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Zedler: Winter [7] HIS-Data
5028-57-878-4-7
Titel: Winter [7]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 57 Sp. 946
Jahr: 1748
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 57 S. 486
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Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen, Bibel
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden

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Übersicht
Gelinde Winter
Warum die gröste Kälte erst im Hornung komme?
Warum im Februar der warme Sonnenschein die Kälte nicht vertreibet
Warum der Regen es im Winter warm machet
Wenn die Wolcken einen grimmigen Winter machen?
Ob auf einen strengen und starcken Winter allemahl ein gelinder, und auf einen schlechten oder weichen wiederum ein harter Winter zu erfolgen pflege?
Öconomische Anmerckungen vom Winter
Vorstellung des Winters in der Bilderkunst
Mystische Bedeutung des Wortes: Winter
Erklärung der Redens-Art: Der Winter ist vergangen

  Text Quellenangaben
  Gelinde Winter.  
  Es hat Christoph Neubarth in seinem Schlesischen und Breßlauischen Calender vom Jahr 1663, bey Bemerckung der warmen Winter im Jahr 1661 und 1662, ein langes Verzeichniß hiervon zusammen getragen, welches wir allhier zu entlehnen vor nicht unnützlich erachten. Es fragt nemlich obgedachter Christoph Neubarth in der so genannten angehängten Practica:  
  „Sind denn vorhin auch solche linde, nasse und warme Winter gewest, wie wir bishero gehabt, und was ist derselben natürliche Ursache?„  
  Worauf er zur Antwort giebt:  
  „Hiervon zu discuriren haben mich veranlasset vieler gemeiner Leute Reden, welche sich über 2 ungewöhnliche, mehr als gelinde Winter, so wir bishero 2 Jahre nach einander gehabt, nicht genugsam verwundern können, und sich vernehmen lassen, als wenn bey Manns-Gedencken dergleichen nicht gewest. Aber die Leute irren sich sehr; das Contrarium will ich ihnen bald darthun und beweisen.  
  Denn wenn ich alte und neue, wie auch meine eigene Observationes aufschlage und besehe, so befindet sich, daß nicht allein bey undencklichen, sondern auch noch dencklichen und kurtz verwichenen Zeiten und Jahren dergleichen ungewöhnliche linde und nasse, ja noch wärmere Winter, als diese zween, gewesen, wie aus folgenden Exempeln mit Verwunderung zu vernehmen seyn wird.  
  Im Jahr Christi 808 ist gar ein warmer und gelinder, aber sehr ungesunder und pestilentzischer Winter gewesen, Bohemi Kirchen- Cal. Conc. 13.  
  Im Jahr 1182 (andere setzen 1186) ist der Winter so ungewöhnlich warm gewest, daß bald nach dem neuen Jahre die Bäume zu blühen angefangen, und um Lichtmeß Äpffel und Birnen, als welsche Nüsse und Pflaumen groß gewachsen sind. Raben und andere Vögel brüteten im Febr. ihre Jungen aus: Im May war die volle Erndte: Um Sixti Tag hatte man guten Most. Chron. Sachs.Hammers Histor. Roseng. …  
  Im Jahr 1289 ist es so warm gewest, daß die Jungfrauen um Weynachten, und der Heil. 3 König Tage, Kräntze von Violen, Korn und andern  
  {Sp. 947|S. 487}  
  Blumen getragen. Zeill. Part. I. Epist.  
  Im Jahr 1420 ist der Winter so warm gewesen, daß es Wunder: Im Mertz fiengen die Bäume und im April die Weinstöcke zu blühen an: so waren alle Dornenhecken von Rosen, und fand man im April schon zeitige Kirschen und Erdbeeren: Die Weinreben blüheten so schön, daß man im angehenden May reife Wein-Beeren in ziemlicher Grösse gefunden: Aber darnach den 8 Jun. fiel ein kalter Reiff, der den Früchten solchen Schaden thät, daß die Kirschen gantz schwartz kocheten, und der Wein versaurete. Junghanß Zeit-Pr. …  
  Im Jahr 1427 ist ein so warmer Winter gewest, daß um Nicolai das Getreyde und die Bäume geblühet haben. Auf den folgenden Sommer ist eine grausame Pestilentz entstanden. Bohem. d.l.  
  Im Jahr 1471 bis zu Ostern des 1472 Jahres, ist ein solcher linder Herbst und Winter gewest, daß es nicht mehr als eine eintzige Nacht Schnee gehabt. Im Jahr 1507 ist der Winter so warm gewest, daß es bis auf Weynachten keinen Reif, vielweniger Schnee, gelegt; Ist auch ein warmer Frühling darauf erfolget: Aber ein kalter rauher Sommer, daß Wein und Korn verdorben. Seb. Franck. und Chytr. in Chron.  
  Im Jahr 1524 ist auch ein warm ungewöhnlich Winter-Wetter gewesen, sonderlich im Febr. Wie auch 1524, also daß zur heiligen Weyhnacht-Zeit die Mägdelein gelbe und blaue Veilchen-Kräntze getragen. Hammers Histor. Roseng. …  
  Im Jahr 1556 war ein sehr warmer und feuchter Winter an theils Orten mit erschrecklichen Donnerwettern. Chytr.  
  So ist auch im Jahr 1563 ein sehr gelinder Winter gewesen. Im Jahr 1566 war auch ein warmer Winter, darauf an theils Orten ein groß Sterben erfolget, hat auch zum Buntzlau sehr gestorben, und daher das grosse Sterben genennet worden. Ann. Bolesl.  
  Im Jahr 1572 war der Winter so gelinde und warm, das im Jenner die Bäume ausschlugen, und im Febr. die Vögel Junge hatten. Chron. Scholzii.  
  Im Jahr 1585 ist der Winter so lieblich und warm gewest, dergleichen fast bey Menschen-Gedencken nicht geschehen, davon das Korn also gewachsen, daß man an vielen Orten grosse Fuder abgehauen, und dem Viehe gegeben, aus Beysorge, daß es noch vor dem Sommer schossen möchte, wie es denn schon auf Ostern im Schossen gestanden. Auf folgenden Sommer ist die Pest eingeschlichen, und hin und wieder graßiret, hat auch zu Görlitz sehr gestorben. Ann. G. L. B.  
  Im Jahr 1591 war ein sehr linde Winter-Wetter, da es gar selten gefroren und wenig geschneiet. Im Jenner, Febr. und Mertz ist ein so warmes Wetter gewesen, nebst lauen Mittags- Winden, als wenn es um Jacobi wäre. Ann. L.  
  Im Jahr 1604 sind schöne warme Weyhnachten gewest, dergleichen bey Menschen-Gedencken nicht erhöret worden, und auch ein warmer Winter erfolget. Um Fastnacht, als zu Ende des Febr. und Anfang des Mertzes hat es angefangen zu gefrieren, und sehr kalt zu werden, da es zuvor den gantzen Winter so warm gewest,  
  {Sp. 948}  
  als öffters im Frühlinge und Herbst, also daß auch das Vieh stets ausgehen können. Diese Kälte aber hat nicht lange gewähret, ist bald wieder aufgethauet. Ann. B.  
  Im Jahr 1607 von Weyhnachten bis auf Reminiscere ist schön warm heimlich Wetter gewest: Im Febr. haben die Schmirgeln und andere Blumen geblühet. Um Licht-Messe hat man an theils Orten geackert, als im Frühling, die Schüler um Buntzlau haben am Tage Pauli Bekehrung in rei dieique memoriam, wie auch die Mücken gespielet. Ann. Bolesl.  
  Diese Wärme hat ihre verborgene Ursache in dem Erdboden gehabt. Kepl.  
  Ein solcher warmer Winter ist auch im Jahr 1609 gewest. Im Novemb. zuvor ist eine so schöne warme Zeit gewest, daß auch die Schmirgeln und andere Blumen, wie auch die Kirsch-Bäume angefangen zu blühen, und der Hopffen zu wachsen. Annal. Bolesl.  
  Im Jahr 1617 ist der Winter ungewöhnlich warm gewest, auch schöne und warme Weyhnachten, als im Frühling. Im Jenner aber, sonderlich um Lichtmesse, ist in verwahreten Gärten das Blumen-Werck heraus gefallen, die Violen hervorgekommen, Lerchen und Drosseln gesungen. Um Fastnacht hat man allerhand gesäet, von Möhren-Kapp und Zwiebel-Saamen, auch Sommer-Korn- und Haber. Von diesem Winter schreibet Kepl in Ephem. hujus Anni also: Vernabant campi, florebant horti, cantabant Alaudae et Tundelae, da grüneten die Felder, die Gärten blüheten, die Lerchen und Drosseln liessen sich hören.  
  Im Jahr 1619 ist auch ein linder und feuchter Winter gewest; da war eine langwährende Conjunctio Jov. Ven. in Piscibus. Im Jahr 1622 ist ein so schöner Herbst gewest, daß im October die blauen Violen geblühet. Ann. L.  
  Im Jahr 1624 sind warme und trockene Weyhnachten gewest, wie auch der Neu-Jahrs-Tag gar schön und hell. Annal. Bolesl.  
  Im Jahr 1625 ist eine schöne warme Christ-Nacht und Weyhnacht-Fest gewest, daß viele Leute haben barfüßíg in die Kirche gehen können. Zu Ende des Jenners hat an etlichen Orten der Guckguck geschrien, und die Lerchen gesungen. Ann. G. et L.  
  So ist auch im Jahr 1628 ein schlechter Winter gewest. Wie auch im Jahr 1642 ein linder und temperirter Winter, von wenig Frost und Schnee, mehrentheils Regen bis in Mertz. Da folgete auf die einfallende Conjunct. Saturni, Solis, Veneris, noch eine harte Winter-Kälte. Nachdem den 25 Sept zuvor, des 41 Jahres bey Görlitzischer Belagerung von Chur-Sächsischen und andern Völckern nach 4 Uhr auf den Abend, mit der Sonne Untergang bey hellem Himmel, ein erschreckliches feuriges und weiß schlängiges Chasma oder Wunder-Zeichen, mit einem grossen Donnerknall sich sehen und hören lassen, darob sich an etlichen Orten auch die Häuser erschüttert haben.  
  Im Jahr 1643, da die grosse Conjunctio Saturni und Jovis in Piscibus vorgieng, hatten wir auch einen linden, unsteten und sehr unruhigen Winter, bis in Mertz, von vielen Regen, Schnee und ungestümen Windsbrausen, mit Ergiessung  
  {Sp. 949|S. 488}  
