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Zedler: Elater [3] HIS-Data
5028-8-666-14-03
Titel: Elater [3]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 8 Sp. 679
Jahr: 1734
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 8 S. 359
Vorheriger Artikel: Elater [2]
Folgender Artikel: Elater oder Elaterium
Hinweise:
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Übersicht
 
  geistlicher Art
  mechanischer Art
 
  subtile Materie
 
  Wolff
  Bernouilli
  Euler
  Anziehungskraft

Stichworte Text   Quellenangaben
historische Erklärungen Wir müssen nunmehro auch die Meynungen verschiedener Philosophen anführen, die sie von der Ursache der elastischen Krafft in denen Cörpern angegeben haben.  
  Bey denen alten Philosophen treffen wir hiervon nichts an, als denen, wie oben schon gedacht, die elastische Krafft derer Cörper unbekannt gewesen; doch da sie, besonders die Peripatetici, einige phaenomena angemercket, von denen wir ietzo wissen, daß sie von denen elastischen Kräfften herrühren; solche aber der fugae vacui oder der bekannten qualitati occultae zugeschrieben haben; so können wir leicht ein Urtheil, fällen, daß sie die elastischen Kräffte, woferne ihnen solche bekannt gewesen wären, ebenfalls durch qualitates occultas würden erkläret haben; die man aber billig in der jetzigen Physic nicht Stat finden läst.  
geistlicher Art Mit gleichem Rechte verwirfft man die Meynung dererjenigen, welche gewisse Geister statuiren, von deren Bemühungen die phaenomena derer elastischen Kräffte herrührten; als bey welchem negotio  
 
  • die anima mundi des Platonis,
  • der Spiritus Archeus des Helmontii,
  • der Spiritus Hylarchicus des Henr. Mori,
  • und anderer Geister des Zimmermanni, Thomasii, etc.
 
  mehr wohl werden umsonst arbeiten müssen.  
  Man ist heut zu Tage mit besserem Nutzen bemühet, die Ursachen derer Effecte von andern Be-  
  {Sp. 680}  
  gebenheiten der Natur herzuhohlen, als alsobald seine Zuflucht zu den Geistern zu nehmen. Es ist wahr, die Kräffte machen das meiste in der Natur-Lehre aus, es mögen nun dieselbigen seyn was sie wollen; wie wir dann ihre Beschaffenheit wohl niemahls ergründen werden; doch sind einige unter ihnen dergestallt beschaffen, daß man sie als caussas primitiuas keines Weges anzusehen, sondern dieselbe als deriuatiuas zu betrachten hat, so von ienen herrühren. Diese Deriuation zu untersuchen, ist das Amt eines Physici, und weiter ist auch von ihnen nichts zu praetendiren, weil nicht in seiner Macht stehet, die Beschaffenheit derer caussarum primitiuarum zu erklären.  
  Es thun demnach diejenigen unrecht, welche in der Erklärung derer elastischen Kräffte bey einem principio interno stille stehen bleiben; wie  
 
  • Hobbesius Elem. Philos. …
  • Honoratus Fabri Tract. Phys. …
  • Gobartus in Tract. de Barometris,
  • und andere
 
  gethan, als welche, indem sie den kleinsten Theilen des Cörpers einen nisum sich wieder zu restituiren, zuschreiben, das ist, dieselben ihrer Natur nach als elastisch ansehen, in der That dasjenige setzen und annehmen, wovon die Frage ist. Wäre die elastische Krafft eine vis primitiua oder innata derer kleinesten Theile eines Cörpers, so dependirte dieselbe nicht von der combination derer Theile, woraus ein Cörper zusammen gesetzt ist; wie wir dieses doch wegen der diuersité des Elateris in denen Cörpern, in Ansehung der Composition seiner Theile zugeben müssen.  
