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Zedler: Elater [2] HIS-Data
5028-8-666-14-02
Titel: Elater [2]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 8 Sp. 670
Jahr: 1734
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 8 S. 354
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Folgender Artikel: Elater [3]
Hinweise:
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  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

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Übersicht
besondere Phänomene
  Richtung
  Druck
  Bewegung
  Stoß

Stichworte Text   Quellenangaben
besondere Phänomene Wir müssen nunmehr auch anführen, was dieselben mit ihrer Elastischen Krafft in der Direction, dem Druck, Bewegung und Stoß vor Phaenomena zeigen, weil dieselbigen die Augen eröffnen, unzehlige Begebenheiten der Natur recht zu betrachten und zu beurtheilen.  
Richtung Man mag einen Elastischen Cörper auf einer Seite drucken, auf welcher man will, so empfindet man einen Wiederstand nach einer Direction, die derjenigen, nach welcher man drucket, entgegen gesetzet ist. Es hat demnach die Elastische Krafft keine vor sich nach einer gewissen Gegend determinirte Direction, wie etwan die Schwere, so sich perpendicular auf dem Horizont äussert, sondern es wird dieselbige durch die Direction der in sie agirenden Krafft determiniret, als welcher jene entgegen gesetzet ist.  
  Ja eben durch diese druckende oder spannende Krafft, wird der gradus elasticitatis bestimmet. Wenn ein Ballon aufgeblasen, od. eine Saite gerade ausgespannet ist, so befindet sich beydes in einem gewissen Zustande der Grösse u. Figur. Wenn man aber den Ballon zusammen drucket, od. die Saite in der Mitte anfasset u. sie aus ihrer geraden Situation in einen Winckel gleichsam ausdehnet; so wird so wohl das Volumen, als die Figur durch die Action der äussern Krafft verändert. Dieser Zustand der Com-  
  {Sp. 671|S. 355}  
  pression oder tension ist von dem vorigen darinnen unterschieden, daß dort die Grösse oder Figur, von keiner äussern Gewalt, wie hier verändert wurde.  
  Der Zustand eines Elastischen Cörpers, den er in Ansehung seiner Figur und Grösse hat, wenn keine äusserliche Krafft in ihn würcket, heisset status elateris naturalis; hingegen der Zustand eines Elastischen Cörpers, darinnen er sich befindet, wenn er von einer äusserlichen Krafft gedruckt oder gespannt wird, heisset status elateris violentus. Es scheinen zwar die erst angeführten Exempel hierher nicht zu quadriren, weil der Ballon so wohl von der Elastischen Krafft der eingeschlossenen Lufft, als auch die Saite, indem sie mit ihren Enden angebunden, ausgespannet ist, und in einem statu violento sich befindet; allein man wird gar bald wahrnehmen, daß man die Sache hier relatiué betrachten, und den Ballon oder Saite in dem ersten Zustande als Cörper ansehen müsse, die mit einem gewissen Elatere begabet sind, den man als im statu naturali betrachtet, in so ferne man die Compressiones und tensiones derselben Cörper, so gegen sie von einer äussern Gewalt ausgeübet werden, darauf beziehet. Denn wenn man die Elastische Krafft eines Cörpers als eine Krafft betrachten wollte, der von gar nichts, auch nicht von der Cohaesion derer Theile des Cörpers Einhalt geschähe, so würde dieselbe Krafft beständig würcken und den Zustand des Cörpers in infinitum verändern, und wir würden dadurch zu keinen Begriff des natürlichen Zustandes der Elastischen Krafft in einem Cörper gelangen.  
  Wenn man auf obgedachten Ballon ein Pfund Bley setzet, so wird derselbe dadurch aus seiner runden Figur, die er im statu naturali gehabt, gebracht, und erhält eine andere Figur, in welcher er mit gedachtem Pfunde im aequilibrio stehet. Setzet man 2. Pfund darauf, wird die Figur des Ballons noch mehr verändert, die alsdenn hernachmahls geschickt ist, dieser Krafft von 2. Pfund die Balance zu halten; und solcher Gestallt respondiret einem andern Gewichte ein anderer Zustand der Grösse oder Figur, in welcher die action des Elateris der action der druckenden Krafft gleich ist.  