  der grossen und kleinen Gewässer. Zuvorhero den 12 Decemb. hats zu Gran Bley und Zinn geregnet, daß es auch die Türcken ihrem Bassa in Schüsseln vorgetragen. Am H. Drey König-Tag hats im Würtemberger-Lande um Weinsberg Blut geregnet, daß die Rinnen davon vollgeflossen. Im Febr. entstund in Meissen, um Dreßden Leipzig und Freyberg ein sehr schweres Wetter von Blitz und Donner, erschlug haussen vor Freyberg, (so gleich von Schwedischen belagert war) etliche Reuter, fielen auch an etlichen Orten Klumpen Feuer vom Himmel, also daß die reisende Leute auf ihren Kleidern das Feuer zu löschen, und sich dessen zu erwehren, genung zu thun gehabt. Dergleichen denn auch zur selbigen Zeit um Wien und noch andern Orten geschehen ist.  
  Im Jahr 1648 war auch ein schlechter und temperirter Winter, wenig Frost und Schnee. Darauf folgte ein kühler, nasser, rauher Sommer, waren wenig heimliche Tage. Im Junio gabs schreckliche Wasserfluten, und folgte auch ein nasser, unbeständiger Herbst.  
  Im Jahr 1654 war ein ungleicher Winter, der Jenner war meistens lind und feuchte, von vielen Regen und Schnee, mit hefftigen Sturmwinden und Wasserfluten. Der folgende Febr. brachte erst eine sehr harte, anhaltende Winter-Kälte, dergleichen in vielen langen Jahren nicht erhöret worden.  
  Im Jahr 1659 war auch ein linder Winter, der öffters mehr für einen Frühling gehalten worden.  
  Was wir im Jahr 1661 für einen mehr als gelinden und temperirten Winter gehabt, ist noch vielen bekannt. Denn da hat man keinen sonderlichen Frost empfunden: Es gab zuweilen grausame Sturmwinde, den 3 Jenner Donner und Wetterleuchten, und warm Wetter: Die folgende Nacht aber ereigneten sich feurige Stralen am Himmel, dergleichen am 31 dieses auch geschehen. Den 16 Febr. war über der Stadt Görlitz ein grausam und schrecklich Donnerwetter, mit so hefftigen Blitzen, als wenn die gantze Stadt im lautern Feuer stünde, thät aber keinen Schaden. Eben diesen Monat erschien ein Comet, unter dem Gestirn des Adlers, kurtz vor der Sonnen Aufgang.  
  Bey so lindem und weichem Wetter hat man an warmen und verwahrten Orten im Februario hin und wieder allerhand Blumen gehabt, ja es haben auch fast die Bäume auszuschlagen begonnen; Wie denn zu Paris man gar zeitlich grüne Erbsen von diesem Jahre gehabt, auch die Bäume daselbst an vielen Orten schon belaubet gewesen, wie ingleichen das Korn, als wenns im May wäre, gestanden. In hiesigen Landen ist man zeitlich zu Acker gezogen; darauf folgte ein dürrer Sommer, und graßirte an vielen Orten die rothe Ruhr, daran Kinder, jung und alt gestorben.  
  So hat man auch im verwichenen 1662 Jahre einen ziemlich linden, nassen und unruhigen Winter gehabt, von windigem Schnee und Gefröste. Bald nach dem neuen Jahre und um Heil. 3 König Tag gab es grosse Wasserfluten von vielen Regen und Zerfliessung des Schnees. Im Jenner sahe man die  
  {Sp. 950}  
  wilden Gänse wiederkehren, die Bienen spielten zuweilen wie im Sommer. Man hörete Donner, sahe Wetterleuchten und erschienen Regenbogen; und gleichte öffters mehr einem Herbst oder Frühling, als einem Winter.„  
  Und so weit gehet des obgedachten Neubarths Bericht von gelinden Winter an. Diesen kan man, zu deren Vermehrung, noch folgende warm beschriebene Winter beyfügen:  
  Im Jahr 1289 war ein so warmer Winter, (dessen auch Neubarth oben kürtzlich gedencket) daß nicht ein einiger Schnee vermerckt worden: Um Weyhnachten grüneten die Bäume, im Hornung hatte man zeitige Erdbeeren, die Reiger, Hätzen, Hüner u.d.g. Geflügel hatten Junge, im April hatte man blühende Trauben gefunden; aber zu Anfang des Mayes ist wider alles Verhoffen erst ein Schnee gefallen, und so kalt worden, daß die Weingärten hoch und nieder, sammt dem Obst erfroren; Doch weil es noch früh im Jahr haben die Weingarten wieder ausgeschlagen, und noch an Frucht und Wein eine gute Nothdurfft gegeben. Narciß Schwelin in der Würtenbergisch. kleinen Chron. …
  Im Jahr 1328 war ein so warmer gelinder Winter, daß die Bäume im Jenner und die Weinreben im April geblühet haben: Um Pfingsten war Erndte: 14 Tage nach Jacobi Herbst, und also ein reiches Jahr, daß an Frucht, Wein und allem Obste und andern Erdgewächsen ein grosser Überfluß erwachsen. Ebend.
  Im Jahr 1343 ist im Winter eine solche Hitze und Wärme gewesen, daß man die Früchte auf dem Felde an vielen Orten abmähen müssen, damit sie nicht gantz und gar ausdorreten. Ebenda …
  Im Jahr 1479 ist ein gar gelinder warmer Winter gewesen, und kein Schnee gefallen, darauf denn ein sehr heißer und trockener Sommer gefolget, daß es zwischen Pfingsten und Michaelis nicht geregnet, und ist gleichwohl ein fruchtbares Jahr gefolgt. Binhard. Thüring. Chron. …
  Im Jahr 1439 war der Jenner dermassen warm, daß die Bäume Knospen gewonnen, das Erdreich grünete, hingegen brachte der Frühling eine solche Kälte mit sich, welches alles wieder vernichtete. Lucä  in der Schles. Chron. …
  Im Jahr 1514 ist der angehende Winter so gelinde und warm gewesen, daß die Früchte, (so auf den Äckern, vorigen Sommer wegen grosser Dürre und im Herbst wegen grosser Nässe) verdorben, hernach gewachsen, daß das Vieh schier bis um Weyhnachten daran Futter gehabt, und hat können erhalten werden. Binhard. c.l.
  Im Jahr 1520 war ein warmer Winter bis auf Petri Stulfeyers Tag: Darnach fiel grosse Winter-Kälte ein, die währete bis auf Philippi und Jacobi, ebend.
  Im Jahr 1529 war der Anfang des Jahres warm und gelinde, daß man sich auch um Matthias-Tag allbereit mit braunen und blauen Violen hat getragen: Darnach ist der Sommer immer naß und feucht gewesen; Daher sich eine wunderbarliche Kranckheit entsponnen hat, davon man in Deutschland zuvor nicht erfahren, welche von den gemeinen Leuten die Schweiß-Sucht oder die Engel-  
  {Sp. 951|S. 489}  
  ländische Sucht war genannt worden. Ebend.
  Im Jahr 1537 fiel um Martini eine solche unbeständige Wärme ein, die währete durch den gantzen Winter des 1538 Jahres, also daß die Jungfrauen auf das Neu-Jahr und Heil. 3 Königs- Tag von Violen, Korn-Blumen, Stiefmütterlein und andern Blumen haben Kräntze getragen. Ebend.
  Im Jahr 1587 war ein warmer Winter, darauf aber ein gar nasser Sommer erfolget, gab eine feine Erndte etc. Schwelin c.l.
  Im Jahr 1613 war ein warmer Winter, darinnen es nur 2 Schneelein gegeben, die doch gleich wieder abgangen, der Lentz war trocken, gab doch Reiffen und Nebel, der May hat sich etliche Tage schön, hell und lustig angelassen, hernach aber gab es fast täglich Donner, viel Hagel und Wasser-Güsse, dadurch die Früchte an vielen Orten Schaden gelitten und erschlagen worden: Wie denn auch durch Wolcken-Brüche und grosse Sturm-Winde nicht allein Bäume aus der Erden gerissen, sondern es hat Häuser und Scheunen, und was darinnen an Menschen und Vieh gewesen, mitgenommen. Ebend.
  Dergleichen Exempel von warmen Wintern, und winterischen Frühlingen aus mehrern Chronicken und andern Geschichtschreibern gar leicht können zusammen getragen werden.  
  Soviel ist hier nur noch als eine Cautel anzufügen, daß man bey verschiedenen diesen Relationen den Glauben und die Einbildungs- Krafft in gehörigen Grentzen halten müsse, damit, wenn etwa an einer und der andern wohl situirten und gewarteten Gegend verschiedene gantz ungewöhnliche Dinge observiret zu seyn gemeldet werden, man nicht allemahl meyne, als wären selbige durchgängig, überall, häuffig und in der grösten Sommer-Vollkommenheit bemercket worden; sondern sich selbige in terminis habilibus einbilde. Wie denn auch die vielen allegirten Phaenomena aeris eine vernünfftige Dijudication erfordern.  
  Nur noch eines warmen Winters, welcher im Jahr 1722 sich ereignet hat, zu gedencken, so findet man in den Breßlauischen Sammlungen, im XIX Versuche, unter der Rubric. Vom Frühling im Winter und Winter im Frühlinge, folgende besondere Merckwürdigkeiten angeführet:  
  „Wir haben, sind ihre Worte, verwichenes Jahr dem Jenner nicht ohne Raison, wegen damahliger Witterung den Frühling im Winter adjudiciret, soweit nemlich, als von einem angehenden Winter- und Frühlings-Monat die Opposition genommen werden mag. Anietzo aber hat man viel mehr Recht, dem dismaligen Winter den Nahmen eines Frühlings zu geben, angesehen die Kälte nicht nur bloß den Abstand der Sonne regardirte, ohne deren Exaltation vom kalten Wind und Schnee, sondern selbige auch noch von südlichen Winden immer gar bald gehoben oder temperiret wurde, daß man würcklich diesen Winter über mehr Wärme als Kälte zu observiren gehabt.  
  Es haben aber folgende Vorfallenheiten den wahren indolem des Frühlings an sich gehabt:  
  Nemlich den gantzen Winter über hat man zum wenigsten bey uns, kaum so viel Schnee gehabt, als sonst im Früh-  
  {Sp. 952}  
  ling die würckliche Winter-Kälte, blos nach Unkräfftigkeit des Sonnen-Einflusses, währete kaum 14 Tage; an deren Statt im Jenner meist tepide, und grossen Theils im Febr. laulicht, ja warmes, und fast den gantzen Mertz warmes, ja zuweilen heisses Wetter gewesen, daß man nicht nur das Stubenheitzen unterlassen und die Fenster öffnen muste; sondern auch schon im Febr. viele die blosse Haut der Füsse statt der Schuhe gebrauchen konten.  
