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Text |
Quellenangaben |
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Pacht, Pachtung, wird im weitern und engern,
oder eigentlichen
Verstand
gebraucht. |
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Denn nach jenem
versteht man dadurch eine
jede Vermiethung, da die Nutzung einer
Sache
einem andern gegen eine
gewisse Abstattung
überlassen wird. |
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Eigentlich aber und im engern
Sinn heist der
Pacht diejenige
Art des
Mieth-Contracts, da man
einem ein
Land-Gut zum
Gebrauch und
Nutzen
gegen Bezahlung überlässet; so auch die
Verpachtung, gleichwol dasjenige, so davor
gezahlet wird, auch der Pacht pflegt zu
heissen. |
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Das natürliche Recht weiset an, was hier von
beyden
Theilen zu beobachten, und was ihnen vor
Rechte zukommen, welches überhaupt in dem
natürlichen Gebot, daß man sein Versprechen
halten
müsse, begriffen ist. Denn da eine solche
Verpachtung ein Vergleich, so müssen überhaupt
beyde Theile halten, was sie einander versprochen;
insonderheit aber bringt die
Natur dieses Vergleichs
mit sich, daß der Eigenthums-Herr dem Pachter das
Gut in solchen
Stand liefere und erhalte, wie er es
zu seinem Gebrauch
nöthig hat, weil er sonst
seinen
Zweck nicht erhalten würde. |
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Ist man eins worden, daß der Pachter das Gut
im Stand erhalten
soll, so muß ihm dieses von
seinem Pacht-Geld zu gut gehen, was er an
Unkosten darauf gewendet. |
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Wofern das Gut durch die
Schuld des Pachters
Schaden leidet, so ist
vernünfftig, daß er vor den
Schaden stehen muß. Denn der andere hat ihm
solches zu seinem Gebrauch überlassen, folglich
weiter nichts eingestanden, als was zur Erhaltung
des Gebrauchs nöthig. |
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Trägt sichs zu, daß die Sache durch einen
Unglücks-Fall, da der Pachter ausser aller Schuld,
entweder verderbt |
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{Sp. 84} |
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oder verschlimmert werde, so fällt der Schade
bloß auf den Eigenthums Herrn, und kan der
Pachter zur Ersetzung desselben nicht angehalten
werden. Denn da der Eigenthums-Herr den Nutzen
hat, so muß er auch den Schaden tragen, und
allezeit gewärtig seyn, daß Unglücks-Fälle seine
Güter betreffen, wenn er sie auch nicht verpachtet.
Es wäre denn, daß man sich deßfalls vorher
verglichen, dabey man zugleich auf die
unterschiedene Arten der Unglücks-Fälle mit zu
sehen hat. |
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Es wird aber der Pacht nach den Rechten
unterscheiden in Erb-Pacht und Zeit-Pacht. Jener ist
unveränderlich, und kan weder einem andern
übertragen noch erhöhet werden. Dieser aber wird
gemeiniglich nur auf gewisse
Jahre geschlossen,
und nach deren Verlauff vor erloschen gehalten, wo
er nicht mit beyder ausdrücklichem oder
verstandenem
Willen erneuert worden. |
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Wenn nun aber einer gleich schon 40 oder 50
Jahr ein Gut besessen, und immer einerley Pacht
davon entrichtet; so wird doch daraus kein Erb-
Pacht geschlossen, wo nicht ausdrücklicher
Beweiß
vorhanden ist. Wer hingegen nicht eines Gutes
Herr
ist, und es also auch nicht veräussern kan, der mag
es auch nicht auf lange
Zeit, viel weniger auf Erb-Pacht, austhun. |
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Sonst kan sich ein Pachter zwar einen Unter-
oder Nach-Pachter annehmen; er aber bleibet vor
diesem dennoch seinem Verpachter gehalten und
verbunden. |
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Anbey geht auch die Gefahr von Mißwachs und
andern schädlichen Zufällen
ordentlicher weise dem
Pachter zur Last, und wird deshalber gemeiniglich in
dem Pacht
Contracte ein gewisses verglichen.