  Gleichergestallt muß man mehr force anwenden, wenn man einen stählernen Bogen oder auch Fischbein starck biegen will, als wenn man es nur ein wenig aus seinem statu naturali bringet. Es hat demnach ein Elastischer Cörper oder Elastrum in einem gewissen Zustande seiner Grösse oder Figur einen gewissen grad der action des elateris, welcher der action der druckenden oder spannenden Krafft gleich ist, und welcher Zustand nicht eher wieder vorkommt, als biß diese äussere Krafft wieder in denselben Cörper würcket.  
  In einem solchen determinirten Zustande der Grösse oder der Figur eines Elastischen Cörpers wird derselbe determinirte grad seines elateris, beständig gegen die druckende oder spannende Krafft exerciret, aber auch in der adplication von der letztern alsobald wieder vernichtet, also, daß gleichsam ein continuirlicher Streit zwischen diesen beyden einander entgegen gesetzten Kräfften sich ereignet, woraus aber von beyden Seiten kein Effect erfolget, das ist, sie befinden sich wahrhafftig in dem statu pressionis, ihre action wächset nicht mit der Zeit, sondern sie sind als tode Kräffte, vires mortuae, zu betrachten, die einander Gleichwage halten.  
  Man kan derowegen durch die Bedingungen der druckenden oder spannenden Kräffte die Beschaffenheit und Grösse derer Elastischen pressionen determiniren, und daraus darthun, nach was für einem Gesetze die Elastischen Kräffte ar-  
  {Sp. 672}  
  beiten, wenn sie einen zusammen gedruckten oder gespannten Cörper wieder herstellen, das ist, man ist dadurch in dem Stande, die scalas virium vor die Elastra und Elastischen Cörper zu bestimmen.  
  [Grafik]  
  Es sey ACB eine an zwey Nägeln gerade ausgespannte Saite, welche wir solcher Gestallt als in einem statu elateris naturali betrachten. Wenn man dieselbe bey C mit dem Finger zurückzieht, daß sie die Figur AFB erhalte, so wird man einen gewissen grad der renitentz von der Spannung der Saite empfinden. Dieser wird ie desto grösser seyn, je weiter man die Saite von dem Orte C des natürlichen Zustandes des elateris abziehet; nemlich die Saite wiederstehet heftiger, wenn man sie biß D zurückgezogen, als wenn sie nur biß F gespannet ist: Sie hat einen stärckern Druck gegen den Finger, wenn sie biß E gebracht worden, als zuvor in D; woraus erhellet, daß der grad der Elastischen mit denen Entfernungen CF, CD, CE der Saite von ihrem statu naturali elateris ACB zunehmen.  
  Wollte man nun genau wissen, nach was vor einer proportion die Stärcke dieser Elastischen pressionen mit ihren gedachten Entfernungen wachsen; so dürffte man nur an Stat des Fingers ein Gewichte an die Saite hangen, und anmercken, wie weit solche von einem, zwey, drey etc. Pfunden, von ihrem statu naturali entfernet würde. Gravesande hat in seinen Elem. Phys. Mathem. … den Versuch über sich genommen, und befunden, daß die Elastischen pressionen der Saite, die sie in ihren verschiedenen Zuständen der tension gegen die spannende Krafft ausübet, directe sich, wie ihre Entfernungen von dem statu elateris naturali verhielten, das ist, wenn CD zweymahl so groß als CF, so ist die pression der Saite in D zweymahl so starck als in F; und wenn CE = 3CF, so ist die pression in E dreymahl stärcker als in F.  
  Hieraus ergiebt sich die scala virium hierzu alsobald, wenn man über CE, als einer Grund-Linie einen rechtwincklichten triangul construiret, und mit dem Catheto desselben, durch die Puncte der Grund-Linie Parallel-Linien ziehet; als welche die Stärcke der Elastischen pression der Saite in bemeldeten Puncten vorstellen wird, wenn man die Saite biß auf solchen Punct, worzu die Parallel-Linie gehöret, spannet.  
