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Zedler: Wald [2] HIS-Data
5028-52-1145-6-02
Titel: Wald [2]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 52 Sp. 1154
Jahr: 1747
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 52 S. 590
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Hinweise:
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Übersicht
Verzeichniß einiger Götzen-Wälder
Gebrauch der Wälder zu Gräbern bey den Alten
Forst- und Waldungs-Nahmen haben verschiedenen Örtern und Geschlechtern die Nahmen gegeben.
weitläufftige grosse Wälder
Ehemahliger Überfluß an Wäldern in Deutschland

  Text   Quellenangaben
  Verzeichniß einiger Götzen-Wälder.  
  Man findet ausser denen vom Tacito de M.G. … angeführten Heydnischen Götzen-Haynen oder Wäldern deren noch verschiedene hin und wieder in Deutschland, davon wir allhier einige nahmhafft machen wollen.  
  So stund ehemahls an der Saale, ohnweit der Stadt Merseburg ein solcher Hayn, in welchem die Landes-Einwohner den Götzen Zuttibur verehret, dessen Brotuff Lib. II. … also gedencket: Zuttiburo haben die Bürger der Stadt Merseburg einen Lucum, das ist einen Eich-Wald heiligen lassen, darinnen hat, bey Verliehrung seines Lebens, niemand einen Baum oder Ast abhauen dürffen, denn sie alle dem Abgott geheiliget. Besiehe auch
  • Albini Chron. Misn. …
  • Schneiders Chron. Lips. …
  • Michael Frentzel Diss. tertia
  Diesen Hayn ließ Wighertus, der dritte Bischoff zu Merseburg, im Jahr Christi 1007 umhauen und zerstören, und dem heiligen Romano zu Ehren dorthin eine Kirche erbauen, davon das Chronicum Episcop. Merseb. in des Herrn von Ludwigs Reliqu. MStorum. … ingleichen Hübner in seiner Politischen Historie des VIII Theils … Meldung thut. Und ist gantz wahrscheinlich, daß die beyden so genannten Thier-Höltzlein, hart bey der Stadt Merseburg, noch Überbleibungen von demselben Walde seyn. Michael Frentzel l.c.
  Helmold thut von einem Wald oder Hayn, der sich in Wagerland ohnweit der Stadt Altenburg befindet, und dem Gott dieses Landes, Nahmens Proven, soll gewidmet gewesen seyn, Meldung,
  • Lib. I. …
  • Michael Frentzel l.c.
  Von diesem Hayn meldet auch Alexander Molde in der Uthinischen Chronick … welcher noch dieses beyfüget, es habe in dem Hayn ein grosser Eich-Baum gestanden, welchen niemand, als der Götzen-Pfaffe, der Mycke geheissen, anrühren dürffen.  
  In dem Lande Stormarn, wie Arnckiel in der Cymbrischen Heyden Religion I Th … schreibet, bey dem Flecken Wedel, an dem Elb-Strom, haben die Cymbrischen Sachsen einen ansehnlichen Götzen-Hayn, und in demselben einen grossen Fels zum Altar gehabt. Diesen Ort beschreibet Johann Rist in der sechsten Unterredung seiner Monatlichen Gespräche.
  Bey Eresburg, in dem heutigen Westphalen, so jetzo Stadtberg heisset, woselbst ehemahls das berühmte Sächsische Götzen-Bild gestanden, und von den Heydnischen Sachsen verehret worden, war auch ehemahls ein solcher Heidnischer Götzen-Hayn, welchen Carl der Große nebst dem Götzen-Bild zerstöhret, wie beym Pithäo in vita Caroli M. nachzusehen.
  In Dithmarsen, ohnweit dem Dorffe Albersdorff genannt, ist ein solcher Hayn oder Wald annoch zu sehen, worinnen ein grosser steinerner Opffer-Altar sich zeiget.
  • Joh. Georg Keyslers Antiqu. …
  • Andre. Albert. Rhodens Cymbrisch- Hollsteinische Antiquitäten-Remarques …
