|
Text |
Quellenangaben |
|
Die bey der kalten Winter-Lufft dienliche
Lebens-Art. |
|
|
Gleichwie aber ein
Mensch durch eine
wohleingerichtete
Lebens-Art es dahin bringen
kan, daß sein
Cörper den heissesten
Sommer
ohne Schaden und Nachtheil seiner Gesundheit
zu überstehen vermag; also gehet solches auch
im Winter bey der Kälte an, mithin ist noch übrig,
anzuzeigen, was man eigentlich für eine Diät bey
kalter Witterung zu Abwendung der daher zu
befürchtenden schädlichen
Würckungen führen
müsse; welches wir durch einige
Regeln, so aus
der bisherigen Abhandlung von selbst fliessen,
angeben
wollen. |
|
|
Zuförderst, da bey der Kälte der Magen mehr
Kräffte hat, und besser verdauet, hiernächst auch
die
Verrichtung der Gefässe und innerlichen
Theile, durch welche der aus den Speisen
verfertigte Milchsafft in gutes Blut und Nahrungs-Säffte
muß verwandelt werden, stärcker und
lebhaffter geschicht; so folget, daß man alsdenn
nicht allein stärckere Mahlzeiten
thun, sondern
auch gröbere und härtere Speisen geniessen
könne, und man hält es daher für eine Diäts-Regel, daß, wenn man recht nach der Gesundheit
leben wolle, man des Sommers leicht verdauliche
und weiche, des Winters aber härtere Speisen
essen müsse. |
|
|
Denn sie werden eher und besser verdauet,
und ob sie gleich einen gröbern Milchsafft geben,
so wird doch derselbe durch die verstärckte
Arbeit
der Gefässe |
|
|
{Sp. 921|S. 474} |
|
|
besser bearbeitet, und also doch in gute
Nahrungs-Säffte verwandelt: zu geschweigen, daß
natürlicher Weise, wenn man bey Kräfften bleiben
will, die Säffte eigentlich um so viel gröber und
dichter seyn müssen, je stärcker die Arbeit der
festen Theile ist, damit sie derselben desto länger
widerstehen, und sich nicht so geschwinde
zerreiben, und in
Wasser verwandeln lassen,
welches auch von dem Magen zu
verstehen, als
welcher um so viel gröbere und schwerere
Speisen erfordert, je stärcker und lebhafter
dessen Würckung ist. |
|
|
Wenn daher ein Mensch, der von Jugend auf
einer harten Kost
gewohnet ist, in eine Küche
kommt, da er nichts als weiche und zärtliche
Speisen zu Essen bekommt, so bricht er alles
wieder weg, und wird mager: weil die leichte
Speise der starcken Würckung seines Magens
nicht hinlänglichen Widerstand thut; und wenn ein
Bauer oder anderer gemeiner Mann, der in
schwerer Arbeit stehet, nichts als dünne Suppen,
Hüner- und Kalbfleisch geniessen
solte; so würde
er nicht allein keine Sättigung fühlen, sondern
auch an seinen Kräfften mercklich
abnehmen. |
|
|
Umso viel mehr ist demjenigen bey kaltem
Wetter harte Kost
nöthig, der starcke
Bewegung
und schwere Arbeiten dabey
verrichten muß.
Deswegen Haller in seinen
Praelectionibus
Boerhavianis … unter dem
Worte
Voracitas mit
gutem
Grunde
saget: [fünf Zeilen lateinischer
Text]. Das ist: Wenn man einem Menschen, der
sich in der Kälte müde gearbeitet, leichte flüßige
Speisen, und flüchtige geistige Geträncke reicht,
so wird er, an statt sich daran zu erquicken,
vielmehr ohnmächtig darnach werden; wenn er
aber bey solchen
Umständen gesund und bey
Kräften bleiben soll, so muß man ihn mit groben
Hausbacken-Brodte, Speck und geräucherten
Fleisch füttern. |
|
|
Die Natur, und die von den ältesten Zeiten
hergebrachten Gewohnheiten bekräfftigen unsern
Satz. In den kalten
Ländern unsers
Europens
genüsset man gemeiniglich die härtesten Speisen,
geräuchertes und gepöckeltes Fleisch, nebst den
unverdaulichsten Seefischen; ja in eben
denenselben brauet man die dicksten, fettesten
und schweresten Biere: welches alles die
Einwohner dasiger Länder mit der dauerhaftesten
Gesundheit ertragen. |
|
|
Man mache einmahl dergleichen in einem
heissen Lande nach! Man nehme einen gemeinen
Arbeits-Mann in Franckreich, und lasse ihn
daselbst die Kost und das Bier genüssen, welches
ein Schwede, der gleiche Verrichtung mit ihm hat,
zu genüssen pfleget: Ach! wie wird es dem armen
Frantzosen ergehen? |
|
|
Wenn man einwendet, es läge die
Ursache
hiervon nicht so wohl an dem Lande, als an der
