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Zedler: Wald [3] HIS-Data
5028-52-1145-6-03
Titel: Wald [3]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 52 Sp. 1161
Jahr: 1747
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 52 S. 594
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Übersicht
Jetziger Verfall der Wälder in Deutschland
Nothwendigkeit der Wälder
mancherley Ursachen, wodurch eine Waldung ins Abnehmen und Verfall gerathen
  1 - 9

  Text  
  Jetziger Verfall der Wälder in Deutschland.  
  Es hat aber Zeithero das Holtzhauen dermassen überhand genommen, daß fast allenthalben die entblösten Gebürge und kahle Wälder, jederman ihre Armuth am Holtze zeigen, und ihre Einwohner bey dem Schöpffer verklagen, wie übel sie Haus gehalten, und daß, wenn ihnen gleich die Natur zu Zeiten mit Saamen behülfflich wäre, ein geringer Anflug und Wiederwachs sich auch zeigete, ihnen doch solcher von dem Viehe hüten beraubet würde. Dahero der selige Luther geweissaget, es werde Deutschland vor dem jüngsten Tage an drey nöthigen Eigenschafften mangeln, als an guten aufrichtigen Freunden, an tüchtiger und wichtiger Müntze, und an wilden Holtze, welches leider! die tägliche Erfahrung mehr als gar zu gewiß bezeuget.  
     
  Nothwendigkeit der Wälder.  
  Man erwege ja nur, wie das Holtz dem menschlichen Geschlechte, ja wohl allen lebendigen Creaturen durch Gottes gnädige Vorsorge höchst nöthig sey. Müsten wir nicht bey grimmiger Winterkälte erstarren und erfrieren, wovon solte Hauß, Wagen und Pflug, oder Ege, Schiff und Geschirr, ja alles erdenkliche Haußgeräthe der menschlichen Nothdurfft und Nahrung dieses Lebens, in Ermangelung des Holtzes, gemachet werden? Auch blieben unstreitig in den Gebürgen die Schätze der Erden, Gold, Silber, Eisen und Zinn, alle Metallen, Mineralien und Farben, ohne Holtz und Kohlen, verborgen und vergessen liegen, als worinnen doch der Nervus rerum gerendarum würcklich vorhanden.  
  Hätte nicht die göttliche Vorsorge den wilden Thieren besondere finstere Dickigten oder junges Holtz zu Behältnissen verordnet, wo wolten denn diese armen Thiere vor Nachstellungen der Menschen, der Raubthiere und Hunde, ja vor Kälte des grimmigen Winters, Schnee und Eiß, Sturm und Ungewitter sich verbergen können: Andere unzählbare Merckwürdigkeiten, wegen des unentbehrlichen Nutzens des Holtzes ferner zugedencken, wollen wir um geliebter Kürtze willen übergehen, und die  
     
  mancherley Ursachen, wodurch eine Waldung ins Abnehmen und Verfall gerathen,  
  anführen  
 
1) Der Wind thut vors erste in einem Walde grossen Schaden, sonderlich im schwartzen Holtze. Der grosse GOtt hat zwar dem menschlichen Geschlechte zu höchst nützlichem Gebrauche Wälder und Gehöltze durch seine Allmacht erschaffen, und deren Nutzen zur Gnüge augenscheinlich erwiesen; jedoch hat er auch Mittel und Wege sich vorbehalten, solche Höltzer und Wälder zur Bestraffung der ungehorsamen Menschen mit grossen ungeheuern Sturmwinden nieder zu reissen und zu vertilgen, ja gantz öde und wüste zu machen, und durch solche Waldbrecher der armen Wälder einige Zierde abzureissen, daß bey dergleichen Zustande ein erbärmliches Mitleiden zu haben, und entsetzlich anzusehen ist, wenn die ungeheuern toben-
 
  {Sp. 1162}  
 
den Winde bey grossem Schnee oder langwierigen Regen oder Nässe die Bäume so hefftig bewegen, daß sie die Wurtzeln mit der Erde empor reissen, und andere zugleich mit niederwerffen, oder auch bey gefrorner Erde die Stämme halb von einander brechen, daß öffters Häuser hoch Windbrüche über einander liegen und weder mit kriechen, noch gehen durchzukommen ist.
 
