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Regiments-Form. |
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Was die
Regierungs-Art der alten Teutschen anlangt: so war solche bey den
vornehmsten
Völckern einerley, nehmlich eine
Democratie, die entweder mit der
Königlichen
Gewalt, oder der Aristocratie vermischt war, und es kam auch diese
Regierungs-Art mit den beständigen Kriegen, wohin ihr Hauptzweck gerichtet war,
am besten überein. |
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Conring
de Urb. Germ. §. 45.
- Hertius in Notit. Vet. Germ. Pop. ...
- Cluver.
...
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Die wichtigsten
Sachen berathschlagte das gantze
Volck; über geringre aber
nur die vornehmsten, welche zugleich in den Versammlungen die Geschäffte
vortrugen. |
Tacitus de M.G. c. 11. |
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Jedoch hatten die Sviones ihre
Könige, dergleichen auch von denen Rugiern,
und Lemoviern gedacht wird. |
Tacitus c. 44. und 43. |
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Und eben auf solche Art wolte Maroboduus bey denen
Teutschen herrschen. |
Vellejus Paterculus ... Tacitus
Annal. 2. c. 44. |
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Solchergestalt wurden die Teutschen
Völcker von
Königen, von
Hertzogen, und
dann von
Fürsten beherrschet. Die Könige nahmen sie aus dem
Adel, jedoch so, daß
man nicht gern von dem
Geschlecht abgegangen. |
Tacitus de M.G. cap. 7. und Ann.
11. cap. 16. |
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Die
Hertzoge
wählten sie, nachdem sich einer tapfer verhalten. Denen
Königen
standen sie keine freye und unumschränckte
Gewalt zu. |
Cäsar de B.G. V. c. 27. |
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Die
Hertzoge
musten mehr mit einem guten Beyspiel anderen vorgehen, als daß
sie viel hätten zu
befehlen gehabt, und wenn sie tapfer, hurtig, und vor der
Schlacht-Ordnung sich wohl sehen liessen, zogen sie aller Augen auf sich. Die
Hertzoge wurden nur zu
Kriegs-Zeiten erwählet, wenn nehmlich das
Volck sich
entweder gegen ein anderes wehren muste, oder andere bekriegen wolte, daher sie
Generale bedeu- |
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{Sp. 1700} |
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teten, und am
Leben zu straffen die
Macht hatten. |
Cäsar l.c. VI. 23. |
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Denn obgleich Tacitus gedencket, es hätten nur die Priester straffen
dürffen, so ist doch wohl zu glauben, daß in Kriegs-Zügen der
Hertzog selber
eine unumschränckte
Gewalt gehabt habe. Sie wurden vom gantzen
Volcke in
öffentlichen Versammlungen erwählet und wenn alle ihren Beyfall ertheilet,
satzten sie ihn auf einen Schild und trugen ihn auf ihren Schultern, da denn das
Volck so wohl mit den Händen, als mit Zuruffen die geschehene Wahl bestätigte. |
- Tacitus Hist. l. 4. c. 15.
- Gregor. Turonens. lib. 2. c. 40. lib.
7. c. 10.
- Almoinus l. 3. c. 6.
- Ammian. Marcellin. lib. 20. c. 4.
- Cluver ...
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Auf solche Art wurde über die Eburonen der Ambiorix und
Cativulcus, ingleichen der Maroboduus über die
Schwaben und andere
Völcker, wie nicht weniger Ariovistus über
ein groß Theil von Deutschland
König. |
- Cäsar de B.G. l. 1. c. 24.
- Tacitus Annal. 2. c. 26. und l. 2.
c. 44. Hist. l. 4. c. 73.
- Dio Caßius l. 38. p. 81.
- conf. Cellarius Distrib. Hist. de Julii Caesaris adversus Ariovistum bellis.
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Derer
Hertzoge
wird gar oft gedacht, nemlich von der Cheruscer Hertzoge, dem
Arminius, dessen Bruder Flavius genennet wird. |
- Vellejus Paterculus l. 2. c.
118.
- Tacitus Ann. 1. cap. 55. und 63.
