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2) |
Die Synergisten haben ebenfalls von dem
freyen Willen so gelehret, daß wir ihrer allhier gedencken
müssen. Ihren
Nahmen
haben sie daher bekommen, daß sie die Untüchtigkeit des
Menschen zu dem
Guten geringe machten, und eine Mitwürckung (synergian)
lehreten, daß nehmlich der
freye Wille des natürlichen Menschen, in dem
Wercke der Bekehrung, mit dem
H. Geiste zugleich
würcke. |
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Das Haupt der Synergisten war Victorinus
Strigelius; Als sich ihm nun Matthias Flacius,
Professor zu Jena, mit grosser Hefftigkeit widersetzte, schien er auf
den andern Abweg, nehmlich gar auf den Manichäismus, zu verfallen. Wider
gedachte Synergisten, erinnerten der Concordien-Formul. ... daß der
Wille eines natürlichen Menschen keine
Kräffte
habe, in dem
Wercke der Bekehrung zu agiren, und zu demselben mit dem
Worte und
Heiligen
Geiste zu concurriren. In solchen
Sachen sey der
Mensch vor der
Lebendigmachung des H. Geistes todt und ungeschickt, ja nicht nur wie
ein Klotz, sondern auch ärger, als ein Klotz, dieweil
sein Wille dem
göttlichen Willen widerstrebe, ob er gleich eine natürliche Fähigkeit,
etwas zu
verstehen, und zu wollen, besitzet, die freylich ein Klotz
nicht besitzet. |
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Man sehe Johann Musäi Praelectiones in
Formulam Concordiae ... hievon nach. |
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Es kamen aber die syncretistischen Streitigkeiten
von dem freyen Willen, weder durch die Aufsetzung, noch durch die
Publication dieser Concordien-Formul, zu ihrer völligen Endschafft. Denn
einige, die durch die geänderte Augspurgische Confeßion, und durch
Melanchthons Corpus doctrinae, allzusehr
eingenommen waren, widersetzten sich anfangs, gleichwie um anderer
Lehr-Puncte halber, also auch wegen des
Artickels von dem freyen Willen,
der Concordien-Formul. |
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So erinnerte man in Pommern bey dem
Artickel von
dem freyen Willen verschiedenes, und verlangte, solches darinnen zu
ändern. Das eine war, daß man
gesagt, der
Mensch
sey nach dem
Fall
Adams der
Gnade
GOttes fähig, nicht aus natürlicher
Geschicklichkeit, sondern durch
gnädige kräfftige |
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{Sp. 189|S. 108} |
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Würckung des
H. Geistes; Da doch Luther
bey einem natürlichen Menschen eine leidende Tüchtigkeit, oder
Fähigkeit, von dem H. Geiste ergriffen, und mit der göttlichen Gnade
erfüllet zu werden, zugelassen habe. |
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Das andere betraf die
Redens-Art, von der ersten
Bewegung der Bekehrung, welche wegkommen müste, indem die
H. Schrifft
nur eine Bewegung der Bekehrung lehre, und sie die Rührung des Hertzens
nenne, darinnen GOttes Wort, der
H. Geist, und der gehorsame
Wille des Menschen , zusammen kämen, und obwohl der
Gehorsam nicht aus eignen
natürlichen
Kräfften geschehe, so geschehe er doch nicht ohne
Bewegung
des menschlichen Hertzens und Willens. |
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Eben daher sey drittens auch diese Weise zu
reden: Daß der Wille des Menschen in der Bekehrung ein blos leidendes
Subjectum sey, wegzuthun, oder besser zu erklären. Denn in dem Menschen
geschehe keine Bekehrung zu
GOtt, wo nicht sein Hertz und Wille GOtt
gehorsam werde. Davon müsse die alte gewöhnliche
Form der Lehre
behalten, und wider die Pelagianer und Schwarm-Geister recht erkläret
werden, daß nemlich in der Bekehrung des Menschen zu GOtt, das göttliche
Wort, der Heilige Geist, und das gehorsame Hertz und Wille des Menschen,
zusammen kämen. |
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Dieser verhalte sich in der Bekehrung leidend, so
viel nehmlich seine verderbte
Natur und Unvermögen betreffe, daß er,
ohne der Gnade des
Heil.