  • Falckenstein Nordgauische Alterthümer I Th. …
  In denen Wißbadischen Feldern lag ehedessen ein alter Busch- oder Baum-Wald, der aber heutiges Tages in  
  {Sp. 1155|S. 591}  
  Acker verwandelt worden, dessen Ort, und wo er gestanden, noch jetzo der Hayner genennet wird, welcher zu erkennen giebet, daß vor Alters, zu denen Heydnischen Zeiten ein Hayn allda gestanden; Gottfried Anton Schenkens Memorabilia
  In Jütland, und zwar in dem Stifft Aseburg hatte der Gott Thor seinen Hayn, welcher Thorlöff, das ist Thorsland genennet wurde, der bis 1441 gestanden, da die Bauern in einem Aufruhr denselben umgehauen.
  • Joh. Georg Keyslers Antiquit. …
  • Arnckiel im Cymbrischen Heydenthum …
  • David Nerreter in dem Juden- und Heyden-Tempel …
  In dem Ertz-Stifft Bremen waren zur Zeit des Ertz-Bischoffs Unwani im Jahr 1013 noch verschiedene solche Götzen-Hayne vorhanden, die er durchgehends abhauen, und an deren Stelle 12 Kirchen auferbauen ließ. Albert Stadensis in Chronico
  Die alte Heydnische Francken hatten, nach dem Zeugniß Gregorii, Bischoff zu Turenne, Lib. II. Histor. Franc. c. X. dergleichen Götzen- Hayne.  
  Ohnweit der Altmühle zwischen Neuen-Muhr und Stadeln, welche beyde Örter dem Baron von Lentersheim gehörig, liegt ein etwas erhobener Hügel, welcher noch heutiges Tages der Hahnen-Buck genennet wird. Weil nun Hahnen soviel als Hayn heissen soll, Buck aber diesen Landes-Inwohnern ein Hügel bedeutet; als giebet das Wort Hahnen-Buck anders nichts; als einen auf einem erhobenen Hügel gelegenen Hayn zu erkennen.  
  In Thüringen, nicht weit von der Stadt Kelbra, haben die alten Heydnischen Inwohner in der sogenannten güldenen Aue einen Götzen-Hayn gehabt, woselbst bis heutiges Tages noch eine Gegend, so der Hayn-Garten, und ein Weg, welcher der Hayn-Weg genennet wird.
  • Joh. Georg Leuckfeld Historische Beschreibung des gewesenen Cistercienser-Klosters St. Georgii zu Kelbra …
  • Cluvers Beschreibung des Hertzogthums Mecklenburg, II Theil …
  Ohnweit Gandersheim hat die in Sachsen so beliebte Göttin Astarte oder Ostar an einem gewissen Berge, der von ihr den Nahmen hat, und noch jetzo der Oster-Berg heisset, einen dergleichen geheiligten Wald oder Hayn.  
  Bey Gadebusch, in dem Hertzogthum Mecklenburg, war auch ehedessen ein dergleichen dem Götzen Radegast geheiligter Hayn, wie denn Gadebusch anders nichts, als Lucus Dei oder Gottes-Busch heissen soll.  
  Bey der Bischöfflichen Residentz-Stadt Uthin, in dem Hollsteinischen Wagerland, hat ehedessen auch ein solcher Götzen-Hayn gestanden, welcher noch heutiges Tages das Uthinische Hayn-Holtz genennet wird. Alexander Moldens Uthinische Chronick …
  Herr von Eckhart schreibet in Comment. de rebus Franciae Orient. … daß man in dem Hertzogthum Braunschweig-Lüneburg fast bey jedem Dorffe noch Spuhren von dergleichen Haynen finde.  
  In Meißen hat es auch derselben vielfältig gegeben, davon M. Samuel Gottlieb Heine in der Historischen Beschreibung der alten Stadt und Grafschafft Rochlitz, in Meißen, nachzulesen.  
  Es ist auch noch ein solcher dicker Wald bey Hohenstein, in der Herrschafft Schönburg, welcher das Hayn-Holtz  
  {Sp. 1156}  
  genennet wird, ohne Zweiffel darum, weil vor Zeiten ein solcher Heydnisch- und Wendischer Götze allda gestanden.  
