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Zedler: Meyer-Recht HIS-Data
5028-20-1504-3
Titel: Meyer-Recht
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 20 Sp. 1504
Jahr: 1739
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 20 S. 759
Vorheriger Artikel: Meyer-Kraut
Folgender Artikel: Meyfart (Heinrich)
Siehe auch:
Hinweise:

  Text Quellenangaben
  Meyer-Recht ist ein gewisses Befugniß, so einem Pachter aus einem gewissen Pacht-Contract, der zwischen ihm und seinem Eigenthums-Herren geschlossen worden, zustehet, sich der gepachteten Sachen nach der Art und Weise zu bedienen, wie sie sich unter einander verglichen, und dem Eigenthums-Herren dasjenige, was er ihm versprochen, zu bezahlen.  
  Zu dem Object dieses Rechts gehören Land-Güter, Felder und andere Grundstücke auch Höfe und andere Gebäude.  
  Wo die Verneuerung dieses Contracts nicht ausdrücklich wieder gesucht wird; so hält man solche heimlicher Weise wieder verneuert. Ob schon sonsten die Schrifften bey den Contracten eben von keiner Nothwendigkeit seyn, und dieses insonderheit bey dem Pacht-Contract seine Richtigkeit hat
  • l. 24. C. locat.
  • l. 14. ff. eod.
  so bedienet man sich ihrer doch mehrentheils bey diesem Meyer-Rechte, und richtet den Vergleich bloß auf die contrahirenden Personen ein, oder zugleich auch mit auf die Erben.  
  Der Eigenthums-Herr des Gutes ist insonderheit zu zweyerley verpflichtet. Erstlich muß er ihm den Nießbrauch desselben verstatten, l. 33. ff. de locat. conduct.
  er muß ihn in den Besitz einführen, in soweit als sich dieselbe vor dem Pachter schickt und ihm die Sache mit allen zubehörigen Schiff und Geschirren, und was ihm bey seinem Gebrauch unvermeidlich ist, übergeben.  
  Zum andern muß er dem Pachter den bequemen Gebrauch davon verstatten, damit er in den Stand gesetzet werde, alle vor ihn gehörige Nutzungen zu heben. Daher muß er die Häuser, die Schütt-Böden, die Öfen u.s.w. ausbessern und zu rechte machen lassen, und ihm in allen beystehen und hülfliche Hand leisten.  
  Sollte der Pachter bey diesem Contract über die Helffte verletzet worden seyn, so kan er sich ebenfalls darüber beschweren, und nach der Ähnlichkeit die bey dem Kauff-Contracte statt findet, Ansuchung thun, daß entweder der gantze Contract aufgehoben, oder ihm sonst eine Gnüge geleistet werden. Ob man sich aber nach geendigtem Pacht, und da die Früchte der verpachteten Sache allbereits verbrauchet worden, dieses Rechtlichen Hülffs-Mittels noch bedienen könne, darüber sind die Rechts-Lehrer noch nicht einig. Ihrer viele behaupten, daß dem betrogenen auch aus diesem Fall zu helffen sey, immassen die Klage  
  {Sp. 1505|S. 760}  
  dieses Gesetzes auf ein und dreyßig Jahr dauert; da hingegen die Pächte mehrentheils nicht so lange währen, und von den Früchten vermuthete man auch, daß sie nicht über drey Jahr aufbehalten würden.  
  Wie nun bloß der Gebrauch der Sache an Pachtern überlassen wird; also kan der Pachter durch diesen Contract das Eigenthum der gepachteten Güter nunmehro erlangen, und ob der Pacht schon auf lange Zeit wäre geschlossen worden. Besiehe Hahns Observ. ad Wesenb. ...
  Damit nicht unnöthige Streitigkeiten hierüber entstehen, oder den Pachtern etwan der Appetit ankomme, die Grundstücken nach und nach endlich gar an sich zu ziehen; so ist an denjenigen Orten in Nieder-Sachsen, wo das Meyer-Recht eingeführet, gar heimsamlich versehen, daß die Verneuerung dieses Contracts auf gewisse Jahre geschehen müsse.  