Geistes, in derselbigen, und in allen
geistlichen Tugenden und
Wercken, aus sich und von sich selbst nichts
vermöge; Doch verhalte er sich auch in so weit thätig, daß er sich
willig dem
Geiste
GOttes untergebe, willig und wissentlich ihm gehorsam
werde, und folge. |
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Die Theologen zu Nürnberg vermeynten ebenfals,
daß in der Concordien-Formul, z.E. in dem
Artickel von dem
freyen Willen
des Menschen, fremde, und bisher unerhörte, Lehrsätze anzutreffen wären. |
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Vornemlich müssen wir auch allhier derjenigen
Artickel Meldung thun, die von den
Fürstl. Braunschweigischen und
Heßischen Abgeordneten, insonderheit von D. Jacob Andreä,
indem Jahr 1570 denen Theologen zu Leipzig und Wittenberg,
wegen der Concordien-Formul, vorgelesen, von selbigen aber nicht
angenommen, vielweniger approbiret wurden. Weil wir in denselben von dem
freyen Willen folgendes antreffen: |
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„Vom freyen Willen
des Menschen hab ich auch, vermöge GOttes Wortes, und Inhalts unserer
Christlichen Augspurgischen Confeßion, nachfolgende Christliche
einhellige Vergleichung in vielgedachten Kirchen gefunden.¶ |
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Zum ersten, daß der Mensch vor
dem Fall unserer ersten
Eltern, Adam und Evä,
einen gantz freyen Willen gehabt, daß sie in dem
Stande bleiben, darein
sie von GOtt gesetzet, oder aus demselben, ohne eingepflantzte böse
Neigung, treten mogten.¶ |
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Zum andern, nachdem sie
gefallen, und das Gebot des HErrn übertreten, haben sie solchen freyen
Willen zum Guten verlohren, und seine gantze Natur also verändert und
verderbet, daß beydes in göttlichen Sachen der
Verstand blind, der Wille
ein Feind GOttes worden, wie geschrieben stehet: Der natürliche Mensch
vernimmet |
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{Sp. 190} |
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nichts vom
Geiste GOttes, es ist ihm eine
Thorheit, und kan es nicht erkennen, 1 Cor. II. Und abermahls:
Fleischlich gesinnet seyn, ist eine Feindschafft wider GOtt, sintemahl
es dem Gesetze nicht ist unterthan, denn es vermag es auch nicht, Röm.
III. Darum ist des Menschen Wille nach dem Falle frey, alleine
zum Bösen. Denn die verderbte Natur nicht aus Zwang, sondern freywillig
sündiget, und das Böse thut. Zum Guten aber ist seine Wille erstorben,
daß er aus ihme selbst, und seinen eigenen Kräfften, nicht vermag GOtt
vertrauen, GOtt fürchten und lieben.¶ |
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Zum dritten, nachdem der Mensch
nach dem Falle die
Seele behalten, die GOtt anfänglich in ihm
erschaffen, und nicht gantz und gar vertilget, sondern alleine verderbet
ist, so hat der Mensch in äusserlichen
Dingen noch einen freyen,
gleichwohl schwachen, Willen behalten, daß er vermag sich im
äusserlichen
Leben in der Zucht halten.¶ |
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Zum vierdten, demnach so viel
seine Bekehrung belangt zu GOtt, stehet es noch in des Menschen freyen
Willen, zur Kirche gehen oder heraussen zu bleiben. Zum andern, GOttes
Wort zu hören, oder die Ohren zu verstopffen. Zum dritten, dem gehöreten
Worte nachzudencken, oder dasselbige in den Wind zu schlagen und zu
verachten. Aber dem Worte mit wahrhafftigen Glauben beyfallen, und
dasselbige annehmen, ist das
Heil. Geistes Werck in dem Menschen, wie
der Apostel zeiget, da er
schreibet, Phil. I: Euch ist gegeben,
um Christus Willen zu thun, daß ihr nicht alleine an ihn gläubet,
sondern auch um seinet Willen leidet. Solchen Glauben aber würcket GOtt