mechanischer Art Es treten demnach diejenigen näher zum Zweck, welche die elastische Krafft als eine Würckung einer äusserlichen Ursache ansehen, und also die gantze Sache auf eine mechanische Art erklären. Die Philosophen, welche sich zu dieser Classe bekennen, ob sie wohl darinnen mit einander überein kommen, daß die elastische Krafft eine caussa deriuatiua sey; so sind sie doch so wohl wegen der Ursache, von welcher sie die elastische Krafft deriuiren, als auch derselben ihre adplication in einem elastischen Cörper selbst, sehr von einander unterschieden.  
subtile Materie Einige nehmen zur würckenden Ursache das Feuer, oder einen andern sehr subtilen cörperlichen spiritum; einige den aetherem, andere die Lufft und den aetherem zugleich; und noch andere eine besondere sehr schnell sich bewegende flüßige und subtile Materie, so auch die kleinsten poros eines Cörpers durchdringen kann. Den Spiritum igneum statuiret Digbaeus in tract. de immortalitate animae, und was dieser demselben zuschreibet; dasselbe eignet Cartesius Epist. … seiner materiae secundi elementi, oder seinen globulis aethereis zu, und erkläret die Restitution eines gebogenen stählernen Bogens daher, daß die Figur derer pororum währender Spannung wäre corrumpiret worden; da nun die gedachte subtile Materie allenthalben durch die poros sich durch bewegte, so triebe sie dieselben wieder aus einander, wenn man mit der Spannung nachließe, und gebe den Bogen wieder seine vorige Figur. Die Beschaffenheit der Lufft innerhalb einem Ballon, betrachtet er Epist. … dergestallt, als wenn deren Theile lauter kleine gespannte Bogen wären, die sich auszudehnen beständig bemüheten. Diese Meynung Cartesii erkläret Rohault in Tract. phys. … ausführlicher.
  Robert Boyle in Experim. … siehet die Theile  
  {Sp. 681|S. 360}  
  der Lufft Theils als lauter kleine spiras an, und leitet daraus die elastische Krafft der Lufft her; Theils rufft er auch die Bewegung des aetheris mit zu Hülffe, wodurch eine jede particul dergestallt herumgetrieben wird, daß sie alles dasjenige von sich wegstosse, was sich innerhalb der sphaere ihrer actiuitaet begeben will; doch bekennet derselbe, er hange keiner von beyden Meynungen so starck an, daß er auch nicht eine andere Ursache zulassen sollte. Der erstern Meynung des Boylii ist auch Reyher in diss. de aëre … zugethan.  
  Franciscus Tertius de Lanis in Magister. … erkläret die elastische Krafft derer Cörper durch eine Bewegung des aetheris oder einer andern subtilen Materie, welche indem sie sich in die poros derer Cörper hinein zwinget, dieselbe von einander stösset, und die zusammen gedruckten oder gespannten Cörper zurück springend macht.  
  Perault in seinem Frantzösische Tractat von der Härte und dem Elatere derer Cörper, sucht den Ursprung der elastischen Krafft in dem Druck und Schwere der Lufft selbst, die er in die grobe und subtile abtheilet. Die grobe Lufft, meynet er, sey von einer solchen Structura partium, daß die subtile hin und wieder durch dieselbe dringen und sie drücken könne.  
  Jo. Christoph. Sturm. Phys. Elect. … erkläret die elastische Krafft, Theils durch die Lufft, als beym Schwamm, Wolle, Federn etc. innerhalb deren poros dieselbe Vermöge des Drucks ihrer Schwere hinein dringet, und dadurch den Cörper wieder auseinander treibet; Theils durch eine subtile Materie, welche die Lufft selbst elastisch mache, indem sie nemlich bey der Compression derselben aus denen poris der Lufft heraus gedrucket werde, in welche sie hernachmahls wieder dringe, wenn die Compression nachließ. Auf gleiche Weise erkläret Georg. Albert Hamberger in dissert. de Elatere (Jenae 1699.) die elastische Krafft derer Cörper von dem aus der Schwere herrührenden Drucke, so wohl der groben als subtilen Lufft.  
