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Land-Gut, heisset ein
Gut, so ausserhalb einer
Stadt auf
dem Lande gelegen und mit
Feld-Bau, Wiese-Wachs, Vieh-Zucht u.d. versehen, und ist entweder ein
Ritter-Gut, oder ein
Unterthanen- oder so genanntes
Bauer-Gut. |
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Wer ein Land-Gut zu
erkauffen
Willens ist, hat vorher so wohl sich selbst
und seinen
Zustand, als in gleichen des Verkäuffers, der Nachbarschafft, der
Wohnung und deren Zugehör, sammt deren
Einkünfften, und so es mehr als ein
gemeines oder Bauer-Gut ist, nach der
Gerechtigkeit,
Freyheiten und
Unterthanen
Beschaffenheit wohl zu bedencken und in Betrachtung zu nehmen; welches alles wir
nebst dem, was bey einem und dem andern Stücke ins besondere in Acht zu nehmen,
kurtz in folgender
Ordnung zusammen fassen
wollen, da wir
erwägen, was vor, bey
und nach dem Kauffe eines Land-Gutes, und zwar über Haupt auf Seiten des
Käuffers
vornehmlich in Acht zu nehmen ist. |
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Vor dem
Kauffe erkundiget man sich zuförderst nach dem
Zustande des
Verkäuffers, ob er redlich, oder
Gewissen loß, und aus was vor
Ursachen er das
Gut
verkauffe, nach dem
forschet man nach der Beschaffenheit und denen
Umständen
des Gutes selbst, wie nehmlich die
Herrschafft, unter deren
Gerichtsbarkeit es
lieget, gegen ihre
Unterthanen insgemein gesinnet sey? Ob die angrentzende
Gründe unter einerley oder mehrere und fremde Herrschafft gehöre, in gleichen
wie es sich mit der Lehen verhalte? |
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Wie die Nachbarschafft beschaffen, ob sie
gut und friedfertig, oder
böse und
zänckisch sey? Ob das Gut von allen Ansprüchen, wie sie
Namen haben
mögen,
frey,
und nicht etwa mit der Zeit durch einen unvermeidlichen Einstand, Abtrit oder
Näher-Recht angefochten werden könne? Ob die Raine oder
Marck-Steine richtig
oder streitig? |
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Endlich siehet man auf die Lage des Gutes selbst, und auf die Beschaffenheit
der dazu gehörigen Stücke, daß es einer Volckreichen
Stadt, oder
verschiedenen
nahrhafften
Orten, nicht allein zu weit entlegen, um nicht nur allen auf dem
Gute erzeugten und erbaueten Überfluß mit
Nutzen desto eher in das
Geld zu
setzen, als auch die zur
Wirthschafft benöthigte Stücke und deren Abgang um
soviel eher zu ersetzen, wie denn aller Dings ein grosser
Vortheil, wenn Holtz,
Mühlen, Ziegel-Scheunen, Kalck-Öfen, Schmiede, Wagner, Sattler, und dergleichen
Handwercker, nebst andern
Nothwendigkeiten nicht so sehr ausser Weges, sondern
nahe in der Nachbarschafft zu haben sind. |
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Daß die
Gebäude
dauerhafftig und nicht baufällig, auch gnungsame
nöthige
Beqvemlichkeit haben, nach der Grösse und Weitläufftigkeit der dazu gehörigen
und dabey befindlichen Landes-Wirthschafft, nicht weniger, daß selbige nicht
etwa anschüssenden
Wassern, Sturm-Winden und anderer entstehenden Gefahren
augenscheinlich unterworffen; auch ist dabey zu
unterscheiden, ob Gärten, Felder
und Wiesen fruchtbaren Boden haben, oder einer morastigen, mosigen, sandigen
oder sonst rauhen
Art sind, gesunde |
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{Sp. 428} |
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Lufft haben, und nicht
Wasser- Wetter- Wild- und dergleichen
Schaden
unterworffen; wie die Vieh-Zucht beschaffen, ob sie starck, gute
Sommer-Hütung,
in gleichen gute Weide habe, ob gute Eichel-Mast vorhanden, oder das
Schweine-Vieh vom Boden gefüttert werden