der H. Geist in den Menschen, durch das gepredigte Wort, und rechten
Brauch der H. Sacramenta, wie geschrieben stehet: Der Glaube kömmt aus
dem Gehöre GOttes Worts.¶ |
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Zum fünften, weil nicht GOtt in
den Menschen und für den Menschen gläubet, sondern der Mensch, so
bekehret wird, gläubet GOtt, so muß in der Bekehrung nicht allein GOttes
Wille, sondern auch des Menschen Wille seyn, und kan keine Bekehrung des
Menschen geschehen, der Mensch wolle denn auch, daß also in der
Bekehrung beydes GOttes, und des Menschen Wille, zusammen kommen, und
also des Menschen Wille nicht allerdinges wie ein Stock, oder Holtz ist,
sondern eine Krafft der lebendigen Seele, die in der Bekehrung nicht
allein leide, was GOtt mit derselben handelt, sondern auch zugleich
wolle, das GOttes Wille ist.¶ |
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Zum sechsten, solch
Wollen aber
in der Bekehrung ist nicht des Menschen übergebliebene Krafft, sondern
ein Werck GOttes des H. Geistes, wie geschrieben stehet: Gott ist es,
der in euch würcket, beyde das Wollen, und das
Thun, nach seinem Willen.
Und abermahls: Weß ich mich erbarme, deß erbarme ich mich. So lieget es
nun nicht an jemandes Wollen, oder Lauffen, sondern an GOttes Erbarmen.¶ |
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Zum siebenden, darum des
Menschen Wille vor seiner Bekehrung nicht allein wie ein Stock, oder
Holtz, sondern auch viel ärger ist; Denn ein Block, oder Stein,
widerstrebet nicht dem Wil- |
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{Sp. 191|S. 109} |
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len deß, der mit ihme umgehet; Der unbekehrte
Mensch aber ist nicht alleine ohne GOttes Gnade, sondern darzu auch ein
Feind GOttes, wie der Apostel zeiget: Fleischlich gesinnet seyn, ist
eine Feindschafft wider GOtt, Röm. VIII. Aber, so bald GOtt des
Menschen Willen angreifft, und denselben ändert, thut das böse
Wollen
hinweg, und würcket in dem Menschen ein gutes Wollen, so geschiehet so
lang keine Bekehrung, bis auch der Mensch will, und der angebotenen
Gnade und Verheischung beyfället, welches Wollen ein Werck GOttes des
H.
Geistes ist. |
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Demnach ist klar und offenbar, daß GOtt in der
Bekehrung nicht allein seine Gnade dem armen Sünder anbeut, sondern auch
dem Menschen die Hand reichen muß, damit er die Hand GOttes annimmt,
denn die Verheischung anderst nicht, denn mit dem Glauben, angenommen
und ergriffen werden mag, welches, wie der Apostel zeigt, keines
Menschen
Werck ist, das aus seinen nach dem Fall überbliebenen Kräfften
käme, sondern ein lauter Geschenck und Gabe GOttes ist. |
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Durch diese wahrhafftige und in GOttes Wort
gegründete Lehre, wird, vermöge und nach Inhalt der Augspurgischen
Confeßion, GOtt dem HErrn in der Bekehrung des Sünders alle Ehre
zugeschrieben, welcher unsere Bekehrung und Seligmachung anfähet,
mittelt und vollführet, und gleichwohl niemand Ursach der Epicurischen
Meynung gegeben, daß einer auf die gewaltige und gezwungene Bekehrung
warten, und die Predigt GOttes Wortes und den Brauch der H. Sacramenta
verachten wolte, von welchen geschrieben stehet: Wie offt habe ich
wollen deine
Kinder versammlen, wie eine Henne ihr Nest unter ihre
Flügel, und ihr habt nicht gewolt. Denn sie hätten ja das
Wort können
hören, und demselben nachdencken, dadurch der H. Geist in den Hertzen
der Zuhörer kräfftig ist. |
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Nachdem sie aber ihre Ohren verstopffen, wie Act.
