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Text |
Quellenangaben und Anmerkungen |
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Verzeichniß einiger harten Winter:¶ |
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Von ungewöhnlichen harten Wintern, giebt
folgends Verzeichniß mehrere Nachricht.¶ |
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Vor Christi Geburt¶ |
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177 sind alle Bäume erfroren, die hefftigen Sturmwinde
weheten dergestalt, daß sie |
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{Sp. 931|S. 479} |
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gantze Häuser darniedergerissen haben. |
Sethus Calvisius, in seinem
opere Chronologico ex Livio.¶ |
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Nach Christi Geburt:¶ |
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443 ist ein ungeheurer Schnee fast ein halbes
Jahr gelegen, wodurch Menschen und Vieh
umgekommen sind. |
Calvisius ex
Sigonio.¶ |
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605 sind alle Bäume und Weinstöcke
erfrohren. |
Calvisius ex Paulo
Diacono.¶ |
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670 Ist ein langer und grimmiger Winter
gewesen, daß auch
Menschen und Vieh darüber
gestorben. |
Calvisius ex
Cedreno.¶ |
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717 ist in Asien die
Erde 100
Tage lang mit
Schnee bedeckt gewesen, daß auch Menschen
und Vieh darüber sturben. |
Calvisius ex eod.¶ |
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764 war eine solche Kälte, daß auch das
schwartze Meer mit einem Eiß von 30 Fuß dick
zugefrohren. |
Calvisius ex Misc.¶ |
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801 war das schwartze Meer abermahls
zugefrohren. |
Calvisius ex Annal.
Fuld.¶ |
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821 waren alle Flüsse in
Europa, 30 Tage
lang zugefrohren, daß man mit Wagen darüber
fahren konnte. |
Calvisius ex Aimon.¶ |
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823 war ein harter Winter, davon Menschen
und Vieh erfrohren. |
Calvisius ex eod.¶ |
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859 war das Adriatische Meer zugefrohren,
daß man zu Fuß nach Venedig gehen
konnte. |
Calvisius ex Annal.
Fuld.¶ |
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992 ist ein langer und grimmiger Winter
gewesen, dabey am Heil. Christage ein Nordlicht
gesehen worden. |
Calvisius ex Spang.¶ |
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1092 fiel im
April ein grosser Schnee, worauf
eine grimmige Kälte kam. |
Calvisius ex Cosm.¶ |
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1125 fiel zu Ende des
Mays ein grosser
Schnee mit hefftiger Kälte, wovon die Bäume und
Pflantzen erfrohren. |
Calvisius ex eod.¶ |
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1334 fiel zu Ende des Aprils ein tiefer
Schnee, der alle Bäume verderbet. |
Calvisius ex Hist.
Polon.¶ |
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1400 war eine so grosse Kälte, daß die
Meere zugefroren, |
Calvisius ex Annal.
Flandr.¶ |
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1608 ist ein sehr harter Winter gewesen,
davon die meisten Bäume erfrohren. |
Hist. de France par
Mezerais.¶ |
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Krafts Beschreibung des 1740 zu Petersburg
aufgegangenen
Hausses von Eiß, welcher auf
diese Nachrichten eine
Muthmassung
bauet,
nehmlich es scheine fast, als wenn solche harte
kalte Winter allemahl etliche 30
Jahre
Zeit
brauchten, ehe sie wiederkommen. |
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Das ietzige achzehnde
Jahrhundert hat auch
schon
verschiedene harte Winter gehabt.
Denn¶ |
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1709 ist ein noch in vieler Andencken
überaus grosser Winter gewesen.¶ |
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1716 war eine grimmige Kälte;¶ |
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1726 war auch ein harter Winter;¶ |
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1729 desgleichen; und¶ |
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1740 war auch eine grimmige Kälte.¶ |
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Wir wollen von diesen allen etwas
umständlichern Bericht ertheilen.¶ |
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Der grosse Winter des 1709 Jahres. ¶ |
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Diesen Winter theilet der
Herr
Baron von
Wolf
in der oben angezogenen Consideratione |
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{Sp. 932} |
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physico mathematica hiemis 1709, in fünf Zeit-Begriffe (Periodos) ein, deren jedesmahliger
Anfang dahin ist gesetzet worden, wenn es zu
frieren angefangen; das Ende aber, wenn Schnee
und Eiß wieder aufgegangen ist. |
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Der Anfang des ersten Zeit-Begriffes ist auf
den 19
October 1708, und gehet biß den 3
Decemb. Der Anfang des andern Zeit-Begriffs
fänget sich an vom 3 December, und gehet bis
den 4
Jenner 1709. Der dritte Zeit-Begriff ist vom
5 Jenner und gehet bis den 25 Jenner. Der vierte
nimmt seinen Anfang den 31 Jenner und gehet bis
den 17
Febr. Und endlich der fünffte Zeit-Begriff
fänget sich den 17. Jenner an, und endiget sich
den 17 Mertz. |
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Von allen diesen Zeit-Begriffen nun führet der
Herr Baron von Wolf folgende
Gründe an. Und
zwar was den ersten Zeit-Lauff anbetrifft, so
schreibet er davon also: |
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Jedermann weiß, daß fast den gantzen
Sommer des 1708 Jahres hindurch der Himmel
trübe gewesen sey und die Winde gemeiniglich
aus Westen und öffters aus Norden geblasen
haben: Daher auch der meiste Theil desselben
einem Herbst ähnlicher gewesen als einem
Sommer, und auch unserer Erwegung gemäß,
also seyn müssen. Diesemnach war die Erde
wenig erwärmet, und konnte also ihre Wärme
geschwinde weggehen, und die Würckungen der
Kälte desto leichter kommen, als sie sonsten nach
den Versuchen des Mariots in seinem dritten
Versuch aus der Natur-Lehre zu geschehen
pfleget. |
|
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Da nun vermöge der Beschreibung des
ersten Zeit-Begriffs, welche Herr Wolf in dem vorhergehenden