Wolff Wolff in denen Gedancken von denen Würckungen der Natur … leitet die Ursache der elastischen oder ausdehnenden Krafft derer Cörper, von einer subtilen und fremden Materie, Materia interlabente, her, welche in einer sehr schnellen Bewegung ist. Er saget l.c. Ein Cörper äussert nicht eher diese Krafft, als bis er zusammen gedruckt oder gespannet wird, und absonderlich an dem Orte, wo die Theile zusammen gebracht werden. Denn wenn man einen Degen in die Krümme beuget, so werden nothwendig die innern Theile in der hohlen Seite zusammen gedruckt, und die äussersten in der erhabenen Seite mehr auseinander gedehnet; die innere peripherie wird kleiner als die äussere, da vorher die beyden Flächen des Degens einander gleich waren. Nun drucket aber alsdenn der Degen von der hohlen Seite zurücke und springet auch wieder in seine vorige Figur, so bald man nachläst u. ihn nicht weiter zusammen drucket; demnach ist klar, daß er seine ausdehnende Krafft an dem Orte äussert, wo seine Theile zusammen gedruckt sind.  
  Wenn ein Cörper zusammen gedruckt wird, so kommen seine kleinern näher zusammen, als sie vorher waren, und werden daher seine Zwischen-Räumlein kleiner als vorhin. Da nun diese mit einer subtilen Materie erfüllet sind (in dem kein Vacuum darinne seyn kan;) so muß sie aus ihm heraus gedruckt werden, wenn die Theile näher zu-  
  {Sp. 682}  
  sammen gehen. Weil nun aber gleichwohl die Cörper eine Bemühung anwenden, wieder ihre vorige Figur anzunehmen, auch solches bald geschiehet, wenn nur das Hinderniß gehoben wird, indem man nemlich aufhöret weiter zu drucken; so muß die Materie, welche aus denen Zwischen-Räumlein gejaget worden, wieder hineindringen, und die Theile von einander stossen, die man näher zusammen gebracht hatte, als sie Anfangs waren.  
  Es erhellet demnach, daß die ausgedehnte Krafft von einer subtilen Materie herrühre, welche in sehr schneller Bewegung ist, und in die subtilsten Zwischen-Räumlein derer Cörper dringet, massen dichter Stahl eine ausdehnende Krafft hat, dessen Zwischen-Räumlein durch die besten Vergrösserungs-Gläser sich nicht zu erkennen geben. Unter dessen da wir finden, daß gleichwohl nicht alle Cörper eine ausdehnende Krafft erhalten, wenn man sie zusammen drücket, auch nicht alle, welche damit versehen, sie in gleichem Grade haben, so muß auch die Art der Zusammensetzung des Cörpers darzu etwas beytragen, daß er dieser Krafft fähig wird. Bisher hieher Wolff.  
  Es scheinet aber, daß weder der Druck der subtilen Lufft, noch die schnelle Bewegung einer subtilen Materie hinlänglich sey, die Beschaffenheit derer elastischen Kräffte zu erklären. Denn, wenn jener Druck nur von der Schwere herrühret, so äussert sich derselbe nur unterwerts nicht aber zur Seiten; da wir doch wissen, daß die elastische Krafft gegen alle Gegenden dirigiret sey; nimmt man aber an, derselbe Druck äussere sich auch zur Seiten, so muß man entweder setzen, dieselbe subtile Lufft sey selbst elastisch, welches petitionem principii inuoluiret, oder man muß eine andere Eigenschafft der Lufft darthun, Vermöge welcher sie dergleichen Druck verrichten kan.  