Druck Und auf gleiche Art kan man procediren, wenn man die Elastischen pressionen anderer elastrorum und Elastischen Cörper untersuchen will; von welchen hier nur überhaupt zu mercken, daß dieselben allezeit grösser befunden werden, ie weiter der Cörper von dem natürlichen Zustand seines elateris remouiret wird.  
  Bey Ausdehnung derer Fäden von daran hangenden Gewichten, so ihrer Länge nach geschiehet, hat man dieses zu mercken, daß ein jedweder Theil des Fadens gleich viel ausgedehnet werde. Wenn demnach ein Faden, der zwey Fuß lang ist, an einem Ende aufgehangen, an das andere Ende aber ein Gewichte gebunden wird, und derselbe von der action des Gewichtes um 2. Zoll lang sich ausdehnet; so wird ein  
  {Sp. 673|S. 356}  
  anderer Faden von 4 Fuß Länge von eben demselben Gewichte um 4 Zoll ausgedehnet werden, das ist, die Ausdehnungen, so von einerley Gewichte geschehen, verhalten sich wie die Längen derer Fäden. Wenn hingegen einerley Faden von verschiedenen Gewichten ausgedehnet wird; so verhalten sich die Ausdehnungen, so von verschiedenen Gewichten verursachet worden, wie die Gewichte; und sind folglich die Ausdehnungen verschiedener Fäden von verschiedenen Gewichten in ratione composita derer Gewichte und der Länge derer Fäden.  
  Wenn man einen Ballon vermittelst eines darzwischen gelegten plani mit einem Gewichte beschweret, so wird derselbige zusammen gedruckt, und nimmt seiner Höhe nach um etwas ab. Wenn man zwey gleiche Ballons über einander leget, und solche mit eben dem vorigen Gewichte belästiget, so wird der Raum, um welche sie ihrer Höhe nach durch die Compression abnehmen, zweymahl so groß seyn als der vorige; drucket hingegen das vorige Gewichte drey dergleichen über einander gelegte Ballons, so ist auch bemeldeter Raum, um welchen sie von ihrem natürlichen Zustand entfernet werden, dreyfach; und so ferner, daß sich folglich hier die Compressiones, so von einerley Gewichte gegen eine Menge gleicher über einander gelegten Ballons ausgeübet werden, directè wie die Anzahl derer Ballons verhalten; und folglich ein jeder davon in der Reyhe eben so viel zusammen gedrucket werde, als wenn eben dasselbe Gewichte allein auf ihm liege. Wenn man hingegen dieselben Ballons nicht über, sondern neben einander leget, solche mit einem plano überdecket und darauff ein Gewichte setzet; so wird die Compression dererselbigen nach der Anzahl derer Ballons verringert, indem ein jeder davon einen Theil des Drucks ertragen hilfft.  
  Bey denen flüßigen elastischen Materien, die einer Compression fähig sind, z.E. die Lufft, Dünste, nimmt die elastische pression mit der Dichtigkeit zu und ist dieser proportioniret. Und auf solche Art und Weise pfleget man die conditiones derer elastischen pressionen zu untersuchen, durch welche so wohl vor sich, als deren combination mit andern Kräfften, man hernachmahls sehr viele vortreffliche Aufgaben in der Mechanic aufzulösen vermögend ist.  
  Vor andern gehöret hierher die Auflösung des problematis Elastici oder die Erfindung der Elastischen Linie, curuae elasticae, welche entstehet, wenn z.E. eine lamina elastica oder ein Stab Fischbein, mit dem einem Ende an eine Decke horizontaliter befestiget, an dessen anderes Ende aber ein Gewichte angebunden wird, welches die laminam oder den Stab Fischbein nach der Figur einer krummen Linie herunterwärts bieget; oder wenn auch dieselbe lamina durch die eigene Schwere seiner Theile sich in eine solche Figur herab sencket. Die innern Theile einer solchen Gestallt gebogenen laminae, werden zusammen gedruckt; die äussern hingegen ausgespannet; beyderseits befinden sie sich in statu elateris violento.  
