HIS-Data
Home | Suche
Zedler: Statuten (Landes-) [2] HIS-Data
5028-39-1345-7-02
Titel: Statuten (Landes-) [2]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 39 Sp. 1352
Jahr: 1744
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 39 S. 689
Vorheriger Artikel: Statuten (Landes-) [1]
Folgender Artikel: Statuten, (Land Städtische)
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden

vorhergehender Text  Teil 1 Artikelübersicht  

Übersicht
Verbindlichkeit (Forts.)
  Wirkungen außerhalb des Landes
Auslegung

  Text Quellenangaben
Wirkungen außerhalb des Landes Anlangend die andere Frage: Ob die Statuten ihre Würckungen auch ausser dem Territorio oder demjenigen Gebiete, allwo sie errichtet worden, haben, oder ihre Unterthanen ausser Landes binden? So sind hiervon folgende Fälle anzumercken:  
 
I. Wenn das Statut denen Unterthanen etwas nachläßt; so haben sie solches ausserhalb des Landes nicht zu geniessen.
 
 
II. Die Statuten, welche eine Person habilitiren, oder zu einer gewissen Handlung tüchtig machen, haben in so weit ihre Würckung ausser dem Lande, daß eine solche Person in Ansehung derselben auch an fremden Orten vor tüchtig oder untüchtig geachtet werde.
 
 
  Dannenhero weil nach Sächsischen Rechten die Sächsische Unterthanen nach zurück gelegtem 21 Jahre majorenn seynd. Als ist ein solcher im 22 Jahre auch in fremden Provintzen davor zu achten, und kan er seine daselbst liegende Güter ohne Vormund veräussern. Er hat dagegen aber auch in denen geschlossenen Contracten keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu hoffen; es wäre denn, daß die Obrigkeit des Orts in denen unbeweglichen Gütern ein anders statuiret hätte.
Mevius ad Jus Lubec. quaest. praelim. 6. n. 39.
 
  Denn wenn ein Statut die Sache afficiret, das andere Statut aber die Person legitimiret; so muß dieses jenem weichen.
Lyncker ad tit. ff. de LL §. 24.
 
  Wofern aber ein solcher Sächsischer Majorenner seine Wohnung ändert, und solche an Ort und Enden, wo Kayserliche Rechte gebräuchlich seyn, constituiret; alsdenn hat er in seinen künfftigen Handlungen die Rechte derer Minderjährigen zu geniessen; die vorigen aber müssen in ihrem Werthe bleiben.
 
 
  Ferner, weil nach Sächsischen Rechten eine Tochter durch Verheyrathung von väterlicher Gewalt frey wird; so wird sie auch an fremden Orten davor geachtet, und hat der Vater in ihren unbeweglichen daselbst liegenden Gütern nicht weiter die Abnützung. Also auch, wenn einer vor einen Verschwender oder Verthuer (pro Prodigo) öffentlich erkläret ist; so wird er allenthalben vor einen solchen geachtet.
 
 
III. Die Statuten, welche denen bürgerlichen Geschäfften eine gewisse Form vorschreiben, würcken zwar ausserhalb Landes so viel, daß diejenigen Geschäffte und Handlungen, welche nach der vorgeschriebenen Solennität in dem Orte des Statuts abgehandelt worden, allenthalben ihre Gültigkeit haben; inmassen ein nach der Solennität des Orts verfertigtes Testament an fremden Orten auch gilt.
 
 
  Ferner mag ein Instrument, so an einem Orte, nach dasigen Statuten, gemacht ist, anderswo nicht verworffen werden, und muß ein an dem Orte des Contracts hinlänglicher Beweiß an andern
 
  {Sp.1353|S. 690}  
 
  Orten, wenn auch solcher daselbst sonst gleich nicht hinlänglich wäre, dißfalls dennoch gelten.
Bartolus ad L. cunctos. C. de SS. Trin. n. 16.
 
  Allein diesen Effect hat man von denen Statuten nicht zu gewarten, daß die ausser Landes, nach der in Statuten vorgeschriebenen Art, geschlossene und aufgerichtete Contracte gültig seyn könnten. Daher denn auch, wenn ein Bürger nach der Vorschrifft des Statuts auswärts testiren wolte, solches ungültig wäre; indem die Forme der Handlung zu beobachten ist, wie sie an dem Orte, wo dieselbe geschicht, vorgeschrieben ist.
 
