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Zedler: Willens, (Freyheit des) 10] HIS-Data
5028-57-131-6-10
Titel: Willens, (Freyheit des) [10]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 57 Sp. 188
Jahr: 1748
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 57 S. 107
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Übersicht
III. Historische Abhandlung (Forts.)
  3. Von den Meinungen der Christen (Forts.)
 
  c) In den neuern Zeiten (Forts.)
 
  (A) Abweichungen in der Theologie (Forts.)
 
  2) Die Synergisten
  3. Die Syncretisten
  4) Die Socinianer
  5) Die Arminianer
  6) Heinrich Janssen

Stichworte Text Quellenangaben
 
2) Die Synergisten haben ebenfalls von dem freyen Willen so gelehret, daß wir ihrer allhier gedencken müssen. Ihren Nahmen haben sie daher bekommen, daß sie die Untüchtigkeit des Menschen zu dem Guten geringe machten, und eine Mitwürckung (synergian) lehreten, daß nehmlich der freye Wille des natürlichen Menschen, in dem Wercke der Bekehrung, mit dem H. Geiste zugleich würcke.
 
 
  Das Haupt der Synergisten war Victorinus Strigelius; Als sich ihm nun Matthias Flacius, Professor zu Jena, mit grosser Hefftigkeit widersetzte, schien er auf den andern Abweg, nehmlich gar auf den Manichäismus, zu verfallen. Wider gedachte Synergisten, erinnerten der Concordien-Formul. ... daß der Wille eines natürlichen Menschen keine Kräffte habe, in dem Wercke der Bekehrung zu agiren, und zu demselben mit dem Worte und Heiligen Geiste zu concurriren. In solchen Sachen sey der Mensch vor der Lebendigmachung des H. Geistes todt und ungeschickt, ja nicht nur wie ein Klotz, sondern auch ärger, als ein Klotz, dieweil sein Wille dem göttlichen Willen widerstrebe, ob er gleich eine natürliche Fähigkeit, etwas zu verstehen, und zu wollen, besitzet, die freylich ein Klotz nicht besitzet.
Man sehe Johann Musäi Praelectiones in Formulam Concordiae ... hievon nach.
 
  Es kamen aber die syncretistischen Streitigkeiten von dem freyen Willen, weder durch die Aufsetzung, noch durch die Publication dieser Concordien-Formul, zu ihrer völligen Endschafft. Denn einige, die durch die geänderte Augspurgische Confeßion, und durch Melanchthons Corpus doctrinae, allzusehr eingenommen waren, widersetzten sich anfangs, gleichwie um anderer Lehr-Puncte halber, also auch wegen des Artickels von dem freyen Willen, der Concordien-Formul.
 
 
  So erinnerte man in Pommern bey dem Artickel von dem freyen Willen verschiedenes, und verlangte, solches darinnen zu ändern. Das eine war, daß man gesagt, der Mensch sey nach dem Fall Adams der Gnade GOttes fähig, nicht aus natürlicher Geschicklichkeit, sondern durch gnädige kräfftige
 
  {Sp. 189|S. 108}  
 
  Würckung des H. Geistes; Da doch Luther bey einem natürlichen Menschen eine leidende Tüchtigkeit, oder Fähigkeit, von dem H. Geiste ergriffen, und mit der göttlichen Gnade erfüllet zu werden, zugelassen habe.
 
 
  Das andere betraf die Redens-Art, von der ersten Bewegung der Bekehrung, welche wegkommen müste, indem die H. Schrifft nur eine Bewegung der Bekehrung lehre, und sie die Rührung des Hertzens nenne, darinnen GOttes Wort, der H. Geist, und der gehorsame Wille des Menschen , zusammen kämen, und obwohl der Gehorsam nicht aus eignen natürlichen Kräfften geschehe, so geschehe er doch nicht ohne Bewegung des menschlichen Hertzens und Willens.
 