  Das Eiß auf unserer Ober-Oder satzte sich zwar ein paar mahl, aber nicht durchgängig über und über, sondern so, daß solches hin und wieder noch mitten untragbar, oder das Wasser gar offen blieb. Inzwischen verlohr sich solches sehr leicht und zeitig ohne sonderbaren Tumult, ohne Schaden, und ohne sonderlich groß Wasser: Wie denn solches auch von keiner sonderlichen Dicke war; und als solches gar frühe in unsre Eiß-Gruben geführet wurde, so war endlich das Terrain so völlig offen, daß die Eiß-Wagen tieff in die begraßte Erde einschnitten, und die Pferde solche auftraten, daß sie der Gräserey und Gleichheit wegen von den Arbeitern ausgegleichet werden muste.  
  Der meist heitere Himmel und die warme Lufft lockte die Einwohner der Stadt aufs Feld, und hieselbst befand man immer, statt einer weissen eine grüne Oberdecke, die Saat stand frisch und blieb auch so nach vergangenem Froste, ohne daß sie mercklich hätte gelbe oder welck aussehen sollen. Saat und Gras wuchsen schon im Febr. wie sonst im späten Mertz fort, und im Mertz hatte man schon hin und wieder Gelegenheit zu grasen.  
  Der Hornung zeigte statt seines berüchtigten Zorns meist lauter Gelindigkeit, und verstattete sogar denen Früh-Insectis einen zeitigen Auftritt. Der Bauer ließ nun nicht im Mertz, sondern im Hornung den Pflug stertzen, und diese zeitige Einsaat gab im Mertz so viele Früh-Kräuterer, als man sonst im April kaum hat. Die Mertz-Veilchen, Mertzbecher u.d.g. hatten nunmehro den Nahmen mit der That, und überliessen dem April wenig von ihrem Vorrath. Die Bäume trieben im Febr. Blätter und Blüh-Knospen, und überbrachten solche dem Mertz zur nächst aufbrechenden, ja theils völligen Blüthe. Selbst vielerley Meteora zeigten sich im Febr. und Mertz, wie sonst im April und May. Die Lerche und andere Frühlings-Vögel erfülleten die Lufft mit einem frühzeitigen Gethöne. Überhaupt ein jeder wunderte sich über den so zeitigen Frühling, doch mancher nicht ohne Sorge einer schädlichen Folgerung, und es wusten Leute von 70 und mehr Jahren eines Winters von so gleicher gelinden Beschaffenheit sich nicht zu erinnern.  
  Doch der Winter folgte endlich im Frühling, ob schon zu der Zeit noch nicht in der Krafft, als wenn er später gekommen wäre. Denn von 28 Mertz an bis den 4 April, also 8 Tage lang, folgte scharffer Frost, viel Schnee, Eiß und stürmmische Winde, Schnee und Frost hielten festen Fuß, die warmen Stuben wurden allenthalben gesucht, die Füsse und der übrige Leib aufs Beste bedeckt, die äusserliche Lufft ih-  
  {Sp. 953|S. 490}  
  rer Rauhigkeit wegen aversiret, das Gevögel und andere Thiere verkrochen sich: Saat und Graß zwar hatte im Haupt-Werck zu dato keinen erweiterterlichen Schaden zu erfahren; aber verschiedene frühzeitige Bäume und Gesträucher wurden in ihrer Schwangerschafft zum abortiren oder todten Fruchtbringung disponirt.  
  Einige Erd-Gewächse lidten zwar nicht an ihrem Haupt-Wachsthum, doch an ihrer dismahligen Gestalt einige Frost-Marquen, daß einige Blätter oder deren Theile forthin als versenget aussahen. Überhaupt die, so gegen die Göttliche Fürsorge furchtsamer und kleingläubiger waren, als es sich gebührte, die standen in nicht geringen Kummer eines unwiederbringlichen Schadens an verschiedenen Gewächsen, den aber GOtt vor dismahl durch immer zu darzwischenfallenden Sonnenschein und sonderlich bald darauf wieder erfolgenden warmen Lufft grösten Theils und im Haupt-Wercke verhütete.  
  Diese verkehrte Witterung hat sich nicht nur bey uns, sondern auch an andern Gegenden, so wohl in Schlesien als in auswärtigen Ländern geäussert, davon man allhier zum Überfluß noch ein und das andere Zeugniß beyfügen will, und zwar zuerst aus Schlesien von Massel, da es heist:  
  Gleichwie der Monat Februar. einen Africanischen Sommer im Winter präsentirete, und mit fast lieblichen Frühlings-Tagen beschloß, so continuirte, mit nicht geringerer Anmuth der Anfang des folgenden Monats Mertz, die extraordinaire Wärme lockte die Gewächse der Erden ziemlich hervor, es fieng alles gar Wunderschöne an zu grünen, und unter warmen Regen fort zu wachsen. Wiewohl nicht zum Besten, denn es unserm Clima besser zu seyn schiene, wenn Feld und Gärten mit Schnee bedeckt gelegen, als daß wir Frühlings-Wetter hatten.  
  Es war ein prodromus, daß die Herrlichkeit nicht lange währen, sondern den ausgebliebenen Winter mit vielem Schaden und Nachtheil nachbringen würde. Dazu ominirten die 2 oder 3 mahl Abends den 27. 28 Febr. und 27 Mertz gesehene ausserordentliche Mond-Circul, so unserm Augenmaß nach bis 30 Ellen um den Mond weit herum giengen, auch das den 20 Mertz donnernde Gewitter von Mitternacht her, nichts anders als kaltes Wetter, und das stellete sich mit ziemlichen Reif und Frost im Mittel des Monats ein, den 11 Ejusd. kam der erste Frost von Matthias Abend an, wiewohl es diesesmahl in der Matthias-Nacht nicht gefrohren hat.  
  Darauf änderte sich das Wetter bald wieder in Wärme; aber um das Ende des Monats stellete sich kaltes, unfreundliches und schädliches Wetter mit Nacht-Frösten desto häuffiger ein, April- Wetter, Schnee-Gestöber und brausende Winde blieben nicht aussen: Darauf denn der April selbst keine gute Aspecten, vielmehr starcke Nacht- Fröste und den Früh-Gewächsen schädliche Witterung brachte.  
  Von Luzin kam folgendes: bey dem bisherigen warmen Wetter haben auch die Wald- und andere Vögel sich hervorgemacht, und sich lieblich hören lassen, daher man zu An-  
  {Sp. 954}  
  fang des Mertzes viele fette Fincken auf dem Heerd gefangen. Ingleichen Krebse und Gründel in Wassern: Auch wolten die Frösche mit ihrem Gequarre von dem Sommer zu Anfange des Mertz was hersagen. Im Walde muste man sich über die vielen gelben Molckenteller, so sich an den Bäumen angeleget, verwundern. In Mitfasten flogen schon May-Käfer herum, und um Gregorii kamen die Störche anmarchiret, desgleichen viele Schwanen von Abend her, immer bey 10 zusammen, und flogen gen Mittag und Morgen.  
  Den Tag vor Maria Verkündigung ließ sich auch die Nachtigall zum erstenmahl, wiewohl nur lenta voce, et quasi meditabunda hören: Es wuchsen zu Ende des Mertzes viele Biltze in Wäldern, nemlich die sogenannten braunen Morcheln, und Spitz-Morcheln, die häuffig von nun an zu Marckte getragen wurden. Welcher-Gestalt es diesen Monat in Lausitz völlig Frühlings-mäsig ausgesehen, solches bezeuget die von Budißin ausgefertigte Relation.  
  Von Limbach lautet sie also: Die Wärme continuirte den Mertz meistens hindurch, daher die Werra sich schon den 19 Mertz, wie auch die Frösche hören liessen. Die Bircke brach gegen den 25 Mertz, dabey die Leute sich erinnern wolten, daß dergleichen vor 43 Jahren sich ebenfalls zugetragen hätte, darauf aber in hiesigen Landen und andern vielen Gegenden die Pest eingebrochen wäre; Der Maulbeer-Baum aber wolte noch nicht rücken, und wolte zeigen, als wenn noch Kälte darhinter stecke.  
  Und diese fand sich in der That auch gegen Ende des Mertzes, denn vom 28 Mertz fieng es an zu schauren, zu schneien, zu gefrieren und zu stürmen, da Apricosen und Pfersicken in voller Blüthe stunden; ja man hatte grosse Sorge für das Getrayde, wie denn sonderlich das frühzeitige an Federn so versenget war, als am Feuer: Man hoffte aber die nitrosa nivis qualitas solte den Schaden und die Gefahr compensiren; der endlich gegen den 16. April verschiedenemal weggieng, worauf viel Frost und scharffe Reiffe bis gegen den 22 April erfolgten, nach welchen die Wärme wiederum schiene die Oberhand erlangt zu haben.  
  Was es in Sachsen, im Reich, in der Schweitz, in Hungarn, Preussen, Pohlen und anderwärts für ein gleiches Frühling-förmiges Aussehen gehabt, davon zeugen die Relationen mit mehrern.  
  Dieser so ungewöhnlich warme Winter nun setzte viele in nicht geringe Verwunderung, und es fehlete dann und wann nicht an allerhand fürchterlichen Voransagungen von erwartlichen Mißwachs, Theuerung bösen Seuchen, Pestilentz und dergleichen; Welches aber, durch Göttliche Krafft und Barmhertzigkeit, mit nichten, sondern vielmehr ein gesegnetes Jahr, wohlfeilere Zeit, und keine allgemeine schwere epidemische Seuchen erfolgt, am wenigsten die Pestilentz, als die in unsern Europäischen Landen auf keine Weise von der Witterung, sondern eintzig und allein von einem fremden Contagio ihre Entste-  
  {Sp. 955|S. 491}  
  hung hat;  
  Was die Ursache dieses so Frühlings-förmigen Winters anbetrifft, so ist solche wurde nichts andern zu suchen und zu finden, als in denen anhaltenden Südlichen Winden, sowie des Winterischen Frühlings in den Nordlichen, von deren Abwechselung und vermuthlichen Ursachen ein mehrers M. Febr. et Mart. … gemeldet worden. Breßlauische Sammlungen XIX Versuch …
     
