HIS-Data
Home | Suche
Zedler: Kram-Waaren HIS-Data
5028-15-1751-4
Titel: Kram-Waaren
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 15 Sp. 1751
Jahr: 1737
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 15 S. 872
Vorheriger Artikel: Krampsko
Folgender Artikel: Kran
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Kram-Waaren.  
  In weitläufftiger Bedeutung genommen, sind fast alle Waaren, mit welchen man handelt, weil selten ein Grossirer zu finden, welcher nicht unterweilen ein und andere seiner Waaren vereinzelen solte; wie sie denn endlich allzumahl denen Krämern in die Hände kommen, welche dieselben bey Kleinigkeiten unter die Leute vertreiben.  
  Savary, im vollkommenen Kauffmann setzet sechserley Zustände derer mit Waaren umgehenden Kauff-Leute; als  
 
1) Tuch-Händler.
2) Gewürtz-Händler.
3) Die Krämer.
4) Die Rauch- und Peltz-Händler.
5) Die Hut-Staffirer.
6) Die Goldschmiede, zu welchen auch
7) die Holtz- Kalck- Ziegel- Frucht- und Wein-Händler wollen gezehlet werden.
 
  Unter diesen allen aber hält er den Stand der Krämerey vor den vornehmsten, als welcher, der Pariser-Kramer-Ordnung nach, mit aller derer andern Stände ihren Waaren, in gantzen Ballen und Stücken, und auch einzelen oder in Kleinigkeit handeln, und diesemnach, ohne Einspruch führen kan:  
 
  • Gold,
  • Silber,
  • Seiden, und allerley seidene Stoffe, von unterschiedlicher Art, und Gattung,
    • Camelot,
    • Halbseiden,
    • Brocat,
    • Barchet,
    • Boy,
  • allerhand Leinwand,
  • bereitet und unbereitet Tuch,
  • Corduan,
  • Gems- Elend- und Büffel-Leder,
  • Rauch- und Peltz-Waaren,
  • Teppiche,
  • und Bett-Decken,
  • Posementen,
  • Bänder,
  • goldene- silber- und seidene Knöpfe,
  • gesponnenen Gold- und Silber-Drath,
  • rohe und abgesottene, gefärbete und ungefärbete Seide,
  • allerley Juwelen, Gold- und Silber-Geschmeide und andere Metallen mehr,
  • vielerhand Droguen,
  • Specereyen,
  • Gewürtz,
  • Brasilien-Holtz,
  • Indigo,
  • Weyd,
  • Cochenille,
  • Krapröthe, und andere Farbe-Waaren,
  • Eisen,
  • Stahl,
  • Zinn,
  • Meßing,
  • Kupffer,
  • Bley und Gewehr, samt allerhand Eisen-Waaren, als:
  • Gefäße und Ausstaffirungen
    • von Gold und Silber,
    • von Kupffer, Eisen, gegossenen Metall,
    • von raren Schildereyen, Spiegeln,
  • Holtz- und Glas-Arbeit,
  • u.d.g.
 
  welches alles den Stand derer Kramer voraus recommendable und herrlich machet, sonderlich, da solcher mit geringen Capital anzufangen, und mit grossen Capital, wie unzählbare Exempel bezeugen, zu endigen stehet.  
  Es will aber die Krämerey auch ihre besonderen Obseruationes haben, als daß nemlich der, so damit umgehet, eines tugendhafftigen Lebens, fleissig, und höflichen Wandels sey. Unter dem tugendhafften Leben verstehen wir, daß er  
  {Sp. 1752}  
  seiner Handlung wohl verstehe, kostbare oder zu der Uppigkeit dienende Waaren nicht auf seinen eigenen Leib wende, und also sich selbst des Gewinnes, welchen er daraus hätte machen können, beraube: Ingleichen, daß er nicht falsche Waaren, Ellen, Maß und Gewicht habe, als welches zuförderst dem höchsten GOtt ein Greuel ist, seiner Nahrung und Gewerb aber grossen Schaden und üble Nachrede bringen kan.  
  Der Fleiß wird an einem Kramer erfordert, weil bey so viel Kleinigkeiten gute Ordnung muß gehalten werden, daß alles auf seinen rechten Ort und Stelle liege, alles wohl numeriret, sortiret, und der Beschaffenheit nach fleißig in Papier eingewickelt, in guter Pflege gehalten, offt ausgefeget, ausgeputzet, poliret, versetzet, angeölt, und solchergestalt, vor dem Rost, Staub, und Ungeziefer bewahret, dem Käuffer aber schön und in guten Zustand vor die Augen geleget werde.  
  Wenn auch einige Waaren einen feuchten, andere einen trockenen, diese einen hellen, jene einen dunckelen Ort, sonderlich, wenn sie denen Käuffern sollen vorgezeigt werden, erfordern, als ist hierzu abermahls der Fleiß und die Sorgfalt eines Kramers höchst nothwendig: Endlich muß er auch eines bescheidenen und höflichen Umganges seyn, damit er die Käuffer mit guten Worten an sich locken, u. dieselben zu dem Kauff animiren könne. Jedoch sey auch alles Lügen, sonderlich aber das falsche Schwören weit davon entfernet, damit es bey ihm nicht nach dem gemeinem Sprichwort heisse:  
  Laudat Venules, quas vult extrudere merces.
Ein jeder Kramer lobt seine Waare.
 