  Die Meyer-Güter haben fast eine gleiche Beschaffenheit mit den Laaß-Gütern, sie mögen nun schlechterdings auf eine gewisse Zeit seyn verpachtet worden, oder mit dem Bedinge, daß die Verneuerung dieses Vergleichs auf neun Jahre geschehen soll.  
  Wie der Meyer berechtiget ist, das Grundstück auf alle Weise zu nutzen; also muß ihm der Eigenthums-Herr im geringsten nicht an dessen Gebrauch hinderlich seyn, und wo ers thut, muß er sich mit Recht auf die Klage, so der Meyer wieder ihn anstellt, einlassen.  
  Es kan sich eine Hinderniß bey dem Gebrauch ereignen, entweder ohne Verpachters Zuthun, oder durch seine Schuld; ohne sein Zuthun, entweder durch einen unversehenen Fall oder durch den dritten Mann. Daferne sich ein Unglücks-Fall zuträgt, als Feuer-Brunst, Hagelschlag u.s.w. so muß ihn der Herr des Gutes an dem Pacht-Gelde entweder etwas erlassen, oder ihm nach Beschaffenheit des Schadens und der Zeit wieder etwas herausgeben, wo es schon voraus bezahlet worden. l. 33. ff. locat.
  Der Herr des Gutes ist auch verbunden, den Pachter schadloß zu halten, ihm den verursachten Schaden zu ersetzen, und auch die verwandten und verlegten Unkosten wieder zu geben. Man hat hierbey zu betrachten, ob sich der Schaden aus Boßheit des Verpachters, oder auch durch seine Nachläßigkeit zuträgt. Bey jenem Fall muß er vor das gantze Interesse hafften, bey diesem Fall aber wird untersucht, wie groß der Grad seiner Nachläßigkeit sey, und in wie weit er Schuld daran habe, oder nicht; da denn die Sache durch richterliche Ermäßigung geschätzt und entschieden wird.  
  Der Verpachter muß dem Pachter die Unkosten wieder geben, die er zu stets währendem Gebrauch der Sache angewendet, es wäre denn, daß sich beyde auf eine solche Weise mit einander verglichen, daß der Pachter die Verbesserungs-Kosten tragen soll, sintemahl nichts gemeiner ist, als daß sorgfältige Hauß-Väter sich mit ihren Pachtern so vergleichen, daß sie entweder durch Bäume-Pflantzen, fleißiges Düngen, oder auf andere Art ihre Güter und Grundstücken verbessern sollen.  
  Wo also bey den Feldern Gebäude sind; so ist der Pachter nicht verbunden, von dem seinigen die Gebäude zu decken, oder die Brunnen zu reinigen, oder die Fenster und Thüren machen zu lassen. Wo er nun dergleichen machen lassen, und diese Verbesserungen dauren länger als die  
  {Sp. 1506}  
  Pacht-Zeit; so kan er von dem Eigenthums-Herrn die verlegten Unkosten wieder fordern.  
  Der Pachter ist ferner berechtiget, vor die höchst nöthigen und unvermeidlichen Unkosten, die er verlegt, so der Pacht-Zinnß schon bezahlet ist, die ihm versprochene Unkosten von dem Verpachter abzufordern, oder wo er den Pacht-Zinnß allbereit bezahlet, die ihm verpachtet gewesene Sache so lange zurücke zu halten, biß er deshalber befriediget,
  • l. 5. de Impens. in rem. dot. fact.
  • d. 14. de dolo except.
  Jedoch kan er das Gut nicht unter dem Schein der noch nicht erweißlich gemachten Verbesserung an sich behalten, sondern muß weichen, wenn der Guts-Herr bereit ist, durch Bürgen zu caviren, daß er ihm alle Verbesserungen bezahlen wolle.  
  Ob der Herr des Gutes verbunden sey, den Pachter in Ansehung der Steuern und Gaben, die er an die Obrigkeit vor ihn bezahlt, und wegen der andern Beschwerungen dieser Art schadloß zu halten, und ihm Gnüge zu leisten, ist unter denen Rechts-Lehrern streitig; man hält aber davor, daß es unnöthig sey, sich hierbey lange aufzuhalten, immassen diese und andere Puncte in den Pacht-Contracten gemeiniglich ausgemachet werden. Es ist auch am besten, wenn dieselben allen und jeden dergleichen Puncten ihr gewisses Ziel und Maaß geben, so braucht es hernach keines langen Streitens.  
