|
Text |
Quellenangaben |
|
Braunschweig,
lat.
Brunsuiga, oder Brunsuigum, oder Brunonis vicus,
Brunopolis, eine berühmte grosse und
feste Stadt in Nieder-Sachsen, davon ein gantzes
Hertzogthum den
Namen hat.
Sie liegt an dem Fluß Ocker in einer ebenen und lustigen Gegend. |
|
|
Ihren
Ursprung
hat sie von denen
Söhnen
des
Hertzogs Ludolphi zu
Sachsen, Brunone, Tanquardo
und Ottone; Denn der älteste, Hertzog Bruno, hat
sich an dem
Ort,
wo ietzo die Stadt Braunschweig bestehet, und woselbst damahls ein altes
Dorff Wieck
gelegen, so von Carolo M. in dem Kriege wieder Wittekindum gantz
zerstöret worden, niedergelassen, eine Stadt zu
bauen angefangen, und selbige nach seinem
Namen Brunswick genennet. Seine Residentz nahm er in
dem so genannten Herren-Dorffe, so ietzo hinter
St.Magnus liegt, daher auch die Strasse, so seine
Ritterschafft angebauet, noch ietzo die Ritter-Strasse heisset. Als
Tanquardus sahe, daß seines Bruders
Vorhaben wohl von statten gieng, und sich viele
funden, die daselbst anbaueten, so nahm er den
Platz jenseit der Ocker, und führte an. 801 zur Defension
daselbst eine Burg auf, welche von ihm Tanquerode oder
Tanquarderode genennet
wurde. Worauf beyde Brüder ihren Bau
zusammen gezogen, bey einander auf dem Schloß
Tanquerode
gewohnet, die S. Jacobs-Kirche gestifftet; und also
die alte Stadt zu bauen continuiret, biß Bruno im
Kriege wieder die Dänen und Normanner bey Ebstorff
umgekommen, und sein Bruder Tanquardus das folgende
Jahr auch mit
Tode abgegangen. |
|
|
Worauf sich der dritte Bruder Otto M. in
Braunschweig niedergelassen und das Schloß
Tanquarderoda bewohnet, biß er an. 916
gestorben; da ihm denn sein
Sohn
Henricus
Auceps, so hernach
Käyser worden,
succediret.
Dieser hat die Neustadt zu der alten Stadt zu
bauen angefangen, und sie mit Mauern umzogen.
Er hat auch aus den umliegenden
Dörffern den
neundten Mann hinein zu ziehen aufgeboten, und
etliche davon zu Kriegs-Leuten verordnet, auch
ihnen jährlich gewisse Einkünffte angewiesen,
damit sie sich iederzeit zum Kriege gefast halten
möchten, wovon hernach die
Patricii
hergekommen. |
|
|
Als an. 936 Käyser Henricus
gestorben,
haben die folgenden Hertzoge und
Herren von
Braunschweig, diese Stadt noch mehr angebauet.
Darunter Ludolph,
Marg-Graf zu
Sachsen, der
nach Käysers Ottonis III
Tode dieses
Land
geerbet, welcher auch etliche Kirchen gebauet.