 
  Eben daher sey drittens auch diese Weise zu reden: Daß der Wille des Menschen in der Bekehrung ein blos leidendes Subjectum sey, wegzuthun, oder besser zu erklären. Denn in dem Menschen geschehe keine Bekehrung zu GOtt, wo nicht sein Hertz und Wille GOtt gehorsam werde. Davon müsse die alte gewöhnliche Form der Lehre behalten, und wider die Pelagianer und Schwarm-Geister recht erkläret werden, daß nemlich in der Bekehrung des Menschen zu GOtt, das göttliche Wort, der Heilige Geist, und das gehorsame Hertz und Wille des Menschen, zusammen kämen.
 
 
  Dieser verhalte sich in der Bekehrung leidend, so viel nehmlich seine verderbte Natur und Unvermögen betreffe, daß er, ohne der Gnade des Heil. Geistes, in derselbigen, und in allen geistlichen Tugenden und Wercken, aus sich und von sich selbst nichts vermöge; Doch verhalte er sich auch in so weit thätig, daß er sich willig dem Geiste GOttes untergebe, willig und wissentlich ihm gehorsam werde, und folge.
 
 
  Die Theologen zu Nürnberg vermeynten ebenfals, daß in der Concordien-Formul, z.E. in dem Artickel von dem freyen Willen des Menschen, fremde, und bisher unerhörte, Lehrsätze anzutreffen wären.
 
 
  Vornemlich müssen wir auch allhier derjenigen Artickel Meldung thun, die von den Fürstl. Braunschweigischen und Heßischen Abgeordneten, insonderheit von D. Jacob Andreä, indem Jahr 1570 denen Theologen zu Leipzig und Wittenberg, wegen der Concordien-Formul, vorgelesen, von selbigen aber nicht angenommen, vielweniger approbiret wurden. Weil wir in denselben von dem freyen Willen folgendes antreffen:
 
 
  Vom freyen Willen des Menschen hab ich auch, vermöge GOttes Wortes, und Inhalts unserer Christlichen Augspurgischen Confeßion, nachfolgende Christliche einhellige Vergleichung in vielgedachten Kirchen gefunden.
 
 
  Zum ersten, daß der Mensch vor dem Fall unserer ersten Eltern, Adam und Evä, einen gantz freyen Willen gehabt, daß sie in dem Stande bleiben, darein sie von GOtt gesetzet, oder aus demselben, ohne eingepflantzte böse Neigung, treten mogten.
 
 
  Zum andern, nachdem sie gefallen, und das Gebot des HErrn übertreten, haben sie solchen freyen Willen zum Guten verlohren, und seine gantze Natur also verändert und verderbet, daß beydes in göttlichen Sachen der Verstand blind, der Wille ein Feind GOttes worden, wie geschrieben stehet: Der natürliche Mensch vernimmet
 
  {Sp. 190}  
 
  nichts vom Geiste GOttes, es ist ihm eine Thorheit, und kan es nicht erkennen, 1 Cor. II. Und abermahls: Fleischlich gesinnet seyn, ist eine Feindschafft wider GOtt, sintemahl es dem Gesetze nicht ist unterthan, denn es vermag es auch nicht, Röm. III. Darum ist des Menschen Wille nach dem Falle frey, alleine zum Bösen. Denn die verderbte Natur nicht aus Zwang, sondern freywillig sündiget, und das Böse thut. Zum Guten aber ist seine Wille erstorben, daß er aus ihme selbst, und seinen eigenen Kräfften, nicht vermag GOtt vertrauen, GOtt fürchten und lieben.
 
 
  Zum dritten, nachdem der Mensch nach dem Falle die Seele behalten, die GOtt anfänglich in ihm erschaffen, und nicht gantz und gar vertilget, sondern alleine verderbet ist, so hat der Mensch in äusserlichen Dingen noch einen freyen, gleichwohl schwachen, Willen behalten, daß er vermag sich im äusserlichen Leben in der Zucht halten.
 