 
  Es wäre denn Sache, daß das Statut denen Bürgern ihre Geschäffte, auch ausserhalb Landes, nach der vorgeschriebenen Forme abzuhandeln, aufbürdete, oder vergönnete; in welchem Falle die Bürger auch an fremden Orten sich darnach zu achten hätten: massen eine Obrigkeit ihre Bürger durch ausdrückliche Verordnung gar wohl verbinden kan, daß sie auch ausser Landes sich nach ihren Statuten richten, und ihre Geschäffte und Contracte nach deren Solennitäten schliessen müssen. Ins besondere können Bürger verbunden werden, daß sie auch ihre an andern Orten liegende, unbewegliche Güter keinem Fremden, wenn schon der Contract ausser Landes geschlossen würde, verkauffen dürffen.
 
 
IV. Wenn die Statuten die Sache afficiren; so gehen zwar solche auf die denen Bürgern zustehende bewegliche Güter, sie mögen liegen, wo sie wollen. Dahero ist
 
 
 
1) daß in Concurs- und Credit-Sachen die beweglichen Güter des Schuldmanns und seine Activ-Schulden zu seiner wesentlichen Wohnung gezogen, und nach denen Rechten des Orts, wegen der Priorität, erkannt werde.
Carpzov P. I. Const. 28. def. 19.
 
 
  Es wäre denn, daß anderswo schon Arrest darauf erhalten worden; Daß vors
 
 
 
2) das Statut welches einen Abzug verstattet, auf die an andern Orten liegende Mobilien und ausstehende Schulden sich ebenfalls erstrecke, wenn schon die Zahlung anderswo versprochen worden,
Rauchbar Quaest. 12. n. 5.
 
 
  indem der Ort der Zahlung überall bey aussenstehenden Capitalien nicht consideriret wird, ausser was die Zahlung, die Sorten der Müntze, das Forum, und dergleichen betrifft; Daß
 
 
 
3) die Succeßion derer Mobilien und Capitalien nach denen Statuten des Wohnungs-Ortes geschehe, und solchergestalt ein Ehemann in Sachsen seines Weibes-Mobilien, sie mögen seyn, wo sie wollen, erbe.
Carpzov P. III. Const. 12. def. 13
 
  Gehet aber das Statut auf unbewegliche Güter, so müssen zwar die Bürger auch ausser dem Orte des Statuts, in Ansehung ihrer unbeweglichen, unter der Jurisdiction des Statuirenden liegenden Güter, sich darnach achten, und darff demnach, wenn das Statut verbiete, seine unbewegliche Güter an Fremde zu verkauffen, oder zu vermiethen, auch ausserhalb des Orts der Contract mit einem Fremden nicht geschlossen werden.
 
 
  Allein die Würckung eines solchen Statuts erstrecket sich nicht über die an fremden Orten liegende Güter; es mag gleich das Statut etwas, nach gemeinen Rechten zulässiges, verbieten, oder das darinnen verbotene verstatten.
 
 
  Die ersten heissen Statuta prohibitiva, die andern permissiva: Als z.E. wenn das Statut verbietet, daß ein Minderjähriger nicht solle
 
  {Sp.1354}  
 
  können testiren; ein Ehegatte dem überlebenden nichts vermachen solle; die Brüder mit denen Eltern zur Succeßion nicht sollen gelassen werden; die Schwestern mit denen Brüdern nicht erben sollen; so hat solches keine Würckung auf die anderswo liegende Güter. Und mag demnach ein Minderjähriger von denenselben wohl testiren: ein Ehegatte dem andern etwas vermachen, u.s.w. Denn das Statut machet die Person nicht untüchtig; sondern es ist nur die Veräusserung in der bemeldeten Sache verboten, wiewohl viele in diesem Falle widriger Meynung sind.
 
 
  Ferner mögen die Kinder zugleich mit denen Eltern, Schwestern mit denen Brüdern wohl erben; es wäre denn Sache, daß das Statut der Person eine Inhabilität oder Untüchtigkeit gäbe. Ingleichen wenn die Statuten vergönnen, daß ein Minderjähriger unbewegliche Güter veräussern; ein noch unter väterlicher Gewalt stehender Sohne Testamente machen, oder andere Geschäffte verrichten möge, oder daß ein nach dem Bürgerlichen Rechte zur Succeßion untüchtiger Mensch zum Erben eingesetzet werden könne: so gelten diese Statuten ausserhalb des Landes, oder Gebietes nicht.
 