gegeben, erst ein Platzregen fiel, und es hernach etliche Tage lang regnete; so
muste nicht nur die Erde
[1] ihrer wenigen Wärme gar mercklich beraubet,
sondern auch die Dunstkugel sehr erkältet werden, vornemlich da die hefftigen
Winde dazu kamen. Weil aber damahls der untere Wind aus der nordlichen Gegend
bald eine kalte Luft mitbrachte: so wohl, weil die Strahlen der nun gegen die Pole
allzuschief scheinenden, und nicht lang über den
Horizont bleibenden Sonne es daselbst nicht
sonderlich warm machten, als auch, weil vielleicht
auch dort der trübe Himmel die Erwärmung
verhindert, und die hefftigen Winde der Luft der
noch übrigen Wärme meistentheils beraubet
hatten: so ist es kein Wunder, daß sich schon in
Weinmonat eine solche Kälte verspühren lassen,
als sonst viel später einzufallen pfleget. |
[1] |
HIS-Data: korrigiert aus: Ende |
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Die hefftige Kälte am 19den des Weinmonats
muste am 20sten Nachmittage nothwendig
nachlassen, weil ein West-Wind und Regen darauf
folgeten. Indessen hinderte doch das
veränderliche Wetter am 21. 22 und 23sten die
Würckung der Sonne nicht wenig, und da man
den 27sten alles mit tiefen Schnee bedecket sahe:
so muste der mitternächtliche Wind welcher an die
nun weit mehr als zuvor von Wärme entblöste Luft
und Erde stieß, eine ungewöhnliche Kälte
verursachen. |
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Was die übrigen Zeitläuffte dieses Winters
anbelanget, so beziehet er sich auf das
vorhergehende, was er von den
Ursachen des
Winters überhaupt gesaget hat. Doch hat er von
den besondern Begebenheiten (phaenomenis)
welche hier und da in der Erzehlung angemercket
worden sind, ein und ande- |
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{Sp. 933|S. 480} |
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res angemercket, als |
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1) |
Von dem Grund der
ausserordentlichen Kälte: |
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Die ausserordentliche
Kälte, sind seine Worte, hat ohngefehr mit dem
Jenner angefangen. Es war aber damahls die
Entfernung der Sonne von unserm Scheitel am
grösten, und die Zeit, die sie über dem Horizont
blieb, noch kurtz, welches niemand in Zweifel
ziehet. Die wenige Wärme, welche auf den
Erdboden und in der Dunst-Kugel von West-Süd,
und Süd-Ost-Wind und der geringen Würckung
der Sonne durch die dicken Wolcken, und die mit
Ausdünstungen erfüllete Lufft übrig seyn konnte,
hatte der Wind mit seiner Hefftigkeit am 4ten
Jenner meistens schon vertrieben. |
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Da nun am 5 Jenner der
Nord-Ost-Wind eine kalte Lufft herwehete, und sie
durch die hefftige Bewegung noch kälter machte;
so gehet die schnelle Veränderung des Wetters,
welche sich Abends begeben, von denen
ermeldeten Umständen nicht ab. Den Himmel
sahe man den Tag über fast immer trübe, und die
untere Lufft war von groben Ausdünstungen so
dick geworden, daß man die Bewegung der
Wolcken nicht durchsehen konnte. Der untere
Wind war Ost- und Nord-Ost, der obere aber ohne
Zweifel, obgleich nicht immer, doch meistentheils
aus West oder einer der sich von dieser Gegend
ein wenig Südwärts wendete. Welches sich aus
der sonderbar leichten Lufft abnehmen lässet, die
mit dem Nord-Wind nicht pfleget
verknüpffet zu
seyn. |
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Gleichwie man aber hier
alle Umstände beysammen antrifft, welche zu
einer hefftigen Kälte, nach dem vorhergesagten,
zusammen kommen sollen; also ist gleichfalls
anzumercken, es habe auch so gar zu
Vermehrung der Kälte dieses mit beygetragen,
daß die Lufft so leicht gewesen, welches um die
Zeit der grösten Kälte geschehen seyn soll: Denn
da die dünne Lufft weniger Theilgen in einem
gleich grossen Raum enthält, als die dicke; so
können auch die dadurch gehenden Strahlen nicht
so viele in die Bewegung setzen, welche, eine
Wärme zu Wege zu bringen, erfordert wird. Also
kan sie nicht so warm werden, als die Dicke.
Deßwegen trifft man auch an, daß die obere Lufft
nicht allein darum kälter ist, als die untere, weil die
von der Erde zurück prallende Strahlen daselbst
nicht so dichte sind: sondern auch, weil die
Würckung der Sonne dadurch gehindert wird, sie
dünne ist.¶ |
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2) |
Warum die Kälte am 22ten
Jenner erleidlicher gewesen ist, als am 12ten,
davon schreibet er also: |
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Ob nun aber gleich es mit
zu ihrer Kälte hilfft, wenn die Lufft leicht ist: So macht
es doch auch, daß man sie nicht so sehr empfindet.
Denn je dichter die
Cörper sind, desto mehr fühlet
man ihre Kälte, indem mehrere Theilgen,
(molecula) den Cörper berühren. Herr Wolff
beweiset das mit einem Versuche, welchen er aus
den zu
Halle
angestellten Bemerckungen
genommen. |
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Als das kleinere Wetter-Glaß die äussere Lufft, welche keine widrige
Empfindung erregte, genugsam verspühret hatte:
So setzte er alles in Brunnen-Wasser, welches
eben gleich von dem Brunnen geholet, und in ein
Glas gegossen wurde, das viele Tage an dem
Fenster gestanden hatte, wo die Scheiben
ausgelöset waren. Allein als die Kugel kaum
darinnen war: stieg die Feuchtigkeit 5 Grade ihrer
Eintheilung in die Höhe, da doch der Finger, der
schon über 2 Stunden lang in der freyen Lufft
gewesen |
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{Sp. 934} |
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war, und nichts widriges
davon empfunden hatte, so bald er in das Wasser
gestecket wurde, es schmertzlich fühlte. Und
daraus ist klar, warum den 22 Jenner die Kälte
unleidlicher gewesen ist, als am 12ten, ob sie
gleich, den Bemerckungen des Wetter-Glases
nach weit hefftiger als damahls gewesen ist, denn
am 12ten war die Lufft ausserordentlich leicht,
folglich auch dünn: aber am 22ten war sie so
schweer, als es bey solcher Kälte gewöhnlich ist,
und dahero auch dicht.¶ |
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3) |
Warum die Kälte am
24ten Jenner ins Gesicht geschnitten hat: |
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Es ist auch der Grund
nicht verborgen, warum am 24sten Jenner die
Lufft dem Gesicht so unerträglich gewesen ist,
daß man einige Zeitlang den Schmertzen gefühlet
hat. Denn so war damahls die Lufft voll spitzer
Eisblätgen, (lamellae glaciales cuspidatae) welche