müsse, und was dergleichen mehr. |
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Über Haupt ist dasjenige Gut vor das
vollkommenste und einträglichste zu
halten, welches schönen Wiesen-Wachs, gute Obst-Gärten, fruchtbare
Äcker, einen
unabgiedeten Holtz-Wachs, gut Fisch-Wasser oder Teiche in seinem Begrieff hat. |
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Bey dem
Kauffe darff sich der Käuffer am wenigsten mercken lassen, ob sey
ihm an dem Kauffe sonderlich gelegen, sondern er muß vielmehr durch einen
vertrauten Freund darum handeln lassen. Bey nichtigen und unstreitigen
Gütern
thut der Käuffer besser, er leiste die Bezahlung davor auf ein Mahl; bey dem
Gegentheile aber, da man sich
nachtheiliger und gefährlicher Ansprüche
versiehet, so von dem Verkäuffer etwa trüglicher Weise verschwiegen worden, ist
es sicher, daß man sich vergleichet, die Zahlung entweder in Nach-Fristen zu
thun, oder so viel in Händen zu behalten, daß man sich in ereignendem Falle
seines Schadens daran erholen könne. |
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Nach dem Kauffe ist vor allen Dingen alles dasjenige abzustellen, was von
dem vorigen Besietzer durch Nachlässigkeit und andere
übele
nachtheilige
Haushaltung hint an gesetzet, und der Aufnahme des Gutes hinderlich gewesen.
Welche Anmerckungen bey Erkauffung eines
Ritter-Gutes eben Falls zu machen,
ausser denen aber noch vieles andere sich zu beobachten findet. |
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Was endlich also grosse
adeliche Land- und
Ritter-Güter, auch deren
Gerechtigkeiten anbelanget, so hat ein Käuffer zu bedencken und zu betrachten: |
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- Ob ein solches Gut, so er kauffen will,
frey
eigen, oder
Lehen?
- Ob es einen Stamm-Gut, da er denn von denen Befreundten den Einstand zu
besorgen, oder ein Fidei-Commiss oder Maiorat sey?
- Ob das Lehen geistlich oder
weltlich? Mannes- oder durchgehend Lehen?
- Ob man mit
Kindern beyderley
Geschlechts belehret, oder bey deren
Ermangelung die Vettern und nähern Bluts-Verwandten dem Lehen-Brief
einverleiben zu lassen von dem
Lehen-Herrn zugelassen werde?
- Ob es einen oder mehr Lehens-Herren habe? Wovon sonderlich das Letztere
wohl zu bedencken und zu scheuen.
- Ob man in der Lehen-Stube mit einer leidlichen
Taxe abkommen könne?
- Ob das Gut von
Steuern, Gülten, Umgeld oder Tranck-Steuer, Zehenten und
der gleichen
Anlagen
frey sey? Oder ob es dergleichen selbst einzunehmen?
- Ob es mit dem Iure Aperturae oder dem Öffnungs-Rechte
beschweret ist?
- Ob auch irgend
alte Ausstände oder
Schulden darauf haffen, oder ob dies
Falls alles richtig?
- Was vor alte und neue Lehen- und Kauff-Briefe, Saal-Bücher und
Erb-Register,
gerichtliche Documenta und
Instrumenta von
Frey-Briefen und Erb-Einigungen in Originali vor Handen?
- Ob es die
Ober- und
Nieder- oder Unter-Gerichte, Marck-Freyheiten und
dergleichen Gerechtigkeiten habe? Und ob diese unansprüchig und geruhig
besessen worden?
- Ob auch die Brau-Gerechtigkeit vorhanden?
- Ob das Bier gut abgehe?
- Ob das Gut seine
eigene Hof-Schencke habe?
- Und was der Wirth
Pacht davon giebt?
- Ob es auch in andern
{Sp. 429|S. 226}
Wirths-Häusern ausgeschencket werden müsse, oder man solches in die
benachbarten
Städte und
Orte verführen dürffe?
- Ob man auf seinem und derer
Unterthanen Gehöltzen die Jagten und
Weidewerck, hohe und niedere, alleine oder mit andern gemenget habe?
- Was man an rothen und schwartzen Wildprät, an Hasen, Füchsen, Wölffen
und der gleichen, zusammt dem Feder-Wildprät, besage der Jagt-Register,
jährlich zu genüssen?