VII. von den Hohenpriestern
gesagt, und ob sie es gleich
höreten, daß sie etwas daraus lerneten, sondern nur lästern und
verfolgen können: Haben Sie nicht GOtt, sondern ihren verkehrten
Muthwillen, zu beschuldigen, daß die dem H. Geist seine Mittel und
Werckzeug ausschlagen und verwerffen, dadurch er pfleget die Bekehrung
des armen Sünders zu würcken." |
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Es ward aber nicht allein den Synergisten zu
gefallen nicht das Geringste in der Concordien-Formul geändert, sondern
als auch die Dillingenser den Einwurff gemachet hatten, daß in der Lehre
von dem freyen Willen die Augspurgische Confeßion,
Artickel XVIII.
und die Schmalkaldischen Artickel, Theil III. Artick. I.
einander widersprächen, so ward solcher von Johann Gerharden,
in seiner 1606 gehaltenen Doctoral-Oration, die den
Unschuldigen Nachrichten von 1725 ... einverleibet ist,
gründlich gehoben.¶ |
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3. |
Die Syncretisten. Hieher rechnen wir zuförderst
die Calixtiner, die es in der Lehre von dem
freyen Willen da anfiengen,
wo es die Synergisten gelassen hatten. Es ward ihnen in dem wider sie
aufgesetzten Consensu repetito, der 1664 dem I Theile
der Consiliorum Wittebergensium ... in
Lateinischer und
Deutscher Sprache eingerücket, auch |
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{Sp. 192} |
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gegen das Ende des 1665 Jahres, auf Einrathen D.
Wellers, besonders gedruckt war, der XII
Artickel, der von dem freyen Willen des Menschen handelte, entgegen
gesetzet. |
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In dem ersten Puncte bekennet man, daß bey der
Bekehrung eines Menschen nur zwey
würckende Ursachen, der
H. Geist, und
das göttliche Wort, statt hätten: Der
menschliche Wille aber verhalte
sich in der Bekehrung und in der Rechtfertigung als ein blos leidendes
Ding, dessen, was
GOtt in ihm würcke. Die Calixtiner hingegen lehrten,
daß der
Mensch bey dem Anfange seiner Bekehrung auch mitwürcke; Indem ja
der Wille eine natürliche
Krafft haben müste, die angebotene
Gnade
GOttes entweder anzunehmen, oder zu verwerffen. |
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Der andere Punct fasset dieses Bekänntniß in
sich: Daß, so wenig ein todter
Leib sich selbsten lebendig machen, und
zu einem leiblichen
Leben wiederbringen könne; So wenig könne auch der
Mensch, der durch die Sünde geistlich todt, sich selbst zu einem
geistlichen Leben aufrichten. Bey welchem Bekänntniß man an den
Calixtinern verwirfft, daß sie einen natürlichen Menschen nicht mit
einem todten, sondern mit einem schlaffenden und krancken, vergleichen
wolten, der zwar eine schwache, aber doch einige
Krafft hätte. |
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Drittens setzt man hinzu, der
Wille eines
unwiedergebohrnen Menschen sey nicht allein von
GOtt abgewendet, sondern
auch ein Feind GOttes geworden, dergestalt, daß er blos zu dem, was
bös
und GOtt zuwider ist, eine Neigung habe, oder, daß er der Gnade GOttes
nicht allein nicht gehorche, sondern auch derselbigen würcklich
widerstrebe. Hierwider lehreten die Calixtiner, daß man GOtt
widerstrebe, bedeute nichts anders, als, dem Eingeben des
H.