  Es hat schon Galiléus sich bemühet, die Natur dieser krummen Linie ausfündig zu machen, doch ist er nicht so glücklich gewesen, dieselbe zu entdecken; wiewohl er dafür gehalten, daß sie von der Parabel des Apollonii nicht unterschieden wäre. Eben dieses haben die beyden Jesuiten Pardies und de Lanis, jener in seiner Statica, dieser in seinem Magisterio naturae et Artis  
  {Sp. 674}  
  … behaupten wollen; allein es hat die Auflösung dieser Aufgabe, wie vielen andern problematibus begegnet, Anstand haben müssen, biß man durch die Erfindung der neuern Analyseos den Schlüssel zu denen Geheimnissen der höhern Geometrie erhalten.  
  Denn als man durch dieselbe die Beschaffenheit verschiedener krummen Linien zu bestimmen anfieng, auch darinnen einen guten Fortgang verspürete, so gerieth bey Gelegenheit des Problematis Catenarii Jacob Bernouilli auch auf die Beschaffenheit der elastischen Linie, welche nehmlich die gebogene Balcken oder Breter, gespannten Bogen, oder ein jedes Feder-hartes Blech entweder Vermöge der eigenen Schwere oder ein daran gehangenes Gewicht formiren. Dieses problema trug er denen Mathematicis in denen Actis Erud. 1691. … aufzulösen für; und in denen Actis 1692. … erklärte er sich, daß dieselbe Linie mit derjenigen überein komme, welche ein leinenes Tuch annimmt, wenn es von der Schwere einer flüßigen Materie ausgedehnet wird; und endlich hat er seine Erfindung in eben denenselben Actis umständlich bekannt gemacht.
  Die Bedingungen, so sich bey der Untersuchung derer elastischen Linien überhaupt ereignen, sind diese, daß die Kräffte, welche dieselben in ihrer Figur erhalten, perpendicular daran adpliciret sind; die Kräffte selbst mögen indessen veränderlich seyn, wie sie wollen. Aus diesen hat Jacob Hermann per prop. … die generale aequation der elastischen Linie heraus gebracht, welche Jacob Bernouilli l.c. aus andern Gründen erfunden. Es ist dieselbe  
  [Formel]  
  allwo dy das Element der semiordinatae, dx das Element der abscissae in der elastischen Linie; p eine Linie ist, so mit dem elemente der Curuatur der elastischen Linie, innerhalb einem halben Circul, so an den verticem derselben mit dem einen Ende angesetzet ist, und zum diametro, a, hat, von dem gedachten vertice an parallel gezogen wird, und mit dem element der Curuatur, innerhalb dem halben Circul, so wohl der Lage als Grösse nach veränderlich ist. Eben dieser Hermann hat l.c. … die Aufgabe von dieser elastischen Linie noch auf eine gantz besondere Art aufgelöset: u. Dan. Bernoulli hat in T. I. Comment. Acad. Petrop. gleichfalls eine general- expression vor die elastischen curuas gegeben.
Bewegung Wir wenden uns nunmehro zu der würcklichen Bewegung, so aus der Action derer elastischen Kräffte erfolget. Gleichwie aber, wenn wir die Erzeugung einer Bewegung betrachten, solche nicht in instanti herfür gebracht, sondern durch eine Reihe von lauter kleinen actionen, welche die vires mortuae oder solicitationes verrichten, da eine auf die andere continuirlich folget, endlich erzeuget wird; so müssen wir dieses auch bey der actuellen Bewegung eines elastri in Obacht nehmen, und dieselbe als aus einer unendlichen Menge von actionen derer elastischen pressionum oder solicitationum hervorgebracht zu seyn, uns fürstellen.  