  Warum die gröste Kälte erst im Hornung komme?  
  Man hat schon vor alten Zeiten diesen Reim gemacht:  
  Wenn der Tag beginnt zu langen,  
  Kommt die Kälte herbey gegangen.  
  Nemlich den Sommer über ist die Erde durchwärmet worden, und muß dannenhero erst wieder ihre Wärme alle ablegen, ehe die Lufft recht kalt werden kan. Denn so lange die Erde noch warm ist, gehet beständig Wärme aus der Erde in die Lufft, und hindert dadurch die Kälte.  
  Nun weisen es die Versuche, welche Mariotte mit den Wetter-Gläsern in den Kellern zu Paris angestellet, daß die Wärme erst gegen den 18 Decembr. aus der Erde gehet, als nach welcher Zeit das Wetter-Glaß unverändert den gantzen Winter durch stehen bleibet. Derowegen kan es auch vor der Zeit nicht recht kalt werden. Wenn aber die Erde ihrer Wärme völlig beraubet ist, so bleibet die Lufft kalt, und, da die ersten Wochen im Jenner die Sonne nicht mehr Krafft hat, als die beyden letzten Wochen im December; so kan auch diese Zeit über die Kälte zunehmen. Solchergestalt findet sich die gröste Kälte gegen das Ende des Jenners oder den Anfang des Hornung ein.  
  Vielleicht wird nicht einem jeden klar seyn, wenn wir sagen, die Erde habe alsdenn ihre Wärme, die sie von der Sonne den Sommer über erhalten, (denn hiervon und von keiner andern, die aus andern zufälligen Ursachen entstehet, ist die Rede) gäntzlich verlohren, wenn das Wetter-Glas im Keller nicht tieffer fället. Derowegen ist nöthig, daß wir es in mehrere Klarheit setzen.  
  Wenn die Lufft kälter wird, als sie vorher war, so wird auch die obere Erde, welche sie berühret, kälter. Und indem die obere Erde kälter wird, muß auch die untere kälter werden. Wenn nun aber die untere nicht mehr kalt wird; so muß auch dieselbe keine Wärme mehr haben, die sie von der Sonne erhalten. Denn daß die Wärme, welche sie bey zunehmender Kälte der Lufft fahren lässet, von der Sonne ist, kan man daraus ermessen, weil sie dieselbe wieder bekommet, wenn die Sonne es beginnet wärmer zu machen.  
  Man möchte zwar weiter sagen, da es im Keller nicht so kalt ist, wie oben in einem Orte, der nicht zu tieff in der Erde ist, wie eben Mariotte Essay du chaud et du froid … ausführet: So solte ja folgen, daß es auch unten im Keller kälter werden müste, je kälter es  
  {Sp. 956}  
  oben wird. Allein wir wissen, daß die Wärme durch einen dicken Cörper nicht gantz durchdringet, auch wenn sie starck ist: Derowegen darf uns nicht befremden, daß auch eine gantz mäsige Wärme, dergleichen in einem tieffen Keller ist, durch das dicke Erdreich nicht durchdringen kan.  
  Wir finden auch, daß einige Sachen die Wärme nicht durchdringen lassen, als z.E. Federn und Wolle, und darunter gehöret auch der Schnee, ja selbst das Eis, damit die obere Erde überfroren, oder durchfroren ist. Und deswegen kan nicht die Wärme aus der untern Erde in einer solchen Menge herausfahren, daß es daselbst so kalt, oder doch bey nahe so kalt würde, wie oben. Wolffs vernünfftige Gedancken von den Würckungen der Natur ...  
     