Geistes
nicht folgen, sich von dem Unglauben zu dem Glauben nicht bekehren
wollen; Daher, wenn der
Mensch GOtt widerstrebe, so habe dieses nur so
viel auf sich, daß er zu seiner Bekehrung nichts helffe, ein würckliches
und thätiges Widerstreben aber werde nicht gefunden: Oder, deutlicher zu
reden, er unterließ mehr etwas, als daß er was würckliches thäte. |
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Vierdtens bekennet man, daß der Mensch
etlichermassen einen
freyen Willen habe, äusserlich erbar zu leben;
Geistlich aber was Gutes zu thun, das in den Augen GOttes gefällig wäre,
z.E. zu beten, in dem Creutze
gedultig zu seyn, den Nächsten zu
lieben,
könne ohne dem Glauben nicht geschehen. |
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Im Jahr 1685 ward auch zu Straßburg eine
syncretistische
Schrifft in 4 gedruckt, welche den
Titel führete: "Die
fürnehmste Glaubens-Articul, beede Kirchen, nemlich die
Römisch-Catholische und die Lutherische, mit einander zu vereinigen." Es
wurden Num. XII. folgende
Worte
daselbst gelesen: |
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"Daß der Mensch einen freyen Willen habe, die weltliche Gerechtigkeit zu würcken,
und unter den
Dingen, so der
Vernunfft unterworffen seyn, eine Wahl
anzustellen. Jedoch, daß er keine Kräfte habe, in dem, was zu der ewigen
Seligkeit gehöret, etwas anzufangen, noch zu vollenden, ohne die
Auferweckung und Mitwürckung des H. Geistes." |
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Von den syncretistischen Lehrsätzen des bekannten
Christian Melodius, ist in einem besondern
Artickel:
Willen (Einfluß der Wahrheit in den) ausführlich
gehandelt worden.¶ |
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{Sp. 193|S. 110} |
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4) |
Die Socinianer, welche mit den alten Pelagianern
und den Papisten darinnen übereinkommen, daß sie lehren: Die natürlichen
Kräffte des
Menschen wären an sich nicht hinreichend, geistliche
Handlungen damit zu verrichten, z.E. sich zu bekehren, und dem Evangelio
zu glauben etc. Wenn
GOtt aber durch die Offenbahrung denenselben zu
Hülffe komme, und insonderheit durch die Verheissungen und Drohungen
dieselben reitze und forttreibe, so sey der
Mensch schon in dem
Stande
die zu dem Glauben und Heyle gehörigen
Dinge zu leisten. So
sagt Christoph Ostorodus in
Institutionibus Germ. ... |
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„Wir
halten dafür, daß fast alle Menschen von
Natur wenig Kräffte haben,
GOttes Gebot zu halten. Den Willen aber, selbige zu halten, kan ein
jeglicher haben, aus seiner eignen Natur.„
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Da doch Paulus das Gegentheil
Philipp. II, 13,
bezeuget, da er sagt: GOtt ists, der in euch würcket das
Wollen. |
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Und in dem Racowischen Catechismo ... handeln sie
auch davon. D. Rambach hat in Collegio
Anti-Sociniano ... hiervon ausführlich gehandelt, und die
Socinianische
Meynung widerleget.¶ |
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5) |
Die Arminianer, die das
Werck der Bekehrung nur
aus einer
moralischen Überredung herleiten, da
GOtt durch Verheissungen,
Drohungen und Exempel, den
Willen zu dem Guten stimulire, und also eine
innerliche Gnaden-Würckung GOttes in der
Seele leugnen. |
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Siehe Zeltners Breviarium controversiarum
cum Arminianis ...