mit Gewalt gegen das Gesicht gewehet wurden,
und dessen zarte Fäsergen hefftig stachen, und
vielleicht zerschnitten.¶ |
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4) |
Grund einer besondern
Lufft Begebenheit in dem 3ten Zeit-Begrieff: |
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Die Ursache spricht er,
warum gegen Ende des 3ten Zeit-Begriffs die
Wände und Haus-Thüren, desgleichen die Fenster
in den nicht geheitzten Zimmern, wie mit einem
Reif überzogen gewesen sind, ist diese. Von der
ausserordentlichen Kälte dieses Zeitlauffs sind
auch alle Wände, ingleichen die Lufft in den nicht
geheitzten Zimmern, nebst ihren Fenstern und
Thüren, ungemein kalt geworden. Gegen das
Ende desselben brachte ein West-Wind viel
Dünste und eine warme Lufft mit: Daher auch das
Schneiden der Lufft nachließ, sie selbst sehr
feuchte wurde, besonders da sich auch die
gefrornen Dünste, davon die untere Lufft voll war,
auflöseten. |
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Wenn die warme Lufft an
die kalten Cörper stieß, so wurde sie dichter;
deßwegen sich die schwebenden Dünste an die
rauhen Flächen derselben anhiengen, und von
ihrer Kälte zusammen setzten. Da aber die Lufft
an den Wänden dicker wurde; so fielen auch die
Eißblätgen, welche noch nicht in Dünste
verwandelt worden waren, heraus, und hängten
sich zugleich mit an die Flächen der Cörper,
vornemlich innerhalb der Häuser, wo die äussere
Lufft nicht gar frey durchstreichen konnte, an.¶ |
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5) |
Grund einer besondern
Lufft-Begebenheit in den letzten Zeit-Begriffe: |
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In dem letzten Zeit-Begriffe
verdienet die Begebenheit, von dem, an
den zugemachten Fenstern geschmoltzenem, und
an den aufgemachten gefrornem Eiß, einige
Aufmercksamkeit. Es werden nemlich die Sonnen-Strahlen, wenn sie durch Glas gebrochen werden,
dichter, indem die Glas-Scheiben nicht völlig flach,
sondern meistentheils erhaben sind. Daher es
bekannt genung ist, wie die Sonnen-Strahlen,
welche durch die Fenster-Scheiben
durchscheinen, weit mehr erwärmen, als wenn sie
durch das offene Fenster in ein Gemach einfallen,
und daß offt die also gebrochnen Strahlen in
einem Punct zusammen kommen, und Cörper,
welche leicht brennen, anzünden. |
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Ausser diesem umgiebt
die Lufft des Gemaches das Eiß nicht, wenn die
Strahlen darauf fallen, und das Glas selbst
bekommt von der Würckung der Sonnen-Strahlen
einen gewissen Grad der Wärme. Allein, wird das
Fenster aufgemachet, so kommen |
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{Sp. 935|S. 481} |
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die Sonnen-Strahlen an
die Feuchtigkeit, welche an den Scheiben hänget,
durch die blosse Lufft unmittelbar hinaus, und
besonders in unserm Fall, wehete der Nord-Wind
eine kalte Lufft her. Weil nun die Krafft der
Sonnen-Strahlen vermehret wurde, wenn das
Fenster zugemacht war, hingegen verringert
wurde, wenn es offen war; so ist kein Wunder,
daß die grössere und kleinere Krafft solche
Würckungen hervor gebracht haben, welche,
wenn man die Sache genau betrachtet, nur dem
Grad nach von einander verschieden waren. Denn
die gröste Kälte ist der geringste Grad der
Wärme.¶ |
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6) |
Warum die Feuchtigkeit in
dem Wetter-Glase fället, wenn die Sonne
aufgehet? |
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Es ist allerdings Wolffens
Meynung, die Feuchtigkeit sey bey Aufgang der
Sonne deswegen in dem Wetter-Glase gefallen,
weil diese die obere Lufft verdünnete, daß die
kalten Dünste herab fielen, und die untere Kälte
vermehreten, biß die Strahlen der weiter
heraufgekommenen Sonne sie wärmer gemacht,
und jene wieder in die Höhe trieben. Denn es
erhellet aus den zu
Halle
von Herrn Wolffen
angestellten Bemerckungen, daß dieses Fallen
der Dünste offt augenscheinlich gewesen sey.
Also fiel die Feuchtigkeit den 31ten Jenner von 46
bis auf 49 ½ Grad herab, daß der Nebel
tropffenweis herab träuffelte: Hingegen stieg sie
wieder, sobald er vergienge. Gleichergestalt, als
den 1ten
Hornung ein Nebel entstunde; so fiel die
Feuchtigkeit vom 54ten bis 55ten Grad: So bald
ihn aber die Sonne aus einander getrieben hatte,
kam sie gleich wieder in die Höhe. Und als am
7den Hornung es gegen 9 Uhr schneyete: So
senckte sich die Feuchtigkeit um einen Grad, stieg
aber gegen 10 Uhr schon wieder hinauf¶ |
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7) |
Warum die Wetter-Gläser
die Grade der Kälte nicht genau genung
anzeigen? |
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Man hat durch
verschiedene Versuche gelernet, daß wenn die
flüßigen Cörper dicke werden, die darinnen
enthaltene Lufft starck herausgetrieben werde, je
nachdem die flüßigen Cörper kalt und dichte sind.
Es ist also kein Zweiffel, es habe sich auch dieses
bey dem im Wetter-Glase dicht gewordenen
Brandtwein geäussert. Daher es gewiß ist, daß
vieles davon bey der erstaunlichen Kälte in den
leeren Theil der Röhre gekommen sey. Da sie nun
wieder ausgedehnet wurde, widerstund die Lufft
dem Aufsteigen. Daher ist kein Wunder, daß sie
tieffer gestanden, als die Wärme der äussern Lufft
mit sich brachte. |
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Weil aber durch den
Versuch, welchen Mariotte in der 2ten Probe aus
der Natur-Lehre von der Beschaffenheit der Lufft
auf der 97ten und folgenden Seiten anführet, eine
gewisse Menge Lufft sich mit jedem flüßigen
Cörper vermischet, und wenn etwas davon
ausgejaget worden, aufs neue davon wieder
eingesogen wird: So muste auch die Lufft, die in
der Röhre enthalten war, sich wiederum mit dem
Brandewein vermischen, und also der Widerstand
gehoben werden.¶ |
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8) |
Grund der Würckungen
des Winters, welche man an den flüßigen Cörpern
wahrgenommen hat? |
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Endlich, fähret er fort,
müssen auch Gründe der Würckungen dieses
Winters angegeben werden. Weil aber die
Würckungen eine Ver- |
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{Sp. 936} |
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hältniß zu ihren völligen
Ursachen (causis adaequatis) haben: So musten
auch die Würckungen unsers Winters grösser
seyn, als sonst gewöhnlich ist, da die Kälte
hefftiger gewesen als sie sonst zu seyn pfleget.
