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Quellenangaben |
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Kram-Waaren. |
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In weitläufftiger
Bedeutung genommen, sind
fast alle
Waaren, mit welchen man
handelt, weil
selten ein Grossirer zu finden, welcher nicht
unterweilen ein und andere seiner Waaren
vereinzelen
solte; wie sie denn endlich allzumahl
denen Krämern in die Hände kommen, welche
dieselben bey Kleinigkeiten unter die Leute
vertreiben. |
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Savary, im vollkommenen Kauffmann setzet
sechserley
Zustände derer mit Waaren
umgehenden
Kauff-Leute; als |
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1) |
Tuch-Händler. |
2) |
Gewürtz-Händler. |
3) |
Die Krämer. |
4) |
Die Rauch- und Peltz-Händler. |
5) |
Die Hut-Staffirer. |
6) |
Die Goldschmiede, zu
welchen auch |
7) |
die Holtz- Kalck- Ziegel-
Frucht- und Wein-Händler wollen
gezehlet
werden. |
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Unter diesen allen aber hält er den
Stand der
Krämerey vor den
vornehmsten, als welcher, der
Pariser-Kramer-Ordnung nach, mit aller derer
andern Stände ihren Waaren, in
gantzen Ballen
und Stücken, und auch einzelen oder in Kleinigkeit
handeln, und diesemnach, ohne Einspruch führen
kan: |
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- Gold,
- Silber,
- Seiden, und allerley seidene
Stoffe, von unterschiedlicher
Art, und Gattung,
- Camelot,
- Halbseiden,
- Brocat,
- Barchet,
- Boy,
- allerhand Leinwand,
- bereitet und unbereitet Tuch,
- Corduan,
- Gems- Elend- und Büffel-Leder,
- Rauch-
und Peltz-Waaren,
- Teppiche,
- und Bett-Decken,
- Posementen,
-
Bänder,
- goldene- silber- und
seidene Knöpfe,
- gesponnenen Gold- und Silber-Drath,
- rohe und abgesottene, gefärbete und
ungefärbete Seide,
- allerley Juwelen, Gold- und
Silber-Geschmeide und andere Metallen mehr,
- vielerhand Droguen,
- Specereyen,
-
Gewürtz,
- Brasilien-Holtz,
- Indigo,
- Weyd,
- Cochenille,
- Krapröthe, und andere Farbe-Waaren,
- Eisen,
- Stahl,
- Zinn,
- Meßing,
- Kupffer,
- Bley und Gewehr,
samt allerhand Eisen-Waaren, als:
- Gefäße und
Ausstaffirungen
- von Gold und Silber,
- von Kupffer,
Eisen, gegossenen Metall,
- von raren
Schildereyen, Spiegeln,
- Holtz- und Glas-Arbeit,
- u.d.g.
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welches alles den Stand derer Kramer voraus
recommendable und herrlich machet, sonderlich,
da solcher mit geringen
Capital anzufangen, und
mit grossen Capital, wie unzählbare
Exempel
bezeugen, zu endigen stehet. |
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Es will aber die Krämerey auch ihre
besonderen Obseruationes haben, als daß nemlich der, so damit umgehet,
eines
tugendhafftigen
Lebens,
fleissig, und höflichen
Wandels sey. Unter dem tugendhafften Leben
verstehen wir, daß er |
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{Sp. 1752} |
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seiner
Handlung wohl
verstehe, kostbare oder zu der Uppigkeit dienende Waaren nicht auf
seinen
eigenen
Leib wende, und also sich selbst
des Gewinnes, welchen er daraus hätte machen
können, beraube: Ingleichen, daß er nicht falsche
Waaren, Ellen, Maß und Gewicht habe, als
welches zuförderst dem höchsten
GOtt ein Greuel
ist, seiner
Nahrung und Gewerb aber grossen
Schaden und üble Nachrede bringen kan. |
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Der Fleiß wird an einem Kramer erfordert, weil bey so viel Kleinigkeiten
gute
Ordnung
muß
gehalten werden, daß alles auf seinen rechten
Ort
und Stelle liege, alles wohl numeriret, sortiret, und
der Beschaffenheit nach fleißig in Papier
eingewickelt, in guter Pflege gehalten, offt
ausgefeget, ausgeputzet, poliret, versetzet, angeölt,
und solchergestalt, vor dem Rost, Staub, und
Ungeziefer bewahret, dem Käuffer aber schön und
in guten
Zustand vor die Augen geleget
werde. |
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Wenn auch einige Waaren einen feuchten,
andere einen trockenen, diese einen hellen, jene
einen dunckelen Ort, sonderlich, wenn sie denen
Käuffern sollen vorgezeigt werden, erfordern, als
ist hierzu abermahls der Fleiß und die Sorgfalt
eines Kramers höchst
nothwendig: Endlich muß er
auch eines bescheidenen und höflichen
Umganges seyn, damit er die Käuffer mit guten
Worten
an sich locken, u. dieselben zu dem
Kauff
animiren könne. Jedoch sey auch alles Lügen,
sonderlich aber das falsche Schwören weit davon
entfernet, damit es bey ihm nicht nach dem
gemeinem Sprichwort heisse: |
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Laudat Venules, quas vult extrudere merces.