- Cluver …
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Sein
Leben hat Daniel Caspar a Lohenstein in Arminio et
Thusnelda sehr Oratorisch beschrieben. |
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Dann kommt vor Acrumerus, ein
Fürst der Catten;
Brinio, General der Caninefaten; und Cariovalda,
Hertzog der Bataver. |
Tacitus Ann. 11. c. 16.
Hist. 4. c. 15. und Ann. 2 c. 11. |
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Von diesen waren bey denen alten Teutschen die
Fürsten gantz unterschieden,
die in denen Gouen oder
Ämtern und
Flecken
Recht sprachen, mithin dem
Gerichts-Wesen vorstanden, auch die Centenarios, Gastaldios, und andere
dergleichen Leute unter sich hatten. |
Tacitus de M.G. c. 12. |
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Jedoch war das
Wort
Princeps
Fürst auch in solchem Gebrauch, da es
Könige und
Hertzoge
mit unter sich begriff. Es war aber bey jeder
Gemeine
üblich, daß sie zum Unterhalt ihrer Fürsten,
Mann vor Mann eine
Steuer entweder
an Früchten, oder an Vieh zusammen legten, welches zwar nur ein
Ehren-Geschencke
heissen solte, zugleich aber zu ihrem Unterhalt mit diente. Insonderheit
genossen sie die Geschencke, welche benachbarte Fürsten zu senden pflegten,
welche in guten Pferden,
ansehnlichen Waffen, Pferde-Zeug und Ketten bestanden;
bis unter der Hand die Römer, auch sie durch
Geld zu gewinnen wusten. |
- Tacitus l.c. c. 15.
- Herodianus l. 6. c. 7.
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Stände |
Nach denen
Obrigkeitlichen Personen der alten Teutschen, kommen die
verschiedenen
Stände bey denselben zu betrachten vor, deren finden sich
absonderlich viererley; |
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Tacitus de M.G. c. 25. |
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Welche Eintheilung bis in die mittlern
Zeiten statt gefunden. |
Adam Bremens. l. 1. c. 5. |
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Wiewohl bei denen
Sachsen deren nur drey zu finden, nämlich die
Adelinge, Frilinge und Frilazzen oder Lazzi,
indem die Freygelassenen in denen nachherigen
Zeiten nicht mehr vorkommen,
ungeachtet weder diese noch iene Glieder der
Gemeine waren. |
- Nithardus lib. 4. ...
- Hachenberg
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{Sp. 1701|S. 864} |
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Adel |
Was ihren Adel anbelanget, so ist leicht zu erachten, daß der
Könige,
Fürsten und
Hertzoge ihre
Söhne hierunter gerechnet worden. |
Tacitus de M.G. cap. 13. |
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Daher es kommt, daß Tacitus diesen oder jenen als von Königlichen Geblüte
entsprossen vorgiebet, wie er denn Hist. l. 4. c. 55. von dem
Claßicus, der unter der Römischen Armee die Trierische Fahne
geführt, gedencket, daß selbiger aus Königlichem
Stamm entsprungen; und c.