von Kindesbeinen an erlangten Gewohnheit; so
wollen wir zwar solches nicht gäntzlich in
Zweifel
ziehen, daß aber das Land doch etwas dazu
beytrage, kan man unter andern dadurch
erweißlich machen: weil die
Erfahrung lehret, daß
Leute, die in dem Lande, darinnen sie
gebohren
und erzogen, keine grobe Kost oder schwere
Biere ohne merckliche Beschwerden genüssen
können, bey
Veränderung des Landes, da sie in
ein kälteres und rauheres gelan- |
|
|
{Sp. 922} |
|
|
gen, von dem Genuß solcher Nahrung nicht
den geringsten Ungemach empfinden, sie müsten
denn gar zu starck von einem Extremo zum
andern kommen. Wer in Deutschland keinen
Branntewein hat trincken können, der wird
denselben in
Holland mit grossen
Nutzen
genüssen; und wenn Deutschland einen guten
Teller voll Sauerkraut ohne eintziges Ungemach
hat verzehren können, der wird gewiß in Paris
mehr Beschwerde davon empfinden. |
|
|
Inmittelst ist unsere
Meynung nicht, daß man
des Winters nichts als harte Speisen essen
müsse; so wenig, als man des Sommers blosse
Suppen und weiche Speisen zu genüssen
anrathen kan. Wer einen guten gesunden Magen
hat, und dem es an der
Leibes-Bewegung nicht
fehlet; der kan so wohl im Winter als Sommer
hartes und weiches, und was ihm sonst beliebet,
essen. Wer seine Lebens-Zeit in saurer und
schwerer Arbeit zubringen muß; der wird bey
mehrern Kräfften bleiben, wenn er mehr harte als
weiche Kost genüsset. |
|
|
Wer aber bey einer sittsamen Lebens-Art eine
schwächliche und hypochondrische Gesundheit
besitzet, und anbey, wie gewöhnlich, einen
zärtlichen und verwöhnten Magen hat, dergestalt,
daß, wenn er einmahl ein Bißgen Erbsen,
Schincken oder Pöckelfleisch isset, tausend
Beschwerden darnach empfindet; der muß sich
nothwendig darnach achten, und für einen solchen
dienet insonderheit die Diäts-Regel, daß er es im
Winter bey der Kälte noch eher wagen kan, etwas
hartes zu essen, zumahl, wenn er es darbey nicht
gantz und gar verschworen, seinen Cörper zu
bewegen. |
|
|
Weil ferner die Kälte ihre
schädlichen
Würckungen hauptsächlich dadurch äussert, daß
sie an den äusserlichen Theilen des Cörpers eine
Zusammenziehung erreget, die Ausdünstung
zurücke hält, und das Geblüt häuffiger zu den
innerlichen Theilen treibet; alle diese Würckungen
aber durch die verstärckte Arbeit der festen Theile
gewisser massen abgewendet werden; so folget
von selbst, daß man alles dasjenige, was
angezeigte Würckungen vermehren kan, so viel
möglich, vermeiden, und im Gegentheil sich
dessen befleißigen müsse, was die Arbeit der
festen Theile zu befördern und zu unterhalten
vermag. In dieser Absicht sind folgende Diäts-
Regeln zu mercken: |
|
|
1) |
Man muß den Cörper im
Winter mit hinlänglicher und der Kälte
proportionirter Kleidung bedecken. |
|
|
|
|
So überflüßig diese Regel
manchem vorkommen
mag; sooft wird doch
wieder dieselbe auf verschiedene Art gesündiget.
Der junge
Herr beobachtet sie so wenig, als das
Frauenzimmer, welches galant seyn will. Sie
gehen im Winter so dünne, als im Sommer, um
den
Staat nicht zu verletzen: und frieren lieber,
daß sie schwartz werden möchten, ehe sie die
seidenen Strümpffe weglassen, oder der junge
Herr den Rock zuknöpffen solte. |
|
|
|
|
Wenn einem Frauenzimmer, die über allerhand Beschwerden
klaget, so sie sich doch durch muthwillige Erkältung zuziehet, wohlmeynend
gerathen wird, sie möchte doch wenigstens bey der Kälte ihre Brust und Hals mit
einem dichten Halstuche bedecken, und sich einen Unter-Rock zulegen, der nicht
mit blossen Wein-Eßig gefüttert ist; so wird man gar bald zur Antwort bekommen,
man wäre ja noch keine
alte
Frau, ob man sich |
|
|
|
{Sp. 923|S. 475} |
|
|
|
denn vor der
Zeit alt
machen solte? Man bleibet also lieber jung, als
gesund; und schilt nachhero auf den
Artzt, wenn
er nicht durch seine Artzney-Mittel dasjenige
hindert, was vermöge der närrischen Eitelkeit
unvermeidlich ist. |
|
|
|
|
Andere sündigen wider
angeführte Regel im Excesse, indem sie sich zu
übermäßig warm ankleiden; und was sich
