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Zedler: Teutsche [5] HIS-Data
5028-42-1680-3-05
Titel: Teutsche [5]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 42 Sp. 1699
Jahr: 1744
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 42 S. 863
Vorheriger Artikel: Teutsche [4]
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Hinweise:
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  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

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Übersicht
Regiments-Form
Gesetze
Lebens-Strafen

Stichworte Text Quellenangaben
  Regiments-Form.  
  Was die Regierungs-Art der alten Teutschen anlangt: so war solche bey den vornehmsten Völckern einerley, nehmlich eine Democratie, die entweder mit der Königlichen Gewalt, oder der Aristocratie vermischt war, und es kam auch diese Regierungs-Art mit den beständigen Kriegen, wohin ihr Hauptzweck gerichtet war, am besten überein.
  • Conring de Urb. Germ. §. 45.
  • Hertius in Notit. Vet. Germ. Pop. ...
  • Cluver. ...
  Die wichtigsten Sachen berathschlagte das gantze Volck; über geringre aber nur die vornehmsten, welche zugleich in den Versammlungen die Geschäffte vortrugen. Tacitus de M.G. c. 11.
  Jedoch hatten die Sviones ihre Könige, dergleichen auch von denen Rugiern, und Lemoviern gedacht wird. Tacitus c. 44. und 43.
  Und eben auf solche Art wolte Maroboduus bey denen Teutschen herrschen. Vellejus Paterculus ... Tacitus Annal. 2. c. 44.
  Solchergestalt wurden die Teutschen Völcker von Königen, von Hertzogen, und dann von Fürsten beherrschet. Die Könige nahmen sie aus dem Adel, jedoch so, daß man nicht gern von dem Geschlecht abgegangen. Tacitus de M.G. cap. 7. und Ann. 11. cap. 16.
  Die Hertzoge wählten sie, nachdem sich einer tapfer verhalten. Denen Königen standen sie keine freye und unumschränckte Gewalt zu. Cäsar de B.G. V. c. 27.
  Die Hertzoge musten mehr mit einem guten Beyspiel anderen vorgehen, als daß sie viel hätten zu befehlen gehabt, und wenn sie tapfer, hurtig, und vor der Schlacht-Ordnung sich wohl sehen liessen, zogen sie aller Augen auf sich. Die Hertzoge wurden nur zu Kriegs-Zeiten erwählet, wenn nehmlich das Volck sich entweder gegen ein anderes wehren muste, oder andere bekriegen wolte, daher sie Generale bedeu-  
  {Sp. 1700}  
  teten, und am Leben zu straffen die Macht hatten. Cäsar l.c. VI. 23.
  Denn obgleich Tacitus gedencket, es hätten nur die Priester straffen dürffen, so ist doch wohl zu glauben, daß in Kriegs-Zügen der Hertzog selber eine unumschränckte Gewalt gehabt habe. Sie wurden vom gantzen Volcke in öffentlichen Versammlungen erwählet und wenn alle ihren Beyfall ertheilet, satzten sie ihn auf einen Schild und trugen ihn auf ihren Schultern, da denn das Volck so wohl mit den Händen, als mit Zuruffen die geschehene Wahl bestätigte.
  • Tacitus Hist. l. 4. c. 15.
  • Gregor. Turonens. lib. 2. c. 40. lib. 7. c. 10.
  • Almoinus l. 3. c. 6.
  • Ammian. Marcellin. lib. 20. c. 4.
  • Cluver ...
  Auf solche Art wurde über die Eburonen der Ambiorix und Cativulcus, ingleichen der Maroboduus über die Schwaben und andere Völcker, wie nicht weniger Ariovistus über ein groß Theil von Deutschland König.
  • Cäsar de B.G. l. 1. c. 24.
  • Tacitus Annal. 2. c. 26. und l. 2. c. 44. Hist. l. 4. c. 73.
  • Dio Caßius l. 38. p. 81.
  • conf. Cellarius Distrib. Hist. de Julii Caesaris adversus Ariovistum bellis.
  Derer Hertzoge wird gar oft gedacht, nemlich von der Cheruscer Hertzoge, dem Arminius, dessen Bruder Flavius genennet wird.
  • Vellejus Paterculus l. 2. c. 118.
  • Tacitus Ann. 1. cap. 55. und 63.
  • Cluver
  Sein Leben hat Daniel Caspar a Lohenstein in Arminio et Thusnelda sehr Oratorisch beschrieben.  
  Dann kommt vor Acrumerus, ein Fürst der Catten; Brinio, General der Caninefaten; und Cariovalda, Hertzog der Bataver. Tacitus Ann. 11. c. 16. Hist. 4. c. 15. und Ann. 2 c. 11.
  Von diesen waren bey denen alten Teutschen die Fürsten gantz unterschieden, die in denen Gouen oder Ämtern und Flecken Recht sprachen, mithin dem Gerichts-Wesen vorstanden, auch die Centenarios, Gastaldios, und andere dergleichen Leute unter sich hatten. Tacitus de M.G. c. 12.
  Jedoch war das Wort Princeps Fürst auch in solchem Gebrauch, da es Könige und Hertzoge mit unter sich begriff. Es war aber bey jeder Gemeine üblich, daß sie zum Unterhalt ihrer Fürsten, Mann vor Mann eine Steuer entweder an Früchten, oder an Vieh zusammen legten, welches zwar nur ein Ehren-Geschencke heissen solte, zugleich aber zu ihrem Unterhalt mit diente. Insonderheit genossen sie die Geschencke, welche benachbarte Fürsten zu senden pflegten, welche in guten Pferden, ansehnlichen Waffen, Pferde-Zeug und Ketten bestanden; bis unter der Hand die Römer, auch sie durch Geld zu gewinnen wusten.
  • Tacitus l.c. c. 15.
  • Herodianus l. 6. c. 7.
Stände Nach denen Obrigkeitlichen Personen der alten Teutschen, kommen die verschiedenen Stände bey denselben zu betrachten vor, deren finden sich absonderlich viererley;  
  Tacitus de M.G. c. 25.
  Welche Eintheilung bis in die mittlern Zeiten statt gefunden. Adam Bremens. l. 1. c. 5.
  Wiewohl bei denen Sachsen deren nur drey zu finden, nämlich die Adelinge, Frilinge und Frilazzen oder Lazzi, indem die Freygelassenen in denen nachherigen Zeiten nicht mehr vorkommen, ungeachtet weder diese noch iene Glieder der Gemeine waren.
  • Nithardus lib. 4. ...
  • Hachenberg
  {Sp. 1701|S. 864}  
   
