Stichworte |
Text |
Quellenangaben |
|
Statuten (Landes-)
Provintzial- oder
Territorial-Statuten,
Statuta Provincialia, oder
Statuta Territorialia, sind eigentlich nichts
anders, als
gewisse Particular- oder
gantz besondere
Rechte und
Verordnungen,
die sich nur auf einen oder den andern
Staat und
Gebiete, und über die darinnen
befindlichen
Einwohner oder
Unterthanen, weiter aber nicht, erstrecken, und heissen
sonst auch insgemein nur
Fürstliche
Landes-Ordnungen. |
|
|
Nun haben zwar, wie be- |
|
|
{Sp. 1346} |
|
|
kannt, so viel absonderlich unser
Deutschland
anbetrifft, die
unmittelbaren
Reichs-Stände, vermöge der ihnen zustehenden
hohen Landes-Obrigkeit, die
Macht
Gesetze zu geben. Nur daß solche dem gemeinen
Deutschen Staats-Rechte oder denen
Reichs-Abschieden, zumahl wenn solche die clausulam derogatoriam, das
heißt, die ausdrückliche Clausul, daß alle dagegen gemachte Particular-Gesetze
oder
Verordnungen derer Stände null und nichtig seyn sollen, in sich halten,
nicht zuwider angeordnet werden. Wiewohl auch in diesem Falle dergleichen
Statuten denen
Unterthanen, wenn sie mit Consens derer
Land-Stände gemacht
worden präjudiciren, nicht aber so leicht denen Auswärtigen und Fremden, schaden
können. Zumahl wenn die
Sache an die höchsten
Gerichte des Reichs gezogen werden
sollten. |
|
|
Indessen ist ihnen eher erlaubet, einige denen
Justinianischen oder
Päbstlichen
Rechten conträr seyende Gesetze zu machen. Wenn nehmlich diese
Rechte mit der
Art und dem
Zustande unserer Zeiten nicht allenthalben überein
kommen. |
Schweder in Jure Publ. Part. Spec. sect.
2. c. 13. |
|
Ob aber bey Abfassung derer Landes-Ordnungen die Einwilligung derer
Landes-Stände, oder eine vorläuffige Berathschlagung mit denenselben erfordert
werde, hat man dießfalls auf die Landes-Verträge und das
Herkommen zu sehen; und
ist nicht ohne, daß man auf denen
Land-Tägen
hierüber zu Rathe zu gehen pflege:
absonderlich, wenn die vor seyende
Verordnung zum Präjuditz ihrer Religion,
Freyheit von
Steuern, habenden
Rechts zu appelliren, und dergleichen, abzielen
möchte, in welchen Fällen allerdings ihr Consens erfordert wird; widrigenfalls
sie, zumahl wegen der Religion, bey denen höchsten Reichs-Tribunalien sich
beschweren können. |
Lyncker cit. loc. |
|
Nicht weniger wird gefraget, ob die
Kayserliche Confirmation nöthig sey? daß
solche von einigen
Reichs-Ständen gesuchet und erhalten worden, besagen die
Praefationes unterschiedener
Landes-Ordnungen. Und ist nicht ohne, daß,
wenn die Constitutiones denen
Reichs-Abschieden, welche auch auf die künfftigen
Ordnungen gerichtet sind, und solche caßiren, R.A. von 1529 §. 31. zuwider
lauffen, das sicherste sey, die Kayserliche Confirmation zu suchen; zumahl wenn,
wie schon oben gedacht, die Constitution wider Auswärtige ihre
Würckung haben
solte. |
|
|
Diejenige Landes-Constitutiones aber, welche ausser dem Reichs-Rechte
gemacht werden, können der Kayserlichen Confirmation leichter entbehren.