 
Und wird ein solcher Baum bey dem Bruche und Falle dergestalt starck erschüttert, daß er sich zwischen den innerlichen Jahren loßschiebet. Wenn nun hiervon gebauet, oder von solchem Holtze Breter geschnitten, und darvon Schräncke oder Tische gemachet werden, so pfleget es bey Änderung des Wetters öffters zu knacken, weil solchem Holtze innerlich die Jahrwachse verschoben. Dergleichen auch das grüne Holtz, wenn es im Feuer brennet, wegen des innerlichen Wassers seines Safftes und Antipathie des Feuers, zu thun pfleget. Es stehen aber die meisten Leute in den Gedancken, daß solches Holtz, so der Wind niedergerissen, dem Winde fatal und zu bauen unglücklich sey, dahero sie Bedencken tragen, mit solchem zu bauen.
 
 
Sonsten ist vor Alters nach Sächsischen Rechten im Gebrauch gewesen, daß die Windbrüche, so die Gräntze berühret haben, den Förstern solcher Reviere als ein Accidens zugekommen, damit sie um destomehr auf der Gräntzen Richtigkeit Achtung gegeben, welches aber nach diesem abgekommen seyn mag, und werden heut zu Tage nicht allein vom Lagerholtze, sondern auch von Windbrüchen herrschaftliche Küchenklafftern von den Unterthanen geschlagen.
 
 
Weil nun also der Wind den Wäldern, sonderlich wo schwartzes Holtz stehet, grossen Schaden zu thun pfleget, so können auch unverständige Forstbediente noch mehr hierzu beytragen, wenn sie bey Angreiffung der Wälder den Wind nicht beobachten, zumahl wenn die Winde vom Mittag, halb Abend und Morgen blasen, als welche am stärcksten gehen. So lange die Brahne von solchem Wäldern oder Höltzern noch stehet, können ihnen die stärcksten Winde nicht leicht etwas anhaben, weil die Brahne allezeit dichter von Ästen ist, als das folgende Holtz, und der Wind also nicht so bald hindurch dringen kan. Soll aber ein solches Holtz, das überstämmig, angegriffen werden, und es geschiehet an derjenigen Seite, wo es der Wind am stärcksten heben kan, so bekommt alsdenn der Wind, weil die Brahne zuerst weggehauen wird, die Oberhand darinnen, zumahl da das Fichtene Holtz ohnedem keine Pfahlwurtzel hat, und es meistentheils im Frühjahr geschiehet, da die Erde lucker, die Wurtzel loß gefrohren, und die Winde offt am stärcksten gehen. Es werden öffters gantze Berge auf diese Art ruiniret.
 
 
Ist das Holtz noch überstämmig, und die Bäume sind ziemlich jung, so ist der Schade noch grösser. Es wird offt in kurtzer Zeit so viel durch den Wind umgeschmissen, als kaum in drey oder vier Jahren nach einander geschlagen und verbraucht wird. Die besten und gerädesten Stämme werden zersplittert, zu vielen Stücken
 
  {Sp. 1163|S. 595}  
 
herab geworffen, und bleiben hier und da lange Strolen davon stehen, so, daß es nachgehends weder zu Bauholtz noch zu Blöchern, Bretern, Schindeln oder dergleichen genutzt werden kan.
 
 
Noch mehr Schade geschicht, wenn der Wind die Höltzer zu solcher Zeit umschläget, da der Saame noch nicht alle aus den Zapffen ausgeworffen worden. Daher kommt es, daß solche Berge, so lange bloß stehen, und nicht wieder anwachsen wollen.
 
 
Nicht allein thun obgemelder massen solche und dergleichen Waldreissende Sturmwinde den Heyden und Wäldern einen unglaublichen Schaden, sondern es ruiniret solche nicht weniger auch bey grosser lang anhaltender Dürre und Sommerhitze,
 
 
2) der in denselben entstehende Brand, wie solches an einem andern Orte, unter dem Artickel: Feuerbrände, im IX. Bande, p. 749. u.f. nachzusehen.
 
 
Es gerathen ferner die Waldungen in grosses Abnehmen, wenn
 
 
3) einige Verwalter oder Beamten mit solchen Herrschafften allerhand Floß-Contracte ohne Zuziehung der Forstbedienten schliessen. Es können zwar solche Leute an und vor sich selbst in ihren Ämtern klug und verständig gnug seyn, weil sie aber nicht Holtzgerecht sind, noch wissen, was der Berg oder die Waldung für Holtz habe, und ob solches zur Flösse könne gebracht werden oder nicht, so schicken sie sich zu solchem Handel nicht recht, und inzwischen wollen sie doch davor angesehen seyn, daß sie im Stande wären, einen solchen Contract zu schliessen, und daß auf ihrer Seite noch ein grosser Holtz-Vorrath zu finden.
 