 
  Zum vierdten, demnach so viel seine Bekehrung belangt zu GOtt, stehet es noch in des Menschen freyen Willen, zur Kirche gehen oder heraussen zu bleiben. Zum andern, GOttes Wort zu hören, oder die Ohren zu verstopffen. Zum dritten, dem gehöreten Worte nachzudencken, oder dasselbige in den Wind zu schlagen und zu verachten. Aber dem Worte mit wahrhafftigen Glauben beyfallen, und dasselbige annehmen, ist das Heil. Geistes Werck in dem Menschen, wie der Apostel zeiget, da er schreibet, Phil. I: Euch ist gegeben, um Christus Willen zu thun, daß ihr nicht alleine an ihn gläubet, sondern auch um seinet Willen leidet. Solchen Glauben aber würcket GOtt der H. Geist in den Menschen, durch das gepredigte Wort, und rechten Brauch der H. Sacramenta, wie geschrieben stehet: Der Glaube kömmt aus dem Gehöre GOttes Worts.
 
 
  Zum fünften, weil nicht GOtt in den Menschen und für den Menschen gläubet, sondern der Mensch, so bekehret wird, gläubet GOtt, so muß in der Bekehrung nicht allein GOttes Wille, sondern auch des Menschen Wille seyn, und kan keine Bekehrung des Menschen geschehen, der Mensch wolle denn auch, daß also in der Bekehrung beydes GOttes, und des Menschen Wille, zusammen kommen, und also des Menschen Wille nicht allerdinges wie ein Stock, oder Holtz ist, sondern eine Krafft der lebendigen Seele, die in der Bekehrung nicht allein leide, was GOtt mit derselben handelt, sondern auch zugleich wolle, das GOttes Wille ist.
 
 
  Zum sechsten, solch Wollen aber in der Bekehrung ist nicht des Menschen übergebliebene Krafft, sondern ein Werck GOttes des H. Geistes, wie geschrieben stehet: Gott ist es, der in euch würcket, beyde das Wollen, und das Thun, nach seinem Willen. Und abermahls: Weß ich mich erbarme, deß erbarme ich mich. So lieget es nun nicht an jemandes Wollen, oder Lauffen, sondern an GOttes Erbarmen.
 
 
  Zum siebenden, darum des Menschen Wille vor seiner Bekehrung nicht allein wie ein Stock, oder Holtz, sondern auch viel ärger ist; Denn ein Block, oder Stein, widerstrebet nicht dem Wil-
 
  {Sp. 191|S. 109}  
 
  len deß, der mit ihme umgehet; Der unbekehrte Mensch aber ist nicht alleine ohne GOttes Gnade, sondern darzu auch ein Feind GOttes, wie der Apostel zeiget: Fleischlich gesinnet seyn, ist eine Feindschafft wider GOtt, Röm. VIII. Aber, so bald GOtt des Menschen Willen angreifft, und denselben ändert, thut das böse Wollen hinweg, und würcket in dem Menschen ein gutes Wollen, so geschiehet so lang keine Bekehrung, bis auch der Mensch will, und der angebotenen Gnade und Verheischung beyfället, welches Wollen ein Werck GOttes des H. Geistes ist.
 
 
  Demnach ist klar und offenbar, daß GOtt in der Bekehrung nicht allein seine Gnade dem armen Sünder anbeut, sondern auch dem Menschen die Hand reichen muß, damit er die Hand GOttes annimmt, denn die Verheischung anderst nicht, denn mit dem Glauben, angenommen und ergriffen werden mag, welches, wie der Apostel zeigt, keines Menschen Werck ist, das aus seinen nach dem Fall überbliebenen Kräfften käme, sondern ein lauter Geschenck und Gabe GOttes ist.
 