- Ob Mahl- Stampf- Säge- Walck- Schleiff- Öl- Pulver- Papier-
Gewürtz-
und Lohe-Mühlen zum Gut gehörig vor Handen sind?
- Was der Mahl-Müller von der Mahl-Müller
Zins oder
Pacht gebe?
- Und ob er auch Schweine in die Mastung zu nehmen
schuldig sey?
- Wie viele Gänge die Mühle habe?
- Ob alle Zeit Mahl-Wasser gnug vorhanden?
- Ob das Wehr kostbar und schwer zu erhalten, und ob es leicht
Schaden
nehmen könne?
- In gleichen ob die Mühlen bey grossem Gewässer lange stille stehen
müssen?
- Ob Ziegel- und Glas-Hütten, Kalck-Öfen und Stein-Brüche auch Gyps und
Mergel vor Handen?
- Ob eine Kirche bey dem Gute sey, ob es eine Mutter oder Filial-Kirche?
- Ob dem Besietzer des Gutes das Ius Patronatus zustehe?
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Gleich wie auch schlüßlichen der
Herrschafft und derer
Unterthanen Wohlstand
zusammen vereinbaret ist, also ist auch dies Falls, ehe der
Schluß des Kauffs
gemachet wird, Insonderheit aus zu
forschen: |
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- Wie viel
Unterthanen seyn?
- Wie viel
gantzer
Höfe,
Bauer- und Pferde-Güter,
Hintersässer-Güter und
Häuser sich bey dem Gute befinden?
- Was sie an
gewissen Schoß, Gulten, Zehenten, Erb- Feder- und
Haus-Zinsen, Eyern, Käsen, Lamms-Bäuchen, Gänsen, Caphänen, Fast-Nacht,
Herbst- Rauch- und andern Hünern,
Scherwerck-Tägen,
Frohn-Diensten, und
andern beständigen Gefällen jährlich abtragen müssen?
- Ob sie Sterb- An- und Ab-Zugs, auch Lehen-Geld, Hand-Lohn, Kauff-Siegel
und andere Schreib-Gebühren geben müssen? Und was die gewisse
Taxe darüber
sey?
- Ob ferner die Unterthanen
arm oder
reich?
- Wie hoch ihrer Güter Kauff-Schillinge sich belauffen ?
- Wie ihre Häuser aufgebauet und bedachet ?
- Wie viel Heu-Futterung sie beyläuffig einlegen, und Haupt-Viehes davon
auswintern?
- Ob und wie viel Getraide sie zum
Verkauf überley behalten? Und wie weit
sie es zu Marckte führen?
- Ob sie mit
Schulden beladen, oder andere ihnen selbst
schuldig?
- Ob sie auch etwas von ihren
Grund-Stücken versetzet haben?
- Wie viel eigentlich Pferdner oder Anspänner,
Hintersässer,
Häusler und
Haus Genossen vor Handen?
- Ob alle Hand- und Pferde
Dienste entweder gemessen oder ungemessen, auch
die Bau-Frohnen so wohl mit Pferden als mit der Hand
verrichtet werden?
- Wie weit und offt Gutsch-Fuhren zu verrichten?
- Ob und wie weit die Unterthanen Botschafft lauffen müssen, und was sie
zum Boten-Lohne bekommen?
- Ob die Unterthanen um den Zehenten schneiden?
- Ob sie Flachs rauffen, rasten, auswaschen, stauchen, brechen, hecheln,
spinnen, ingleichen auch den Hanff ?
- Ob sie Hopfen abnehmen, blaten und pflücken? Obst brechen u.d.
- Wie viel sie vor den
Acker Gras auf denen zum Gute gehörigen Wiesen zu
hauen bekommen ?
- Ob die Unterthanen auch Gras streuen, Heu und Grummet machen, Haber und
Gerste harcken, auch die
{Sp. 430}
Feld-Früchte nebst Heu und Grummet einführen und einbringen helffen ?
- Und was sie an Fröhner-Brodten, Käsen und dergleichen empfangen?
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Was sonsten iedes Gut vor Nutzung und Gerechtigkeit oder
Beschwerungen hat,
solches pflegen desselben Anschläge und Erb-Register zu weisen. |
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