dieselben dadurch für
Schaden wird aus
bisheriger Abhandlung hin und wieder erhellen:
Noch andere, ja selbst einige Ärtzte, behaupten
als einen
gewissen Grundsatz, es wäre am
gesündesten, wenn man sich angewöhnte, des
Winters und Sommers, bey der Hitze und Kälte,
einerley Kleidung zu tragen: denn hierdurch würde
man sich am allersichersten vor einer
schädlichen
Erkältung können; Allein, wir
schämen uns
billig,
daß wir uns mit Widerlegung eines solchen Satzes
aufhalten sollen, weil dessen Ungrund sogar
handgreiflich ist. |
|
|
|
|
Den meisten Schaden
pfleget man sich mit der Kleidung im
Früh-Jahre
zu thun wenn man die Sommer-Kleider zu früh
anleget; und im
Herbste, wenn man dieselben zu
lange träget. Darum saget Hofmann in seiner
Medicin. systematic. … ausdrücklich: Pessime
sanitati confulunt, qui sub ipso veris initio statim
vestes hybernas deponunt, et levi saltem incedunt
amictu, qualis tempore aestivo in usu est. |
|
|
|
2) |
Man muß bey gar zu
strenger Winter-Kälte die äusserliche
Lufft, so viel
möglich, vermeiden. |
|
|
|
|
Arbeitsamen, und sonst
vollkommen gesunden und starcken
Personen
gehet diese Regel gar nichts an; sie können sich
ohne Bedencken in die strengste Kälte begeben,
wenn sie sich nur nicht gar zu lange darinne
aufhalten, und dabey mit Kleidung gnungsam
bewahren. Allein es giebt Leute in grosser Anzahl,
welche diese Regel aufs genaueste beachten
müssen, wenn sie nicht Gefahr lauffen wollen,
kranck zu werden. Hierzu gehören |
|
|
|
|
a) |
überhaupt alle zwar sonst gesunde, anbey aber
schwächliche, zärtliche, empfindliche, der Kälte nicht gewohnte, und
sich mehrentheils in sehr warmen Stuben ohne sonderliche Bewegung
aufhaltende Personen, als bey welchen die Arbeit der festen Theile, und
der Unterlauf der Säffte viel zu schwach ist, den Würckungen einer sehr
strengen Winter-Kälte hinlänglich zu widerstehen. |
|
|
|
|
|
|
Wenn solchergestalt ein zartes Frauenzimmer,
welches den
gantzen
Winter durch nicht aus der warmen Stube gekommen, sich doch einmahl des
Sonntags bey etwas starcker Kälte in die Kirche waget, daselbst durch
und durch frieret, und bey ihrer Rückkunft den Schnupffen und Husten
davon träget; sich aber dabey wundert, warum ihm dergleichen
wiederfahre, da es nur ein eintziges mahl aus der Wärme in die Kälte
gekommen, da doch viele hundert andere Menschen, die bey der grösten
Kälte, bald in der freyen Lufft, bald in der warmen Stube sich befinden,
nichts von solchen Beschwerden
wissen;
so wird man ihm aus bisheriger Abhandlung gar leicht Bescheid geben
können.€ |
|
|
|
|
|
b) |
Ins besondere zarte, zumahl noch säugende
Kinder,
und sehr alte Leute: weil bey beyden die Arbeit der festen Theile und
der Umlauff der Säffte zu schwach geschicht; daher hat man sich nicht zu
verwundern, wenn von einer eintzigen Erkältung erstere den hefftigsten
flüßigen Zu- |
|
|
|
|
{Sp. 924} |
|
|
|
|
fällen, Fluß-Fieber, ja sogar epileptischen
Beschwerden, letztere aber mit Steck- und Schlag-Flüssen befallen
werden. |
|
|
|
|
|
c) |
Leute, die von schwehren Kranckheiten zwar
völlig
genesen, und nicht zu vollkommenen Kräfften gekommen sind: Denn, ob es
gleich denenselben sehr wohl bekannt, und sie recht erqvicket, wenn sie
nach einem langwierigen Aufenthalte in versperreten Stuben und warmen
Betten, einmahl frische Lufft geniessen können; so haben sie sich doch
gewiß einer Verschlimmerung zu getrösten, wenn die Lufft sehr kalt ist,
und lehret daher die Erfahrung, daß die Recidive der meisten
Kranckheiten auf solche Art hervorgebracht werden. |
|
|
|
|
|
d) |
Frauens-Personen, die mit ihrer Monats-Zeit
behafftet sind, als von welcher bekannt ist, daß sie durch eine strenge
Kälte plötzlich gestopfet, und hierdurch die schlimmsten Kranckheiten
verursachet werden können; wie wohl solches ebenfalls nur bey zärtlichen
und schwächlichen Frauenzimmer zu befahren; denn
Arbeitsamen und
Starcken schadet auch bey diesen Umständen die Kälte nicht. |
|
|
|
|
|
|