Daher es keiner Erklärung bedarff, warum in
diesem Winter, solche Feuchtigkeiten gefroren
sind, welche sonst bey geringerer Kälte nichts zu
befahren haben: und warum man das Eiß in den
Flüssen in diesem Winter dicker, als gewöhnlich
ist, gefunden habe. |
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Daß man aber sagt, ob
sey das Carls-Bad heißer in diesem Winter als
sonst gewesen; muß man einem Vorurtheil der
Sinnen zuschreiben. Denn man weiß, die Kälte
sey nichts als eine Beraubung der Wärme. Also
kan die Beraubung der Wärme in dem nahen
Cörper dem andern keinen Grad der Wärme mehr
geben. Und über das ist aus der Erfahrung
bekannt genung, daß man der Empfindung nach,
das vor warm hält, was heißer ist als unsere
Hand. Also ist es z.E. ein gemeiner Wahn, der
auch selbst Verulam im sylva sylvarum in 9ten
Hundert, dem 885ten §. a auf der 943 Seite,
betrogen, als man vor
Erfindung der Wetter-Gläser die verschiedene Grade der Wärme noch
nicht genau unterscheiden konnte, daß die Lufft
des Winters in den Kellern wärmer sey, als im
Sommer. |
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Mariotte hingegen hat das
Widerspiel aus einer langwierigen Erfahrung
gelernet. Man sehe seinen obangezogenen
Versuch aus der Natur-Lehre von der Wärme und
Kälte nach, auf der 38 u.ff. Seiten. Und da in
diesem Winter jener Brunn in Schlesien mit Eiß
überzogen worden ist, von dem man sonst sagt,
daß er im Winter wärmer sey, als im Sommer: So
wird dieses Vorurtheil der Sinnen offenbar
widerleget.¶ |
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9) |
Grund der Würckungen
des Winters, welche man an den Thieren,
Menschen und Pflantzen angemercket hat? |
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Seit dem die Zergliederung
(Anatomia) von den neuern, also getrieben
worden ist, daß man durch Vergrösserungs-
Gläser sehen kan, was vor die blossen Augen zu
klein ist: So leugnet kein Weltweiser (es wäre
denn, daß er die Erfindungen der Anatomicorum
oder die Mechanick der Mathematicorum nicht
verstehe, oder sich durch leere Tone verhindern
lasse, daß die Worte von Sachen, wegen Mangel
einer rechten Vernunfft-Lehre und allgemeinen
oder Philosophischen Sprach-Kunst, nicht zu
unterscheiden wüste.) daß eines jeden Thieres,
auch selbst des Menschen Leib, aus unzehlich
viel Röhrgen bestehe, dadurch verschiedene
flüßige Cörper immerzu sich herum bewegen, und
daß der Cörper so lange gesund sey, als lange
diese Röhrgen gantz sind, und die Bewegung der
flüßigen Cörper auf keine Weise gehindert wird;
hingegen daß er völlig sterbe, wenn dieser
Umlauff gäntzlich aufhöret. |
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Durch so viele Versuche
der Naturkündiger und so viel gemeine
Erfahrungen, ist es schon so offenbar,
welchergestalt die Flüßigkeit der Cörper von der
Wärme herkomme, daß wir vor überflüßig halten,
eine so klare Sache zu erläutern. Da aber die
Cörper, welche in die kalte Lufft geleget worden,
kalt werden, das ist, ihre Wärme
verlieren; so ist
es ja nichts besonderes, daß die hefftige Kälte
auch dem Blut und andern flüßigen Cörpern, die in
den Leibern der Thiere ihren Umlauff |
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{Sp. 937|S. 482} |
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|
haben, so viele Wärme
benimmt, daß, was noch übrig ist, die Flüßigkeit
dererjenigen zu erhalten, welchen oben
bemeldete Röhrgen erfüllen, entweder nur in
einigen kleinen Gefässen, oder auch in grössern,
ja gar in den allergrössesten nicht hinreichet.
Daher es denn auch kein Wunder ist, wenn
entweder an einem Ort die flüßigen Cörper stehen
bleiben, oder bey bevorstehenden Tode der
gantze Umlauff aufhöret. |
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Es ist aber ausser dem
bekannt, daß die flüßigen Cörper, wegen der in
ihnen zerstreueten sich ausdehnenden
(elastischen) Lufft, indem sie zugefrieren, sich
ausbreiten, und zwar mit solcher Krafft, welche
nicht allein gläserne und küpferne Gefässe,
sondern auch dicke Flinten-Läuffe zersprengen
kan, wie nicht allein Hugen vor der Königl.
Academie der Wissenschafften zu Paris gezeiget,
laut der Erzehlung Johann Baptista von Hamel, in
dem 4ten Theil der alten und neuen Weltweißheit,
im 1ten Theil der Natur-Lehre, und deren 3ten
Abhandlung, der 2ten Ausführung (Dissertat) im
4ten Hauptstück, auf der 287ten Seite, sondern
der berühmte Medicus zu Dantzig Israel Conrad auch erfahren
hat. |
|
Man lese seine Medicinisch- Philosophische Ausführung von der
Natur und Würckungen der Kälte, welche eine grosse Menge Versuche enthält, und
mit den Littern und auf Kosten des Klosters Oliva im Jahr 1677 in 12
herausgekommen ist, im 6ten Hauptstück auf der 101ten Seite. |
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Werden nun die Röhrgen
an einem Theil des Cörpers von einem Thiere
durch die Kälte zerrissen; und das Hertz treibet
doch das Geblüt durch die Arterien immer dahin;
so kan es nicht anders seyn, als daß daselbst eine
Geschwulst entstehet, und wenn man nicht bey
Zeiten Mittel brauchet, das ausgetretene Blut
verfaulet, und denn der Krebs auch den
unbeschädigten Theil angreiffet. |
|
|
|
|
Nachdem Marcellus
Malphigh und Nehemias Grew, in ihren
vortrefflichen Wercken, von der Zergliederung der
Pflantzen, nebst andern, welche ihrem Pfade
gefolget sind, deutlich gewiesen haben, daß auch
die Bäume und Pflantzen aus lauter Röhrgen
bestehen, durch welche der Nahrungs-Safft herum
laufft, wie Mariotte in der Probe aus der Natur-
Lehre von dem Wachsthum der Pflantzen auf der
63ten u.f. Seite, ingleichen Perrault in einem
besondern Versuch von dem Umlauffe des
Nahrungs-Saffts der Pflantzen, welcher dem
ersten Theil der von ihm herausgegebenen
Versuche aus der Natur-Lehre einverleibet ist, mit
verschiedenen Versuchen aufs deutlichste
dargethan haben: so ist leicht zu begreiffen, daß
auch auf die Bäume und Pflantzen gedeutet
werden könne, was von der Krafft der Kälte gegen
die Leiber der Thiere angebracht worden ist.