Bernouilli Eben so ist es auch mit der andern Meynung beschaffen. Die sehr schnelle Bewegung einer subtilen Materie ist ein subpositum, so nicht zu erweisen. Der freye Zufluss dieser Materie in die poros des Cörpers, erfordert poros patulos von allen Seiten; und daß man auf die besondere structur derer Cörper in Erklärung ihrer elastischen Krafft noch zu sehen habe, ist nichts anders gesagt, als es müssen die Theile des Cörpers flexible seyn, oder einigermassen starre, damit die pori offen behalten werden, daß die subtile Materie hinein dringen könne, welches aber nichts anders heissen will, als die Theile des Cörpers müssen vor sich der Zusammendruckung wiederstehen, das ist, elastisch seyn; wie mit mehrern Jean Bernouilli in Addition au Discours … dieselbe Meynung wiederleget.
  Eben dieser eröffnet im ietzt angeführten Tractat seine Meynung von der Elasticitaet derer Cörper, welche er der vi centrifugae einer in gyrum bewegten subtilen Materie zuschreibet. Er betrachtet die Lufft als einen Hauffen von bullulis oder kleiner Kugeln, innerhalb deren jeder eine subtile Materie in einem Creiße sich herum bewege. Wir wissen, daß durch eine dergleichen Bewegung eine vis centrifuga herfür gebracht werde, welche würcklich zur Action gelanget, wenn nichts vorhanden ist, so ihr Einhalt thut.  
  Wenn man auf eine Schleuder einen Stein leget und solche in einen Creiß herum treibet, so empfinden wir, daß der circulariter bewegte Stein den Faden, womit wir die Schleuder halten, gewaltig anstrenge, auch alsobald, nicht nach der  
  {Sp. 683|S. 361}  
  direction des Tangentis der circularen Bewegung, sondern gerade fort nach der direction, wie der Faden ausgespannet war, fortflüge, wenn man den einen Faden der Schleuder loß läst. Dasjenige, was den Faden in der circularen Bewegung ausspannet, ist die vis centrifuga des Steins, welche aus dessen motu progressiuo in der Peripherie eines Circels ihren Ursprung nimmt. Eine gleiche vim centrifugam hat die subtile Materie innerhalb einem Lufft-Kügelein von ihrer circularen Bewegung, welche an der kugel-runden Fläche dieses Kügeleins adpliciret ist, und sich beständig bemühet dasselbe zu erweitern, auch würcklich weiter ausdehnet, wenn nichts vorhanden ist, so dieser Ausdehnung Einhalt thut. Allein die vires centrifugae derer umstehenden Lufft-Kügelein oder eine andere Hinderniß sind derselben entgegen gesetzt, und halten dieselbe in Schrancken. Dieses ist die Ursache, welche gedachter Bernouilli von der elastischen Krafft der Lufft angiebet.  
Euler Leonh. Eulerus nimmt in seinem Tentamine explicationis phaenomenorum aëris, so in dem T. II. Commentar. Acad. Petropol. … befindlich, diese Ursache der elastischen Krafft der Lufft an, und untersucht, in wie weit diese structur der Lufft mit denen übrigen Eigenschafften derselben bestehen könne, und ob sie diesen ein Genügen leiste. Weilen dessen Untersuchung ein grösseres Licht dieser Sache giebet, so wird nicht undienlich seyn, ein mehrers davon anzuführen.  
  Ausser der angenommenen subposition des Bernouilli, daß eine subtile Materie in einem Lufft-Kügelein gyrire, und derselben eine elastische Krafft, so die vis centrifuga ist, zu Wege bringe; subponiret er ferner, daß die äussere Fläche eines Lufft-Kügeleins mit einer wässerigten Haut überzogen wäre, welches er zwar eben nicht nöthig zu seyn erachtet, indem ein jeder solcher kleiner Würbel von der subtilen Materie auch ohne eine Haut bestehen könnte, ohne zu befürchten, daß sie sich mit einander vermischen würden, indem ein Würbel den andern verhindert, daß er nicht ausschweiffen kan; doch nimmt er diese wässerigte Haut deswegen an, weil die Lufft niemahls gantz reine von wässerigten Dünsten ist, von welchen wahrscheinlich, daß sie die Lufft-Kügelein, Vermöge ihrer Cohaesions-Krafft mit der Lufft mit einer wässerigten Haut überziehen.  