 
Sie schliessen Contracte, und versprechen grosse Summen mit der Herrschafft grösten Schaden. Soll das Holtz geliefert werden, so heißt es: Es ist contrahiret, es muß Holtz geschlagen werden. Da müssen denn die armen Unterthanen ihre Nahrung versäumen, damit das Holtz zu der Unterthanen grösten Schaden geschlagen werde, und der Beamte gute Einnahme dabey ziehen möge. Hat nun ein oder der andere Unterthan etwas spendiret, so ist derselbe frey, und dem andern armen Unterthanen liegt desto mehr Arbeit auf dem Halse.
 
 
Soll im Sommer eine grosse Post fertig werden, da werden die Leute an, und in die Berge hinein gelegt, die schönsten Höltzer weggenommen, und die andern unartigen Bäume stehen gelassen. Das übelgewachsene Holtz spaltet sich nicht wohl, darum müssen gute Höltzer genommen werden, damit sie sich besser spalten lassen, und sie bald fertig werden. Soll das Holtz, so auf dem Schlage stehen bleibet, nicht so gar sehr in die Augen leichten, so wird zuweilen ein solcher Baum mit ungehauen, aber wo er lieget, da bleibet er auch gewiß liegen, und die Zeit ist viel zu edel, solchen mit zu Floßscheiten zu schlagen.
 
 
Auf solche Weise werden in einem Jahre nicht ein, sondern zwey, drey und mehr Berge auf einmahl abgetrieben. Die grosse contrahirte Summe Holtz macht eine solche Blösse, daß der Saame nicht dahin kommen und wieder auffliegen kan und die Berge viel und lange Jahre bloß stehen müssen. Soll
 
  {Sp. 1164}  
 
nun endlich Winters-Zeit das Holtz an das Wasser geführet werden, so finden sich hier und dar viel Sümpffe und warme Qvellen, die man verbrücken will; statt dessen aber, daß man hier die alten Äste von den abgehauenen Bäumen nehmen solte, so werden vielmehr die jungen Stämmgen aus jungen Bergen zu hunderten und mehr umgeschlagen, und die Sümpffe damit verbrücket, daß also an allen Orten vielfältig mehr Schaden als Nutzen aus solchen Floß-Contracten vor die Herrschafft erwächst.
 
 
Der Ruin der Waldungen ist auch ferner
 
 
4) daher entstanden, daß sich die guten Alten eingebildet, es wäre ein solcher Überfluß vom Holtze vorhanden, daß solcher durchaus nicht verbraucht und verwüstet werden könnte. Gleichwie nun dieses aus heiliger Einfalt gesprochen, und man solches heut zu Tage besser weiß, so haben dennoch diese ehrlichen Alten viel unredliche und boshaffte Nachfolger hinterlassen.
 
 
Denn da finden sich manche Beamten, welche jederzeit von aussen die Hände zusammen schlagen, und von nichts als von dem hohen Interesse ihrer gnädigsten Herrschafft reden, und wie sie solches zu befördern suchten, in der That aber demselben sehr zuwider handeln. Sie haben allenthalben bey den Waldungen, ob sie gleich nicht viel davon verstehen, die Hände mit im Sode, ziehen, wo sie können, ihren Privat-Nutzen, haben hier und dar ein Hammerwerckgen, Schneidemühlgen und dergleichen, darzu sie das Holtz aus den Waldungen frey nehmen, sie stecken sich hinter die Factores und Hütten-Bediente, und hören; was das Hammer- Hütten- und Eisenwerck abwerffe. Haben sie dieses erfahren, so schlagen sie solches darnieder, als wenn es der Herrschafft wenig eintrüge, damit sie es in Pacht bekommen mögen: Ist dieses geschehen, so suchen sie das Holtz darzu frey zu bekommen, und wissen alsdenn den einfältigen Alten, davon vorhin Meldung geschehen, meisterlich nachzuahmen, indem sie der Herrschafft vorstellen, es sey ein solcher Holtzvorrath vorhanden, der nicht zu verwüsten sey.
 