  Die Sache wird durch das obgedachte Exempel mit der Saite mehr erläutern. Wenn dieselbe biß in E gespannet, so hat sie einen gewissen grad der elastischen pression; gleichwie sie auch in D und F, bemeldeter Massen, ihre besondere grade davon hat. So man nun dasjenige, was die Saite biß in E gespannet, re-  
  {Sp. 675|S. 357}  
  mouiret; so ist nichts mehr vorhanden, das der elastischen pression in E Einhalt thut; derowegen kömmt diese zur Action, und fängt eine Bewegung an. Es seyn ED, DF, FC gantz kleine Stücklein oder vielmehr elemente der Linie EC, so kan man annehmen, daß die elastische pression in E, so der Linie EC proportioniret ist, durch das Element gleichförmig arbeite, und der Saite eine Elementar-Bewegung communicire. Mit solcher gelanget dieselbe biß D, allwo die elastische pression, so der Linie CD proportioniret, zu arbeiten anhebet, der Saite ein neues Element der Bewegung communiciret, u. solches zu der vorigen Elementar-Bewegung, so sie durch ED erhalten, hinzufüget. Dieses ereignet sich nun durch alle Elemente der Linie EC, und wird in allen denenselben die Bewegung der Saite um etwas vermehret, biß sie in den situm ACB gelanget, allwo sie keine elastische pression mehr ausübet, weil sie sich selbst in statu naturali befindet.  
  Es wird demnach die Bewegung der Saite von E biß C von denen aufeinander folgenden elastischen pressionen, die denen Entfernungen von dem statu naturali proportioniret sind, biß in C acceleriret, allwo die acceleration aufhöret, weil daselbst keine elastische solicitation mehr vorhanden, so dieselbe continuiren könnte. Indem aber nun die Saite solcher Gestallt durch EC eine Bewegung erhalten, so kann dieselbe in dem Augenblicke nicht aufhören, wenn sie den statum naturalem ACB erreichet; sondern sie continuiret dieselbe gegen die andere Seite nach e zu; und fänget an die Linie Ce zu durchlauffen. Wenn sie aber nun solcher Gestallt wieder aus ihrem statu naturali ACB gebogen wird, und z.E. in f gelanget, so kommt sie wieder in einen statum violentum, darinnen sich die elastischen pressionen wieder dasjenige äussern, was die Saite aus ihrem natürlichen Zustande zu bringen suchet, das ist, die elastischen pressionen, welche in dem Raume durch Ce eben so, wie in dem Raume CE, vorkommen, wiedersetzen sich der erhaltenen Bewegung der Saite und retardiren dieselbe.  
  Wenn fC, so groß als FC; so wird von denen dort vorhandenen solicitationen, so viel von der Bewegung destruiret; so viel hier durch FC der accelerirten Bewegung ist zugesetzt worden. Dieses äussert sich durch alle elemente der Linie Ce, biß die Saite biß in e gelanget, allwo sie noch eine solche pression antrifft, die ihre continuirlich retardirte Bewegung vollends gar vernichtet. Weil durch Ce alle die pressiones wieder vorkommen, so von C biß E disponiret waren, und dieselben in denen Puncten, so von dem statu naturali gleich weit entfernet, von gleicher Grösse sind; so ist klar, daß von C biß e eben so viel Kräffte erfordert werden, die Bewegung der Saite zu destruiren, als durch EC erfordert wurden, ihr dieselbe zu communiciren.  
  Nun ist die pression in e, so groß als in E, wenn EC = ec; u. die pression in e wird noch zuletzt erfordert, die Bewegung vollends zu vernichten; dahero ist klar, daß die Saite von C biß e, motu retardato sich bewege, in e aber sich zu bewegen aufhöre. Es kan aber die Saite in e, nicht in Ruhe verbleiben, weil sie sich daselbst in einem statu violento befindet, darinnen ihrer elastischen pression kein Einhalt geschiehet; derowegen fänget sie eine Bewegung von e gegen C an, und bedienet sich ihrer elastischen pressionen durch eC als vires acceleratrices, welche zuvor durch Ce als retardatrices die Bewegung der Saite nach und nach destruiret hatten; das  
  {Sp. 676}  
  ist, die Saite beweget sich von e biß C motu accelerato. Von dar fängt sie gegen E zu an ihre Bewegung fortzusetzen, muß aber von denen elastischen pressionen, die die Saite wieder erhält, indem sie von ihrem statu naturali abgebogen wird, als von viribus retardatricibus einen beständigen Abgang erleiden, biß endlich in E die völlige destruction der Bewegung erfolget. Hier kan nun die Saite in E wieder nicht in Ruhe verbleiben, weil sie sich in statu violento befindet, darinnen sie nichts zurücke hält; derowegen fängt sie die gantze vorige Geschichte wieder an, und beweget sich von E biß C motu accelerato; von C biß e, motu retardato; von e biß C wieder motu accelerato, und von C biß E motu retardato.  