Indessen ist der Landes Obrigkeit nicht verwehret, auch die von
Kayserlicher Majestät confirmirte
Constitutiones wieder zu ändern. |
|
|
Was bishero
gesaget worden, kan auf die
Reichs-Städte, auch auf diejenigen,
welche einem andern
Stande des Reichs in ihrem
Gebiete ein und ander
Regale
zustehen, und deßwegen den gewöhnlichen Eyd abschwören müssen, sonst aber
gleichmäßige
Gewalt,
Gesetze
zu geben, haben, gezogen werden. Wovon unter dem
Artickel Statuten (Reichs-Städtische) ein mehrers. |
|
|
Ein gleiches kan auch, auf gewisse Maasse, von der
unmittelbaren Reichs- |
|
|
{Sp. 1347|S. 687} |
|
|
Ritterschafft gesaget werden. |
Besiehe Schmidts
Diss. de Superioritate
Territoriali Nobilibus Imperii immediatis asserta, Altdorff 1702. |
Verbindlichkeit |
Gegenwärtig aber ist wohl vor allen Dingen zu untersuchen, wieweit diese
Landes-Ordnungen und Statuten ihre
Verbindlichkeit haben? vor diesem ist zwar
diese
Materie von denen meisten
Rechts-Lehrern auf eine gantz unvernehmliche und
dunckele, ja höchst verworrene Art, und dergestalt abgehandelt worden, daß man
nach ihren Lehr-Sätzen vielmehr in ein rechtes Labyrinth allerley sich
zuwiderlauffender
Meynungen verfället, als den benöthigten
Unterricht daraus
ziehen kan. |
|
|
Um aber die
Sache, so viel möglich, leicht und vernehmlich vorzustellen; so
wollen wir gewisse Fragen anführen, und unter solchen unterschiedene Fälle
vorstellen, in deren Entscheidung wir aber nicht so wohl auf den
Bartolus, und andere Rechts-Lehrer, ad L. cunctos C. de Summa
Trinit. ausser in wenigen Fällen, sondern vielmehr dem so gelehrten, als
berühmten Herrn von Lyncker in seiner gründlichen
Commentation de Statutis folgen, und die darinnen enthaltenen richtigen
Lehr-Sätze zum
Grunde unserer
Meynung legen, solchemnach einmahl vor allemahl in
vielen Fällen, bey welchen keine
Schrifftsteller insbesondere allegiret sind,
auf obgemeldeten Tractat uns bezogen haben wollen.¶ |
|
Wirkungen gegen Auswärtige |
I. |
Ob die Statuten ausländische (Forenses) welche derer
Orten
durchpaßiren, oder einige Tage sich allda aufhalten, oder daselbst handeln, oder
Güter liegend haben, oder auch etwas verbrechen, angehen?
¶ |
|
|
|
II. |
Ob die Statuten ihre
Würckung ausser dem
Territorio oder dem
Gebiete des Gesetzgebers haben, oder die
Unterthanen auch ausser
Landes binden?
¶ |
|
|
|
Bey der ersten Frage setzen wir folgende Fälle:
¶ |
|
|
(I) |
Wenn die
Lands-Ordnungen oder Statuten denen
Unterthanen in der Art
eines
Privilegii etwas zum besten statuiren; so haben Auswärtige dessen nicht zu
geniessen, weil sie die
bürgerlichen
Beschwerden nicht dergestalt mit tragen
helffen z.E. Wenn denen
Bürgern vergönnet ist, die Frucht, so sie auf ihren
Äckern
bauen, zu verbrauen und auszuschencken; so werden Fremde, welche auch
derer Orten Feld-Güter haben, darzu nicht gelassen.¶ |
|
|
|
(II) |
Wenn das Statut die Unterthanen habilitiret z.E.
daß sie nach dem 21 Jahre majorenn seynd; daß sie durch die
Hochzeit von
väterlicher Gewalt,
befreyet seyn sollen, wie denn, nach
Sächsischen Rechten, eine
Tochter
solchergestalt davon befreyet wird; so gehet solches nicht auf Fremde, wenn sie
schon derer
Orten unbewegliche Güter hätten. Dannenhero behält der
Vater die
Abnutzung der Tochter
Güter, ob schon diese an solchem Orte liegen. Denn das
Statut kan diejenigen, welche dem Orte nicht unterworffen sind, nicht
habilitiren, noch von ihrem
Stande disponiren. Und stehet nicht im Wege, daß ja
genug sey, in der Emancipation derer Forensium oder in der |
|
|
|
{Sp. 1348} |
|
|
|
Freylassung und Entbindung derer Auswärtigen und Fremden von der väterlichen
Gewalt die Solennitäten des
Orts, wo die Emancipation geschiehet, zu observiren. |
|
|
|
|
Denn dieses Statut legitimiret nicht an und vor
sich die
Person;
sondern schreibet nur der bürgerlichen Handlung eine
Form vor, wie sie bey dieser
Obrigkeit
geschehen müsse, welche auch von Auswärtigen zu observiren. Es thut auch
nichts zur Sache, daß, wenn das Statut einem Filiofamilias, das
ist, einem
Sohne, der noch in
väterlicher Gewalt ist, zu testiren
vergönnet, solches auch Forenses Filiifamilias thun können.