 
  Durch diese wahrhafftige und in GOttes Wort gegründete Lehre, wird, vermöge und nach Inhalt der Augspurgischen Confeßion, GOtt dem HErrn in der Bekehrung des Sünders alle Ehre zugeschrieben, welcher unsere Bekehrung und Seligmachung anfähet, mittelt und vollführet, und gleichwohl niemand Ursach der Epicurischen Meynung gegeben, daß einer auf die gewaltige und gezwungene Bekehrung warten, und die Predigt GOttes Wortes und den Brauch der H. Sacramenta verachten wolte, von welchen geschrieben stehet: Wie offt habe ich wollen deine Kinder versammlen, wie eine Henne ihr Nest unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewolt. Denn sie hätten ja das Wort können hören, und demselben nachdencken, dadurch der H. Geist in den Hertzen der Zuhörer kräfftig ist.
 
 
  Nachdem sie aber ihre Ohren verstopffen, wie Act. VII. von den Hohenpriestern gesagt, und ob sie es gleich höreten, daß sie etwas daraus lerneten, sondern nur lästern und verfolgen können: Haben Sie nicht GOtt, sondern ihren verkehrten Muthwillen, zu beschuldigen, daß die dem H. Geist seine Mittel und Werckzeug ausschlagen und verwerffen, dadurch er pfleget die Bekehrung des armen Sünders zu würcken."
 
 
  Es ward aber nicht allein den Synergisten zu gefallen nicht das Geringste in der Concordien-Formul geändert, sondern als auch die Dillingenser den Einwurff gemachet hatten, daß in der Lehre von dem freyen Willen die Augspurgische Confeßion, Artickel XVIII. und die Schmalkaldischen Artickel, Theil III. Artick. I. einander widersprächen, so ward solcher von Johann Gerharden, in seiner 1606 gehaltenen Doctoral-Oration, die den Unschuldigen Nachrichten von 1725 ... einverleibet ist, gründlich gehoben.
 
 
3. Die Syncretisten. Hieher rechnen wir zuförderst die Calixtiner, die es in der Lehre von dem freyen Willen da anfiengen, wo es die Synergisten gelassen hatten. Es ward ihnen in dem wider sie aufgesetzten Consensu repetito, der 1664 dem I Theile der Consiliorum Wittebergensium ... in Lateinischer und Deutscher Sprache eingerücket, auch
 
  {Sp. 192}  
 
  gegen das Ende des 1665 Jahres, auf Einrathen D. Wellers, besonders gedruckt war, der XII Artickel, der von dem freyen Willen des Menschen handelte, entgegen gesetzet.
 
 
  In dem ersten Puncte bekennet man, daß bey der Bekehrung eines Menschen nur zwey würckende Ursachen, der H. Geist, und das göttliche Wort, statt hätten: Der menschliche Wille aber verhalte sich in der Bekehrung und in der Rechtfertigung als ein blos leidendes Ding, dessen, was GOtt in ihm würcke. Die Calixtiner hingegen lehrten, daß der Mensch bey dem Anfange seiner Bekehrung auch mitwürcke; Indem ja der Wille eine natürliche Krafft haben müste, die angebotene Gnade GOttes entweder anzunehmen, oder zu verwerffen.
 
 
  Der andere Punct fasset dieses Bekänntniß in sich: Daß, so wenig ein todter Leib sich selbsten lebendig machen, und zu einem leiblichen Leben wiederbringen könne; So wenig könne auch der Mensch, der durch die Sünde geistlich todt, sich selbst zu einem geistlichen Leben aufrichten. Bey welchem Bekänntniß man an den Calixtinern verwirfft, daß sie einen natürlichen Menschen nicht mit einem todten, sondern mit einem schlaffenden und krancken, vergleichen wolten, der zwar eine schwache, aber doch einige Krafft hätte.
 
 
  Drittens setzt man hinzu, der Wille eines unwiedergebohrnen Menschen sey nicht allein von GOtt abgewendet, sondern auch ein Feind GOttes geworden, dergestalt, daß er blos zu dem, was bös und GOtt zuwider ist, eine Neigung habe, oder, daß er der Gnade GOttes nicht allein nicht gehorche, sondern auch derselbigen würcklich widerstrebe. Hierwider lehreten die Calixtiner, daß man GOtt widerstrebe, bedeute nichts anders, als, dem Eingeben des H. Geistes nicht folgen, sich von dem Unglauben zu dem Glauben nicht bekehren wollen; Daher, wenn der Mensch GOtt widerstrebe, so habe dieses nur so viel auf sich, daß er zu seiner Bekehrung nichts helffe, ein würckliches und thätiges Widerstreben aber werde nicht gefunden: Oder, deutlicher zu reden, er unterließ mehr etwas, als daß er was würckliches thäte.
 