Von Kindbetterinnen, welche zumahl annoch die
Geburts-Reinigung haben, verstehet es sich um so viel mehr, daß sie die
äusserliche kalte Lufft vermeiden müssen; doch findet man auch hierinne
bey harten und stählernen Naturen bisweilen einige Ausnahme. |
|
|
|
|
|
e) |
Diejenigen, so zu denen Kranckheiten geneigt
sind, welche durch Erkältung oberwehnter massen erreget und
verschlimmert werden können, um so viel mehr, wenn sie dergleichen
Kranckheit
würcklich
an sich haben. |
|
|
|
|
|
f) |
Endlich ist es so nothwendig, als es bekannt ist,
daß diejenigen, so bey strenger Kälte zur Ader gelassen, zu laxiren
eingenommen, geschwitzet, oder sonst andere etwas angreiffende
Artzney-Mittel gebrauchet, sich wenigstens, wo nicht etliche
Tage,
doch den, da sie mediciniret, vor der äusserlichen Lufft hüten, und in
der warmen Stube bleiben. |
|
|
|
|
|
|
Denn, was zuförderst das Aderlassen betrifft; so
wird durch dasselbe die Ausdünstung gewisser massen vermindert und
geschwächet; die Kälte aber treibet die Ausdünstung auch zurück, und
folglich muß sie in diesem Stücke um so viel
schädlicher seyn, wo
bereits eine verminderte Ausdünstung zugegen; daher man bemercket, daß
man nach der Aderlaß durch Erkältung gar leicht ein Fluß-Fieber davon
träget. |
|
|
|
|
|
|
Nach genommenen Laxansen, zumahl wenn sie etwas
starck sind, geschicht der stärckste Zufluß der Feuchtigkeiten zu den
Gedärme; wenn nun dabey die Peripherie des Cörpers zusammen gezogen, und
die Ausdünstung gehemmet wird, wie die Kälte thut; so muß der Zufluß zu
den Gedärmen nothwendig verstärcket werden, und daraus entstehen
entweder Colicken, oder übermäßige Durchfälle. |
|
|
|
|
|
|
Hat man geschwitzet; so sind die Schweiß-Löcher
sehr erweitert, und die Gefässe der äusserlichen Haut übermäßig von
Säfften angefüllet und aufgetrieben; wie so viel schädlicher aber die
Erkältung dabey sey, haben wir bereits oben angezeiget, dannenhero
solches keiner Wiederholung bedarf. |
|
|
|
|
|
|
Wenn es demnach nicht die
Nothwendigkeit
erfordert, thut man besser, daß man bey sehr strenger Kälte weder
Aderlasse, noch auf andere Art medicinire. Inmittelst muß man auch
hierinne nicht zu weit gehen: denn wenn es nöthig ist, zu mediciniren,
kan man es auch |
|
|
|
|
{Sp. 925|S. 476} |
|
|
|
|
bey der grösten Kälte sicher thun, auf welche Art
es wolle, wenn man sich alsdenn nur vor Erkältung in Acht nimmt. |
|
|
|
|
|
|
Wie mancher hat sich nicht durch dergleichen
Vorurtheile versäumet, in schwere Kranckheiten gestürtzet, ja würcklich
ums Leben gebracht? und man siehet hieraus, wie nöthig es öffters sey,
die allergemeinsten und fast allen Menschen bekannten Diäts-Regeln genau
und hinlänglich zu erklären, zumahl bey Leuten, die auf eine
hypochondrische Art Tag und
Nacht auf
die Erhaltung ihrer Gesundheit
studiren,
und sich öffters durch unnütze Kleinigkeiten den grösten
Schaden
zufügen. |
|
|
|
|
3) |
Bey kalter Witterung muß man sich
hinlängliche Bewegung machen. |
|
|
|
|
Da die Bewegung des Leibes zur Erhaltung der
Gesundheit ein so unentbehrliches
Mittel
ist, daß sie zu keiner Zeit füglich ausgesetzet werden mag; und so gar
gewisser massen bey heißem Wetter nöthig ist; also ist sie gewiß um so
viel nothwendiger bey der Kälte, und zwar in doppelten Umständen. Denn |
|
|
|
|
1) |
so wie es bey grosser Hitze zur Gesundheit
gereichet, daß man sich ruhig halte, um das übermäßige Schwitzen zu
vermeiden; so wird es im Gegentheil platterdings erfordert, daß, wenn
man sich in einer äusserlichen kalten Lufft aufhalten muß, man darinne
nicht ruhig sitze, sondern sich hinlänglich bewege: weil man sonst
oberwehnter massen die Kälte nicht lange ausstehen kan. |
|
|
|
|
|
|
Deswegen alle diejenigen, die vermöge ihrer
Verrichtungen die meiste Zeit in der Kälte zubringen müssen, sich
gröstentheils durch genungsame Leibes-Bewegung darinne erhalten, als
welche bey ihnen gewisser massen die Stelle der warmen Stuben ersetzen;
und bey solcher Lebens-Art ist eben eine grobe harte Diät unentbehrlich.