Denn auch dieses Statut gehet nicht auf die Person, sondern auf die
Güter, wovon es zu disponiren verstattet.¶ |
|
|
|
(III) |
Diejenigen
Ordnungen, welche von der Policey, z.E. die Kleidung,
Gastereyen, und dergleichen, betreffend, handeln, gehen die Ausländischen
ordentlicher Weise nicht an, weil solche nur vornehmlich darzu abgesehen seynd,
die Sitten derer
Bürger bessern; es wäre denn, daß sie eine Zeit lang derer
Orten sich aufhalten wollen, so hätten sie
billig, Ärgernisses halber, sich auch
darnach zu achten, weil sie so denn, als
Unterthanen, wenigstens eine Zeit lang,
consideriret werden, oder daß die Ordnung auf sie ausdrücklich gerichtet wäre.¶ |
|
|
|
(IV) |
Die
Ordnungen, welche denen bürgerlichen Handlungen so wohl unter
Lebenden, und diesen entweder Gerichtlichen, oder ausser
Gerichte, als auch dem
letzten Willen, gewisse Maaß und
Form vorschreiben, sind auch von denen
Auswärtigen in Acht zu nehmen, solten sie auch sich daselbst nur auf wenige Zeit
aufhalten wollen. |
|
|
|
|
Wenn also die
Ordnung, die in
Kayserlichem Rechte vorgeschriebene
Solennitäten vermehret; so sind sie schuldig, solche zu observiren. Es wäre denn
Sache, daß zwey Forenses oder Auswärtige an dem
Orte einen
Contract
schliessen wolten, weil alsdenn zu präsumiren, daß sie solchen nach denen
Solennitäten ihres Orts geschlossen haben |
|
|
|
|
Dahingegen haben sie auch die Remißion derer in
gemeinen Rechten erforderten
Solennitäten zu geniessen. Dahero kommt es, daß ein Fremder in Abhandlung derer
Contracte, zu Verhütung einer Nullität, die in denen Statuten des Orts, wo der
Contract geschlossen, vorgeschriebene Solennitäten in Acht zu nehmen habe. |
|
|
|
|
Dieserwegen meynen auch die
Rechts-Lehrer, wenn das Statut wolle: daß die
Instrumente z.E. auf Stempel-Papier geschrieben, oder sonsten vor ungültig
gehalten werden sollen, daß ein von einem Auswärtigen aufgerichtetes Instrument,
ohne diese
Solennität, auch an fremden Orten keine Gültigkeit habe, |
|
Bartholdi in Diss. de Charta signata,
Franckfurt 1690. |
|
|
Weil der
Contrahent, indem er zum
Contrahiren schreitet, sich solchen
Statuten freywillig unterwirfft, |
|
Carpzov Lib. V. Resp. 1. |
|
|
Wenn auch schon der Contract über
Güter geschlossen wäre, so an einem
fremden Orte gelegen; oder im Contract die Zahlung an einem andern Orte, wo
dergleichen
Solennitäten nicht erfordert werden, versprochen |
|
Mevius ad Jus Lubec. quaest. praelim.
6. n. 43. |
|
|
|
|
{Sp. 1349|S. 688} |
|
|
|
Wenn die Verkauffung unbewegliche Güter ein Instrument oder eine
gerichtliche Auflassung derer Güter, oder die Schenckung eine gerichtliche
Insinuation erfordere, solches die Forenses, auch
Geistliche, in Acht
zu nehmen haben; Wenn das Statut in denen Contracten derer Minderjährigen den
Consens derer nächsten Freunde erfordert, solches Minderjährige von fremden
Orten ebenfalls beobachten müssen. |
|
Carpzov Lib. V. Resp. 1. n.