  Nach dieser seiner hypothesi bestehet demnach die Lufft aus einer unendlichen Menge lauter kleinen Kügelein, die mit einer wässerigten Haut überzogen sind, welche bald groß, als klein ist, nachdem nemlich viel oder wenig Dünste in der Lufft vorhanden; innerhalb dieser Haut des Lufft-Kügeleins wird die subtile Materie mit einer gewissen Geschwindigkeit herumgetrieben, welche öffters neuen Wachsthum bekommt, indem noch eine subtilere Materie, die alle poros derer Cörper durchdringen kan, darzu kommt; und durch welche zu Wege gebracht wird, daß diese gyration nicht endlich schwächer werde oder gar aufhöre; denn es ist bekannt, daß die Lufft die erhaltene Wärme nach und nach wieder verliehre; nun wissen wir aber, daß die Lufft durch die Wärme ausgedehnet, folglich dadurch ihre elastische Krafft vermehret werde, welches eine Anzeige ist, daß gedachte gyrirende Materie in einer hefftigern Bewegung sey und daher eine stärckere vim centrifugam habe; derowegen folget, daß, wenn die Wärme der Lufft entgehe, die Bewegung der subtilen Materie alsdenn schwächer werde,  
  Wenn man nun dieses alles von der structur und Beschaffenheit der Lufft einräumet, so folget alsobald  
  {Sp. 684}  
  daraus, daß dieselbe sich unendlich ausdehnen würde, wenn nichts vorhanden wäre, so dieser ihrer Bemühung Einhalt thäte. Allein, da die Lufft schwer ist, so kan sich dieses nicht ereignen, indem alsdenn etwas zugegen, so ihrer elastischen Krafft sich obponiret. Denn indem die obere Lufft auf der untern auflieget und solche Vermöge ihrer Schwere drucket, so kan die untere Lufft sich nicht weiter ausbreiten, als biß ihre elastische Krafft, die mit zunehmender Ausdehnung immer geringer wird, dem Druck der Schwere der eben aufliegenden Lufft gleich ist.  
  Es erhellet aus dieser Beschaffenheit der Lufft ferner, daß sie sich nicht unendlich zusammen drucken lasse. Denn, da in jedem Lufft-Kügelein eine gewisse Menge von subtiler Materie vorhanden ist, und dieselbe allezeit wegen der vi centrifuga der innern Fläche des Kügeleins adhaeriret; so folget, daß um den Mittel-Punct des Kügeleins ein von selber subtilen Materie leerer Raum gelassen werde, welcher umso viel grösser ist, ie mehr die Lufft ausgebreitet worden. Wenn man hingegen die Lufft anfängt zusammen zu drücken, so wird dieser leere Raum immer kleiner, biß er endlich gar verschwindet, und das Lufft-Kügelein gantz und gar mit subtiler Materie erfüllet ist. Biß auf diesen Grad der Dichtigkeit läst sich die Lufft zusammen drucken; weiter aber ist keine compression möglich.  