Daran man destoweniger zweiffeln kan, da die
Erfahrungen mit den Vergrösserungs-Gläsern, die
Erwegung (theoriam) bestätigen. |
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|
Übrigens, da diese
ausserordentliche Kälte des Winters niemand als
denen schaden können, welche die Strenge
davon empfunden haben: so ist auch kein Grund
vorhanden, warum die Krancken mit besondern
Zu- |
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{Sp. 938} |
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|
fällen hätten überfallen
werden, oder auch besondere Kranckheiten
hätten umgehen sollen.¶ |
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10) |
Grund der
ungewöhnlichen Witterung im Monath May; |
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Endlich, spricht Herr
Wolff, obgleich die Sonne im Monat May schon
höher herauf kam, und länger über dem Horizont
bliebe; so wurde doch ihre Würckung sehr
gehindert, und daher konnte die Dunst-Kugel
wenig warm werden. Da nun gegen die Mitte des
Monats in den nordlichen Gegenden, laut der
öffentlichen Zeitungen, Schnee und Eiß
aufgiengen, und der Nord-West-Wind die kalten
Dünste von daher häuffig triebe, welche in der
kalten Lufft gefroren, und zu Schnee wurden; so
muste nothwendig diejenige Witterung, welche
oben beschrieben ist, herauskommen. |
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Weil man aber eine
solche unbeständige Lufft ordentlich im Monat
April verspühret, nachdem schon im Mertz die
Lufft offt viele gelinder angetroffen wird; so können
wir nicht ungegründet muthmassen, daß dieselbe
immer mit dem Aufthauen in den mitternächtlichen
Gegenden verbunden, und die Ursache davon
den Nord-Winden zuzuschreiben sey. Ob sich nun
dieses also verhalte: werden die viele Jahre lang
künfftighin anzustellende Bemerckungen,
ausweisen. |
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Wolffs kleine Philosoph.
Schrifften ... |
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Von diesem Winter kan auch nachgelesen
werden |
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- Heinrichs von Landen,
Diss. de Frigore an.
1709 memorabili, Königsberg 1712;
- Johann
Wilhelm Bayers Diss. de frigore proximi mensis
Januarii insolito, Altorf 1709;
- und die Breßlauer
Sammlungen, Versuch XXXVI … an welchen
letztern Orte der Winter des 1709 Jahres also
beschrieben wird:
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„Vom 1. Jenner bis 25 Ej. grosse, und zwar
von 1 bis 11 ungemeine und ungewöhnliche Kälte:
Vom 26 ward es gelinde und fieng anthauen, ja
den 31 Jenner fiel mit Schnee zugleich Regen, da
zugleich den 10 und 11 und besonders den 14 zu
Nacht und folgenden Morgen den 15 bis 1 Uhr
starcker Schnee, auch einige andremahl was
weniges fiel. Vom 3 Febr. bis 8 ward es wieder
kalt, und fiel von 4 bis 7 also vier Tage lang, ein
ziemlicher Schnee. |
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Vom 9 Febr. aber an bis zum 16 kam völliges
Thauwetter, daß dadurch unser Oder-Strom und
andre Flüsse auf eine gantz unerhörte Weise
anschwal, beym Olauischen Thore von der rothen
Brücke her, die Felder herab, auf die Taschen-Pastey zu, einen Gang machte, und in den Stadt-
Graben einriß, den gantzen Anger
überschwemmete, und denn hinter dem Nicolaus-Thor wieder aus dem Stadt-Graben in die Oder
durchriß, nachdem zuvor bey gedachtem Nicolaus
Thore der Stadt-Graben überlieff, und die
Tuchscherer-Rähmen völlig unter Wasser setzte,
so den 22 Febr. geschahe. |
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Inzwischen fieng es wieder vom 17 Febr. bis
Ende starck an zu frieren, und nahm Frost und
Kälte dermassen zu, daß das ausgetretene
Gewässer überall dicke gefror, so, daß noch ein
paar Tagen, man fast überall zu Fusse über das
Eis, ja über die Oder kommen konnte; Und weil
zugleich wieder den 18. 19. 21. 22. 23. 24. 25. 26.
27 Febr. und den 10 Mertz ein grosser Schnee
fiel, so geschahe es, daß, als forthin nach
und |
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{Sp. 939|S. 483} |
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nach, und sonderlich vom 17 Mertz an das
Wetter wieder völlig aufgieng, die Wasser von
neuen auf eine unsägliche Weise, besonders in
Ostern, aufschwollen, so daß die Höhe derselben
jenem ersteren ziemlich beykam, ja viele wolten
nicht unwahrscheinlich behaupten, daß dißmahl
des Wassers mehr gewesen, als zuerst, nur daß
es sich jenesmahl wegen Stemmung des Eises
mehr exaltiret, als anietzo, da es eine freyere
Passage hatte. |
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Solchergestalt signalisirte sich dieser Winter
mit einer ungewöhnlichen Kälte, mit
ausserordentlichen vielen Schnee und mit
zweymahligen fast unerhörten grossen Gewässer,
auch so entsetzlichem Eiß-Gange, daß viele
Brücken beschädiget und abgerissen wurden; und
zwar kam diese Kälte mit Nord- und Nord-Ostlichen Winden. |
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Alle die oben allegirten Phänomena waren
auch zu der Zeit und noch hefftiger zu bemercken,
und man erfuhr, daß auch bey uns in Schlesien
hin und wieder Vieh und Menschen erfroren: Viel
Bäume, sonderlich eine unsägliche Menge Nuß-Bäume giengen zu Grunde, die Saat fror hin und
wieder gantz aus, sonderlich, wo der Schnee
abgewehet war; Daher mancher Landmann von
niedrigen Äckern die allda von ausgefallenem
jährigen Saamen aufgewachsenen Stauden
aushob, und auf sein erfroren Feld im Frühling
versetzte, oder solches ausbesserte. |
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Das Eis soll dazumahl über 5 Viertel dicke
gewesen seyn. Die eigentlichen Grade des
Therm. hat man damahls noch nicht notiret, weil
diß das erste Jahr gewesen, an welchen man, wie
wohl noch ohne Mensuren, die Witterung zu
observiren angefangen, und von da an bis anhero
beständig continuiret. |
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Doch ein jeder gestand, dergleichen
extraordinaire Kälte nie erlebt zu haben, so gar,
daß man selbige manchmahl in die Classe der
Spitzbergischen und Zemblanischen setzen wolte.