18. |
|
|
Daß eine Nicht-Sächsische
Weibes-Person in denen Sächsischen
Gerichten ohne
Vormund nicht zugelassen werde, ja auch andere Geschäffte und Handlungen ohne
denselben nicht schliessen möge; Daß Fremde, auch
Geistliche, nach denen
Proceß-Ordnungen des
Orts, wo sie Processe führen, sich richten müssen, |
|
Mevius Lib. V. Dec. 241. |
|
|
wenn auch die
Sache, worüber gestritten wird, in einem fremden
Gebiete
gelegen wäre. |
|
Mevius ad Jus Lubec. quaest. praelim.
6. n. 35. |
|
|
Dahero müssen Nicht-Sächsische Partheyen, wenn sie in
Sachsen Processe
haben, in Person den Eid abschwören, auch in allen und jeden gerichtlichen
Handlungen, als Vorschützung verzögerlicher Schutz-Reden, (denn auch dieses
gehöret nicht zu Entscheidung der Haupt-Sache, sondern zu deren Tractation, und
also zur Proceß-Ordnung) Eydes-Delation, Führung des
Beweises, sich denen
Sächsischen Ordnungen conformiren. |
|
Faber in Cod. Lib. I. tit. 5.
def. 4. n. 14. |
|
|
Da hingegen können Sächsische
Unterthanen ausser
Sachsen die Juramente, nach
der Befestigung des Kriegs-Rechtens, deferiren, auch solche durch einen Anwald
abschwören. |
|
|
|
|
Ferner ist hier zurechnen, daß in der Appellations-Instantz, oder bey
gesuchter Execution (wie denn auch Auswärtige es zu geniessen haben, wenn an dem
Orte, wo die Execution gesuchet wird, solche auf klare Briefe und Siegel sofort
ergehet) oder bey Anlegung des Arrests, die Proceß-Ordnung des
Appellation-Gerichts, oder des Orts, wo die Appellation oder der Arrest gesuchet
wird, zu observiren sey. |
|
Mevius ad Jus Lubec. quaest. praelim.
6. n. 35. |
|
|
Zwar, was in der Appellation die Erörterung der streitigen Sache anbelanget;
so muß der
Richter der Appellations-Instantz, auf die Statuten des vorigen
Richters sehen, weil der Appellations-Richter nur urtheilen soll, ob der Richter
erster Instantz wohl, oder übel gesprochen? Welches nicht geschehen kan, wenn
der Ober-Richter nicht auf die Statuten des
Orts siehet, wo der
Unterrichter
wohnet, oder seine
Gerichtsbarkeit hat. Hierzu kommt, daß, wenn eine Sententz
denen Statuten des Orts gemäß ist, der Appellant, weil er kein Gravamen anführen
mag, keine
Ursache zu appelliren gehabt. |
|
|
|
|
Und endlich, daß schon genug sey, wenn ein Ausländischer nach der
Solennität
des
Orts, wo er testiret, seinen
letzten Willen abfasse, ob schon an dem Orte,
wo er wohnet, mehrere Solennitäten erfordert werden, es mögen auch seine
Güter
liegen, wo sie wollen.¶ |
|
|
|
V. |
Die
Ordnungen, welche die unbeweglichen Güter, unter welche die jährliche
Einkünffte und Gefälle, so derer Orten gehoben werden, ja auch bewegliche,
welche eines perpetuirlichen Gebrauches halber, und mit der Intention, daß sie
beständig daselbst verbleiben sollen, zu rechnen seyn, afficiren, gehen auch
Auswärtige an. |
|
Mevius Lib.
|
|
{Sp. 1350} |
|
|
|
II Dec. 99. u.f.