  Es fähret gedachter Eulerus fort, die Geschwindigkeit der innerhalb dem Lufft-Kügelein sich bewegenden Materie zu untersuchen, und darzuthun, daß ein jedes Theilgen derselben, es mag nahe an dem centro oder weit davon entfernet seyn, mit gleicher Geschwindigkeit, wie alle die andern, sich bewege. Denn wenn dieses nicht wäre, so müste die vis centrifuga und folglich die elastische Krafft grösser werden, wenn das Lufft-Kügelein grösser würde; so aber der Erfahrung zuwieder, welche lehret, daß mit zunehmender Ausdehnung der Lufft ihre elastische Krafft geringer werde. Zudem so ist nichts vorhanden, welches bey der Zusammendrückung oder Ausdehnung der Lufft die Geschwindigkeit der in ihr gyrirenden Materie verändern sollte; denn die oben gedachte retardation der Bewegung von einer von aussen her darzu kommenden Materie, dependiret von einem gewissen Wiederstande, nicht aber von der Veränderung der Grösse des Lufft-Kügeleins. Wenn derowegen die Veränderung der Geschwindigkeit eines Theilgens der subtilen Materie nicht von dessen Entfernung von dem Mittel-Puncte des Kügeleins herrühren kann, so ist der Vernunfft gemäß, diese Geschwindigkeit allenthalben von gleicher Grösse zu statuiren.  
  Es bemühet sich bemeldeter Eulerus weiter, das Maß vor die Stärcke der elastischen Krafft eines Lufft-Kügeleins, welche der vi centrifugae gedachter Massen, gleich ist, zu determiniren, und den Druck der umstehenden Lufft gegen die basin eines gegebenen Lufft-Kügeleins zu bestimmen, welchen er dem quadrate des semidiametri des Kügeleins proportioniret zu seyn setzet; woraus er hernachmahls darthut, daß, wenn die Lufft schon starck zusammengedrucket sey, ihre elastische Krafft durch weiteres Zusammendrücken nicht mercklich mehr verändert werde; hingegen, wenn die Lufft sehr dünne ist, ihrer elastischen Kräffte mit denen Dichtigkeiten der Lufft zunehmen müssen; woraus er ferner folgert, daß, weil die Experimente von unserer Lufft angeben, wie ihre Elasticität der Dichtigkeit proportioniret sey, man nicht zu zweiffeln habe, daß unsere atmosphaerische Lufft in Ansehung der subtilen Materie, die in ihr gy-  
  {Sp. 685|S. 362}  
  riret, noch sehr starck ausgebreitet sey, und die Verhältniß der grauitatis specificae unserer Lufft ad grauitatem specificam der subtilen Materie sehr geringe seyn müsse.  
  Er füget eine Gleichung bey, durch Hülffe derselben aus denen Experimenten die Verhältniß der Dichtigkeit der Lufft zu der Dichtigkeit der subtilen Materie zu bestimmen; bekennet aber, daß die Experimente des Boyle hierzu nicht hinlänglich wären; derowegen nimmt er eine Regel an, daß nehmlich die elastischen Kräffte sich wie die Dichtigkeiten verhielten, und zeiget, daß niemahls diese Regel mehr als die Helffte von der Wahrheit abweichen könne. Wenn man nun hieraus vor jeden Grad der Condensation der Lufft ihre elastische Krafft erkannt, so lehret er ferner, wie man daraus die Dichtigkeit bestimmen solle, die die Lufft in einer gegebenen Höhe über der Erden haben könne.  
  Er füget eine Methode bey, die Höhe des Mercurii im barometro ausfündig zu machen, in welcher denselben ein gegebenes Lufft-Kügelein erhalten könne, und leitet daraus her, daß, wenn das Product aus dem Quadrate der Geschwindigkeit der subtilen Materie in die grauitatem specificam des Lufft-Kügeleins einerley verblieb, der Mercurius im Barometro steigen müsse, wenn die Feuchtigkeit der Lufft abnehme; hingegen fallen, wenn die Lufft mit mehrern Dünsten angefüllet würde.  
  Und hieraus giebet er raison, warum das Steigen des Mercurii im Barometro meistentheils heitern Himmel; das Fallen hingegen Regen oder ungestüm Wetter voraus verkündige; wiewohl er zugestehet, daß auch noch andere Ursachen des Steigens und Fallens des Mercurii seyn könnten, welche er gleichfalls untersuchet, und endlich den Schluß machet, daß man sicher statuiren könne, dieses Steigen und Fallen des Mercurii rühre von der verringerten und vermehrten Menge derer Dünste in der Lufft her.  
