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Quellenangaben |
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Vater,
Lat.
Pater, oder Porens,
Frantz.
Pere, heisset insgemein derjenige, welcher
ein
Kind
männliches oder
weibliches Geschlecht
gezeuget, und daher vor dessen
Erziehung zu sorgen
verbunden. |
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{Sp. 711|S. 369} |
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In verblümten
Verstande
nennet man diejenigen, die einem vorgesetzt sind,
und vor einen sorgen, auch Väter, als die
Obrigkeit,
Lehrer
und Prediger, Vormünder u.s.f. |
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Bedeutungen |
Will man noch genauer die unterschiedenen Bedeutungen des
Wortes
Vater wissen; so können wir mercken, daß ein Vater heisse |
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1) |
ein
Erfinder eines
Dinges;
daher |
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- Jabal ein Vater der Hirten;
- Jubal ein Vater der Sänger und
Lustigmacher;
- Thubalcain ein Vater der Schmiede
und die mit dem Ertz umzugehen wissen,
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genennet werden. Nicht zwar, als wenn vor Jabals
Zeiten kein Vieh gehütet worden, sondern daß er der erste gute
Hof-Meister und Mayer gewesen, der Schäfereyen angeleget, und die
Vieh-Zucht mit gutem
Vortheil angestellet, der Jubal auch die Music zur
angenehmen Harmonie gebracht. u.s.w. |
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Polidor Vergilius de Invent. rer. |
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2) |
Heisset Vater ein
Ältester in einer Familie, oder Zunft und Innung, welche in
selbiger die Meister der Erbarkeit seyn sollen, wie sie der Apostel
Paulus an den
Tit. II, 2. beschreibet. Also nennet man |
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3) |
diejenigen, welche
Gewalt
zu strafen haben Väter, als öffentliche Lehrer,
Kirchen-Diener oder Seelsorger, und dergleichen, gestalt denenselben
ebenmäßige
Ehre,
Hochachtung und
Gehorsam
erwiesen werden soll, wie denen leiblichen Vätern. |
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Johann Althus in Dicaeolog. … |
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Auf welche Masse sich auch der Pabst zu Rom den
Nahmen
eines allgemeinen Vaters anmasset, und worunter sich |
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4) |
die Pfleg-Väter oder
Vormünder, so die
Gewalt
derer ihrer Vorsorge anvertrauten Mündlein oder Pflegbefohlnen
Vermögen und Geschäfte zu
verwalten
haben, finden, nicht weniger, |
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5) |
Stieff-Väter, oder welche die
Kinder ausser der
Ehe oder aus verbotener Ehe gezeugt, da die
Würckung
des Vater-Rechts wegfällt. |
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Absonderlich aber heisset man diejenigen Väter, die aus
einer rechtmäßigen
Ehe
Kinder erziehen, oder wie es in denen
Römischen Rechten ausgedrucket wird: Pater est, qui liberos ex justis
nuptiis procreavit. |
L. 3.
… |
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oder: Pater is est, quem Nuptiae demonstrant, |
l. quia certa
… |
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Und ist also diese Benennung und deren Bedeutung in dem letztern
Verstande hauptsächlich aus denen
Bürgerlichen Rechten herzuleiten. Denn obgleich an und vor sich nach dem
ordentlichen Lauffe der
Natur
schlechterdings unmöglich ist, daß ein
Mensch
gezeuget und zur
Welt
gebracht werden könne, der nicht seinen Vater und
Mutter habe; so ist doch auch
im Gegentheile so viel gewiß daß nicht allemahl eines
Kindes wahrhaftiger Vater
so leicht bezeichnet werden könne, als dessen Mutter, und wenn sie auch sonst
gleich mit noch soviel
Manns-Personen
zu thun gehabt. |
d. l. quia ff. de
in jus voc. |
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Indessen wird doch in denen
Rechten
zu Vermeidung aller sonst daraus zu besorgenden Unordnung und Ungelegenheit,
derjenige vor eines
Kindes rechten und wahrhaftigen Vater erkläret und auch
davor gehalten, so lange man nicht des Gegentheils vergewissert ist, welcher
sich mit dessen
Mutter in ein ordentliches und
rechtmäßiges
Ehe-Bündniß
eingelassen, und mit derselben so, wie es sich vor rechtschaffene Eheleute
gebühret, lebet |
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{Sp. 712} |
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und Haus hält. |
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väterliche Gewalt |
Daraus entstehet nur nicht allein die einem wie dem andern
nach allen
göttlichen und
menschlichen
Rechten
von Seiten ihrer
Kinder schuldige Ehrfurcht,
Liebe und
Gehorsam,
sondern auch die insbesondere nach denen
Römisch-Bürgerlichen Gesetzen einem Vater zustehende
Gewalt
über seine Kinder. |
l. furiosae
… |
Römer |
Daher denn auch der
Kayser
Justinianus in
§. 2. J. de patr. pot. gar recht gesprochen, die
väterliche Gewalt,
oder das
Recht
eines Vaters über seine
Kinder, sey nur denen Römischen Bürgern eigen: massen
sonst niemand zu finden, der über seine Kinder eine solche Gewalt, als die Römer
über die Ihrigen, hätte. Denn obgleich nach des Aristotelis in
Ethic. L. VIII. c. 10. Zeugniß auch bey denen Persern die Väter über
ihre Kinder eine ziemlich strenge Herrschafft
ausgeübet; so haben doch die Römer hierinnen alle andere
Völcker
dergestalt übertroffen, daß dieser ihre väterliche Gewalt bey den besten
Schrifftstellern nicht
unbillig
Patria Majestas, das ist eine väterliche
Majestät oder
unumschränckte Herrschaft, genennet wird. |
- Valerius Maximus …
- Quintilianus
in Declam. 375.