 
  Vierdtens bekennet man, daß der Mensch etlichermassen einen freyen Willen habe, äusserlich erbar zu leben; Geistlich aber was Gutes zu thun, das in den Augen GOttes gefällig wäre, z.E. zu beten, in dem Creutze gedultig zu seyn, den Nächsten zu lieben, könne ohne dem Glauben nicht geschehen.
 
 
  Im Jahr 1685 ward auch zu Straßburg eine syncretistische Schrifft in 4 gedruckt, welche den Titel führete: "Die fürnehmste Glaubens-Articul, beede Kirchen, nemlich die Römisch-Catholische und die Lutherische, mit einander zu vereinigen." Es wurden Num. XII. folgende Worte daselbst gelesen:
 
 
  "Daß der Mensch einen freyen Willen habe, die weltliche Gerechtigkeit zu würcken, und unter den Dingen, so der Vernunfft unterworffen seyn, eine Wahl anzustellen. Jedoch, daß er keine Kräfte habe, in dem, was zu der ewigen Seligkeit gehöret, etwas anzufangen, noch zu vollenden, ohne die Auferweckung und Mitwürckung des H. Geistes."
 
 
  Von den syncretistischen Lehrsätzen des bekannten Christian Melodius, ist in einem besondern Artickel: Willen (Einfluß der Wahrheit in den) ausführlich gehandelt worden.
 
  {Sp. 193|S. 110}  
 
4) Die Socinianer, welche mit den alten Pelagianern und den Papisten darinnen übereinkommen, daß sie lehren: Die natürlichen Kräffte des Menschen wären an sich nicht hinreichend, geistliche Handlungen damit zu verrichten, z.E. sich zu bekehren, und dem Evangelio zu glauben etc. Wenn GOtt aber durch die Offenbahrung denenselben zu Hülffe komme, und insonderheit durch die Verheissungen und Drohungen dieselben reitze und forttreibe, so sey der Mensch schon in dem Stande die zu dem Glauben und Heyle gehörigen Dinge zu leisten. So sagt Christoph Ostorodus in Institutionibus Germ. ...
 
 
   Wir halten dafür, daß fast alle Menschen von Natur wenig Kräffte haben, GOttes Gebot zu halten. Den Willen aber, selbige zu halten, kan ein jeglicher haben, aus seiner eignen Natur.
 
 
  Da doch Paulus das Gegentheil Philipp. II, 13, bezeuget, da er sagt: GOtt ists, der in euch würcket das Wollen.
 
 
  Und in dem Racowischen Catechismo ... handeln sie auch davon. D. Rambach hat in Collegio Anti-Sociniano ... hiervon ausführlich gehandelt, und die Socinianische Meynung widerleget.
 
 
5) Die Arminianer, die das Werck der Bekehrung nur aus einer moralischen Überredung herleiten, da GOtt durch Verheissungen, Drohungen und Exempel, den Willen zu dem Guten stimulire, und also eine innerliche Gnaden-Würckung GOttes in der Seele leugnen.
Siehe Zeltners Breviarium controversiarum cum Arminianis ...
 