  Er erinnert aber, daß man daraus nicht schlüssen könne, es müsse solchergestallt ein barometrum eben dasjenige praestiren, worzu man sonsten die Hygrometra gebrauchet, die Trockenheit und Feuchtigkeit der Lufft anzuzeigen. Denn der Effect des Barometri rühret von der gantzen masse der Lufft, oder von dem Zustande der gantzen Atmosphaere her; da hingegen das Hygrometrum nur den Zustand der Lufft, die um dasselbe sich befindet, anzeiget. Dahero steigt der Mercurius, wenn die gantze Lufft anfängt von Dünsten befreyet zu werden; und fällt hingegen, wenn mehr Dünste in die Atmosphaere kommen. Dahero kan das Hygrometrum just das Contrarium zeigen, was das Barometrum zu erkennen giebt; indem der an dem Hygrometro angelegene Theil der Lufft eine gantz andere Beschaffenheit und action haben kann, als diejenige ist, so von der Veränderung der gantzen Atmosphaere herrühret.  
  Es bemühet sich endlich gedachter Eulerus die Geschwindigkeit der subtilen Materie in denen Lufft-Kügelein zu determiniren, und setzt dieselbe, wenn es von Dünsten befreyet ist, so groß, als ein schwerer Cörper erlangen könnte, wenn er 36900 Rheinländische Fuß in vacuo fiele; bekennet aber, daß man hierinnen noch nicht alles so genau bestimmen könne, weil noch accurate Experimente, besonders was die Verhältniß der grauitatis specifiae der subtilen Materie gegen die grauitatem specificam der Lufft anlanget, vonnöthen wären, die er mit der Zeit anzustellen gedencket. Dieses ist die Natur derer Elastischen Krafft der Lufft nach der Hypothesi des Bernouilli, wie solche Eulerus l.c. weiter ausgeführet hat.  
  Was endlich die Elastische  
  {Sp. 686}  
  Krafft derer festen Cörper betrifft, so stellet sich solche gedachter Bernouilli folgender Massen für. Er nimmt an, daß ein solches fluidum subtile, wie wir es bißhero bey der Lufft betrachtet haben, gleichfalls in denen poris derer Cörper vorhanden wäre, und daselbst kleine Wirbel formire, die von der Cohaesion derer Theile des Cörpers, und der Enge und structur derer Zwischen-Räumlein in Schrancken gehalten würden, daß sie nicht extrauagirten und herauswischen könnten. Wenn nun ein Cörper zusammen gedrucket, gebogen oder gespannet würde, ohne die Cohaesion derer Theile desselben zu zertrennen, so würden dadurch die pori des Cörpers enger gemacht, und das subtile fluidum in denen poris einen engern Raum einzunehmen gezwungen; weil nun, wenn die Compression, Biegung oder Spannung aufhöret, nichts mehr vorhanden, so dem conatui centrifugo der subtilen Materie Einhalt thäte, so erweiterte sie wiederum die poros des Cörpers und verursachte, daß derselbe seine vorige Figur wieder erhielte, darinnen alsdenn die Cohaesion derer Theile des Cörpers ihr wiederum Einhalt thäte, daß der Wirbel der subtilen Materie nicht extrauagire. Inzwischen da diese Restitution derer Theile des Cörpers durch eine würckliche Bewegung, so von der vi centrifuga der subtilen Materie ihren Ursprung nimmt, geschiehet, die auf einmahl nicht aufgehalten werden kan, so kann man leicht begreiffen, daß ein motus vibratorius des elastischen Cörpers geschehen müsse.  