13. von dem Claudius Civilis wie auch dem Julius Paulus
sagt er, sie wären aus dem Königlichen
Geschlecht bey denen Bataviern
entsprossen gewesen. Noch mehr aber sieht man dieses an dem Italus,
von dem
gesaget wird, daß er aus dem Königlichen Cheruscischen Stamm
entsprossen, indem er väterlicher Seite von dem Flavius des
Arminius Bruder; mütterlicher aber von dem Acrumer,
einem Fürsten der Catten, herstammete. |
Tacitus Ann. 11. c. 16. |
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Von den Quaden und Marcomannen gedencket Tacitus de
M.G. c. 42. ebenfalls, daß sie
Könige aus ihren Adel, zumal der Maroboduer-
und Tudrer-Stamm vornehmlich genommen, ob sie gleich nachher Fremde erwählet. |
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Waffen durfte bey denen Teutschen keiner führen, wenn er nicht zuvor von dem
Volck vor tüchtig erkläret, und wehrhafft gemacht worden, welches entweder einer
von den vornehmsten, oder dessen
Vater, oder aber der nächste Anverwandte that,
und ihm einen Spieß und Schild zustellete. |
Tacitus l.c. c. 13. |
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Dieses war bei ihnen eben so viel, als wenn bei den Römern die Toga
angeleget worden. |
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Ehe solches geschahe, hießen sie bloß
Kinder ihrer
Eltern, nachher aber
wurden sie Glieder der
Gemeine. Von dieser
Gewohnheit scheinet das wehrhaft
machen seinen
Ursprung zu haben. |
Observat. Hallens. ... |
Knechte |
Der
Knechte gab es bey denen Teutschen zweyerley
Arten. |
Tacitus de M.G. c. 25. |
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Einige wurden
Leibeigene, nachdem sie durchs Spielen ihre
Freyheit
verlohren
hatten. Dergleichen Knechte pflegten sie zu vertauschen, um das Andencken,
wodurch sie Knechte worden, ihnen aus denen
Gedancken zu bringen. Die andern
Knechte waren nicht so in gewisse Classen abgetheilet, wie bei denen Römern, daß
sie selbigen in dem Hause gewisse Verrichtungen angewiesen hätten. |
Laurent Pignorius de Servis. |
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Es hatte vielmehr ein jeder seine eigene Wohnung und Haushaltung, und musten
Sie Ihrem
Herrn zu einem jährlichen
Zinß, entweder ein gewisses an Getraide,
oder an Vieh, oder an Kleidung liefern, dergleichen
Art Knechte es noch in
Westphalen giebet, und scheinet auch der Wildfangiat in der Pfaltz daraus
entstanden zu seyn. |
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Diese Knechte nannte man in den mittlern
Zeiten Casatos, damit man
sie von denen andern, die ihre Haus-Dienste verrichteten, unterscheiden konte. |
- Capitular. Ludovici Pii de an.
837.
- Capit. Caroli Calvi Tit. XXIII. §. 7.
- Ziegler
de dote Eccles. ...
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Die übrige Haus-Arbeit verrichtete die
Frau mit denen
Kindern. |
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Einen
Knecht pflegten sie zwar wohl zu schlagen, und gefangen zu setzen,
selten hingegen geschahe es, daß sie einen umbrachten, und zwar dieses nicht zu
strafen, sondern wenn sie der
Grimm und
Zorn übereilete, da denn weiter nichts
darüber gerichtet war, weil sie ihn als einen Feind erschlagen. |
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Freigelassene |
Die
Frey- |
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{Sp. 1702} |
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gelassenen waren von denen
Knechten nicht sonderlich unterschieden, indem
sie weder in dem Hause, noch bey der
Gemeine in einige Betrachtung kamen. |
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Jedoch muß man deßfalls diejenigen teutschen
Völcker ausnehmen, die ihre
Könige hatten, bey denen sie über den
Adel und die
Freygebohrnen sich erheben
konnten. |
Thomasius, Hertius und Potgieser
de Hom. prop. et lib. Germ. |
Versammlungen |
Dieses waren also die Vornehmsten bey denen teutschen
Völckern, welche ihre
Versammlungen und Reichs-Täge zu führen pflegten. Diese waren eingetheilet in
die Allgemeinen, Majora genannt, und
besondern, oder Minora. Bey diesen führten die vornehmsten die
Berathschlagungen allein. Bey jenen kam zwar das gantze
Volck zusammen, iedoch
also, daß auch diejenigen
Dinge, welche auf selbige solten vorkommen, zuvor auch
von denen Vornehmsten alleine abgehandelt werden konnten. Sie kamen nur zu
gewissen Zeiten zusammen, und zwar entweder, bey dem neuen oder vollen Mond,
welche
Zeiten sie vor die glückseligsten hielten, es wäre denn etwas sehr
nöthiges vorgefallen, da sie sich an diese Zeiten eben nicht banden. |
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Aus ihrer ungemessenen
Freyheit
aber entstand dieser Fehler, daß nicht alle
auf einmal erschienen, sondern ein und mehr Tage verstrichen, ehe sie sich
einfanden. Ihre Versammlungen wurden alle gewaffnet gehalten, und legte der
Priester, der zugleich die
Macht zu straffen hatte, ihnen, wenn der Vortrag
geschehen solte, ein Stillschweigen auf. Hierauf that entweder der
König, oder
einer von denen
Fürsten, nachdem er seines Alters,
Standes, Kriegs-Erfahrenheit
oder Beredsamkeit halber in
Ansehen war, den Vortrag; welches aber alles mit
glimpflichen
Worten geschehen muste. |
- Tacitus de M.G. c. 11.