6) Heinrich Janssen, ein Schwärmer in Ost-Friesland, der den 31 Aug. 1740 von dem Fürsten in Ost-Friesland, Carl Edzard, des Landes verwiesen ward, hegete, nebst seinen Anhängern, unter andern gefährlichen Irrthümern, auch folgende:
 
 
  Der Mensch hat keinen freyen Willen, auch nicht in leiblichen natürlichen Dingen, oder Verrichtungen: Sondern alles, was er thut, thut GOtt selbst in ihm und durch ihn. Der Mensch ist der That nach nicht die zweyte Ursache, (Causa secunda) seiner Verrichtungen. Wenn ein Mensch einen Mord wider das göttliche Gesetz begehet, (so erklärte sich Heinrich Janssen selbst darüber) so thut, oder verrichtet GOtt den Mord in der That, als welcher dem Mörder auch die Gedancken, den Mord zu begehen, eingiebet: Der Mensch aber thut es in der Einbildung. Wegen solcher Einbildung sündiget zwar der Mensch damit; GOtt aber, der den Mord eigentlich verrichtet hat, sündiget nicht, dieweil er ein souverainer Herr der Menschen ist, der mit ihnen machen kan, was er will.
 
 
  (Man mercke, daß dieser und der hernachfolgende Satz von der Sünde die Haupt-Lehre und das Vornehmste dieser Leute sey, welches sie, so ungereimt und gottlos es gleich ist, am meisten treiben)
 
 
  Alle Gedancken, Worte und Wercke, thut ein natürlicher Mensch nicht aus sich selbst, sondern GOtt würcket solches in ihm. Das Leben der Gottlosen ist GOttes Leben, denn das Leben der Seele ist GOtt. Die, welche sagen, der Mensch sey die zweyte Ursache, Causa secun-
 
  {Sp. 194}  
 
  da et proxima, seiner Thaten, sind blinde Wegweiser. Ein natürlicher Mensch stehet zwar nicht im Bund der Gnaden, aber im Bund der Wercke; Das ist, er ist gleichwohl ein Werckzeug GOttes, auch in bösen Wercken.
 
 
  Die Sünde kommt von GOtt, gleich wie auch GOttes Wille war, daß der Mensch fallen solte. Gott reitzet nicht nur die Menschen zu sündlichen Wercken; Sondern er würcket sie auch selbst in ihnen. Gott würcket in den Ungläubigen zur Übertretung des Gesetzes. Sündigen, und Sünde, oder, daß etwas Sünde sey, bestehet blos darinnen, daß die Menschen sich einbilden, sie thäten dieses und jenes, oder, diese und jene Wercke kämen von ihnen her, da sie doch von GOtt herrühren.
 
 
  Sie sündigen also, dieweil sie GOtt darinn nicht kennen, das ist, nicht erkennen, daß GOtt alles thut und verrichtet. Solche Einbildung ist Lügen: Lügen ist Sünde: Also bestehe die Sünde blos in der Einbildung. Simei hat darinnen nur gesündiget, weil er sich eingebildet, er fluche David, da doch GOtt selbst dem David durch Simei gefluchet. Ein Mörder sündiget, wenn er einen Todtschlag begehet, aber nur damit, daß er sich fälschlich einbildet, er habe den Mord verrichtet, da ihn doch GOtt in der That gewürcket.
 
 
  (Das ist wieder ein gottloser Hauptsatz, dieser Leute, welchen sie am meisten im Munde führen)
 
 
  Wenn ein Gläubiger in Sünde fällt, so würcket solches GOtt in ihm, blos zu seiner Demüthigung. Die Bekehrung eines Menschen geschiehet, wenn sich GOtt zu einem gewissen Zeitpunct seinen Auserwählten offenbahret, welches die bestimmte Zeit der Liebe ist. Es ist unnützlich und Heuchelwerck, vorhero, ehe GOtt einen bekehret, um seine Erleuchtung und Gnade zu bitten. Kinder GOttes und bekehrte Christen können im Guten niemahls stille stehen, vielweniger zurücke gehen: Sondern sie wachsen in der Gnade, auch wenn sie in grobe Sünden fallen, indem solche Sünden-Fälle GOtt ihnen zu ihrer Demüthigung zubereitet.
Von den vornehmsten Dispüten, welche in der Theologie von dem freyen Willen des Menschen entstanden sind, kan Buddeus in institut. Theol. Dogmat. ... nachgelesen werden.
     

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Stand: 1. März 2013 © Hans-Walter Pries