  Warum im Februar der warme Sonnenschein die Kälte nicht vertreibet.  
  Im Hornunge kommet die Sonne schon weit herauf, sonderlich gegen das Mittel, und scheinet daher warm. Derowegen sehen wir auch, daß es in der Sonne thauet, und der Schnee auf den Dächern und Feldern schmeltzet. Allein da die Erde gefroren und mit Schnee überdeckt, andere Cörper aber, die über der Erde erhaben stehen, sehr kalt worden sind; so können sie noch nicht von der Sonne mercklich erwärmet werden. Die wenige Wärme, welche die Lufft in der Sonne bekommet, wird ihr im Schatten bald wieder benommen, und des Nachts, die noch ziemlich lang ist, gehet alles wieder verlohren, was die Sonne den Tag über gewürcket.  
  Wer sich dieser Wahrheiten mehr versichern will, der darf nur mit Wetter-Gläsern observiren, und die Gelegenheit zu solchen Observationen, als er nöthig hat, suchen, der wird dessen zur Gnüge überführet werden. Deswegen aber geschiehet es, daß im Schatten gleich wieder gefrieret, was in der Sonne aufgethauet, und es sonderlich des Nachts starcken Frost hat, unerachtet die Mittags-Sonne Schnee schmeltzet und das Eiß an der oberen Fläche aufthauet. Wolffs Gedancken von den Würckungen der Natur ...  
     