|
|
|
Also wenn denen Gebäuden eine gewisse Höhe, oder sonst eine gewisse
Art
vorgeschrieben; so müssen auch Fremde, welche daselbst ein Haus haben, sich
darnach achten. |
|
|
|
|
Wenn ein Statut verstattet, daß ein in
väterlicher Gewalt noch stehender
Sohn Testamente machen könne, so kan ein auswärtiger Filiusfamilias von
seinen des
Orts
liegenden Gütern ebenfalls testiren. Denn das Statut ändert
nichts an der Person, sondern vergönnet von denen Gütern zu disponiren. Wie die
Statuten die Succeßion und Erbfolge in unbeweglichen Gütern reguliren; nach der
Weise erben auch Auswärtige. Und wird nicht gesehen, ob das Statut zum Besten
oder zum Nachtheile dessen, der da erben will, gereiche. |
|
|
|
|
Dannenhero schliesset ein auswärtiger Vater, in denen in
Sachsen liegenden
unbeweglichen Gütern seines
Kindes, die übrigen
Kinder aus. Wenn die
Töchter von
der Succeßion derer unbeweglichen Güter ausgeschlossen werden; so können auch
ausländische Töchter darinnen keine Succeßion
prätendiren. |
|
|
|
|
Wenn denen Erstgebohrnen alle unbewegliche Güter, mit Ausschliessung derer
übrigen Kinder, durch das Statut gegeben werden, so hat es auch ein
Primogenitus forensis zu geniessen. Jedoch meynen einige, wenn es auf die
Person gerichtet sey, daß ein Ausländischer sich dessen nicht zu erfreuen hätte. |
|
|
|
|
Was aber von der Succeßion in unbewegliche Güter nach denen
Rechten des
Orts, wo sie liegen, gemeldet worden, solches fehlet, wenn das überlebende
Ehe-Weib dem verstorbenen
Manne succediren will. Denn in diesem Falle siehet man
auf die Rechte des Orts seiner wesentlichen Wohnung, oder seines
Vaterlandes.
Solchergestalt wird eine
Wittwe, wenn der verstorbenen
Mann schon der Orten
Güter hat, allwo sonst gleich das
Weib auch in unbeweglichen Gütern, vermöge des
Statuts erbet, zur Succeßion nicht gelassen. Denn ein solches Statut
redet nicht
so wohl von der Succeßion, als von dem
Vortheil aus der
Ehe, worinnen man auf
die Rechte des Orts siehet, wo der verstorbenen
Ehe-Mann seine wesentliche
Wohnung gehabt |
|
Pistoris Obs. 23.
|
|
|
Es ist auch sonsten bekannten
Rechtens, daß in der Succeßion derer Ehegatten
nicht auf die Rechte des
Orts, wo das
Weib her gebürtig, oder wo die
Ehe-Pacten
gemacht, sondern auf die Rechte des Orts, wo der Ehe-Mann seine Wohnung hat,
oder da dieses nicht bekannt ist, auf die Rechte des Orts, wo der
Mann gebürtig
ist, zu sehen sey; so gar, daß auch, wie einige wollen, wenn ein
Bürger in
seiner Geburts-Stadt die Ehe-Pacten aufrichte, die Rechte des letztern Ortes vor
denen Rechten seiner wesentlichen Wohnung einen
Vorzug haben. |
|
Bartolus ad L. cunctos. C. de SS. Trin.
|
|
|
Indessen folget aus obigem, daß, wenn ein
Ehemann an einem Orte, wo die
Statuten dem überlebenden Wittwer den dritten Theil von des
Weibes
Verlassenschafft geben, die
Ehe-Pacten aufgerichtet, dessen ungeachtet die
Succeßion nach denen Statuten des Orts, wo der
Mann wohnet, geschehen müsse, und
also, wo diese dem Wittwer die Helffte geben, ihnen diese Portion gebühre: Aber
wie, wenn ein
Weib das Statut des Orts ihres Mannes nicht gewust hätte? Als denn
wollen einige, daß solches |
|
|
|
{Sp. 1351|S. 689} |
|
|
|
dem ohngeachtet gelten müsse. Andere aber behaupten dißfalls das Gegentheil. |
|
Siehe
- Alexander Vol III. Consil.
100.