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6) |
Heinrich Janssen, ein Schwärmer
in Ost-Friesland, der den 31 Aug. 1740 von dem
Fürsten in Ost-Friesland,
Carl Edzard, des
Landes verwiesen ward, hegete, nebst seinen Anhängern,
unter andern gefährlichen Irrthümern, auch folgende: |
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„Der Mensch hat
keinen freyen Willen, auch nicht in leiblichen natürlichen Dingen, oder
Verrichtungen: Sondern alles, was er thut, thut GOtt selbst in ihm und
durch ihn. Der Mensch ist der That nach nicht die
zweyte Ursache, (Causa
secunda) seiner Verrichtungen. Wenn ein Mensch einen Mord wider das
göttliche Gesetz begehet, (so erklärte sich Heinrich Janssen
selbst darüber) so thut, oder verrichtet GOtt den Mord in der
That, als welcher dem Mörder auch die
Gedancken, den Mord zu begehen,
eingiebet: Der Mensch aber thut es in der Einbildung. Wegen solcher
Einbildung sündiget zwar der Mensch damit; GOtt aber, der den Mord
eigentlich verrichtet hat, sündiget nicht, dieweil er ein souverainer
Herr der Menschen ist, der mit ihnen machen kan, was er will.„ |
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(Man mercke, daß dieser und der hernachfolgende
Satz von der Sünde die Haupt-Lehre und das Vornehmste dieser Leute sey,
welches sie, so ungereimt und gottlos es gleich ist, am meisten treiben) |
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„Alle Gedancken,
Worte und Wercke, thut ein natürlicher Mensch nicht aus sich selbst,
sondern GOtt würcket solches in ihm. Das Leben der Gottlosen ist GOttes
Leben, denn das Leben der Seele ist GOtt. Die, welche sagen, der Mensch
sey die zweyte Ursache, Causa secun- |
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{Sp. 194} |
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da et proxima, seiner Thaten, sind
blinde Wegweiser. Ein natürlicher Mensch stehet zwar nicht im Bund der
Gnaden, aber im Bund der Wercke; Das ist, er ist gleichwohl ein
Werckzeug GOttes, auch in bösen Wercken. |
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Die Sünde kommt von GOtt, gleich wie auch GOttes
Wille war, daß der Mensch fallen solte. Gott reitzet nicht nur die
Menschen zu sündlichen Wercken; Sondern er würcket sie auch selbst in
ihnen. Gott würcket in den Ungläubigen zur Übertretung des Gesetzes.
Sündigen, und Sünde, oder, daß etwas Sünde sey, bestehet blos darinnen,
daß die Menschen sich einbilden, sie thäten dieses und jenes, oder,
diese und jene Wercke kämen von ihnen her, da sie doch von GOtt
herrühren. |
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Sie sündigen also, dieweil sie GOtt darinn nicht
kennen, das ist, nicht erkennen, daß GOtt alles thut und verrichtet.
Solche Einbildung ist Lügen: Lügen ist Sünde: Also bestehe die Sünde
blos in der Einbildung. Simei hat darinnen nur
gesündiget, weil er sich eingebildet, er fluche David,
da doch GOtt selbst dem David durch Simei
gefluchet. Ein Mörder sündiget, wenn er einen Todtschlag begehet, aber
nur damit, daß er sich fälschlich einbildet, er habe den Mord
verrichtet, da ihn doch GOtt in der That gewürcket.„ |
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(Das ist wieder ein gottloser Hauptsatz, dieser
Leute, welchen sie am meisten im Munde führen) |
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„Wenn ein Gläubiger
in Sünde fällt, so würcket solches GOtt in ihm, blos zu seiner
Demüthigung. Die Bekehrung eines Menschen geschiehet, wenn sich GOtt zu
einem gewissen Zeitpunct seinen Auserwählten offenbahret, welches die
bestimmte Zeit der Liebe ist. Es ist unnützlich und Heuchelwerck,
vorhero, ehe GOtt einen bekehret, um seine Erleuchtung und Gnade zu
bitten. Kinder GOttes und bekehrte Christen können im Guten niemahls
stille stehen, vielweniger zurücke gehen: Sondern sie wachsen in der
Gnade, auch wenn sie in grobe Sünden fallen, indem solche Sünden-Fälle
GOtt ihnen zu ihrer Demüthigung zubereitet.„¶ |
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Von den vornehmsten Dispüten, welche in der Theologie von dem
freyen Willen
des Menschen entstanden sind, kan
Buddeus in institut.
Theol. Dogmat. ... nachgelesen werden.
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