Sie betraf fast gantz Europam, und lieffen dahero
aus allen Ländern Nachricht von der exceßiven
Härte ein. Die aus vielen Ländern damahls von
solcher allgemeinen Kälte häuffig eingelauffenen
und von uns annotirten Testimonia kan der
gegenwärtige Platz unmöglich vertragen,
u.s.w. |
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Dieses setzen wir
[1] nur noch bey, daß, wie
dieser Winter bey uns zwiefach gewesen, oder
zweymahl herein gedrungen, und zweymahl
grosse Wasser-Fluten gebracht, als solches auch
in allen Reichen Europa, (nur Türckey
ausgenommen, woselbst man sich über die
grosse Kälte Europens höchlich verwundert,
indem man allda einen sehr gelinden Winter
gehabt,) auf gleiche Weise und meist zu gleicher
Zeit geschehen„ |
[1] |
HIS-Data: korrigiert aus: mir |
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Grosser Winter des 1716 Jahres: ¶ |
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Von demselben gaben oben angezogene
Breßlauer Sammlungen folgenden Bericht:¶ |
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„Der Winter dieses Jahres kam dem vom Jahr
1709 fast gleich, doch erwiese derselbe seine
Haupt-Wut im Jenner von Anfang bis zu Ende,
obschon dann und wann gelindes Wetter
intercurrirte. Die Kälte war den 1. 8. 9. 10. 13. 14.
15. 16. 17. 18. 19. 20. 25. 26. |
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{Sp. 940} |
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27. Jenner, und am 15. 16 war sie am
hefftigsten. Eine ziemliche Menge Schnee fiel den
2. 3. 6. 7. 12. 18 Jenner, und die Kälte kam mit
O.U. S.O. und N.O. Winden, so wie der Schnee
mit S. O. und N. W. Winden. |
|
|
Die Kälte war, wie gedacht, der erstern
ziemlich gleich, jedoch um wenige Grade geringer:
Die Erde war über 2 bis 3 Ellen tief eingefroren,
das Oder-Eis auf 6 Viertel dicke: Hin und wieder
erfroren die Geleite in der Stadt ja der Frost drang
bis in die eingeheitzten Stuben ein. Wenn man
bey hellem Wetter gegen die Sonne sahe, so war
die Lufft voller Cuspidum micantium, wie
Nadelspitzen: Man hat Irides solares, s. halones, auch manchmahl Donner und Wetterleuchten
observiret: Hin und wieder sind Leute erfroren;
Wenn man ein wenig auf die Gasse gieng, so sind
alsbald die Bart- und Haupthaare voller Reiff und
Eis worden. |
|
|
Es war die Kälte auch sehr langwierig,
nemlich von 9 Decemb. bis 30 Jenner, also bey
nahe 8 Wochen lang, ohne jähe und merckliche
Abwechselungen, und ob es gleich bisweilen
etwas gelinder darzwischen wurde, so kam es
doch zu keinem Thauwetter, bis auf den 31
Jenner. Doch war diese Kälte mehr trocken, und
so gar Schneereich nicht, als im Jahr 1709. |
|
|
Was anderwärts von diese Kälte observiret
und überschrieben worden, solches können wir
wegen Enge des Platzes nicht beybringen. Nur so
viel melden wir, daß selbe ebenfalls gantz
Europam, selbst Spanien, Sicilien, Neapolis und
andre sonst warme Länder auf eine
ungewöhnliche Weise betroffen. |
|
|
Nun wolten viele diesen Winter für härter halten,
als den 1709, welches aber die Thermometrische
Observation nicht vollkömmlich bezeugte, als die
vom Jahr 1709 die Kälte um ein paar Grad höher
als im Jahr 1716. Weil man, wie gedacht, wiese,
diese Mensuration im Jahr 1709 noch nicht
exerciret, und 1716 nur ein gemeines
Thermometrum in Gebrauch gezogen, folglich
keine Vergleichung aus eigener Observation
machen können; so allegiren wir bloß die, so aus
Hamburg von Herr Mentzern, einem gelehrten
Mathematico allda, nach einem 5 Fuß langen, in
90 Grad korrekt eingetheilten und sehr sensiblen
Therm. in folgendem communiciret wurde: |
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[Tabelle] |
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{Sp. 941|S. 484} |
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[Tabelle, Forts.] |
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Solchergestalt verhalten sich diese 2 Winter
dermassen gegen einander, daß der im Jahr 1709
an Graden der Kälte am höchsten kommen, die
grösten Schnee-Lasten, und eine doppelte
Wiederkehr gehabt. Der im Jahr 1716 aber ein
paar Grad niedriger, doch an hohen Graden
länger continuirend und trockener gewesen. |
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|
In dem Coburgischen Zeitungs-Extracte des
Jahres 1716 … wird von solchem Winter
nachstehendes berichtet: |
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Über die grimmige und gar zeitig
angegangene Kälte des Winters des 1716 Jahres
sind verschiedene Anmerckungen gemacht, und
daß wohl bey Menschen-Gedencken auf einmahl
so viel Schnee auf dem Erdboden nicht gesehen
worden, wovon die warme Länder in Europa auch
nicht befreyet gewesen; Wannenhero denn die
nechst der Wildnis gele- |
|
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{Sp. 942} |
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gene Flecken und Dörfer von denen Wölffen
und andern grimmigen Thieren, (insonderheit in
Roußilion, Languedoc, Auvergne, Dauphine,
Bourgogne und Champagne) sehr
beängstiget
worden sind, und eine grosse Menge erfrorner
Leute von diesem ausgehungerten Wilde
gefressen worden. |
|
|
Die ansehnlichsten Flüsse von Europa sind
wider alle Gewohnheit zugefrohren, wobey einiger
Orten das Eiß 4 bis 5 Fuß dick gewesen, so, daß
viele in den Gedancken gestanden, die Kälte sey
diesen Winter noch grimmiger, als im Jahr 1709
gewesen, wobey sie den 24 Jenner am höchsten
gestiegen; Wenn aber denen zu trauen, welche
nach den accuratesten Wetter-Gläsern die
Observationes gemacht, so soll sich befunden
haben, daß in gedachtem Jahr die Kälte den 13
Jenner bis 86 und 1 halben Grad erhöhet, in dem
1716ten Jahre aber nur bis 83 und 1 halben
gekommen, folglich nach solchem Calculo 3Grad
gelinder gewesen. Insbesondere hat in unterschiedenen Gegenden von Dauphine und
Savoyen auf dem platten Lande der Schnee 20 Fuß hoch gelegen. Über das Eiß hat
man von Brille bis Maaslandsluyß die Maaß paßirt, so bey Menschen Gedencken
nicht geschehen. |
|
|
In Ludwigs
Universal-Historie … wird weiter berichtet, daß
durch den hernach geschmoltzenen Schnee, und
erfolgte Ergiessung der Flüsse, hie und da, auch
namentlich im Mayländischen, zu Cölln, und zu
Düsseldorf, und abermahls insonderheit in
Franckreich entsetzlicher
Schade geschehen
sey.¶ |
|
|
Grosser Winter des 1726 Jahres.¶ |
|
|
Die mehrgedachten Breßlauer Sammlungen melden von dem Winter des 1726 Jahres
dieses: |
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|
„Und was den gegenwärtigen Winter von 1726
betrifft; so haben wir befunden, daß, wenn wir das
im Jahr 1716 gebrauchte Thermom. commune et
Florentinum gegen einander vergleichen, selbiger
dem Winter im Jahr 1716 ziemlich gleich, wie wohl
doch noch etwas gelinder gewesen; daß also der
im Jahr 1709 noch vor allen den Preis behält. |
|
|
Womit auch anderer ihre Observationes
übereinstimmen, als zum Exempel des Herrn D.