Wenn aber schon der Pachter alle unverhoffte
Zufälle übernommen; so ist er doch für
ungewöhnliche und nicht vorher gesehene Fälle
nicht gehalten. Daher denn auch der Schade von
einem schweren Durchzuge, Einquartirung,
feindlichen Einfall, Pest, u.d.g. auf den Verpachter
fällt. |
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Wenn der Pachter mit dem Pacht-Gelde nicht
inne hält, und der Verpachter deshalber nicht
genugsame Sicherheit hat; so mag er ihn wohl aus
dem Pacht setzen. Sonst pflegt auch vor Endigung
des Pachts ein Theil dem andern die Loskunde zu
thun. So aber dieses nicht geschähe und der
Pachter in dem gepachteten Gute über die Zeit
verbliebe; so ist er alsdenn
von Rechtswegen
schuldig, dieselbe annoch auf ein Jahr
fortzusetzen. |
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Wofern aber einen Erlaß Statt hat, so wird der
selber also gemäßiget, daß, wenn ein gäntzlicher
Mißwachs eingefallen, und nichts genommen wäre,
der Pachter auch nichts schuldig ist; wo aber nur ein
Theil der Früchte und Nutzungen ausgeblieben, der
Schade nach Ermäßigung verständiger Leute
geschätzet, und bey Bestimmung des Erlasses die
andern
Umstände des
gegenwärtigen Korn-Preisses, des leidlichen Pachts, und wie
Brunnemann will, auch der vorhergegangenen
guten Jahre mit erwogen werden. Um der wohlfeilen
Zeit willen aber mag kein Erlaß gefordert
werden. |
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Wenn bey noch währendem Pachte das Gut
verkauffet wird, und der Pachter sich nicht den
Vorkauff bedungen hat; so muß er zwar weichen.
Aber er hat sich seines Schadens und
Verlusts an
dem Verpachter zu erholen. Welches auch
sonderlich in
Chur-Sachsen Rechtens ist, wenn sich
zu |
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{Sp. 85|S. 56} |
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des Verpachters
Vermögen ein Concurs der
Gläubiger eräugnet. Als auff welchen Fall der
Pachter ebenfalls in dem ihm von dem Schuldner
zuvorher schon verpachteten Gute, da er gleich die
Pachtgelder voraus bezahlet oder eine
gerichtliche
Hypotheck erlanget hätte, dafern es nicht mit
Bewilligung sämtlicher Gläubiger geschiehet, zu
lassen, sondern solcher Pacht sodann vor
erloschen zu achten, und der Pachter wegen seiner
Forderungen zum Concurse zu verweisen ist. |
Erl. Proc. Ordn. … |
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So mag auch ein Pachter ohne des
Verpachters
Willen nicht vor der Zeit aus dem Pacht
scheiden. |
Siehe
Sachsen-Spiegel ... ingl.
- Cothmann in Resp. Jur. …
- Hahn ad ff. …
- Tabor de Metat. …
-
Struv
in Synt. Jur. Civ. …
- Gail Vol. II. …
-
Carpzov
P. II. Const. …
- und andere.
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Sonst ist auch bey dem Pacht-Contract
verboten, daß |
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1) die Kirchen-Güter nicht auff eine allzu lange
oder immerwährende Zeit verpachtet werden
können. |
c. 5. 9.
X. de reb. Eccles.
alien. |
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Welches aber bey denen
Catholicken heutiges
Tages nicht mehr so genau beobachtet wird. |
Gonzalez ad d. text.
… |
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In
Protestantischen
Ländern ist zwar ebenfalls
die Verpachtung an etlichen
Orten nur auff
gewisse
Jahre erlaubet,
z.E. in der
Wolffenbüttel. Kirchen-
Ordn. ... auff 6, an andern Orten auff 5, 9 Jahr
u.d.g. |
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Sonsten aber ist diese
Verordnung sehr
heilsam gewesen. Denn obgleich die Verpachtung
auff noch so lange Zeit niemanden das
Eigenthum
an der gepachteten Sache zuwege bringet; so kan
sie doch leichte zur Veräusserung
Gelegenheit
geben,
absonderlich wenn etwan die Documente
und Pachtbriefe verlohren gehen, und man also von
dem Anfange des Contracts nichts
weiß. Wenn die
Worte des
Instruments
zweiffelhafft seyn; so wird
vermuthet, daß es mehr ein Erb-Zinß- als ein Pacht-
oder Mieth-Contract sey. Sind aber die Worte des
Instruments klar und deutlich; so kan die Kirche
allezeit ihre Güter wiederum zurücke fordern, den
Pacht erhöhen, u.d.g. Wenn auch der Pachter noch
so eine lange Zeit im Besitze gewesen ist. Und
werden dergleichen Verpachtungen in dem
Canonischen Rechte Dationes ad firmam
genennet. |
- c. 2. X. de locat. et
conduct. …
- Stryck
in Not. ad Brunnemanni Jus Eccl. …
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Was sonsten bey Vermieth- und Verpachtung
anderer Sachen statt findet, dasselbe muß auch bey
denen geistlichen Gütern beobachtet werden.
Jedoch will man auch hier ein und andere
besondere Rechte anführen. Nemlich daß z.E. die
Pachter derer geistlichen Güter nach geendigter
Pachtzeit allen andern vorgezogen werden müsten,
wenn sie sich ein gleiches Pachtgeld zu geben
erbieten. Welches sonsten bey Verpachtung
anderer Güter nicht statt hat, ausgenommen in
denen öffentlichen und Cammer-Gütern. |
- l. 11 §. 1.
ff.
de publ. et
vectig.