 
  Und kan in gegenwärtigem Falle von der Disposition, betreffend die Solennität einer Handlung (welche, wenn sie nach der Solennität des Orts getroffen wird, allenthalben gelten muß) nicht auf die Permißion zur Handlung argumentiret werden. Z.E. das Statut erfordert zum Testament drey oder vier Zeugen; dieses Testament gilt an denen Orten, wo mehrere Zeugen nöthig seynd. Denn hierdurch wird niemanden präjudiciret. Hingegen dem Filiofamilias wird verstattet, ein Testament zu machen, oder zu negotiiren; dem Minderjährigen erlaubet seine Güter zu veräussern; ein Untüchtiger zur Succeßion gelassen; diese und dergleichen Statuten können in Ansehung derer in fremden Gebieten liegenden unbeweglichen Güter nicht gelten.
 
 
V. Die Statuten, worinnen eine Straffe benennet ist, würcken zwar so viel, daß ein Unterthaner, welcher in dem Orte des Statuts gesündiget hat, auch an einem fremden Orte mit der benannten Straffe beleget werden könne. Allein wo er ausserhalb gesündiget hat, so ist er nach denen Gesetzen des Orts, wo er gesündiget, zu bestraffen, wenn er auch von der Obrigkeit, unter welcher er wohnet, bestraffet wird.
Carpzov in Pract. Crim. quaest. 54. n. 47.
Auslegung Was die Interpretation der Auslegung der Statuten betrifft; so hat man, wie in andern Gesetzen, also auch in dieser zu sehen:  
 
  1. auf die Worte des Statuts,
  2. auf die Meynung,
  3. auf die Absichten und Bewegnisse des Statuirenden.
 
  Die Worte sind nach der gemeinen Redens-Art des Landes zu verstehen. Wenn demnach ein Statut vom Weine redet; so kan man solches nicht auf andere Geträncke ziehen. Welches von Victualien handelt, gehet nicht auf Heu, Hafer, und dergleichen. Welches von Mobilien disponiret, gehet nicht auf aussenstehende Schulden. Welches die Mutter von der Vormundschafft ausschliesset, entziehet derselben nicht die Erbschafft.  
  Jedoch muß man auch in diesem Falle auf die Bedeutung des gemeinen Rechts sehen. Wenn also ein Statut von der Frucht redet; so ist solches zu verstehen nach Abzug der  
  {Sp. 1355|S. 691}  
  aufgewandten Kosten.  
  Wie denn auch die Meynung des Statuirenden, nebst dessen Absichten, in Acht zu nehmen. Denn wo die Ausfuhr verboten; so darff man nichts auf denen Schultern wegtragen. Wenn nicht verstattet wird, Getreide wegzuführen; so ist auch solches vom Mehle zu verstehen.  
  Und kan also wegen der End-Ursache ein Statut auch wohl eine Extension haben.  
  Im übrigen sind die Statuten strictae interpretationis. das heißt, nach dem eigentlichen und genauesten Wort-Verstande zu deuten, und darüber nicht zu erstrecken. Daher sind diejenige, welche von Contracten reden, nicht auf die Gleich als Contracte zu ziehen. Welche von ausdrücklichen Papieren disponiren, gehen nicht auf die stillschweigende Pfande, immassen sie dergestalt vom gemeinen Recht abweiche.  
  Vielmehr sind solche so viel möglich, mit denenselben zu vereinbaren, und ausser ihrer Materie, wovon sie handeln, nicht zu extendiren, auch nicht einmahl wegen gleichmäßiger Ursache, absonderlich wenn sie wider das gemeine Recht seynd. Und muß also der Fall, welcher im Statut ausdrücklich nicht enthalten, unter der Disposition des gemeinen Rechtes bleiben; es wäre denn Sache, daß die Intention des Statuirenden dadurch vernichtet würde.  
  Es nimmt auch das Statut eine Erklärung aus einem andern Statute, nicht allein eben desselbigen, sondern auch des benachbarten Orts an.  
  Vor allem aber hat man auf die Observantz und das Herkommen, zumahl wenn solche in denen Gerichten bereits bestätiget worden, zu sehen. Von welcher Materie Lyncker in seinen obangezogenen Comment. de Statutis §. 30. u.ff. mit mehrerm handelt.
  Übrigens besiehe hierbey auch den Artickel Landes-Ordnung im XVI Bande, p. 554. u.ff.  
     

vorhergehender Text  Teil 1 Artikelübersicht  

HIS-Data 5028-39-1345-7-02: Zedler: Statuten (Landes-) [2] HIS-Data Home
Stand: 30. März 2013 © Hans-Walter Pries