  Die translation der Saite von E biß in e, oder von e biß E wird eine oscillation, oder vibration genennet, deren jede folglich aus einer accelerirten und retardirten Bewegung stehet, zwischen welchen der status naturalis der Saite ACB die Grentze abgiebet. Eine Menge dergleichen oscillationen inuoluiret einen Motum vibratorium, und dieser würde bey der gedachten Saite unendlich fort dauren, wenn die friction derselben an denen Nägeln, daran die Saite gebunden, ingleichen der Wiederstand der Lufft, und endlich der unvollkommene elater der Saite selbsten denselben nach und nach nicht destruirten.  
  Wir sehen dergleichen Bewegung an denen Saiten derer musicalischen Instrumente, wenn sie gestrichen werden; ja eben dieselben communiciren hernachmahls diese vibratorische Bewegung der Lufft, die hernach zu unserem Ohr gelanget, und in uns die Empfindung des Klanges erreget; woraus erhellet, daß ein Corpus sonorum, oder ein Cörper, der klingen soll, ein elastischer Cörper seyn müsse.  
  Man hat diese Bewegung des nerui nach denen Gründen der Mechanic weiter untersuchet, und aus dem obangeführten Gesetze derer elastischen pressionen der Saite, da solche denen Entfernungen von dem statu naturali proportioniret waren, ausfündig gemacht, daß die krumme Linie derer ordinaten die Geschwindigkeiten der Saite in jeden Punct der Linie Ee vorstellen, das ist, die curua velocitatum, eine Ellipsis sey, deren grössere axe Ee, und ihr Mittel-Punct in C.  
  Was die Zeit derer vibrationen anlanget, hat man solche allezeit von gleicher Grösse befunden, wenn sie gleich selbsten ungleich sind, das ist die Zeit einer vibration durch Ff ist so groß als die Zeit einer vibration durch Ee; und sind folglich die vibrationes der Saite Isochronae
  • Hermann Phoron. …
  • Gersten Tentamen Systematis
  Was wir bißher von dem motu vibratorio der Saite gesagt haben, gilt von allen elastischen Cörpern, ausser was die besondere Art der acceleration und retardation anlanget, als welche sich nach denen besondern conditionen derer elastischen pressionen richtet. Die flüßigen Materien selbst, so einer starcken compression fähig sind, als die Lufft und Dünste, beobachten einen solchen motum vibratorium; Wiewohl er alsdenn nicht mehr diesen Namen führet, sondern motus vndulatorius genennet wird. Dergleichen Vndas der Lufft kan man in einem recipienten auf der Lufft-Pumpe wahrnehmen; denn wenn man die Lufft darinnen zusammen drucket,  
  {Sp. 677|S. 358}  
  hernachmahls den Hahn geschwinde aufschlüsset, so fähret die Lufft mit einem Gezische aus dem Recipienten in das hohle corpus der antliae. So bald dieses Gezische aufhöret, schlüsse man den Hahn des Recipienten zu, verwahre die Mündung desselben mit einer Blase, und öffne wiederum den Hahn des Recipienten; so wird man wahrnehmen, wie die Blase von der äussern Lufft in den Recipienten hinein gedruckt werde, welches eine Anzeige ist, daß zuvor mehr Lufft durch die acceleration aus dem Recipienten gegangen, als erfordert wird, daß sie von gleicher Dichtigkeit mit der äussern innerhalb dem Recipienten sey; daher auch das hinein drucken der Blase innerhalb dem recipienten nothwendig erfolgen muß, weil die äusserste Lufft hinein dringen will.  
  Dieser Motus vndulatorius der Lufft ist bey Lösung des groben Geschützes Ursache, warum die Fenster zittern. Denn weil der elastische Dampff des angezündeten Pulvers die Kugel mit einer so erstaunenden Gewalt fort treibet, so muß derselbe die Erzeugung der Bewegung der Kugel mit einer sehr starcken acceleration verrichten; mit dieser fähret derselbe aus dem Geschütze in die freye Lufft heraus, und treibet diese so lange vor sich weg, biß die Bewegung des Dampfes von dem Wiederstand der Lufft endlich vernichtet ist. Hieraus aber entstehet nun eine vndulatorische Bewegung der vor sich weggestossenen Lufft; deren an die Fenster derer Gebäude anstossenden Vndae, denenselben einen motum vibratorium communiciren, oder ein Zittern dererselben verursachen.  