Ein jeder Kramer lobt seine Waare. |
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Dieses
Lob muß gemäßiget seyn, also, daß
es die Schrancken der
Wahrheit nicht
überschreite, oder der Nächste durch
fälschliches
Vorgeben betrogen, und um das seine gebracht
werde, welches eine
Sünde wider das siebende
Gebot und die eigentliche
Meynung desjenigen
Bibel-Spruches ist, daß, wie der Nagel in der
Wand, also auch die Sünde zwischen Käuffer und
Verkäuffer stecke. Zu wünschen wäre es, daß
nach der Mennonisten Art im
Kauffen und
Verkauffen, das Ja und Nein gelten
möchte, und
jeder seine Waare nicht höher böte, als er sie zu
verkauffen gedächte. Zwar heisset es: Alle Käuffer
sind keine Kenners; Allein von eines andern
Unerfahrenheit profitiren
wollen, ist zu weilen die
höchste Unbilligkeit. |
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Dieses wäre nun kürtzlich das Betrachtens
würdigste bey der Krämerey, dem man noch
beyfügen könte, daß so wohl Kramer als
Grossirer, wenn sie ihren eigenen Handel
anfangen wollen, der Ellen Maß und Gewicht, der
Waaren ihrer Breite, Länge, und Qualität, der
Zeit
und des
Ortes des Einkauffes, ingleichen der
Condition desselben, und denn auch
gleichergestalt des Verkauffes wohl
erfahren sey,
daß er sich nicht mit solchen Waaren überlege,
welche leicht verderblich, ausser der Mode, und
veränderlich an Farben oder Abgang sind. |
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Ferner daß er gleich zu Anfange seiner
Handlung durch frische und gute Waaren sich in
Renommée setze, die gekauffte Waare wohl
nachmäße, und wie hoch er sie geben könne wohl
calculire; nicht jedermann borge, auf den Preiß
nicht zu hart stehe, |
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{Sp. 1753|S. 873} |
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sondern manchmahl einige Waaren lieber
ohne Profit, ja gar mit etwas
Schaden verkauffe,
wenn er eine Summe baares
Geldes mit eins
bekommen oder absehen kan, daß eine solche
Waare ihm hernach noch lange
Zeit in den
Laden
liegen bleiben, oder gar die Käuffer, gegen welche
man so hart gewesen, künfftig wieder zu kommen
abschröcken möchte. |
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Wenn auch die richtige
Ordnung, die ein
Kramer in seinen Kramer-Scripturen hält,
demselben einen grossen
Nutzen bringet, als wird
ihm dazu folgende Manier angewiesen. |
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Erstlich, daß er
jährlich ein richtiges
Inventarium über alle seine vorhandene Waaren
mache, dieselben wohl nachmäße, und abwäge,
und den Einkauffs-Kosten nach ihren Belauff
berechne, das
täglich auf
Zeit oder Condition
verkauffete in die Gewölb- oder
Buden-Kladde
einschreibe: und zu Ende des
Monats, was
würcklich auf Zeit verkauffet, oder abgehohlet, und
nicht wiedergebracht worden, in ein sogenanntes
Waaren-Schuld-Buch, wenn es allerhand
Kleinigkeiten an Kram-Waaren sind, denen
Leuten, die solche empfangen, in Debet stelle, da
sich denn leicht gegenüber in Credit abschreiben
läßet, was sie darauf wieder empfangen, oder von
ihnen an anderen Waaren gehohlet und geliefert
worden. |
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Ist denn einer solchen
Person Rechnung von
Importance oder läuffet in andere
Handels-Geschäffte, als: Wechsel, Assignationes, und
dergleichen hinein, so wird aus solchen Waaren-Schuld-Buche
ordentliche ein kurtzer
Transport
nach Italiänischer Manier in die Haupt-Handels-Bücher gemachet. Die baaren Lösungs-Gelder
werden in eine Cassam oder Lade zusammen
geworffen, und monatlich überzehlet, alsdenn der
grossen Cassa einverleibet, und selbige davor in
Waaren-Conto debitiret. Aus obbemeldten
Waaren-Schuld-Buche wird monatlich denen
Kram- oder Laden-Dienern ein Verzeichniß
übergeben, welche Schulden sie einzunehmen
haben. |
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Was die von andern verschriebene, oder in
Loco selbst verkauffte Waaren betrifft, werden
dafür diejenigen Personen, von welchen solche
gekauffet oder geschicket worden, in dem
Handels-Journal creditiret. |
Ein mehrerer Unterricht hiervon ist in
Marpergers Probier-Stein derer Buchhalter zu
ersehen. |
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