Hertzog Ecbrecht I hat a. 1090 das
Stifft
S. Cyriaci vor Braunschweig, und Gertraut, Marg-Gräfin von
Sachsen, das
Closter S. Aegidii ums Jahr 1112
fundiret. Diese hat mit Henrico,
Grafen
zu Northeim, eine
Tochter Rixam gezeuget, so an
den Käyser Lotharium vermählet worden,
welchem sie eine Tochter Gertrudin gebohren, die
Henrico Superbo, Hertzoge von Bayern, das Land
und die Stadt Braunschweig zur Morgengabe
mitgebracht. Er zeugte mit ihr Henricum Leonem, welcher die Burg mit einer Mauer und |
|
|
{Sp. 1137|S. 584} |
|
|
Graben umfangen, einige Kirchen
aufgeführet, anno 1172 den Löwen in die Burg
setzen lassen, den Hagen, so vorher nur lauter
Gärten, Wiesen und Buschwerck gewesen, und
etliche Burg-Gesesse hat er mit zur Stadt
gezogen, und ummauert, auch dieselbe noch
ferner ausgezieret. Er hat zwar seinem ältesten
Sohn Henrico an. 1195 Braunschweig vermacht,
allein desselben Bruder Otto hat die Stadt
eingenommen. Zu dessen
Zeiten ist die alte Wick
völlig bebauet u. der Sack zur Stadt genommen
worden. |
|
|
Die folgenden Hertzoge haben gleichfalls
nicht unterlassen, was zum Aufnehmen dieses
Orts gereichen konte, beyzutragen, welche
hierdurch so groß und Volckreich worden, daß
vor der letzten Reduction 5
Weichbilder darinnen,
und in iedem ein besonderes Rath-Hauß zu
befinden gewesen. Das erste in der alten Stadt,
das andere in der Neu-Stadt, daß dritte auf dem
Hagen-Marckte, das vierte im Sack, das fünffte in
der alten Wick. |
|
|
Sie hat 9 Thore und ist mit Mauern, Wällen
und Gräben trefflich befestiget, so daß im
30jährigen Kriege viele Leute ihre Zuflucht
daselbst gefunden. |
|
|
Die Stadt hat ausser unterschiedlichen
kleinen und der Dom-Kirche, noch 8 Haupt-
Kirchen, it. 4 Haupt-Schulen, eine Menge von
Hospitälern und Begginen oder Armen-Häusern.
Der Thurm an der St. Andreas-Kirche ist einer
derer höchsten in Teutschland. |
|
|
Unter die andern Merckwürdigkeiten der Stadt
gehören die zwey Stücke, so vor die grössesten in
Teutschland gehalten werden, die faule Metze,
welche auf einer Bastion stehet, und der grimmige
Löwe genannt, u. die Braunschweigische Mumme,
ein Bier, welches von so grosser Dauerhafftigkeit
und Güte, daß es gar nach Indien geführet
wird. |
|
|
Nachdem die Hertzogliche Residentz nach
Wolffenbüttel verleget worden, und sonderlich bey
denen Erb-Fällen es ohne Streitigkeiten unter
denen Hertzogen nicht abgieng, auch an. 1343 die
Voigtey und unterschiedene andere
Güter und
Jura der Stadt
verkauffet worden; fand diese Stadt
Gelegenheit, sich besonderer
Privilegien
anzumassen, welche ihr die
Landes-Fürsten nicht
zugestehen wollen, worüber es gar offt zur
Thätlichkeit gekommen, da die Hertzoge sich zum
öfftern wiewohl meistentheils vergebens bemühet
die Stadt unter ihre
Gewalt zu bringen; hingegen
die
Bürger sich nicht nur tapffer gewehret,
sondern auch offt von freyen Stücken denen
Feinden derer Hertzoge offenbarlich
beygestanden. |
|
|
Derer ältern Geschichte hier zu geschweigen;
so ist zwar an. 1492 von Hertzog Heinrich dem ältern, und an. 1542 von Hertzog Heinrichen
dem jüngern, dem eifrigen Vertheidiger der
Catholischen Religion, die Stadt angegriffen
worden, hat aber von
Churfürst
Joann Fridrichen
zu
Sachsen, und
Land-Graf
Philipp zu Hessen
Hülffe erhalten. |
|
|
Anno 1550 und 53 ist sie abermahl von
Hertzog Heinrich vergebens belagert worden. |
|
|
Anno 1605 den 16 Oct. hätte Hertzog
Henricus Julius diese Stadt beynahe überrumpelt,
wie denn seine Leute das äussere Thor S. Magni samt dem Wall schon eingenommen, und das