Allein dieser Art der Bewegung geschiehet aus Noth; wenn man aber |
|
|
|
|
|
2) |
von derjenigen redet, welche willkührlich zur
Gesundheit und Ergötzlichkeit vorgenommen wird; so ist sie überhaupt im
Winter nöthiger, als im Sommer: weil sie alle Würckungen der Kälte, die
uns irgends
Schaden zufügen können, vermindert und abhält. Sie befördert |
|
|
|
|
|
|
a) |
die Arbeit der innerlichen Theile, des Hertzens
und der Blutgefässe; sie unterhält |
b) |
die Arbeit der äusserlichen musculösen Theile,
und folglich den Umlauff der Säffte; vermöge dessen |
c) |
die etwan zu
befürchtende Verdickung der
Feuchtigkeiten abgewendet, das Blut flüßig erhalten, |
d) |
die Ausdünstung befördert, |
e) |
die Absonderung aller Unreinigkeiten vermehret,
und folglich die Gesundheit auf aller Art und Weise bestätiget wird. |
|
|
|
|
|
|
|
Da aber die zur Gesundheit angestellte Bewegung
von rechtswegen so lange fortgesetzet werden muß, bis der Cörper dabey
in einem gelinden Schweiß komme, und bey einem schwitzenden Cörper eine
geringe Erkältung grossen Schaden zuwege bringet, so folget von selbst,
daß, wenn man sich des Winters eine Bewegung zur Gesundheit machen will,
man sich nach derselben vor aller Erkältung sehr wohl in Acht nehmen
müsse. |
|
|
|
|
|
|
Will man also vollkommen nach der Gesundheit
leben; so muß man sich im Winter bey gar zu strenger Kälte die Be- |
|
|
|
|
{Sp. 926} |
|
|
|
|
wegung in einer mäßig warmen Stube machen; oder
wenn man solches bey gelinderem Wetter in freyer Lufft thun will, so muß
man es so einrichten, daß man auch nach geendigter Bewegung sich in
einem mäßig warme Stube begebe; doch dabey verhüte, daß sie nicht zu
heiß sey. Und dieses ist eine Regel, die sich hauptsächlich für
zärtliche Personen und hypochondrische Cörper schicket. |
|
|
|
|
4) |
Man muß sich im Winter vor übermäßig
heissen Stuben hüten. |
|
|
|
|
In Ansehung dieser Regel
beschuldiget Hofmann insonderheit die Deutsche
Nation eines grossen Fehlers, wenn er in seiner
Medicina systematica … ausdrücklich
schreibet: |
|
|
|
|
„Es wäre eine
insonderheit bey den Deutschen eingerissene
üble Gewohnheit, daß sie die zumahl niedrige
Stuben bey strenger Kälte gar zu starck einheitzen
liessen, so, daß sie darinne gleichsam brateten:
Denn, wenn es ihnen zu heiß würde, und sie, sich
abzukühlen, in die äusserste freye Lufft giengen,
so bekämen sie so fort den Schnupffen, und
andere flüßige Zufälle, insonderheit an dem
Kopffe, durch welche mit der Zeit zu gefährlichen
Nerven-Kranckheiten der Weg gebahnet
würde.„ |
|
|
|
|
Auch bey dieser noch so
schlecht und gemein scheinenden Regel, davon
die Ursache aus obigem von selbst erhellet, hat
man ein anders zu bemercken. Wenn jemand
verlangte, daß man ihm bestimmen solte, in
welchem Grade die Stubenwärme eigentlich seyn
müste, wenn man darinne recht nach der
Gesundheit leben wolte? so würde man ihm
solches eben so wenig anzeigen können, als man
vermögend ist; zu sagen, wie viel Pfund von
Speisen und Geträncken ein Mensch täglich zu
sich nehmen müsse, wenn er nach der
Gesundheit leben will. Der Unterscheid, der in
Ansehung der Menge von Speisen muß
beobachtet werden, findet auch in Ansehung der
warmen Stuben statt: indem dieselben theils nach
der Hefftigkeit der äusserlichen Kälte, theils nach
der Verschiedenheit der darinne sich aufhaltenden
Personen müssen eingerichtet werden. |
|
|
|
|
Starke Cörper und hitzige
Naturen, bey denen der Umlauff des Blutes sehr
lebhafft, die natürliche Wärme starck ist: Leute,
die beständig nur einer sehr leidlichen Wärme
gewohnt sind, und sich nur in Caminstuben
aufgehalten; und diejenigen, welche ihre
Verrichtungen durch beständige Bewegung
verwalten müssen, sind mit mäßig warmen Stuben
zufrieden; welche im Gegentheil bey zärtlichen,
empfindlichen, weiglichen Leuten, Kindern, ohne
Bewegung arbeitenden, kräncklichen, oder von
einer Kranckheit erst genesenen, würcklich zu kalt
sind, und folglich wärmer seyn müssen. |
|
|
|
|
Ferner diejenigen, so den
gantzen Winter, es sey denn bey gantz gelinder
Kälte, und alsdenn noch dazu in Kleidern wohl
eingepackt, nicht aus der Stube kommen, können
ziemlich warme Stuben ohne
Schaden vertragen;