  Hieher gehöret auch die Hayn-Leite, welche eine Stunde von Sundershausen gelegen, deren Melisantes in der Beschreibung der Berg-Schlösser … gedencket.  
  Der Berg, worauf das Schloß Wespenstein, bey Gräfenthal, in den Thüringer-Walde gelegen, wird der Hayn genennet, wie solches Herr Hof-Rath Struv in Prodromo … bezeuget.  
  Kommt man in die Gegend an die Altmühl, und in Nordgau, so finden sich, so wohl ex Onomathesia, oder der Örter-Benennung, als auch nach Aventini und anderer Bayerischen Geschicht-Schreiber Bericht, soviel Anzeigungen, welche erweisen, daß auch dieser Orten nicht wenig dergleichen Heydnische Götzen-Hayne gestanden, und anzutreffen gewesen. Ja, es ist gar wahrscheinlich, daß wegen der vielen Eich-Wälder die Druiden ihren sonderbahren und eigentlichen Sitz an der Altmühl und da herum gehabt, und dahero der alten Deutschen ihre fast älteste Wohnung, Vaterland, Heiligthum und geweyhete Begräbniß hier mögen gewesen seyn. Denn man wird in keiner Provintz von Deutschland so viele Spuhren von denen Druiden und ihrem Wesen als hier antreffen. Dieses bezeugen Hohen-Drüdingen, Wasser-Drüdingen, Alten- Drüdingen, Druhendingen, oder Treuchtlingen; wie auch Heydenheim, Haynsfurth, Haynen-Kamm, u.a.m. welche Ämter, Städte, und Flecken, sämtlich an und ohnweit der Altmühl gelegen sind. Siehe
  • Herr von Eckhart in Annot. …
  • Adam Bremensem
  • Merian in Topographia Bav.
  Die klärste Spuhr eines solchen Götzen-Hayns auf dem Nordgau findet sich zu Emmenzheim, einem ohngefehr 3 Viertel-Stunden von der Reichs-Stadt Weissenburg im Nordgau gelegenen Dorffe, woselbst man noch heutiges Tages einige niedergeworffene Götzen- und Druiden-Bildniße über einander liegen siehet, von welchen, und dem daselbst gestandenen Hayn, gewiß zu schliessen, daß solche von Carl dem Großen, da er 793 von Regenspurg auf der Altmühl bis gegen diejenige Gegend schiffete, wo er diesen Fluß mit der Schwäbischen Rezat durch einen Canal mit einander verbinden wolte, zerstöhret worden.  
  Dieses zu glauben, beweget uns der 43 Artickel des Franckfurtischen Concilii, welches das folgende 794 Jahr auf dessen Befehl allda gehalten worden, wo die Rubric dieses Canons heisset: De arboribus et lucis destruendis canonica autoritas observanda est. Ferner bezeuget eine unter dem gemeinen Volcke noch jetzige gar gewöhnliche Redens-Art, wenn einer den andern besuchet und zusammen mit einander reden, so nennet das Land-Volck solches im Hayn-Garten sitzen; welches ohnfehlbar von dem alten Heydnischen Wesen und hier gestandenen Haynen noch herkommet.  
  Die Bauren in dem Hoch-Stifft Eichstett haben gar sehr im Gebrauch, daß sie von einer Sache, wovon sie reden, sagen; dieser oder jener, hat mirs gestern im Hayn-Garten erzehlet; welches soviel heisset, als er hat mir gesaget, da wir gestern beysammen waren.  
  Noch nähere Nachricht giebet der bekannte Bayerische  
  {Sp. 1157|S. 592}  
  Geschicht-Schreiber Aventinus L. III. Annal. Boj. … von denen im Nordgau ehevor gestandenen Götzen-Haynen, wenn er von Bojer Hertzog Theodo meldet, er habe bey Regenspurg an der Donau einen Hayn dem Deutschen Herculi gewidmet, und daselbst den Götzen-Dienst anrichten lassen. Diesen Wald hat jetzo das Kloster Emmeram zu Regenspurg im Besitz. Ein mehreres von dieser Materie siehe in
  • Arnkiels Mitternächt. Völckern I Th. …
  • Falckensteins Nordgauischen Alterthümern, I Th. …
   