 
Da geht es denn trefflich über das Holtz her, was nicht schon in den Wercken verbraucht worden, muß zu Aufbauung der Wirthshäuser, Maltzdarren und Ställe, darinnen sie Ochsen halten, und die Waldungen durchtreiben lassen, genutzet werden. Sie lassen darneben häuffig Heu in den Waldungen machen, und verbieten andern gar scharff, daß sie ihre Ochsen nicht dahin bringen mögen. Weil sie nun ferner zu den Wercken viel Kohlen anführen lassen, so wird auch darinnen keine Vorsicht gebrauchet, sondern es werden viele Wege gemacht, und Wiesen und Waldungen zuschanden gefahren; sie hauen auch wohl gar an den Bergen die jungen Bäume ab, und hängen sie zu Schleifreisern an den Karren oder Wagen, welches doch andern verbothen ist.
 
 
Bey Aufnahme der Gruben oder Schürfen hauen sie nicht allein viele junge Bäume oder Büsche ab, oder brennen gar gantze Plätze weg, sondern suchen sich auch die schönsten Höltzer aus, wo sie solche nur stehen sehen.
 
  {Sp. 1165|S. 596}  
 
Verwahren ihre Köhler den Meuler nicht recht wohl, wie es offt geschicht, und es brennen dadurch etliche Schock Malterhöltzer weg, so hat es dennoch nichts zu sagen, und gehet über die Herrschafft. An statt, daß sie die Köhler und Bergleute bestraffen solten so übersehen sie solches, warum? es sind des Amtmanns Leute. Die Köhler nehmen wohl gar Malterholtz weg, so in keine Rechnung kommt, die Herren Beamten setzen Miethleute in die Hütten- Hammer- und Eisenwercke, auch Wirthshäuser, welche der Waldung grossen Schaden thun, denn sie stehlen, was sie bekommen können.
 
 
Wenn die Hammer-Schmiede und Knechte, Fuhrleute und andere Bediente, Köhler und Holtzhauer ihre Löhnung heben sollen, so müssen sie Schuh, Strümpfe, Hosen, Rock, Fleisch, Korn, und dergleichen annehmen. Auf solche Art ist der Beamte nicht nur ein Hütten- Eisen- und Hammerwercker, sondern so gar ein Schuster und Schneider, Fleischhauer und Kornhändler, ja alles.
 
 
Nebst dem müssen ihnen die Leute, welche in den Gewercken zur Miethe wohnen, besondere Frohndienste thun; sind es Metzger, müssen sie Banck-Unschlitt geben, eben, als ob es der Landesherr selbsten wäre. Davor haben die Leute die Freyheit, sich des Holtzes zu bedienen, wie sie selbst wollen.
 
 
Will es nun endlich an den Tag kommen, daß so viel Schaden im Holtze verursacht worden, so siehet man, wie man sich mit guter Manier solcher Pacht wieder entziehen möge. Weil ohnedem schon die besten Eisensteine aus dem Gruben gefischet, die Gänge und Gruben auch nicht wie zuvor in guten Stande erhalten worden, und der beste Nutzen allbereits gezogen, so läst man endlich das Werck leer stehen, übergiebt es der Herrschafft wieder, unter dem Vorwand, weil es heisse, man habe viel Vortheil davon, so wolte man dieses nicht gerne von sich gesagt seyn lassen, ob man gleich vom grossen Profit nicht sagen könnte.
 
 
Eine andere Art, die Waldungen zum Schaden der Herrschafft zu entblössen ist
 
 
5) da die Alten aus Unwissenheit der Floßwände nicht geschonet. Es sind aber die Floßwände diejenigen Höltzer, die an den Bergen, unter den Floßteichen sind. Es ist hier zu mercken, daß die Waldungen öffters an solchen Orten und Bergen zu stehen pflegen, die mit Nutzen der Herrschafften nicht vertrieben werden können, sondern offtermahls zu räumen, und zu Wiesen und Äckern zu machen. Damit nun solche Höltzer desto bessern Nutzen schaffen, hat man sich der Floßteiche bedienet, um durch dieselben das Holtz mit leichter Mühe fort, und in einen Fluß zu bringen. Da nun vermittelst dieser Teiche, die unbrauchbaren Waldungen fruchtbar gemacht werden können, so ist leicht zu erachten, daß am selben Orte über das Holtz müsse gehalten werden, daß man es nicht ruinire, sondern vielmehr in gutem Stande erhalte. Es ist demnach ein groß Versehen gewesen, daß man die Floßwände weggeschlagen, die doch durch die Teiche hätten genutzet, und zu Wiesen vor die Unterthanen angewendet werden können. Der Schade wird auch dadurch ziemlich vermehret, daß die Unterthanen, um ihre Wiesen vor dem Wilde zu bewahren, und dieselben zu umzäumen, in die tausend und mehr junge Stämme in einem Jahre umschlagen.
 