- Cluver l. 1. c. 42.
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Gesetze. |
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Von
Gesetzen wusten die uralten Teutschen nichts, indem gute
Sitten bei
ihnen mehr galten, als bey andern
Völckern gute Gesetze. |
Tacitus l.c. cap. 19. |
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Sie konnten auch keine geschriebene Gesetze haben, weil der Gebrauch der
Buchstaben ihnen gantz unbekannt war. |
Tacitus l.c. |
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Wie sie denn der geschriebenen Gesetze sich nicht eher zu bedienen
angefangen, als bis verschiedene andere
Völcker
Teutschland entweder durchzogen,
oder sich darinnen niedergelassen, welche nachgehends der Römer geschriebene
Gesetze eingeführet, woraus die Gesetze der
Francken, Burgunder, Goten, Boier,
und anderer entstanden. Diese Gesetze hat Friedrich Lindebrog
in Codice legum Antiquarum zusammen getragen. |
Siehe
-
Conring
de Orig. Jur. Germ. c.
2.
- Hachenberg Germ. Med. Diss. 3.
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Ob aber gleich geschriebene Gesetze denen alten gantz unbekannt waren, so
hatten sie doch nichts desto weniger besondere bürgerliche und
Hals-Gerichte.
Und zwar in Bürgerlichen
sprachen die
Principes, welche gleichsam
Amts-Hauptleute waren, und über gewisse Striche
Landes und Govas
gesetzet, das
Recht, und legten die Streitigkeiten bey. |
Cäsar de B.G. l. 6. c. 33. |
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In
Peinlichen Sachen aber muste die Anklage vor der gantzen
Gemeine
geschehen. |
Tacitus de M.G. |
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{Sp. 1703|S. 865} |
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Lebens-Strafen |
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Wurden nach Befindung des Verbrechens eingerichtet. Uberläuffer und
Verräther hienge man an die Bäume, die Faulen aber, nach dem Tacitus
l.c. c. 14. und 31. Die Verzagten, und die sich im Kriege nicht wohl
gehalten, erstickte man unter einer Horde in einem Moraste oder Sumpf. Geringere
Verbrechen musten nach ihrer Beschaffenheit mit einer gewissen Anzahl von
Pferden oder andern Vieh gebüsset werden. Von dergleichen
Straffen fiel ein
Theil dem Könige, der andere dem Kläger, oder dessen nächsten Anverwandten zu.
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Bey denen alten
Francken oder
Schwaben war der Brauch, daß ausser andern
Straffen, auch die Rebellen und Wiederspenstigen, zur Schmach, bis in die
nächste
Grafschafft, etwas tragen musten. War der Rebellen einer von
Adel, so
wurde ihm ein Hund zu tragen auferlegt, war er aber nur gemeines Herkommens; so
muste er einen Stuhl tragen.
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Spangenberg in der Mannsfeld. Chron. c.
224.
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Wenn jemand bey den alten Teutschen geköpffet wurde: so geschahe solches
nicht mit dem Schwerde oder Beil: sondern mit einem eichenen Tielen. Dieser Tiel
sah wie ein Zwag-Stuhl aus, hatte auf beiden Seiten Grund-Leisten, auf welchen
der Tiel war, und unter demselben ein wohlschneidend Eisen. Wenn nun der
Ubelthäter mit seinem Haupte auf den Stuhl gebunden war: so ließ man den Tielen,
welcher an einem Seile gieng, herabfallen, der ihm, mit dem Eisen den
Kopf
abstieß.
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