die hingegen bey andern, welche viel in der freyen
Lufft zu thun haben, viel zu heiß genennet
werden, und ihnen auch gar leicht flüßige
Beschwerden erregen. |
|
|
|
|
Ein jeder muß also die
Stubenwärme nach seinen Umständen einrichten,
und |
|
|
|
{Sp. 927|S. 477} |
|
|
|
hauptsächlich dahin
sehen, daß sie weder so geringe sey, daß ihnen
darinne fröstele, noch so starck, daß ihn darinne
schwitze, oder gar brate. Von dem Schaden der
auf solche Art übermäßig heissen Stuben haben
wir unter dem Artickel: Stube, am angeführten
Orte, ausführlich gehandelt; ins besondere aber
gezeiget, was dieselben bey der Mahlzeit und
währendem Schlafe für Schaden thun, und wie die
Schlaf- und Speise-Gemächer beschaffen seyn
müssen, wenn sie recht nach der Gesundheit
eingerichtet seyn sollen. |
|
|
|
5) |
Bey der Kälte sind theils
die warmen, theils die hitzigen und etwas starcken
Geträncke gesünder als im Sommer. |
|
|
|
|
Es bringet dieses
gewisser massen schon der natürliche Trieb mit
sich: Denn wenn einer recht durchgefroren ist, so
wird er sich gewiß von selbst für einen kühlen
Trunck bedancken, und sich vielmehr etwas
ausbitten, daß ihm Wärme macht. Warme
Geträncke, Thee, Caffee und Suppen sind zwar
auch des Sommers nicht verboten, inzwischen
sind sie doch bey kalter Witterung, und folglich
des Winters in der That gesünder, und man kan
sie in grösserer Menge mit mehrerem Nutzen
geniessen. Denn zuförderst erschlappen sie den
Magen nicht so leicht, indem derselbe bey der
Kälte mehr Kräffte hat, und besser verdauet; und
hiernächst verstärcken sie den Umlauff des
Blutes, vermehren folglich die natürliche Wärme,
und machen also, daß wir die äusserliche Kälte
desto besser und länger ausstehen können. Wer
sich daher auf die
Reise begiebet, und hat vorher
etwas warmes getruncken, der wird nicht so leicht
frieren, als ein anderer, der sich den Magen voll
kaltes Bier geschlagen. Aus eben diesem Grunde
sind die starcken, braunen, gehopfften und
hitzigen Biere und Weine im Winter gesünder, als
im Sommer, indem sie die Arbeit der festen
Theile, als das vornehmste Mittel der Natur wider
die Kälte, verstärcken und unterhalten. |
|
|
|
|
Was den Branntewein
betrifft, so bringet es bey den meisten die gemeine
Gewohnheit mit sich, daß man denselben wider
die Kälte geniesset, und viele glauben, einen
unersetzlichen Diäts-Fehler begangen zu haben,
daferne sie nicht ein Schlückgen Branntewein zu
sich nehmen, wenn sie in der Kälte arbeiten, oder
sich auf eine Reise begeben müssen. |
|
|
|
|
Andere hingegen
verdammen den Branntewein so wohl überhaupt,
als insonderheit bey Kälte, und zwar aus dem
Grunde, weil er schläfrig machet, und daher um so
viel eher
Gelegenheit zum erfrieren giebet. Was
ist denn nun hiervon zu halten? Daß der
Branntewein eine Erwärmung in dem Cörper
zuwege bringet, lehret die
Empfindung; und daher
kan dessen mäßiger Gebrauch bey strenger Kälte
und auf Reisen nicht schaden, sondern er ist
allerdings als ein Mittel wider die
schädlichen
Würckungen der Winter-Kälte anzusehen. |
|
|
|
|
Wenn der Branntewein
schläfrig machen soll; so muß er in etwas starcker
Dose genommen werden; und alsdenn heißt es
kein mäßiger Gebrauch mehr; vielmehr ist er
alsdenn bey der Kälte schädlich, um so vielmehr
bey denen, die darauf stille sietzen, und sich
dadurch den Weg zum Schlafe bahnen. Auf
solche Art aber kan auch eine gute
Weinsuppe |
|
|
|
{Sp. 928} |
|
|
|
bey der Kälte schädlich
genennet werden: denn gleichwie dieselbe durch
ihren mäßigen Gebrauch den Cörper erwärmet,
und ihn in den Stand setzet, die Kälte länger zu
ertragen; also erhitzet sie durch ihren
übermäßigen Gebrauch den Cörper zu starck,
machet ihn lustig, und wenn er dabey ins Sitzen
kommt, schläffrig. |
|
|
|
|
Der mäßige Gebrauch
des Brannteweins aber muß nach den Umständen
desjenigen, der in geniesset, beurtheilet werden:
Denn ein Mensch, der bey der Kälte starck
arbeiten muß, und noch dazu dieses Geträncke
gewohnt ist, kan eine ziemliche Portion davon
ohne Schaden zu sich nehmen; da ein anderer mit
dem vierten Theile davon gnung hat. |
|
|
|
|
Wenn die
Frage vorfällt,
wie sie denn in der That öffters vorfällt: Ob es
einem Menschen, der sich bey der Winter-Kälte