  Der Pachter hat sich viererley Pflichten zu unterziehen.  
  1) Muß er vor allen andern den Pacht-Zinnß entrichten, es müste sich denn ein Fall ereignen, da ihm solcher entweder gantz und gar oder doch zum Theil nachzulassen wäre.  
  In Ansehung der Zeit muß man sich darnach richten, wie die Contrahenten dieser wegen unter einander einig worden; ist nichts ausgemacht, so richtet man sich nach der Observantz und Gewohnheit des Ortes und der Gegend; wo aber auch diese nichts entscheidet, so ist es am natürlichsten und billigsten, daß der Pacht-Zinß zu Ende des Jahres, wenn der Pachter das Jahr oder das Grundstück genutzet, abgetragen werde.  
  Wo der Pacht-Zinß nicht richtig bezahlet wird, so kan der Pachter von dem Eigenthums-Herrn angetrieben werden
  • l. 56. π. loc.
  • l. 3. C. eod.
  Dieses gehet auch an, obschon bey dem Pacht-Contract die Bedingung dazu gesetzet worden, daß er ihn nicht austreiben wollte, bey einer namhafften Straffe, immassen dieses nach der Natur des Contracts verstanden wird, daferne er nur zu seiner Zeit den Pacht-Zinnß bezahlet Zoes. ad ff. Tit. locat. …
  Solte auch der Vergleich wegen des nicht Austreibens durch einen Eyd bestättiget seyn.  
  Eigenmächtiger Weise kan der Verpachter den Meyer nicht aus dem Gut treiben, immassen solche durch eigene Gewalt geschehene Austreibung zu mancherley Unordnung Anlaß geben würde, und muß iederzeit der Richter hierzu ausdrücklich ersuchet werden; dieser ist so denn verbunden, dem klagenden Theile beyzustehen, und demselben Recht und Gerechtigkeit angedeyen zu lassen.  
  Bey den Concurs-Processen, geniessen die Herren des Gutes, in Ansehung ihres Pacht-Geldes, ansehnliche Privilegien, die doch in den Nieder-Sächsischen Gegenden an einem Orte immer anders sind, als an dem andern.  
  Der Pachter muß das gepachtete Gut in gutem Stande zu erhalten suchen, damit es auf keinerley Weise  
  {Sp. 1507|S. 761}  
  verschlimmert werde.
  • l. 4. ff. eod.
  • l. 23. de R.J.
  Er muß also den Dünger nicht aus dem Hoffe schaffen, er muß die Gräben lassen räumen, Brücken, Wege und Stege ausbessern lassen, an statt der ausgegangenen Bäume anderer an deren Stelle wieder setzen. So darf er auch die ihm aufgetragenen und übergebenen Güter nicht zertheilen, vereintzeln, seinen Kindern einräumen oder veräussern, sondern sie dem Eigenthums-Herrn oder seinen Erben gantz und unzertheilt wieder überantworten. Die Erben der Pachter sind noch vielweniger berechtiget, eine Theilung vorzunehmen; Denn obschon die Theilung in l. ult. C. de reb. alien. non alien. unter den Arten der Veräusserung nicht erzehlet, bißweilen auch gar leichte verstattet wird, l. ult. C. comm. divid.
  so ist doch die Theilung bey fremden Sachen gar gefährlich, weil es auf diese Weise nach einer Veräusserung schmeckt. l. 17. C. de praediis et aliis rit. minor.
  Wie sie nun die Güter nicht veräussern mögen; also können sie auch ihr Recht ohne des Eigenthums-Herrn Einwilligung einem andern nicht abtreten, damit nicht diesem wieder seinen Willen ein andrer Meyer aufgedrungen werde; jedoch wird ihm nicht verwehret, die Sache, die er gepachtet, einem andern wieder zum Gebrauch zu geben, und wieder zu verpachten, und die Einwilligung des Eigenthums-Herrn wird nicht dazu erfordert. l. 38. §. 21. de V.O.