  Bey weichen Cörpern, als Wachs, da die Theile von ihrer Cohaesion leicht getrennet werden, ist die elastische Krafft wegen zertrennter structur nicht observable; wenn aber die Cohaesions-Krafft mehr befördert wird, z.E. wenn man das Wachs hart werden läst; nimmt man die elastische Krafft gar deutlich wahr.  
  Und dieses sind die Meynungen einiger Philosophen von der Elasticität derer Cörper, in so ferne solche von einer subtilen flüßigen Materie herrühret.  
Anziehungskraft Andere besonders die Engländer, erklären solche aus der vi attractiua derer Cörper. Keill in Epist. ad Guilielm. Cockburnformiret folgenden Satz: Wenn die Textur eines Cörpers dergestallt beschaffen ist, daß die Theile desselben von der letztern Composition durch eine äusserliche Gewalt, als z.E. durch den Druck eines Gewichts, durch den Stoß etc. von ihrem contactu einiger Massen könnten gebracht werden, ohne daß sie inzwischen neue contactus mit andern Theilen formirten, so werden dieselben Theile Vermöge ihrer Anziehungs-Krafft alsobald an die erstern contactus wieder zurück kehren, wenn der Druck oder Stoß nachläst, und folglich indem sie ihre vorige Lage wieder einnehmen, auch dem Cörper seine vorige Figur wieder herstellen; daß also die vis attractiua vermögend ist, die durch eine äusserliche Krafft verlohrne Figur denen Cörpern wieder zu geben, das ist, die Elasticität derer Cörper entspringet aus der Anziehungs-Krafft derer Theile desselben.  
  Wenn hingegen die Textur eines Cörpers dergestallt beschaffen ist, daß die Theile desselben, wenn sie durch eine äusserliche Krafft aus denen vorigen contactibus sind gebracht worden, in andere contactus von gleicher Beschaffenheit unmittelbar gelangen; so ist ein solcher Cörper nicht vermögend die vorige Figur sich wieder zu geben: welches die Beschaffenheit derer weichen Cörper als Wachs, Thon etc. ist.  
  Georg. Erh. Hamberger in Elem. Phys. … welcher die attractiones derer Cörper aus seinem principio cohaesionis erkläret, leitet auch l.c. die Ursache  
  {Sp. 687|S. 363}  
  der Elasticität derer Cörper her. Wenn nemlich die Theile eines Cörpers ungleich mit einander cohaeriren, und etwan wie lamellae über einander liegen; so gehet es an, daß diese Theile des Cörpers, wenn derselbe gebogen oder ausgedehnet wird, einiger Massen von einander können abgesondert werden, doch so, daß sie noch mit andern cohaeriren: Vermöge dieser letztern Cohaesion begeben sich bemeldete Theile, so bald die Biegung und Spannung nachläßt, wieder an ihren vorigen Ort, und restituiren dem Cörper seine vorige Figur; daß also die elastische Krafft desselben von der Cohaesion und Structur seiner Theile herrühre.  
  Es scheinen zwar einige Cörper, als der Schwamm, das Marck vom Holder-Baume, Gorck etc. welche sich wieder herstellen, wenn man sie zusammen gedruckt hat, dieser theorie der elastischen Krafft zuwieder zu seyn; allein es erinnert gedachter Hamberger, daß, wenn man diese Cörper durch Microscopia betrachtet, gar bald erhelle, wie die Compression eines solchen gantzen Cörpers ohne Biegung und Spannung derer Fibern, so sich in ihm befinden, nicht geschehen könnte; und daß sich auch folglich hierher die Ursache der Elasticität schicke.  
  Eben derselbe betrachtet die Lufft … als aus lauter kleinen Kügelein zusammen gesetzt, die aber nicht durchgängig dichte, sondern inwendig hohl und folglich denen schwammigten Cörpern ähnlich sind, daß also auch hierauf die angeführte Ursache der elastischen Krafft sich adpliciren lasse. 
    

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Stand: 4. Januar 2023 © Hans-Walter Pries