  Gebrauch der Wälder zu Gräbern bey den Alten.  
  Es haben sich die Alten sonderlich auch der Wälder zu ihren Gräbern bedienet. Die Cimbri haben ihre Todten nicht alleine auf dem Felde, sondern auch in Wäldern begraben. Cilicius Lib. I. Bell. Dithm.
  Man findet noch heutiges Tages vielerwegen solche Heyden-Gräber in den alten Holtzungen; Das bezeugen schon vor fünff hundert Jahren Saxo, daß zu seiner Zeit solche heydnische Begräbnisse in den Wäldern befindlich gewesen; erinnert aber anbey, daß solche Örter vor Zeiten unter dem Heydenthum freye Felder gewesen, welche bey dem Longobardischen Auszug an Einwohnern entblösset, verwildet und in Wälder verwandelt worden. Saxo Lib. VIII.
  Dieses mag von etlichen Örtern verstanden werden; Denn es ist nicht glaublich, daß zu der Zeit vor dem Longobardischen Ausgang, im gantzen Lande keine Wälder solten gewesen seyn. Vielmehr ist es wahrscheinlich, ja sonder allen Zweifel, daß die Holtzungen den grösten Theil des Cimberlandes vor Alters eingenommen, also daß vor Zeiten Wälder gestanden, da jetzo die Grab-Stäte der Heyden auf blossen Felde liegen.  
  Man findet auch in denen alten Kirchen- Büchern, daß von der Apenrader Holtzung bis ans Kloster Lugum, ja gar bis an Tundern, ein gantzer grosser Wald gestanden. Dieses bezeugen die ausgegrabenen Baum-Wurtzeln, und Stämme, ja gantze Bäume, die man im Tundrischen hin und wieder in der Erden gefunden, und ausgegraben. Daher das Süder-Theil dieses Landes von denen vielen Holtzungen den Nahmen Holstein, das ist Holtzstein bekommen. Danckw. Part. III.
  Deßwegen der alte Wandalische Geschicht-Schreiber Helmold in seiner Sclavonischen Chronicke diese Einwohner pfleget Holtzsteiner zu nennen.  
  Daß die Schweden ihre Todten in den Wäldern begraben, berichtet Snoro Part. I. Chron. Norvag. … da er vermeldet, daß die beyde Schwedische Könige Ingue, und Alfred Gebrüdere, in einem Hügel begraben, auf Fyrriswald, das ist, im Fyren- oder Fichten-Wald. Also erkläret diesen Text Scheffer in Upsalia Antiqu.  
  Wie die mitternächtige Länder unter den Heydenthum mehrentheils mit Wäldern beschlagen gewesen; Also haben die fürnehmsten mitternächtigen Völcker ihre Gräber in denen Holtzungen gehabt, wie von denen Einwohnern in Blarmeland Snoro Part. III. … und von denen Chur- und Liefländer P. Einhorn  
  {Sp. 1158}  
  in Histor. Lettica … melden.  
  Gleichfals haben unsere Sachsen, welche aus dem Mitternächtischen Lande gezogen, und sich über Deutschland ausgebreitet, ihre Todten in den Haynen und Wäldern beerdiget. Georg Fabricius Lib. I.
  Das haben nicht allein die Sachsen, sondern auch die Deutschen insgemein gethan. Dahin siehet Schedius Lib. X. Franceidos, da er die Gräber der alten Deutschen in denen Wäldern unter den grünen Bäumen lagert, und anbey abermahl erinnert, ob solten der Heyden Götzen, und die Seelen derer Verstorbenen an solchen Orten insonderheit Belieben tragen. Seine Worte lauten also:  
  [24 Zeilen Lateinische Verse] Arnkiels Mitternächt. Völcker III Th. …
   