Alischers in Jauer: Wir haben heuer nicht nur
genugsamen Schnee, sondern auch eine harte
und continuirende Kälte gehabt, dergleichen wir
vom Jahr 1709 bis hieher kaum gehabt; Ja es
haben sich einige eingebildet, daß diese Kälte
jene im Jahr 1709 noch wohl übertroffen:
Worinnen sie aber gar sehr gefehlet, sintemahl
damahls mein Florentinisches Thermom. superius
hermetice sigillatum bis auf 55 Grad gesuncken,
ein anders gemeines aber sehr langes und
unversiegeltes bis auf 63 Grad gestiegen; Da
doch das erstere heuer bey der strengesten Kälte
nur bisß auf 48 Grad, das andere aber bis auf 52
Grade kommen, da sie doch NB. seit 1709 immer
unverändert auf einer Stelle gehangen. |
|
|
Ingleichen des Herrn Hermanns in Massel,
der damahls schrieb: Von dem extraordinair
langwierigen und harten Winter haben viele
gemeynet, daß er dem im Jahr 1709 gleich
gewesen, ja die Kälte wäre in den Wetter-Gläsern
noch etliche Gradus höher kommen:
Welchen |
|
|
{Sp. 943|S. 485} |
|
|
ich aber nicht assentiren kan. Denn nach
meiner wenigen Observation ist wohl dieser
Winter rechtschaffen kalt und anhaltende
gewesen, dem es weder an Härte der Kälte, noch
an Vielheit des Schnees gemangelt; doch ist er
nicht so extrem kalt gewesen, als der im Jahr
1709. Denn damahls gefroren meist alle Brunnen
aus, viele Dörfer musten in die grossen Teiche
fahren, und sich zu ihrer Nothdurfft Wasser holen,
die kleineren Teiche gefroren zusammt den
Fischen gar ein: Das Geflügel im Walde und in der
Lufft fiel todt herab, und die Kälte war so grimmig,
daß Menschen kaum Athem holen, und nicht
lange in der Lufft bleiben konnten. |
|
|
Dergleichen Umstände sind doch dismahl
nicht paßiret, ungeachtet die strengeste Kälte 2
bis 3 Wochen angehalten. Es gebe mir auch die
meisten Observatores Beyfall, indem sie sagen,
daß noch ein paar Grad in den Wetter-Gläsern
gefehlet. |
|
|
Rath Rost in Nürnberg schrieb: Die Kälte
dieses Winters ward von einem schneidenden
starck streichenden Nordostl. Winde so
verschärffet, daß sie den 24 früh nach meinem
wohl conditionirten Thermometro bis zu 69 und
70. lin. unter dem Temperamento gekommen, und
also noch 10 und 11 Lin. in Vergleichung mit der
grossen Kälte im Jahr 1709 weniger geblieben;
von dar an sie täglich abnahm, und gelindem
Thau-Wetter Platz ließ. |
|
|
Und von Mayn-Strom hieß es den 19
Jenner. Bey dem sehr häuffig gefallenen Schnee,
dergleichen über 30 Jahren niemand gedencket,
continuiret strenge Kälte; und wollen einige
behaupten, daß dieselbige nur 3 Grad geringer
sey, als die im Jahr 1709. |
|
|
Mehrere Testimonia von der Beschaffenheit der
damahligen Winter-Härte, hat man in obbesagten Breßlauischen Sammlungen,
im XXXV Versuch, … allegiret, und zugleich die
Verursachung derselben hauptsächlich denen
Nordostl. und südostl. Winden beygemessen. Wie
denn überhaupt von allen diesen 3 harten Wintern
zu behalten, daß selbige ihre hauptsächlichste
Entstehung von dergleichen Wind-Strichen, und
dem hierbey gefallenen vielen Schnee schuldig
gewesen, wodurch die Hereinbrechung einer
wärmeren Lufft intercipiret, und von den dicken
Schnee-Wolcken der Einfluß der Sonne
gehemmet, von dem vielen Schnee aber die Lufft
noch mehr erkältet worden, womit denn also
sowohl privative von zurück gebliebener Wärme,
als positive von kaltem Winde, von Schnee und
Eiß eine so grosse Kälte entstehen müssen. |
Breßlauische Samml. cit.
loc. ¶ |
|
Grosser Winter des 1729 Jahres.¶ |
|
|
Von dem im Jahr 1729 gewesenen
ausserordentlichen Winter, findet man in den
Fränckischen Actis Erudit. et Curios. Samml. 17
… von Herrn Johann Sebastian Stedtlern, Professorn der Mathematick bey der Ritter-Academie zu Christian-Erlang, folgende zufällige
Gedancken: |
|
|
„Der grimmigkalte Winter, setzet er, am Ende
des 1728 und im Anfang des 1729sten Jahres, hat
mich auf unterschiedliche besondere Gedancken
gebracht: |
|
|
{Sp. 944} |
|
|
Und zwar gedencke ich kürtzlich vor allen
Dingen, daß dieser gar harte Winter in den
nördlichen Ländern Europa recht allgemein
gewesen sey: Wie er denn im gantzen Röm.
Reiche und in der Kayserl. Residentz Wien, ferner
in den nördlichen Provintzien Franckreichs, in
Engelland sonderlich, in Schweden, Dännemarck,
in Moscau, Pohlen, Ungarn, Flandern, Holland
und der Schweitz ohngemein hart angehalten hat;
so gar, daß hie und da viele Personen elendiglich
erfroren sind. |
|
|
Hier nächst habe ich zum melden, daß ich allhier zu Christian-Erlang habe aufgraben lassen,
um zu erfahren, wie weit der Erdboden hinein
gefroren sey? da ich denn über 15 Zolle des
Gefröstes an zweyen von einander
unterschiedenen Orten gefunden. Diß ist nun
geschehen nicht nur zwischen den Häusern, da
die kalte Lufft nicht recht hinstreichen können,
sondern auch in dem Sand: Wie weit wird nun das
Gefröste an andern Orten die der kalten Lufft
mehr ausgesetzet sind, und wo ein anders
Erdreich ist, hineingegangen seyn? |
|
|
Ein guter Freund alhier hat die Gradus der
Kälte auf einem gemeinen Thermometro
observiret; allein der rectificirte Spiritus vini ist ihm
gar in sein receptaculum, in seine Sphaerulam
oder pilam, wie sie der alte Herr Professor Sturm
in dem ersten Theile seiner Physicae
Hypotheticae nennet, hinunter gefallen, daß er
nicht mehr hat observiren können. Und in
Wahrheit, der 16de dann der 17de, eben so 18de
und 19de Jenner sind gewaltig kalte Tage
gewesen; doch hat mich beduncket, der 20ste
Jenner habe sie an Kälte alle übertroffen. |
|
|
Als ich am 21 nach der Wetter-Fahne sahe,
hatte sie sich gewendet, daß der Wind die
mehreste Zeit von West kam; da ich denn gleich
sagte, es würde anderes Wetter einfallen; Wie
denn auch erfolget: Angesehen es am Mittwoch
den 26sten dieses darauf und die folgenden Tage
ungemein thauete, so, daß zu Ende des Jenner
lediglich kein Eyß und Schnee zu sehen war.