- l. 4.
C.
de locat. praed.
civil.
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Und von diesen hat man auch den
Schluß auf
die Kirchen-Güter gemacht. |
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{Sp. 86} |
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Aber es ist ohne allen
Grund, und daher auch
mit allem Rechte das Gegentheil vom
Carpzov
in
Jurispr. Eccl. … behauptet worden. |
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So können auch |
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2) die Oblationen und andere Pfarr-Rechte
(Jura Stolae) z.E. der Beichtpfennig nicht verpachtet
werden. |
c. 6. … |
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Welches gar wohl gethan ist. Denn ob es gleich
nichts unrechtes wäre; so würde es doch
wenigstens wider den äusserlichen Wohlstand
seyn. |
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3) Können die
Geistlichen selbst noch eher
Kirchen- als weltliche Güter pachten. Denn es
meynen zwar etliche, als wenn sie gar nichts
pachten könnten. Welches aber so überhaupt und
ohne Ausnahme nicht
gesaget werden kan, in dem
in der
Nov. 123. c. 6. ihnen bloß alleine die
Pachtung derer öffentlichen Güter und Zölle
verboten worden. Welches auch schon lange vorher
auf denen Concilien untersaget gewesen. Wovon
man aber in denen folgenden Zeiten abgegangen,
und denen Geistlichen eintzig und allein die
Pachtung weltlicher Güter verboten hat. |
c. 1.
X. ne Cler. … |
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Ja man hat die
Geistlichkeit dergestalt von der
Pachtung weltlicher Güter abzuhalten gesuchet,
daß so gar nach der Nov. 123. c. 6. in fin. nicht
einmal wegen der noch rückständigen Pachtgelder
wider dieselben Klage angestellet werden kan.
Welches aber heutiges Tages nicht statt zu haben
scheinet, dieweil dergleichen in dem Canonischen
Rechte nicht verboten, und auch die
Clerisey
heutiges Tages weder von allem
Handel
und Wandel, noch auch andern
weltlichen
Geschäfften
und
Verrichtungen gäntzlich ausgeschlossen
ist. |
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Wenn aber ein Geistlicher auf viele Jahre etwas
gepachtet hat, vor Verlauff derselben aber von dem
Contracte abgehen will; so ist ihm nicht nur dieses
zu thun erlaubet, sondern er kan auch nicht einmal
auff das Interesse belanget werden. |
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Im übrigen kan auch niemand seine
Äcker und
Güter zu verpachten gezwungen werden, welches
aber nach etlicher
Meynung, bey denen Priestern
seinen Abfall leidet, damit diese desto besser für
das Wohlseyn ihrer Gemeine Sorge tragen und
ihrem Amte vorstehen können. Weil aber
mehrentheils unter denen
Protestanten, sonderlich
auff dem Lande, die
Einkünffte der Priester im
Ackerbau bestehen, welche also öffters sehr
kümmerlich würden
leben müssen, wenn ihnen
nicht erlaubet seyn
solte, ihre Felder selbsten zu
bestellen; so ist nicht abzusehen, wie man dieses
mit Recht von ihnen verlangen
wolte. |
Böhmer in Jur. Paroch.
… |
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Gleichwie aber sonst ein jedweder Pachter, so
ein gewisses Gut nur auff einige
Zeit gepachtet hat,
dadurch nicht so gleich ein Eingepfarrter von
derselben Kirche wird, wo das Gut lieget, sondern
er desfalls allerdings die
Freyheit hat, an dem
Orte,
wo er sonst seine
ordentliche Wohnung gehabt hat,
nach wie vor zu bleiben, und den Gottesdienst samt
allem dem, was demselben anhänget, daselbst
abzuwarten; also ist er auch zu Erhaltung der
dasigen Parochie etwas beyzutragen nicht
verbunden, es müste denn das
Herkommen eines
Ortes anders beschaffen seyn. Denn auff solche
Art, wenn einer unterschiedliche Ämter oder Güter
gepachtet hätte, müste er |
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{Sp. 87|S. 57} |
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auch von allen und jeden ein Eingepfarrter
seyn. Inzwischen ist doch dieses richtig, daß das
Gesinde, so er auf diesem oder jenem Gute hat,
auch zu dem
Kirchspiele gehöret, und nirgends
sonst den Gottesdienst halten könne. |
Fleischer in Jurispr. Eccl.
... |
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Sonst aber hat auch dieser Pacht-Contract eine grosse Gleichheit mit der
sonst so genannten Miete, wovon unter dem
Artickel
Locatio Conductio, im
XVIII
Bande p. 75 u.ff. desgleichen unter
Meyer-Recht, im XX Bande p. 1504 u.ff. ein mehrers
nachgesehen werden kan. |
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