  Dieses Lob muß gemäßiget seyn, also, daß es die Schrancken der Wahrheit nicht überschreite, oder der Nächste durch fälschliches Vorgeben betrogen, und um das seine gebracht werde, welches eine Sünde wider das siebende Gebot und die eigentliche Meynung desjenigen Bibel-Spruches ist, daß, wie der Nagel in der Wand, also auch die Sünde zwischen Käuffer und Verkäuffer stecke. Zu wünschen wäre es, daß nach der Mennonisten Art im Kauffen und Verkauffen, das Ja und Nein gelten möchte, und jeder seine Waare nicht höher böte, als er sie zu verkauffen gedächte. Zwar heisset es: Alle Käuffer sind keine Kenners; Allein von eines andern Unerfahrenheit profitiren wollen, ist zu weilen die höchste Unbilligkeit.  
  Dieses wäre nun kürtzlich das Betrachtens würdigste bey der Krämerey, dem man noch beyfügen könte, daß so wohl Kramer als Grossirer, wenn sie ihren eigenen Handel anfangen wollen, der Ellen Maß und Gewicht, der Waaren ihrer Breite, Länge, und Qualität, der Zeit und des Ortes des Einkauffes, ingleichen der Condition desselben, und denn auch gleichergestalt des Verkauffes wohl erfahren sey, daß er sich nicht mit solchen Waaren überlege, welche leicht verderblich, ausser der Mode, und veränderlich an Farben oder Abgang sind.  
  Ferner daß er gleich zu Anfange seiner Handlung durch frische und gute Waaren sich in Renommée setze, die gekauffte Waare wohl nachmäße, und wie hoch er sie geben könne wohl calculire; nicht jedermann borge, auf den Preiß nicht zu hart stehe,  
  {Sp. 1753|S. 873}  
  sondern manchmahl einige Waaren lieber ohne Profit, ja gar mit etwas Schaden verkauffe, wenn er eine Summe baares Geldes mit eins bekommen oder absehen kan, daß eine solche Waare ihm hernach noch lange Zeit in den Laden liegen bleiben, oder gar die Käuffer, gegen welche man so hart gewesen, künfftig wieder zu kommen abschröcken möchte.  
  Wenn auch die richtige Ordnung, die ein Kramer in seinen Kramer-Scripturen hält, demselben einen grossen Nutzen bringet, als wird ihm dazu folgende Manier angewiesen.  
  Erstlich, daß er jährlich ein richtiges Inventarium über alle seine vorhandene Waaren mache, dieselben wohl nachmäße, und abwäge, und den Einkauffs-Kosten nach ihren Belauff berechne, das täglich auf Zeit oder Condition verkauffete in die Gewölb- oder Buden-Kladde einschreibe: und zu Ende des Monats, was würcklich auf Zeit verkauffet, oder abgehohlet, und nicht wiedergebracht worden, in ein sogenanntes Waaren-Schuld-Buch, wenn es allerhand Kleinigkeiten an Kram-Waaren sind, denen Leuten, die solche empfangen, in Debet stelle, da sich denn leicht gegenüber in Credit abschreiben läßet, was sie darauf wieder empfangen, oder von ihnen an anderen Waaren gehohlet und geliefert worden.  
  Ist denn einer solchen Person Rechnung von Importance oder läuffet in andere Handels-Geschäffte, als: Wechsel, Assignationes, und dergleichen hinein, so wird aus solchen Waaren-Schuld-Buche ordentliche ein kurtzer Transport nach Italiänischer Manier in die Haupt-Handels-Bücher gemachet. Die baaren Lösungs-Gelder werden in eine Cassam oder Lade zusammen geworffen, und monatlich überzehlet, alsdenn der grossen Cassa einverleibet, und selbige davor in Waaren-Conto debitiret. Aus obbemeldten Waaren-Schuld-Buche wird monatlich denen Kram- oder Laden-Dienern ein Verzeichniß übergeben, welche Schulden sie einzunehmen haben.  
  Was die von andern verschriebene, oder in Loco selbst verkauffte Waaren betrifft, werden dafür diejenigen Personen, von welchen solche gekauffet oder geschicket worden, in dem Handels-Journal creditiret. Ein mehrerer Unterricht hiervon ist in Marpergers Probier-Stein derer Buchhalter zu ersehen.
     

HIS-Data 5028-15-1751-4: Zedler: Kram-Waaren HIS-Data Home
Stand: 19. September 2013 © Hans-Walter Pries