Daher auch des gemeldeten guten Freundes
Spiritus Vini rectificatus aus seiner pila schon
wieder 37 gradus hinauf gestiegen war. |
|
|
Ich meines wenigen Ortes halte die Kälte
dieses Winters fast vor grösser, als die Kälte des
Winters zu Anfange des 1709ten Jahres: Anbey
halte ich sie vor etwas seltenes. Wenigstens hatte
ich mich ihrer nicht vermuthet. Denn ich hatte mir
aus gewisser Erfahrung fast zur Regel gemachet,
daß wie der Sommer ist, also auch der Winter zu
erfolgen pflege. Z.E. |
|
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Im Jahr 1719 ist der Sommer gar heiß
gewesen, daß es auch in drey Monathen nicht
recht geregnet hat: Da nun einige sich eines gar
kalten Winters versahen; ist doch nichts weniger,
als rechte Kälte erfolget, sondern ist gantz gelinde
gewesen. |
|
|
Im Jahr 1724 äusserte sich wieder ein gar
heisser Sommer, und dem folgte ein sehr gelinder
Winter, darinnen es nicht wohl 2 oder 3 Finger tief
Schnee hatte. |
|
|
Im Jahr 1725 hatten wir einen nassen, gar
regnerischen Sommer und den Winter darauf
entsetzlich viel Schnee-Gestöber: so, daß der
Schnee an vielen Orten des Fränckischen
Gebürges eines Tisches tieff gelegen. |
|
|
Im Jahr 1726 war aber- |
|
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{Sp. 945|S. 486} |
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|
mahls gar ein heißer Sommer, in welchem
auch gar wenig Regen gefallen ist; da war nun der
darauf folgende Winter sehr gelinde und nur
etliche Tage des Jenners, ein wenig kalt. Also
vermuthete ich diesen strengen Winter nicht;
sondern ich sehe die grosse Kälte als etwas sich
nicht gar zu offt zutragendes an. |
|
|
Ich halte auch das vor etwas gantz gewisses
und zuverlässiges, was mir ohnlängst erzehlet
worden, daß nemlich Herr Müller, Professor der
Mathesie und Physic zu Altdorf observiret, daß es
diesen heurigen Winter um 3 Grad sey kälter
gewesen, als im Winter 1709. Wie ist denn nun?
Man wird nach der causa physica dieser Kälte
fragen, woher sie gekommen? Die Antwort ist: Ich
glaube nicht, daß der Nordwind allein, (denn die
Fahne stund fast immer von Norden) diese Kälte
verursachet habe; sondern ich halte davor, daß
verschiedene kalte Winde in verschiedenen
Regionen der Lufft zusammen gekommen seyn;
als z.E. daß in einer höhern Region der Lufft auch
ein Ost-Wind, (der um diese Zeit auch nur vor sich
allein sehr kalt zu seyn pfleget) dazu gekommen
sey, wie im Jahr 1709 geschehen: wovon ich unter
meinen Scripturen diese Remarque finde: |
|
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Ich hatte zu Anfange obiger Kälte einst
observiret, daß die Fahne von N. N. W. stund,
doch gleichwohl im blauen Himmel weisse
Wolcken geschwind von Ost hergezogen. Und wer
weiß, ob nicht die exceßive Hitze in dem Sommer
des 1719den, denn 1724sten und 1726sten Jahre
daher gekommen, daß neben denen Winden in
der untern Region vielleicht recht heisse Süd-Winde in der höhern Region geblasen haben, und
im Jahr 1725 ein continuirlicher West-Wind?„ |
Ein mehrers von diesem im Jahr 1729
gewesenen Winter findet man in Johann Heinrich
Müllers, Professors der Mathematick zu Altorf
gehaltenen
Disputation:
de hyemis nuperae
praeter ordinem saevientis et asperae causis,
Altorf
[1] 1739, deren Recension man in den Fränckischen Actis Erudit. et Curios.
XIX Sammlung … findet.¶ |
[1] |
HIS-Data: korrigiert aus: Altrof |
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Grosser Winter des 1740 Jahres.¶ |
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Was nun endlich den Winter im Jahr 1740
anbelanget, so findet man davon nicht nur in den
Regenspurger-Zeitungen im Nachtrage des
Mertzes 1740 die Nachrichten davon beysammen;
sondern es hat auch Herr
D.
Joh. Christian Kundmann, in
seinen
Wercke so unter dem
Titel:
„Die
Heimsuchungen Gottes im Zorn und Gnade über
das Hertzogthum Schlesien in Müntzen, zu
Liegnitz 1742
in 4. herausgekommen„ und zwar im
letzten
Artickel des ersten Abschnittes …, von
diesem ausserordentlichen kalten Winter
insbesondere gehandelt, dahin man den Leser
verweisen will. |
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Indessen hat zur immerwährenden
Erinnerung dieses ausserordentlichen harten und
langen Winters der
berühmte Medailleur
Kittel in
Breßlau eine Gedächtniß-Müntze von Silber
verfertiget, die um 18 Silbergroschen zu haben
ist. Auf der einen Seite wird in einer
Landschafft
der Winter durch dürre und erfrorne Bäume ohne
Blätter, durch |
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{Sp. 946} |
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einen Schlitten, und durch den aus den
Wolcken stürmenden Nordwind, auf der andern
aber ein Ackersmann vorgestellt, der wegen der
strengen und lange anhaltenden Kälte betrübt,
und noch müßig bey seinem Pfluge sitzet, und
sein Grabscheid neben sich geworffen hat, mit
einem erfornem Baum neben ihm. Auf der ersten
Seite stehet: |
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Weil Lieb und Andacht sich in Kält und Eiß
verkehret, |
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Und auf der andern: |
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Hat hart und langer Frost das arme Land
beschweret. |
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Im Abschnitte auf beyden Seiten findet sich
noch die
Zeit, wie lange dieser Winter angehalten
hat, nemlich vom
October 1739 bis im
May-Monath 1740. |
Gelehrte Neuigk. Schlesiens
1740. …¶ |
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