  Aus allen diesen erkennet man, daß die vibratorische Bewegung eine Eigenschafft eines elastischen Cörpers sey. Wir sehen dieses an denen gebogenen Feder-harten Blechen und Fischbeine, an denen eisernen und meßingenen Ringen, an denen Glocken, und überhaupt an allen denen Cörpern, so einen Klang von sich geben, wenn man sie anschläget.  
  Es verbleibet aber dieser Motus vibratorius in dem tremulirenden Cörper nicht alleine, sondern wird durch eine gewaltige Menge derer mehr angelegenen Cörper fortgepflantzet. Wenn man eine Saite auf einem Tische frey ausspannet und solche anschläget, daß sie einen Ton von sich giebet, so vibriret sie, und diese vibration empfindet man nicht nur an dem Tische, darauf die Saite sich befindet, wenn man selben mit der Hand berühret, sondern die umstehenden empfinden solche auch in ihren Füssen an dem Boden des Zimmers, deme solche Bewegung von der Saite durch den Tisch communiciret wird. Man hat aber hierbey nicht auf den Ton, sondern die vibrirende Bewegung selbst Acht zu haben.  
  Wenn die umliegenden Cörper von einer andern Beschaffenheit sind, als das Corpus sonorum, so die vibrationes erreget, so erhalten dieselben mit diesem nicht einen Motum vibratorium von einerley Art, und wird daher der Lufft eine andere Bewegung von dem Corpore sonoro, eine andere von den anliegenden Cörpern communiciret, welche folglich mit einander vermischt nicht einen reinen Ton zum Ohre bringen können. Und dieses ist die Ursache, warum die Glocken nicht reine und helle klingen, wenn man sie in vieles Holtz-Werck verstecket. Sie müssen freyhängen, damit sie ihre tremulirende Bewegung der Lufft alleine  
  {Sp. 678}  
  communiciren; ie mehr sie aber mit andern Cörpern combiniret sind, ie mehr communiciren sie denenselben ihre Bewegung, und ie weniger der Lufft.  
Stoß Man ersieht hieraus, wie viel phaenomena der Natur von der Beschaffenheit der Bewegung, die ein elastischer Cörper erreget, herrühren; dahero wir auch fortfahren die Art dieser Bewegungen ferner zu betrachten, und zwar wie sich durch den Stos ereignen.  
  Es sey in obiger Figur die Saite ACB in statu naturali; wieder dieselbe renne ein Cörper bey C mit einer gewissen Geschwindigkeit an; welches man zu Wege bringen kan, wenn man ein pendulum daran anschlagen läst; so ist klar, daß dadurch die Saite aus ihrem statu naturali werde gebogen, und indem sie indessen die Bewegung des Cörpers zugleich destruiret, endlich in eine gewisse Lage, z.E. AEB gebracht werden, allwo sie die Bewegung des Cörpers gantz und gar vernichtet haben wird. Hier befindet sich nun die Saite in einem statu violento, und es ist nichts mehr verhanden, so ihrer elastischen pression Wiederstand thut, weil die Bewegung des Cörpers destruiret ist; dahero fängt die elastische Krafft der Saite von sich selbst an zu agiren, und indem sie durch EC ihre Bewegung acceleriret, treibet sie den Cörper vor sich her, und communiciret ihm durch EC eine so starcke Bewegung, als zuvor durch CE von denen elastischen Kräfften der Saite hat müssen vernichtet werden, das ist, der Cörper wird mit eben der Geschwindigkeit von der Saite wieder zurücke getrieben, mit welcher er zuvor gegen sie angerennet war. Man mache einen Complice von vielen dergleichen Saiten, z.E. ein Netze, und spanne solches innerhalb einem Reiffen aus, so wird sich dabey noch eben dasjenige ereignen, was sich zuvor an der eintzelnen Saite begeben hatte, nemlich ein daran geworffener Cörper wird mit eben der Geschwindigkeit wieder zurücke springen, mit welcher er daran geworffen worden.  