 
Darinnen hat man auch gefehlet, daß man vor diesen an Floßteichen und Flüssen Glashütten
 
  {Sp. 1166}  
 
angebauet, da man doch das Holtz an einem solchen Orte weit besser hätte anbringen können, zumahl da die Glashütten eine Holtzfressende Sache sind. Da man sonst andere Scheite drey bis vier Schuh lang schlägt, so macht man dieselben bey der Glashütte sieben Schuhe lang. Weil das Feuer Tag und Nacht darinnen brennen muß, so können sie vor ihre dreyßig Gülden, die sie geben, des Jahres wohl mehr als vor dreyhundert Gülden Holtz verbrennen, zu geschweigen, daß sie die Bauhöltzer zu ihren Glas- und Schlafhütten noch frey darzu nehmen.
 
 
Man hat auch darinnen sehr wunderlich gehandelt, daß man den Glasern erlaubet, so viel Plätze Wiesen in der Waldung zu räumen, als sie nur gewolt. Wenn man an solchen Orten, wo das Holtz gar nicht genutzet werden kan, auf Erlaubniß der Herrschafft, Rodeäcker und Wiesen machen will, so müssen solche den Leuten zugemessen, ein gewisser Rodezinß darauf gesetzet, und solche Äcker dem Amts-Erbregister, worunter der Forst begriffen, einverleibet werden. Es ist hierbey Acht zu haben, daß sie der Länge und Breite nach rechte Äcker austragen.
 
 
An den Gegenden und Waldungen, wo man das Holtz besser nutzen kan, muß man nimmermehr keine Hütten- Eisen- und Hammerwercke anlegen; es mag der Eisenstein noch so häufig, und das Eisen noch so gut seyn, auch der Erbzinß noch so hoch gesteigert und verpachtet werden, so bleiben dennoch solche Sachen Wald-Verderber und Holtzfresser, massen das Kohlenfahren auf die hohen Öfen und nach den Hämmern stündlich gehet, ingleichen das Holtz zum Hütten-Bau frey genommen wird, auch die Köhler deswegen so viel Holtz zur Fülle abhauen, so nicht bezahlet wird, und was sie bezahlen, muß das Malter zwey Ellen hoch, zwey Ellen breit, und eine Viertel-Elle über das Maas geleget werden, und geben doch wohl nicht mehr als einen Groschen davor, ob gleich das Scheit daneben noch zwey Ellen lang ist. Es werden also gantze Berge hierdurch abgetrieben, und entstehen grosse Blössen.
 
 
Die Schneidemühlen können zwar einer Waldung einen ziemlichen Nutzen schaffen, wenn aber die besten Blöche ehemahls aus einem Walde herausgenommen, und man hingegen die dürren Höltzer stehen, und die Blöcher liegen läst, damit sie nicht verfaulen, die doch zuerst hätten sollen genommen werden, so kan es nicht anders seyn, als daß die Winde durch die ausgehauenen schönsten Blochbäume in den Waldungen noch mehr Raum bekommen, und die Berge vollends über den Hauffen geworffen werden. Sie nehmen über dieses das Holtz bey ihren Schneidemühlen, um sie zu bauen, und zu bessern, frey heraus, hüten auch bey dem Blochschlagen die Waldungen aus, und richten grossen Schaden an.
 