auf die Reise begiebet, gesünder vorhero eine
gute Suppe, oder ander warmes Geträncke zu
sich zu nehmen, oder ob es besser sey, ein
Schlückgen Branntewein zu geniessen? so
antworten wir darauf: welchergestalt gewisser
massen hierbey das Sprüchwort seine
vollkommene Richtigkeit habe, daß einem auf
Reisen alles wohl bekomme: indem wenige seyn
werden, die von einer nach Proportion ihrer
Umstände und Gewohnheit eingerichteten Dose
Branntewein einigen Schaden empfinden solten,
es müsten denn sehr zärtliche, weichliche und
solcher geistigen Geträncke gar nicht gewohnte
Personen seyn. |
|
|
|
|
Immittelst halten wir es
doch am zuträglichsten, daß diejenigen, die
gewöhnlich des Morgens warme Geträncke zu
geniessen pflegen, auch auf Reisen dieselben den
Branntewein vorziehen; gleichwohl haben sie sich,
in Ermangelung des Warmen, auch gewiß nicht
vor einem Schlückgen Fusel zu
fürchten, sondern
können diese Mode, wenn sie die Gesetze einer
proportionirten Mäßigkeit nicht überschreiten,
sicher mitmachen. |
|
|
|
|
Wenn im Gegentheil
jemand einen von dauerhafften Schroot und Korn
zusammen gesetzten Cörper besitzet, die Hände
wenig in den Schooß leget, sondern würcklich im
Schweiße seines Angesichtes sein Brod isset, des
Morgens eben nicht gewohnt ist, mit vielen
warmen Geträncken seinen Magen auszuspühlen,
und noch dazu seine Reisen zu Fusse thut; Dem
ist es wohl gesünder, des Morgens bey einem
Stücke Brod und Schincken ein Glas Branntewein
zu geniessen. |
|
|
|
|
Denn wenn ein solcher
auch was Warmes bekommt, so muß es gewiß
kein Thee, Caffee, oder Wassersuppe seyn, als
wornach ihm nur auf seiner Reise schlimm und
wablicht werden möchte; sondern es muß eine
dicke fette Biersuppe seyn, damit der Magen
etwas zu arbeiten kriegt, und doch hält es bey
manchem nicht gnung wider, wenn nicht noch ein
Schlückgen, oder wenigstens ein derber
Butterschnitt darauf gesetzet wird. |
|
|
|
|
Übrigens ist aber
gleichwohl noch dieses zu mercken, daß der
Mißbrauch des Brannteweins zwar überhaupt dem
menschlichen Cörper sehr
schädlich sey, am
meisten aber bey kaltem Wetter, mithin im Winter.
Denn zu geschweigen, daß diejenigen, so sich zu
lange bey der Kälte in freyer Lufft aufhalten
müssen, zumahl wenn sie nicht hinlängliche
Bewegung dabey haben können, durch
übermäßigen Genuß des Brannteweins |
|
|
|
{Sp. 929|S. 478} |
|
|
|
sich um so viel eher den
Weg zu einem tödtlichen Schlafe bahnen; so
haben auch die, so sich eben nicht beständig in
der Kälte befinden, und sich folglich vor dem
Erfrieren nicht fürchten dürffen, von öfftern Genuß
des Brannteweins um so viel eher eine schädliche
Verdickung ihrer Säffte, nebst den daraus
folgenden Kranckheiten, zu besorgen, und träget
derselbe auf solche Art vieles zu Erzeugung der
Hertzgewächse bey. |
|
|
|
|
Schließlich haben wir
noch hierbey für die Liebhaber starcker Geträncke
unmaßgeblich zu
erinnern, daß wenn wir gesaget,
es wären dieselben im Winter gesünder, als im
Sommer, man ja nicht die Folge daraus machen
möchte, man müsse also den gantzen Winter
durch nichts, als starcke Biere und hitzige Weine
geniessen. Für einen
Tagelöhner und denjenigen,
der in saurer
Arbeit beständig lebet, würde es fast
noch eher angehen; allein da verbietet es sich von
selbst. Hingegen einer, der nicht viel Bewegung
hat, und noch darzu sehr selten aus der warmen
Stube kommt, muß es gewiß bleiben lassen, wenn
er seine Gesundheit erhalten will. Denn die
starcken und hitzigen Geträncke geben an und für
sich selbst unserm Blute nicht, genugsame
Feuchtigkeiten. |
|
|
|
|
Da aber bey einem
Arbeitsmanne durch die beständige starcke
Bewegung das Blut in hinlänglicher Flüßigkeit
erhalten, und zum Theil in Wasser verwandelt
wird; so würde seine Gesundheit bestehen
können, wenn er gleich nicht viel dünne wäßrige
Geträncke genüsset, um so viel mehr, da
ohnedem bey einer solchen Leibesbeschaffenheit
ein etwas dichteres Blut erfordert wird. |
|
|
|
|
Hingegen bey einem
Menschen, der im Winter nach Proportion wenig
Bewegung hat, sich fast immer in warmen Stuben
aufhält, und wohl gar sich fast in einem
beständigen Schweisse befindet, wie man
insonderheit bey einigen Stuben-Gelehrten, und