  Forst- und Waldungs-Nahmen haben verschiedenen Örtern und Geschlechtern die Nahmen gegeben.  
  Man findet von alten Zeiten her noch heut zu Tage viele Städte, Dörffer und Flecken, die den Zunahmen von Haynen haben, als  
 
  • Fürstenhayn,
  • Grossenhayn,
  • Frauenhayn,
  • Muckenhayn, wo man den Wendischen Gott Micke Ehrerbietung und Gottesdienst bezeiget,
  • Grünhayn im Ertz-Gebürge,
  • Haynichen,
  • Sathayn,
  • Werdenhayn,
  • und dergleichen.
 
  Von den Waldungen haben sehr viel andere Örter ihren Nahmen erlanget, als  
 
  • Buchholtz,
  • Tannenberg,
  • Fürstenwalde,
  • Schönewalde,
  • Sonnenwalde,
  • Reichwalde,
  • Frauenwalde;
 
  ingleichen haben die Forst- und Waldungs-Nahmen manchen berühmten gräflichen und adelichen Geschlechtern ihren Ursprung gegeben, als  
 
  • dem Grafen von Waldeck,
  • dem Grafen von Schöneiche,
  • dem Herren von Birckholtz,
  • dem Herren von Helde,
  • dem Herren von der Tanne,
  • dem
 
  {Sp. 1159|S. 593}  
 
  Herren von Haselhorst,
 
 
  • dem Herren von Holtzendorff
  • und dergleichen.
 