  Warum der Regen es im Winter warm machet.  
  Wenn der Erdboden und sonderlich die Steine sehr kalt sind, und es fället ein subtiler Regen; so werden die Steine mit einer dünnen Schale von Eiß überzogen. Nun gefrieret das Wasser bloß dadurch, das ihm die Wärme entgehet. Derowegen muß der Regen wärmer seyn als die Steine und der Erdboden, und diesen seine Wärme mittheilen. Wiederum wenn das Erdreich und die Dächer mit Schnee bedecket sind, und es fället einen Regen darein, so thauet der Schnee viel stärcker auf als im Sonnenscheine.  
  Ja überhaupt ist das Tauwetter stärcker bey feuchter Lufft, als bey trockener. Der Schnee und das Eiß thauen nicht auf, als wenn sie wieder so viel Wärme erhalten als zur Flüßigkeit des Wassers nöthig ist. Derowegen da beyde von dem  
  {Sp. 957|S. 492}  
  Regen aufthauen, und gleichwohl dieser nicht gefrieret, so muß er nicht allein so viel Wärme haben, als ihn in seiner Flüßigkeit zu erhalten erfordert wird, sondern auch noch so viel darüber, als der Schnee und das Eis, so er schmeltzet, zu ihrer Flüßigkeit brauchen. Derowegen hat der Regen so viel Wärme, daß er auch der Lufft und dem Erdboden einige mittheilen kan, folgendes kan er wieder zu Winters-Zeit die Lufft und den Erdboden wärmer machen, als er ist. Wolffs Gedancken von den Würckungen der Natur ...  
     