vor Einbildung Krancken öffters bemercket, muß
nothwendig das Blut seiner Feuchtigkeiten
beraubet u. verdicket werden: und da die Starcken
und hitzigen Geträncke dasselbe an und für sich
selbst nicht verdünnen; so folget unstreitig, daß
dergleichen Personen auch des Winters viel
dünne, leichte und wäßrige Geträncke genüssen
müssen. Ja, was sollen wir sagen? Solche
Menschen die den gantzen Winter nicht von dem
warmen Ofen kommen, empfinden ja nicht
einmahl die Würckungen der Kälte; und müssen
daher auch im Winter sich vielmehr derer
Diätsregeln bedienen, welche bey warmen Wetter
zu beobachten sind. |
|
|
|
|
Weil endlich bey kalter
Witterung die schleunige und öftere
Abwechselung einer kalten und warmen Lufft den
grösten Schaden der Gesundheit zufüget; so
folget von selbst, daß man dieselbe, so viel
möglich, vermeiden müsse. Immittelst hat man
auch hierbey folgende Regeln zu bemercken: |
|
|
|
|
1) |
Wenn man sich in einer heissen Stube aufgehalten,
und gar darinne geschwitzet; so nehme man sich in acht, daß man sich
nicht so gleich in die äusserliche freye Luft, zumahl bey strenger Kälte
begebe, sondern in einem etwas kühlern Zimmer so lange aufhalte, bis
sich der Schweiß verlohren, und man den natürlichen Grad der Wärme
wieder erhalten. |
|
|
|
|
|
|
Eben dieses verstehet sich von denen, die des
morgens im Bette sehr warm geworden, |
|
|
|
|
{Sp. 930} |
|
|
|
|
oder starck geschwitzet: Ja, wenn letzteres, es
sey zu welcher Zeit es wolle, geschehen, so thut man wohl, daß man die
Hemden wechsele, ehe man in die Kälte kommt, indem sonst die nassen
Hemden bey dazu kommender Erkältung dem Cörper noch mehr Schaden thun. |
|
|
|
|
|
2) |
Wenn es die
Nothwendigkeit
erfordert, daß man sich bey strenger Kälte in der äusserlichen freyen
Lufft aufhalten muß, so hüte man sich vor der Ruhe und vor dem Schlafe:
weil aus oben angeführten Ursachen hierdurch die schädlichen Würckungen
der Kälte vermehret werden; und zu dem Ende hat man sich sowohl vor
vielen Branntewein, als gar zu vielem Weine, als welches schläfrig
machet, zu hüten, und alle
Mühe zu
geben, in beständiger Bewegung zu verbleiben. |
|
|
|
|
|
3) |
Wenn man sich eine Zeitlang in der Kälte
aufgehalten, und durch und durch gefroren, ja halb erfroren ist; so hüte
man sich ja, daß man nicht sogleich in eine sehr heisse Stube komme, als
welche in solchem Falle zu gefährlichen Kranckheiten, ja plötzlich
tödlichen Schlagflüssen Gelegenheit geben. |
|
|
|
|
|
|
Der gesündeste Mensch wird die Empfindung an sich
selbst haben, daß, wenn er aus der Kälte in eine sehr heisse Stuben
kommt, ihm der Athem entgehen will, und Ohnmachten begegnen; und da bey
den Finnländern die Schlagflüsse so gemein seyn sollen, so schreibet man
die Ursache derselben mit Recht dem Umstande zu, weil sie im Winter bey
der strengen Kälte mit entblösten Häuptern, ihren Gottesdienst in den
Kirchen abwarten, und wenn sie nach Hause kommen, die Köpffe fast ins
Feuer hinein stecken. |
|
|
|
|
|
|
Man beobachtet diese Regel an den Frostbeulen,
oder erfrornen Gliedern: denn, wenn man dieselben mit warmen Wasser zu
erwärmen suchet, so befördert man vollends ihre Absterbung. Man reibet
vielmehr den erfrornen Theil zuförderst mit kaltem Wasser oder Schnee
bis sich einige Empfindung daran einfindet, und alsdenn bringet man
denselben erst in die Wärme; wie denn solchergestalt Hildan
in seinem Tractate de Gangraena et Sphacelo … von den
Einwohnern kalter Länder meldet, daß wenn sie den Tag über in strenger
Kälte zugebracht, und wieder nach ihren Qvartieren wandern, sie zuvor
die Hände, Nase und Ohren mit Schnee brav rieben, und sich alsdenn erst
in die Stube begeben. |
|
|
|
|
|
|
Wenn sich demnach ein Mensch sehr erkältet hat;
so muß er zuerst in eine gantz temperirte Lufft sich verfügen, und sich
daselbst allerley Bewegung machen, bis er einige Wärme empfindet;
alsdenn kan er sich in ein wärmeres Zimmer begeben, eine warme Bier oder
Weinsuppe genüssen, und wenn die Erkältung gar zu starck gewesen, nach
erlangter natürlichen Wärme, im Bette einen hinlänglichen Schweiß
abwarten. |
|
|
D.
Samuel Schaarschmidt, Medicinisch. und Chirurgische
Nachrichten, IV Theil, … |
|
|
|