 
6) Das Laachen und Schnitteln der Bäume schafft auch keinen ordentlichen Nutzen; Es können zwar alle andere Bäume, sowohl im harten als weichen Holtze das Schnitteln zur rechten Zeit eher und besser vertragen, als die Fichte, weil sie sich abblutet, und viel hundert Stämmgen dadurch verdorren müssen, zu geschweigen, daß sich das Wildprät alsdenn im Winter vor der Kälte, und im Sommer vor der Hitze und den Mücken nicht verbergen kan. Es haben also die Alten durch ihr Schnitteln den Fichten einen grossen Schaden gethan, ob sie gleich eine gute Absicht gehabt, massen
 
  {Sp. 1167|S. 597}  
 
sie gemeynet, den Baum dadurch bald groß, dicke und glatt zu bringen, damit sie ihn fein bald zum Laachen und Pechbrennen nutzen könnten. Wenn auch gleich der Stamm bey dem Schnitteln gut geblieben, so hat es doch nachgehends schwartze Äste gemacht, indem das was abgeschnitten ist, zuwächst, der Ast darinnen schwartz wird, und alsdenn, wenn Breter oder Latten daraus geschnitten werden, heraus fällt.
 
 
7) Bey dem Harzsammlen werden die Wälder ruiniret, wenn man gar zu junge Fichten ritzet, ehe sie noch den Laachrincken halten, dadurch dem Baume die Krafft entgehet, daß er nicht gleich und mit gar zu vielen Ästen wächst, auch ein purer zotigter Knorps wächst. Der Schade wird vergrössert, wenn man eine Laache an der andern macht, darauf die unverständigen Forstbedienten nicht zu sehen pflegen. Je mehr er gelaachet wird, desto mehr fänget er an zu faulen, daß er offt vierzehn, sechzehn bis achtzehn Schuh hoch roth wird, und nichts nutzet. Kömmt nun der Wind darzu, so schmeist er einen solchen Baum um, daß man ihn zu weiter nichts als zu Kohlen nehmen kan, dahergegen, wenn er nicht gelaachet worden, derselbe zu Bretern und dergleichen vor dreyßig Groschen und mehr hätte verkauffet werden können.
 
 
Unverständige Beamten und Forstbedienten haben nur zu ihrem Nutzen, und um die Accidentia zu ziehen, ihrer Herrschafft gerathen, die Hartznutzung gantzer Wälder, Berge und Thäler zu verkauffen. Hierdurch haben die Leute Freyheit erlanget viel und tieff zu laachen, wie sie nur gewolt, und sind auf solche Art offtmahls gantze Berge dürre gemacht worden. Der Nutzen, den die Herrschafft hätte ziehen können, ist andern Leuten überlassen worden. Es haben solche Leute um die Pech-Hütten aufzubauen, ingleichen zu Stötzen, das Pech hinein zu giessen, ingleichen zu Schaalen, das Harz hinein zu thun, das Holtz frey weggenommen. Es hat nicht nur dieses eine grosse Summe Holtz weggenommen, sondern es sind auch die Bäume, davon sie die Schalen genommen, dürre worden.
 
 
Einer herrschaftlichen Waldung wird auch dadurch wenig Nutzen zugezogen, wenn
 
 
8) die Forstbedienten alle in einer Freundschafft beysammen hängen, und der Herr Oberförster hier den Rechnungs-Führer oder Förster zum Eydam, dort den Sohn zum Jäger oder Läufer hat; da gehet denn soviel Unterschleif vor, daß die Herrschafft den wenigsten Profit von ihren Höltzern ziehen kan.
 
 
Ist eine Schneidemühle zu verkauffen, so muß dieselbe der Herr Schwager an sich handeln, alsdenn zehlet der Herr Oberförster dem Herrn Schwager die Blöche zu, mit was vor Gewissen, wird ihm am besten bekannt seyn. Es kauffet sodenn der Herr Schwager einen Bloch um den vierten Theil des Geldes, als er werth ist. Es kommt auch wohl weder der Baum, noch der Bloch, mit dem ordentlichen Waldhammer auf die Mühle. Zuweilen kommt es, daß die Blochmacher und Diehlenschneider auch Vettern sind, die Blochmacher machen die Bloche in dem schönsten grünen und gesunden Holtze, und die Brüche, so auch Bloche geben, lassen sie zu der Herrschafft grösten Schaden liegen.
 
 
Ferner wird der Ruin bey den Waldungen befördert, wenn
 
 
9) die Forstbedienten auf die Fuhrleute und Reisenden keine genaue Aufsicht haben, ob sie nicht etwan die ordentlichen We-
 
  {Sp. 1168}  
 
  ge ausfahren, und neue suchen, die Förster auch die neugemachten Wege nicht vergraben, noch verhauen lassen.
 
     

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Stand: 6. Februar 2013 © Hans-Walter Pries