewesen seyn würden, wenn er sie ihnen
nicht angeboten hätte. Er erklärt sich gegen sie, wie er inbrünstig
wünsche, daß sie selbige doch annehmen möchten, und er giebt ihnen doch
nicht diejenige Gnade, von der er weiß, daß sie sie annehmen würden." |
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So antwortete der Herr von Leibnitz
auf diesen Einwurff also: |
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"Es ist wahr, diese Leute werden, durch ihr von sich stossen, noch
strafbarer, als wenn ihnen nichts wäre angeboten worden; Und GOtt weiß es
freylich: Allein, es ist besser, ihre Laster zuzulassen, als so zu verfahren,
daß er selbst tadelhafft werden, und verursachen würde, daß sich die Missethäter
mit einigem Rechte beschweren könnten; Indem sie vorwendeten, es wäre ihnen
unmöglich gewesen, besser zu leben, ob sie gleich gewolt hätten. GOtt will, daß
sie seine Gnade, deren sie fähig sind, empfangen und annehmen sollen; Er will
ihnen auch sonderlich diejenige geben, die er vorher siehet, daß sie sie
annehmen werden; Allein das geschicht allemahl aus einem vorhergehenden,
abgetheilten, oder besondern Willen; dessen Vollziehung im allgemeinen Entwurffe
der Dinge nicht allemahl statt finden kan. Dieser Satz gehöret wiederum unter
diejenigen, welche die
Philosophie nicht weniger, als die Offenbahrung lehret;
Sowohl, als drey andere von den sieben, die wir hier angeführet haben: Indem nur
der dritte, vierdte und fünfte einer Offenbahrung vonnöthen hat." |
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Herr Professor Gottsched machet
hierbey noch folgende Anmerckung: |
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"Herr Bayle treibt hier den Widerspruch zwischen
den göttlichen Worten und Thaten mit Fleiß sehr hoch; Gerade, als ob es nicht
möglich wäre, eben dergleichen Exempel unter Menschen zu finden; Da er selbst an
der Gerechtigkeit des gantzen Verfahrens nichts würde auszusetzen haben. Ein
grosser und gütiger König führt sein Kriegsheer ins Feld, weil er einem
ungerechten Feinde, der ihn anfällt, entgegen ziehen muß. Er liebt alle seine
Soldaten, und erklärt es ihnen ernstlich, daß er nicht gern einen eintzigen von
ihnen verlieren möchte. Er könnte auch ihnen allen eine Sicherheit vor dem Tode
verschaffen, wenn er sie eintzeln von der Schlacht verschickte, oder es zu einem
Treffen kommen liesse. Allein das thut er gerade nicht. Er führt sie wirklich
auf die Wahlstatt, und unzählige kommen um. Wer wolte hier sagen, die vorigen
Versicherungen des Königes wären nicht ernstlich gewesen? Er hätte es
Voluntate antecedente gerne gethan: Allein consequenter konnte und
durffte er es nicht thun. Die Wohlfahrth des gantzen Staats erfoderte eine
Schlacht. Es würde ein unzeitiges Mitleiden seyn, wenn er, sein Volck zu
schonen, dem Feinde alles andere Preiß gäbe. Er muß das grössere Gut dem
kleineren vorziehen." |
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Wenn hierauf der Herr von Leibnitz die XIX
philosophischen Sätze, so, nach Baylens
Urtheile, den
theologischen widersprechen sol- |
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{Sp. 44} |
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len, widerlegen will, so
schreibet er bey der
Beantwortung des vierdten Baylischen Satzes unter andern also: |
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"GOtt hat in seinem Vorhaben mehr als eine Absicht.
Die Glückseligkeit aller
vernünftigen Creaturen ist einer mit von den
Endzwecken, die er suchet; Allein sie ist weder der eintzige, auf den alles
gerichtet ist, noch der letzte und vornehmste. Derowegen kan das Unglück einiger
dieser Creaturen concomitanter, und als ein Erfolg von andern und
grössern Guten, gar wohl statt finden; Welches ich schon oben erklärt, und Herr
Bayle selbst einigermassen erkannt hat. Das Gute, als Gute, an
sich selbst betrachtet, ist das Objectum des göttlichen vorhergehenden Willens.