- Angelus Vol. III. Consil. 101.
|
|
|
Im übrigen gehen die Statuten in Erbschaffts-Sache einen Auswärtigen,
welcher daselbst stirbet, nicht an; sondern dessen Succeßion in beweglichen
Gütern richtet sich nach denen Rechten seiner Wohnung, oder wo er dieses nicht
constituiret hat, des Orts, woher er gebürtig gewesen. |
|
Richter de Success. ab intest. in Prooem.
n. 17 und 27. |
|
|
Wie auch wenn das Statut einem
Ehe-Manne wider das
bürgerliche Recht
verbietet, daß er sein
Weib zum Erben nicht einsetzen könne, daran ist ein
Fremder, wenn er der
Orten testiret, nicht gebunden.¶ |
|
Bartolus ad d.l. cunctos C. de SS. Trin.
n. 26.
|
|
VI. |
Wenn die
Ordnungen und Statuten eine gewisse
Straffe auf ein Verbrechen
setzen; so mag man auch Auswärtige, welche der
Orten sündigen, und da
absonderlich das Verbrechen wider göttliche,
natürliche und
gemeine Rechte
lauffet, damit wohl belegen. |
|
|
|
|
Es haben auch sich dieselbe damit nicht zu behelffen, daß dergleichen Sünde
in ihrem Lande nicht so sehr
bestraffet werde. Denn es ist genug, daß der
Delinquent gewust, eine solche
That sey straffbar, ungeachtet ihm die
Art der
Straffe unbewust gewesen. |
|
Zösius ad tit. ff. de jur. et fact.
ignor.
|
|
|
Dahero kommt es, daß ein Ausländischer, wenn er in
Sachsen im Ehebruch
ergriffen wird, von der Todes-Straffe, die er nicht gewust hätte, nicht frey
ist. Dahingegen hat auch ein Sächsischer Unterthaner, welcher ausser Sachsen
einen Ehebruch begehet, die
Straffe des
Orts, wo er gesündiget, ob schon solche
daselbst nicht
capital seyn möchte, auch in Sachsen, wo er etwa zur Straffe
gezogen wird, und also keine schwerere, zu gewarten. |
|
|
|
|
In Summa, ein Delinquent wird mit derjenigen
Straffe, welche an dem Orte des
Verbrechens gewöhnlich ist, beleget; Es mag nun in dem Orte des Verbrechens
seine Wohnung, oder wo er ergriffen wird, (denn diese sind die Fora
eines Delinquenten.) die Inquisition wider ihn vorgenommen seyn. |
|
Carpzov in Pract. Crim. qu. 54.
n. 47. |
|
|
Jedoch daß nur nicht in fraudem legis gehandelt werde. Denn wenn
die
Unterthanen des
Orts, wo z.E. das Duelliren
capital ist, in einem dritten
Orte ausser Landes duelliren wolten; so bleibet es in dem Falle bey der Straffe
des
Gesetzes, welches sie solchergestalt hintergehen gemeynet. |
|
Siehe das Chur-Sächs. Duell-Mandat von 1712.
§. 35. |
|
|
Wäre aber im Statute etwas verboten, das vor sich ein indifferentes
Werck
ist, so hat man zu sehen, ob ein Ausländer sich so lange im
Lande aufgehalten,
daß er es vermuthlich gewust, oder habe wissen können. Auf diesen Fall mag er
wohl mit der im Statute enthaltenen
Straffe beleget werden, absonderlich wenn
das Verbotene durch eine allgemeine
Gewohnheit bekannt wäre. |
|
Bartolus ad d. l. cunctos n. 20.
|
|
|
Z.E. daß man kein Wild schiessen oder fangen soll. |
|
|
|
|
Wiewohl, so viel die
Bestraffung belanget, der Delinquent die Erlassung der
Straffe eher zu hoffen hat, als ein Einheimischer. Wäre aber der Ausländer nicht
lange an einem solchen
Orte gewesen; so bleibet er, weil er in diesem Falle die
Präsumtion der Unwissenheit vor sich hat, mit der Straffe |
|
|
|
{Sp. 1352} |
|
|
|
|
|
|
Es ist aber dieses, was von Vermeidung der
Straffe wegen des Verbrechens
geredet worden, auf die Contracte nicht zu ziehen. Dahero muß auch ein Fremder,
welcher mit einem
Bürger contrahiret, nach dem
Rechte des
Orts, seiner
Unwissenheit ohngeachtet, sich richten. |
|
|
|
|
Und dieses sey genug gemeldet, wieweit die Statuten einem Ausländischen
angehen möchten. |
|
Übrigens besiehe hierbey Hildebrands
Diss. de Obligatione Forensium ex Jure Statuario, Aldorff 1698. |
|
|
|