  Wenn die Wolcken einen grimmigen Winter machen?  
  Wenn im Winter bey dem Nord-Winde, oder auch bey Nord-Ost der Himmel lange Zeit trübe ist, daß man sich lange Zeit des Sonnenscheines nicht zu erfreuen hat; so nimmet dadurch die Kälte sehr zu und bekommet man einen grimmigen Winter. Wie man an der ausserordentlichen strengen Kälte in dem Winter im Jahr 1709 ein Exempel hat, da dieses mit eine von den vornehmsten Ursachen war, wie Herr Wolff in Consideratione physico mathematica hiemis A. 1709 gezeiget.
  Und auf eine solche Weise sind die Wolcken auch ein Mittel die Strenge der Kälte zu vermehren, und einen so grimmigen Winter zu verursachen, daß Pflantzen, Menschen und Thiere von der Kälte grossen Schaden leiden. Wolffs Gedancken von den Absichten der natürlichen Dinge ...
     
  Ob auf einen strengen und starcken Winter allemahl ein gelinder, und auf einen schlechten oder weichen wiederum ein harter Winter zu erfolgen pflege?  
  Hiervon hat der gelehrte Medicus zu Goldingen in Curland, D. Joh. Georg Weygand, folgendes an die Verfasser der Breßl. Sammlungen, überschrieben:  
  „Die gantze Natur ist continuirlichen Abwechselungen unterworffen.  
 
  • Abgenützte Felder müssen ruhen, bis sie sich wieder erholen; und Bäume, die einige Jahre sehr fruchtbar gewesen, pflegen 1 oder ein paar Jahre auszuruhen:
  • Auf eine grosse Windstille folget gemeiniglich ein gewaltiger Sturm:
  • Nach einer dürren Zeit grosse Nässe; und auf eine continuirliche Nässe wieder grosse Trockene.
  • Also wechselt auch das Gewitter mit einander ab.
  • Nach gelindem Wetter folget starcke Kälte, und vice versa.
 
  Aber präcise die Zeiten zu determiniren, wenn sie abwechseln sollen, ist die pure Unmöglichkeit, denn GOtt dirigiret das Gewitter nach seinem Gefallen, und auch die Constitutio des Himmels lässet es nicht anders zu, bald folgen 2. 3. 4. starcke Winter nacheinander, bald 2. 3. weiche. Solches hat der Curländische Astronomus M. Georg Krüger, durch folgende Observationes, aus seinem Diario metereologico genommen, klärlich erwiesen:  
     