GOtt wird so viel Vernunfft und Erkänntniß in der
Welt hervorbringen, als sein
Plan zulassen kan |
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Man kan zwischen einem blossen vorhergehenden und anfänglichen Willen, und
zwischen einem nachfolgenden und endlichen Willen, sich noch ein Mittel
einbilden. Der vorhergehende anfängliche Wille hat jedes Gute
und jedes Böse, an und vor sich selbst, von aller Verbindung abgesondert, zum
Objecto, und suchet das Gute zu befördern, und das Böse zu verhindern. Der
mittlere Wille gehet auf die Verbindungen, als wenn man etwas
gutes mit etwas bösen verknüpffet; Und der Wille wird alsdenn zu dieser
Verknüpffung einigermassen geneigt seyn, wenn in selbiger das Gute das Böse
übertrifft. Allein der endliche und schlüßige Wille
entstehet aus der Betrachtung alles Guten und alles Bösen, so in unsere
Berathschlagung kommet; Er entspringt aus einer gäntzlichen und vollkommenen
Verbindung. Woraus denn erhellet, daß ein mittler Wille, ob er schon, in
Ansehung eines blossen vorhergehenden und anfänglichen Willens, einigermassen
als ein nachfolgender kan betrachtet werden, dennoch, in Ansehung des endlichen
und schlüßigen Willens, vor einen vorhergehenden zu halten sey. |
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GOtt giebt dem menschlichen Geschlechte die
Vernunfft, hieraus entstehen
übele Dinge, durch eine Concomitantz. Sein blosser vorhergehender Willen sucht
die Vernunfft zu geben, als ein grosses Gut, und das Böse, von dem die Rede ist,
zu verhindern; Allein, wenn es auf die Übel ankommt, welche mit diesem
Geschencke verknüpffet sind, das uns GOtt durch die Vernunfft gegeben, so wird
das zusammengesetzte Gantze, das aus der Verknüpffung der Vernunfft und dieser
Übel entstehet, das Objectum eines göttlichen mittlern Willens seyn, welcher
suchen wird, dasselbige entweder zu verhindern, oder hervorzubringen, nachdem
das Böse, oder Gute, darinnen die Oberhand hat. |
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Allein, wenn es sich auch schon befände, daß die Vernunfft den Menschen mehr
böses, als gutes, verursachte, (welches ich doch nicht zugebe) in welchem Falle
der göttliche mittlere Wille dieselbe mit diesen Umständen verwerffen würde, so
könnte es doch seyn, daß es der Vollkommenheit der gantzen
Welt gemässer wäre,
alles des Bösen, was in Ansehung der Menschen daraus erfolgen könnte,
ohngeachtet, ihnen die Vernunfft zu geben; Und folglich würde der endliche
Wille, oder der Schluß GOttes, der aus allen Betrachtungen, die er haben kan,
entspringet, dieser seyn, ihnen dieselbe |
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{Sp. 45|S. 36} |
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allerdings zukommen zu lassen. Er kan deswegen gar nicht getadelt werden,
wohl aber, wenn er es nicht thäte. Das Böse also, oder die Vermischung des Guten
und Bösen, darinnen das Böse die Oberhand hat, entstehet aus einer blossen
Concomitantz, weil es ausserhalb dieser Vermischung, mit grössern Guten
verknüpffet ist. Und folglich darff zwar solche Vermischung nicht als eine
Gnade, oder als ein Geschencke GOttes, betrachtet werden, wohl aber das Gute,
das sich dabey befindet." |
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Buddeus hat diese Leibnitzischen
Worte also verstanden:
"GOtt wolle nach seinem vorhergehenden Willen allezeit das Gute, nach seinem
nachfolgenden Willen aber wolle er das Beste, welches also der Zweck GOttes
werde." |
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Und Böldicke erkläret in seinem abermahligen Versuch einer
Theodicee, p. 21. des Leibnitzens
Meynung
folgendergestalt: |
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"Mich deucht, man könne von des Leibnitzes
Eintheilung des göttlichen Willens in den vorhergehenden und nachfolgenden,
darauf in seinem Lehr-Gebäude sehr viel ankömmt, den deutlichsten Begriff geben,
wenn man sagt, der vorhergehende Wille sey, was GOtt belieben würde, wenn sich
eine Sache nicht in der Verbindung mit andern Dingen, sondern allein befinde;
Der nachfolgende Wille, was GOtt will, nachdem er sich die Sachen in einer
Verbindung unter einander vorstellet."¶ |
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