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Sonst will zwar auch Oisel ad Caji
Instit. … als ob aus des Sexti Empyrici Pyrrh. Hypot.
III. zu erweisen stehe, daß auch schon bey denen Atheniensern die
Gewalt
der Väter über ihre
Kinder so groß gewesen, daß jene auch sogar das
Recht
über dieser ihr
Leben
und
Tod gehabt, mithin dieses Recht viel mehr eines Atheniensischen als
Römischen
Ursprunges
zu achten sey. Es zeiget aber dagegen Dionysius Halicarnassensis
… gar deutlich, daß in allen Solonischen Gesetzen nichts zu finden gewesen,
welches diesem Römischen Rechte beygekommen. |
Besiehe auch
- Johann Meursius in Solon.
…
- Huber in Digress. …
- Thomasius de Usu pract. …
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Daß also allerdings der
Ursprung
der väterlichen
Gewalt,
wie sie ehemahls bey denen Römern beschaffen gewesen, nirgends sonst, als bey
denen Römern selbst, und in ihren besondern
Rechten
zu suchen ist. |
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Es war aber dieselbe bey ihnen so groß, daß auch in manchen Stücken bey
denen Römern der
Kinder ihre Umstände noch schlimmer, oder doch nicht viel
besser und leidlicher, als selbst der
leibeigenen
Knechte und Sclaven ihre, waren, wie unter andern
Libonius in Declam. 37. Seneca in Contr.
… und Lactantius in Divin. Iustit. … ausdrücklich
bekennen, wie denn auch absonderlich der letztere in solcher Absicht von denen
Kindern
saget,
sie wären
verbunden gewesen, ihren Vater sowohl, als dessen Knechte
und Sclaven zu dienen, und daher auch von jenen sich der
Redens-Art:
Servire patri, bedienet. |
Gerhard Noodt Probab. … |
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Es zeiget also Dionysius Halicarnassensis l.c.
gantz klar und deutlich, daß der erste Urheber dieses
Rechtes
eigentlich Romulus gewesen. Und hindert nicht, daß Ulpianus in
l. 8.
ff. de his, qui sunt sui vel al. jur.
saget,
die väterliche Gewalt
sey durch
Gewohnheit
(Moribus) eingeführet worden. Denn |
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{Sp. 713|S. 370} |
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der Letztere hat damit nur seine Absicht auf die XII.
Gesetz-Tafeln, welchen dieses
Gesetzes
nicht als eine
Königliche
Verordnung, (massen alle Königliche Gesetze so gleich nach der
Ausstossung des Tarquinii Superbi abgeschaffet worden, l. 2. …) sondern als ein alter Gebrauch, einverleibet worden. Und zwar weil
der ausnehmende Haß der Römer auch nur gegen den Königlichen
Nahmen
es nicht litte, daß sie auch nur das allergeringste, so von denen Königen
herstammte, duldeten. |
Schulting ad Coll. Leg. … |
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Es war demnach erstlich die
väterliche Gewalt
nach des Romuli
Verordnung immerwährend, und dauerte so lange, als der Vater
lebte; so, daß kein
Kind bey seines Vaters Lebzeiten und wider dessen
Willen seyn eigener
Herr
werden konnte, wenn es auch schon in der
Republick
Diensten
stand, und ein
Obrigkeitliches Amt, oder eine noch so hohe
Ehren-Stelle bekleidete, oder wenn es sich auch sonst schon um das
Vaterland
noch so verdienet gemachet hatte. |
Dionysius Halicarnassensis l.c. |
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Hernach waren dieser väterlichen
Gewalt
nicht allein die
Söhne und
Töchter, sondern auch deren
Kinder und Enckel,
unterworffen. Jedoch hatten diese
Gewalt
nicht beyderseits
Eltern, oder Vater
und
Mutter zugleich, sondern nur allein der Vater, nach dessen
Tode alsdenn die
Kinder gantz frey und ihres eigenen Gewalts wurden. |
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