  Ferner ist er nicht berechtiget, die Gestalt und das äusserliche Ansehen der Grundstücke zu verändern, daß er z.E. aus den Weinbergen Felder, oder aus den Gärten etwas anders machen könnte, wo es der Eigenthums-Herr nicht erlauben sollte. Hierüber verordnet auch die Fürstl. Stifft Hildesh. Policey-Ordnung … daselbst, niemand solle hinführo ohne Vorwissen und Belieben der Guts- oder Eigenthums ingleichen der Zehend-Herren, auch derjenigen, so wegen der Hut und Weide interessiret, von dem zehndbaren Lande Gärten oder Wiesen machen, bey Straffe zehen Floren.  
  Aus eben diesem Grunde flüsset auch, daß der Meyer keine neue Beschwerung, sie bestehe nun, worinnen sie wolle, auf das Gut wieder seines Herren Willen annehmen und auf das Gut legen kan. l. ult. C. de reb. alien. non alienand.
  Überdies muß er bis ans Ende des Pachtes in dem Gute bleiben, und wo er ohne eine rechtmäßige Ursache sich aus dem Gute weg begiebet, und dasselbe verläst, muß er dem Eigenthums-Herrn den gantzen Pacht bezahlen, l. 24. §. 2. ff. locat.
  und ihn dieserwegen schadloß halten, und wo ers nicht thut, so kan er hierzu angehalten und verklagt werden.  
  Endlich muß der Meyer nach geendigten Pacht-Contract die Sache dem Eigenthümer wieder geben. Es wird aber solcher geendiget,  
  1) durch ihren beyderseitigen Wiederwillen, §. ult. l. quib. mod. toll. Oblig.
  2) durch Verflüssung der bestimmten Zeit, immassen dasjenige, was auf eine gewisse Zeit eingeschränckt, und verstattet worden, nach derselben wieder aufhöret.  
  Wenn die Verpacht-Zeit zu Ende läufft, so geben einige den Rath, daß derjenige, so in dem heimlichen Wiederpacht nicht bleiben will, vor geendigtem Pacht-Contrackte in Ansehung der künfftigen seine Erklärung thun soll. Bey den Frieß-Ländern soll es hergebracht seyn, daß der Eigenthums-Herr, der sich der verpach-  
  {Sp. 1508}  
  teten Sache selbst bedienen, oder solche veräussern, und an einen andern wieder verpachten will, solches dem Meyer vor dem 1sten Jenner noch anmelde.  
  Dieser Contract wird auch durch die rechtmäßige Aufkündigung geendiget; so daß er nicht allein, wenn die Pacht-Zeit geendiget, sondern auch noch vor geendigeter Pacht-Zeit weichen muß. Jedoch muß diese Aufkündigung mit Vernunfft und auf eine redliche Weise geschehen, daß der Meyer nicht hierdurch in allzu grossen Schaden gesetzet werde. Es kan sich dieses insonderheit bey 3 Fällen ereignen,  
  1) wenn der Meyer dem Eigenthums-Herrn seinen versprochnen Meyer-Zinß alle Jahre nicht richtig abzahlet,  
  2) wo er sich bey seinem Pacht liederlich, nachläßig und wie ein schlimmer Hauß-Wirth bezeuget,  
  3) wo der Eigenthums-Herr seine Güter verkaufft, da denn nach dem bekannten Sprichwort Kauff vor Miethe u. Pacht zu gehen pfleget.  
  Verpachter muß ihm auch bey Zeiten die Aufkündigung thun, und ihn nicht über Halß und Kopff herausjagen, er muß ihm die Ursachen entdecken, warum er genöthiget würde, eine Veränderung zu treffen, damit er sich darnach richten möge und wisse, daß es Verpachter nicht aus Haß und böser Absicht thue, betrügerisch an ihm zu handeln, so wird er denn hernach auch desto eher nachgeben, er muß ihm auch die Verbesserungen gut thun, und zwar ohne Abzug u. Aufenthalt, so viel als er erweißlich gemacht werden kan, daß er dem Guths-Herrn zum Besten Gelder ausgegeben.  
  Bes. hierbey auch die Artickel Meyer-Contract und Meyerding.  
     

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Stand: 26. Januar 2013 © Hans-Walter Pries