allda stehende Geschütz gegen die Stadt
loßgebrannt hatten; weil aber noch die innere
Stadt-Mauer übrig, und die Hertzogliche
Verstärckung nicht gleich bey der Hand war,
faßten die Bürger einen Muth, nahmen einen Theil
des Walls wieder ein, und wehrten sich sodann
mit schüssen, biß des folgenden Morgens um 10
Uhr, da endlich, als die meiste Bürgerschafft den
Muth schon sincken ließ, und |
|
|
{Sp. 1138} |
|
|
sich ergeben wolte, nur 150 Mann an zwey
Orten einen Ausfall gethan, und den Feind von
denen Seiten so tapffer angegriffen, daß er die
Flucht nehmen, und alle mitgebrachte Stücke und
Kriegs-Vorrath im Stich lassen muste. Aber nach
wenigen Tagen, nehmlich in der Nacht zwischen
dem 20 und 21 Oct. kam der Hertzog mit noch
grösserer Macht, und fieng eine förmliche
Belagerung an, fügte auch sonderlich der Stadt
mit Aufschwellung der Ocker, so durchflüßt,
grossen Schaden zu, biß der Damm zum
andernmahl den 16 Mertz und zwar diesesmahl
unten im
Grund gebrochen; so daß alle
Hoffnung,
die Stadt durch dieses Mittel zu bezwingen, auf
einmahl verschwand. Weil nun überdiß über
15000 Mann, welche die Hansee-Städte der
bedrängten Stadt zur Hülffe gesendet, heran
rückten, auch der
Käyser Rudolphus II
von denen
Thätlichkeiten mit allem Ernst abmahnte, hub
endlich der Hertzog die Belagerung auf; da denn
die Braunschweiger sammt ihren Helffern einige
Jahre durch in dessen
Lande wiederum grossen
Schaden verursachten. |
|
|
Anno 1615 griff Hertzog Fridericus Vlricus sie
im Julio mit grosser Gewalt an, muste aber den 11
Novembr. abziehen, weil die Holländer und
Hansee-Städte ihre Hülffe zuschickten, und wurde
den 21 Dec. durch Vermittlung des
Königs in
Dännemarck, derer
Churfürsten zu Pfaltz,
Sachsen und
Brandenburg und anderer
Stände des Reichs
im
Closter Stederburg ein Vergleich
geschlossen, daß die Hertzoge alle
Privilegia der
Stadt confirmiren, die Stadt dagegen, wie sie ann.
1569 gethan, die
Huldigung ablegen solte,
welches auch den 6 Febr. geschehen. |
|
|
Endlich aber an. 1671 hat sie der Hertzog
Rudolph August sich unterwürffig gemacht. Denn
nachdem die gesamten Hertzoge von
Braunschweig im Frühling selbigen Jahres zu
Burgwedel beysammen gewesen, und die Stadt
unter sich zu bringen beschlossen, so forderte
Hertzog Rudolph August mit Hülffe seiner Herren
Vettern selbige den 18 May auf, und den 26
selbige Monaths rückten die Hertzogliche
Trouppen unter dem Feld-Marschall Grafen von
Waldeck vor die Stadt. Unterdessen wurde
verschiedenemahl von beyden Parteyen tractiret,
wobey sich auch die Holländischen Gesandten,
mit denen Abgeordneten derer Städte
Hamburg,
Lübeck und Bremen eingefunden. Endlich erfolgte
wieder alles Vermuthen den 12. Jun. ein
glücklicher Vergleich, und den 16. Jun. leisteten
die Bürger denen gesamten Hertzogen von
Braunschweig die Huldigung. Worauf die fünff
Weichbilder der Stadt zusammen gezogen, und
unter ein Stadt-Regiment gebracht, an statt 14
Bürgermeister 4, an statt 11 Camerarien auch 4
und an statt 31
Raths-Herren 8 gesetzt, die
niedrigen Gerichte gleichfalls
reformirt, und an
statt 10, 2 Stadt-Einnehmer und ein Buchhalter
bestellet, und die Stadt also beruhiget worden
ist. |
- Tolneri Hist. Palat. ...
- Helm. Chron. slau. ...
- Alberti Stadensis Chron.
...
- von Bünaus Leben Friedrichs I. ...
- Knauth Beschr. Sachs. Land. ...
- Zeiller. Topogr. Brunsv.
- Sagittar. de orig. Brunsv.
- Rehtmeyer der Stadt
Braunschw. Kirchen-Hist.
-
Lünigs deduct. ...
- Gastelius de statu publ. Europae ...
-
Lundorp T. IX. ...
- Schad. in Contin. Sleidani.
|
|
|
|