  Dieser Fall er eignet sich bey denen Stragneten, mit welchen man die Bälle zu schlagen pfleget; und ist es einerley, ob der Ball wieder dasselbe mit einer gewissen Geschwindigkeit stosse und zurück springe; oder ob der Ball ruhe und das Stragnet gegen denselben mit einer gewissen Geschwindigkeit angeschlagen werde.  
  Eben hieraus läst sich der Fall erklären, wenn man einen elastischen Ball gegen eine resistirende Fläche gerade anwirfft, da derselbe mit eben der Geschwindigkeit wieder zurücke springet, mit welcher er gegen die Fläche angerennet; woraus hernachmahls die Mechanici den Lehr-Satz erweisen, daß ein elastischer Cörper, wenn er schieff oder unter einem gewissen Winckel, so der angulus incidentiae heisset, gegen eine resistirende Fläche stosse, derselbe unter einem Winckel wieder zurück pralle, der dem angulo incidentiae gleich ist.  
  Ehe man von der elastischen Krafft derer Cörper überzeuget war, konnte man keine hinlängliche Ursache dieser reflexion derer Cörper oder ihres Zurückprallens, wenn sie an andere Cörper stiessen, angegeben. Man hielte dafür, daß eine Bewegung der andern nicht entgegen sey, wohl aber ihre directiones; dahero wenn gleich ein Cörper gegen den andern anrennte, und von ihm wieder reflectiret würde, so geschähe dieses deswegen, weil nach ihrer Meynung, die Bewegung des anlauffenden Cörpers nicht könnte destruiret werden; doch weil die directionen einander  
  {Sp. 679|S. 359}  
  entgegen seyn könnten, so würde zwar dadurch die direction des anlauffenden Cörpers verändert u. derselbe genöthiget sich wieder zurücke zu begeben, keines Weges aber erfolgte eine Veränderung in der Grösse der Bewegung selbst, als welche keiner destruction fähig wäre. Diese Meynung haben Borellus in tract. de repercussione … und die Cartesianer geheget; allein Keill hat in Introduct. ad veram Physicam … deren Ungrund zur Gnüge erwiesen, und gezeiget, daß lediglich die Elastische Krafft derer Cörper an dieser Reflexion Ursache sey.
  Man kan solches aus dem vorhergehenden gleichfalls überflüßig abnehmen, und erhellet noch mehr daraus, daß Cörper von Bley, Thon, Wachs, oder andern, die einen kaum mercklichem Grad der Elasticitaet haben, ebenfalls zurück springe müsten, wenn nur die entgegengesetzte Direction an der Reflexion der Bewegung Ursache wäre; so aber nicht geschiehet.  
  Aus eben dem Grunde der Reflexion der Bewegung durch die elastische Krafft erkläret man die phaenomena derer elastischen Cörper in ihrem conflictu. Man kan sich dieses am deutlichsten vorstellen, wenn man die Cörper als nicht elastisch betrachtet, und Acht hat, wie sie sich Vermöge ihrer vi inertiae in dem conflictu verhalten; hernachmahls aber, sobald der conflictus zu Ende gehen will, in Gedancken ein elastrum zwischen beyde Cörper gesetzt zu seyn sich einbildet, welches pro ratione massarum inuersa, die Cörper wieder aus einander treibet. Man hat dahero bey der Betrachtung des conflictus derer Elastischen Cörper, so wohl auf ihrer actiones und reactiones, die von der vi inertiae dependiren; als auch durch die dadurch modificirten elastischen Kräffte derselben zusehen; woraus man hernachmahls die Veränderungen in denen Geschwindigkeiten zweyer an einander stossender elastischer Cörper berechnen kann; wie aus dem Titel: Conflictus zu ersehen.  
  Dieses sind die fürnehmsten phaenomena so wohl derer elastischen Kräffte, als derer daraus erfolgenden verschiedenen pressionen und Bewegungen.  
     

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