  Observationes von Wintern.  
  Anno  
  1616. Greulicher Schnee, grosse Kälte.  
  1617. Weicher gelinder Winter.  
  1618. Weicher Winter.  
  1620. Beständiger guter Winter.  
  1621. Guter Winter, mäßiger Schnee.  
  {Sp. 958}  
  1622. Braver Winter, mit grossem Schnee und Frost.  
  1623. Viel Schnee, der Frost wieget sich mit Gelindigkeit, und unbeständig  
  1624. Braver Winter mit Schnee und Frost.  
  1625. Unbeständig, viel Regen, Feuchtigkeit.  
  1626. Unbeständiger Winter, schlecht.  
  1627. Mäßiger Winter, viel Schnee.  
  1628. Kurtzer Winter-Monat im Jenner, sonst unbeständig.  
  1629. Schlecht etwan 14 Tage im Jenner.  
  1630. Im Jenner gut, sonst variable.  
  1631. Mittelmäßig.  
  1632. Guter Winter, starcker Frost.  
  1633. Caret und ist nicht observiret worden.  
  1634. Schlecht, unbeständig, feucht.  
  1635. Trefflich strenger Winter mit Schnee und Frost.  
  1636. Variable, schlecht, bis Lichtmesse, denn gut.  
  1637. Gut bis Pauli Bekehrung, denn ungerade, unbeständig.  
  1638. Ziemlich Schnee und Frost, bis Fastnacht, denn gelinde, grosse Sturm-Winde.  
  1639. 40. 41. 42. Carent.
  1643. Langer starcker Winter bis den 21 April, st. v.  
  1644-1652. Carent  
  1653. Schlecht, regnet einen gantzen Monat nach 3 Könige.  
  1654. Ungerade, erst gut, denn nicht, wieder gut.  
  1655. Köstlich, beständig, doch nicht sogar strenge.  
  1656. Unbeständig, schlecht, von Martio ab, gut.  
  1657. Im Anfange nicht, aber im Febr. und Mertz treflich gut.  
  1658. Der Winter köstlich, beständig im April.  
  1659. Guter strenger Winter, aber nicht übriger Schnee.  
  1660. Gut bis Fastnacht, dann nicht.  
  1661. Mittelmäßig, unbeständig.  
  1662. Gantz kein Winter, unbeständig.  
  1663. Gut, beständig, vom Advent bis Ostern.  
  1664. Schlecht, kaum 8 Tage im Febr.  
  1665. Beständig, köstlich vom Advent bis Ostern.  
  1666. Unbeständig, es thauet, es fror.  
  1667. Erst gut, denn schlecht, um Fastnacht gehets auf.  
  1668. Mäßig.  
  1669. Variable, erst gut, denn nicht, wieder gut bis med. April.  
  1670. Sehr strenger Winter.  
  1671. Schlechter Vor-Winter, bis Lichtmeß, denn gut.  
  1672. Bis Reminiscere gut, denn nicht.  
  1673. Wandelbar, doch beständig guter Weg bis Oculi.  
  1674. Wandelbar bis 2 Ephiph. denn erschreckliche Kälte bis med. Mart.  
  1675. Nicht gar beständig, doch Schlitten-Bahn.  
  {Sp. 959|S. 493}  
  1676. Gut, aber nicht strenge, nicht viel Schnee.  
  1677. Mächtig strenge, nicht viel Schnee, beständig.  
  1678. Schlecht, nicht 14 Tage in Curland.  
  1679. Stattlicher Winter, sehr viel Schnee.  
  1680. Fast nichts.  
  1681. Mäßig, Frost, gut, beständige Schlitten-Bahn, im Febr. viel Schnee.  
  1682. Schlecht, nicht vom besten.  
  1683. Variiret, die Nacht-Fröste halten auf.  
  1684. Stattlich, sehr strenge, viel Schnee.  
  1685. Treflich gut von Weynachten bis im April.  
  1686. Sehr variable und schlecht.  
  1687. Ungleich, Nov. gut, Dec. nicht, med. Jan. gut bis med. Mart.  
  1688. Mäßiger Frost und wenig Schnee.  
  1689. Sehr gut, zumahl im Jenner, Febr. das Eiß gehet erst den 13 April.  
  1690. Ungerade, unbeständig.  
  1691. Kurtzer Winter, von Weyhnachten bis Invocavit, wenig Schnee.  
  1692. Variable, zwar Frost, aber wenig Schnee  
  1693. Mäßiger Frost, aber sehr wenig Schnee.  
  1694. Zuvor nichts, nachdem Neu-Jahr beständig, strenge Frost bis Lichtmesse, sehr viel Schnee, grosse Winde, Febr. variable, der Weg blieb bis Reminiscere. Breßlauische Sammlung, Versuch XXXV ...  
     
  Öconomische Anmerckungen vom Winter.  
  Wenn die Saat im Winter bey harter Kälte unbedeckt bleibet, so kan sie solche ohne Schaden schwerlich ausstehen. Ein gar zu harter Winter ist denen Reben und andern zarten Gewächsen gefährlich, verzehret aber und verderbet das Raupen-Geschmeiß und anderes Ungeziefer, als dessen Saame in einem gar gelinden Winter erhalten und denen Bäumen im Früh-Jahre gefährlich u. schädlich wird. Wenn viele trockene Winter auf einander folgen, so pfleget gemeiniglich das Holtz in denen Wäldern davon zu verdorren und abzustehen.  
     
  Vorstellung des Winters in der Bilderkunst.  
  In der Bilderkunst wird der Winter vorgestellet als ein altes Weib, mit einem langen Peltzrocke angethan, mit dem Rücken gegen ein Feuer gestellet, und für sich einen gedeckten Tisch habend.  
     
  Mystische Bedeutung des Wortes: Winter.  
  Übrigens so ist noch zu mercken, daß das Wort: Winter, mystisch allerley Widerwärtigkeiten, Elend, und Versuchungen bedeute, Hohel. II, 11.
     
  Erklärung der Redens-Art: Der Winter ist vergangen.  
  Diese Redens-Art findet man im Hohen-Lied am II, v. 11. 13. Es ist solches eine Beschreibung der lustigen Frühlings-Zeit; die eigentliche Meynung aber dieser verblümten Rede Christi ist diese: Durch meine Zukunfft ins Fleisch und Vollbringung meines göttlichen Mittler-Amts ist alles Böse abgethan, und alles Gutes, himmlischer Friede  
  {Sp. 960}  
  und Freude herwiederbracht worden,
  • Marc. VII, 37.
  • 2 Cor. V, 17.
  • 2 Tim. I, 10.
  Es ist jetzt die angenehme Zeit, und der Tag des Heyls, 2 Cor. VI, 3.
  in welchem sich alles fein zur geistlichen Fruchtbarkeit schicket,
  • Esa LX, 21. Cap. LXI, 3. Cap. LXVI, 14.
  • Col. I, 6. 10.
  So komm nun zu mir, ich will dich erquicken, Matth. XI.
  Komm getrost, und geneuß durch wahren Glauben aller meiner Wohlthaten und Freuden,
  • Joh. VI, 35. Weim. Bibel, h.l.
  Osiand. Bib. sagt: Die Zeit der Verfolgung ist fürüber, und kömmt Friede und allerley glückselige, liebliche und angenehme Zeit wieder. Einen solchen Lentzen oder Frühling, nach dem grausamen Winter der Verfolgung, hat GOtt seiner Kirchen lassen kommen, unter dem grossen Kayser Constantin. Und bezeuget die Kirchen-Historie nach der Länge, was für grosse Gutthaten derselbe fromme Kayser der Kirche erwiesen. Eine solche Veränderung der traurigen Zeit in noch viel eine frölichere hat man auch zu unsern Zeiten gesehen, und ist zu wünschen daß wir solche Gutthaten durch Undanckbarkeit nicht wiederum verlieren. Biblisch. Real-Lex. II Th …
     

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Stand: 4. April 2013 © Hans-Walter Pries