  Es sind auch die Tannen, Eichen, und andere dergleichen Bäume in die Wappen der Standes-Personen mit einverleibet worden.  
  Was nun aber die ungeheuren dunckeln Wüldnisse,  
  weitläufftige grosse Wälder  
  und langwierige Heyden den Ländern, ja wohl gantzen Königreichen, vor ein fürchterliches Ansehen, Schrecken und Ersetzen verursachen können, bezeugen nicht allein die alten Scribenten, als Cornelius Tacitus, von dem unser liebes altes Deutschland ein düster und fürchterliches, oder Regio Sylvis horrida, ein erschreckliches Holtzland, ingleichen von den Römern Sylva Hercynia, der Hartz- oder Schwartzwald genennet wird, von welchem Julius Cäsar geschrieben, daß er auf neun Tagereisen in der Breite sich erstrecket habe, die Länge aber man nicht eigentlich wissen können; Sondern es erweiset auch annoch heut zu Tage die tägliche Erfahrung, was zwischen den in der Nachbarschafft angräntzenden Königreichen, als Pohlen, Moscau, Schweden und dergleichen Europäischen Ländern, woselbst wegen des ehemaligen grossen, langwierigen Krieges ziemliche Unsicherheit gewesen, und unserm jetzigem ausgebesserten und bewohnten Deutschlande vor ein mercklicher Unterscheid sey.  
  Ja wir finden in der Heiligen Schrifft, daß unser Herr Christus vom Geiste in die Wüsten geführet, und vom Satan alda allenthalben, auch im Gebürge, gantzer viertzig Tage herum geführet und unterschiedlich versuchet worden, daraus leicht zu urtheilen, daß vor alten Zeiten in solchen Wildnissen wohl vormahls solche satyrische Geister und teufelische Gespenster gewohnet haben müssen.  
  Es melden Zeiler und Prätor, daß man auf dem Hartzwalde im Jahr 1240 zween Satyre oder wilde Menschen mit langen Schwäntzen gefangen, davon das Weiblein, da es verwundet worden, gestorben, das Männlein aber lebendig blieben und zahm gemachet worden, aufrecht gangen, auch endlich reden lernen, doch keine Vernunfft gehabt, grosse Geilheit erwiesen und wie eine Ziege geschrien.  
  Eben dieser Schrifftsteller meldet, daß daselbst 1597 auf dem Hartze, unter dem Klettenberge, ein starcker Lindwurm von gelb und grüner Farbe, unten am Bauche Füsse habend, eines Mannes dick, über die achtzehn Schuhe lang, gewesen, und habe einen Kopf wie eine Katze gehabt. Desgleichen soll auch in der Grafschafft Hohenstein von zweyen Holtzhauern ein Lindwurm, Mannsdicke, von zwölff Schuhen lang, und einen Wolfskopf habend, todt geschlagen worden seyn.  
  In der Schweitz zu Solothurn um Jacobi 1654 gieng ein Amtmann, nebst einem Jäger dem Wilde nachzuspühren, und trafen in einer Berghöhle einen Drachen an, der einen Schlangen-Kopf, Hals und Schwantz, auch vier Füsse eines Schuhes hoch gehabt, und war allenthalben mit grau, gelb und weißlicht gefleckten Schuppen gesprengelt gewesen; wie er sie gemerckt, ist er in die Höhle mit  
  {Sp. 1160}  
  starchem Geräusch gekrochen.  
  Aus diesen und dergleichen Begebenheiten nun, ist unstreitig abzunehmen, daß vor diesem in dergleichen verwachsenen Wildnissen, es würckliche Satyren oder wilde Männer, desgleichen Drachen, Lindwürmer, grosse Schlangen, und anderes Ungeziefer mag gegeben haben; wie denn nicht weniger die häufigen wilden Bäre, Wölfe, Lüchse und dergleichen, den Menschen gräuliches Schrecken verursachen müssen.  
  Es hatten die Heyden auch ihre Oracula und Götzen in hohlen Eichen, woselbst sie die Götter um Rath fragten, und hielten es vor verächtlich, die Götter in Kirchen und Mauren einzusperren; Ja ihre Wohnung war meist im Walde unter dem Schatten der Bäume, an Bergen, da sie sich durch der Vögel-Gesang und Rauschen der Wasserbächlein vergnügten; wenn sie keinen Krieg hatten, belustigten sie sich mit Jagden wilder Thiere.  
  Die Kinder Israel hatten im Gebrauch, wenn sie einen dicken Baum fanden, so brachten sie ihre Opffer dahin und räucherten daselbst. Den Gideon hätte bald bey Abhauung des Baalhayns zu Ophra der rasende Pöbel erschlagen; ja als der Christliche Glaube eingeführet worden, haben die Einsiedler sattsam bezeuget, daß in den Wäldern der Andacht beyzuwohnen, dem eitlen Weltleben weit vorzuziehen sey.  
  Wie nun die Wälder zu Friedenszeiten herrlichen Nutzen und Vergnügung schaffen; also können auch die Einwohner in Kriegeszeiten mit den ihrigen dahin flüchten, sich verhauen und beschützen, so wohl in Pestzeiten, aus den inficirten Örtern sich in die freye Lufft dahin begeben, und durch Holtz und Wacholderräuchern sich vom Sterben erretten.  
  Ehemahliger Überfluß an Wäldern in Deutschland.  
  Es ist also vor Alters Holtz in grosser Menge gewesen, denn der gröste Theil Deutschlandes ist vor diesem fast nichts, als eine Waldung gewesen, und hat der Schwartzwald mit dem Hartzwalde und dem Westerwalde, und diese wiederum mit dem Ertzgebürgischen Walde, mit dem Fichtelberge, der Schradenwald mit dem Spreewalde, und die andern meistentheils aneinander gehangen. Und dahero muß unser Deutschland, welches jetzo so schön angebauet ist, zu des Tacitus Zeiten ziemlich rauh, wilde und wölfisch ausgesehen haben.  
  Das Holtz war damahls wenig geachtet, die Häuser waren nicht mode, und die Thäler und Höhlen musten statt der Häuser und Palläste seyn; die Bergwercke waren an den wenigsten Orten bekannt, ausser einige Eisenbergwercke, die etwan wohl die ersten mögen gewesen seyn; viel Künste, Profeßionen und Handwercke, die theils der Fleiß, theils die Thorheit ausfündig gemacht, waren damahls unbekannt, bey denen in den jetzigen Zeiten eine unsägliche Menge des Holtzes verthan wird. Bey dem Kochen gieng in der damahligen alten Welt auch nicht so viel darauf, denn unsere alten Deutschen hielten viel auf kalte Küche, und also ist wohl nicht zu verwundern, daß damahls Holtz genug in Deutschland vorhanden gewesen.  

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Stand: 12. Juli 2013 © Hans-Walter Pries