  Germ. Med. Diss. ...
Adel Was ihren Adel anbelanget, so ist leicht zu erachten, daß der Könige, Fürsten und Hertzoge ihre Söhne hierunter gerechnet worden. Tacitus de M.G. cap. 13.
  Daher es kommt, daß Tacitus diesen oder jenen als von Königlichen Geblüte entsprossen vorgiebet, wie er denn Hist. l. 4. c. 55. von dem Claßicus, der unter der Römischen Armee die Trierische Fahne geführt, gedencket, daß selbiger aus Königlichem Stamm entsprungen; und c. 13. von dem Claudius Civilis wie auch dem Julius Paulus sagt er, sie wären aus dem Königlichen Geschlecht bey denen Bataviern entsprossen gewesen. Noch mehr aber sieht man dieses an dem Italus, von dem gesaget wird, daß er aus dem Königlichen Cheruscischen Stamm entsprossen, indem er väterlicher Seite von dem Flavius des Arminius Bruder; mütterlicher aber von dem Acrumer, einem Fürsten der Catten, herstammete. Tacitus Ann. 11. c. 16.
  Von den Quaden und Marcomannen gedencket Tacitus de M.G. c. 42. ebenfalls, daß sie Könige aus ihren Adel, zumal der Maroboduer- und Tudrer-Stamm vornehmlich genommen, ob sie gleich nachher Fremde erwählet.  
  Waffen durfte bey denen Teutschen keiner führen, wenn er nicht zuvor von dem Volck vor tüchtig erkläret, und wehrhafft gemacht worden, welches entweder einer von den vornehmsten, oder dessen Vater, oder aber der nächste Anverwandte that, und ihm einen Spieß und Schild zustellete. Tacitus l.c. c. 13.
  Dieses war bei ihnen eben so viel, als wenn bei den Römern die Toga angeleget worden.  
  Ehe solches geschahe, hießen sie bloß Kinder ihrer Eltern, nachher aber wurden sie Glieder der Gemeine. Von dieser Gewohnheit scheinet das wehrhaft machen seinen Ursprung zu haben. Observat. Hallens. ...
Knechte Der Knechte gab es bey denen Teutschen zweyerley Arten. Tacitus de M.G. c. 25.
  Einige wurden Leibeigene, nachdem sie durchs Spielen ihre Freyheit verlohren hatten. Dergleichen Knechte pflegten sie zu vertauschen, um das Andencken, wodurch sie Knechte worden, ihnen aus denen Gedancken zu bringen. Die andern Knechte waren nicht so in gewisse Classen abgetheilet, wie bei denen Römern, daß sie selbigen in dem Hause gewisse Verrichtungen angewiesen hätten. Laurent Pignorius de Servis.
  Es hatte vielmehr ein jeder seine eigene Wohnung und Haushaltung, und musten Sie Ihrem Herrn zu einem jährlichen Zinß, entweder ein gewisses an Getraide, oder an Vieh, oder an Kleidung liefern, dergleichen Art Knechte es noch in Westphalen giebet, und scheinet auch der Wildfangiat in der Pfaltz daraus entstanden zu seyn.  
  Diese Knechte nannte man in den mittlern Zeiten Casatos, damit man sie von denen andern, die ihre Haus-Dienste verrichteten, unterscheiden konte.
  • Capitular. Ludovici Pii de an. 837.
  • Capit. Caroli Calvi Tit. XXIII. §. 7.
  • Ziegler de dote Eccles. ...
  Die übrige Haus-Arbeit verrichtete die Frau mit denen Kindern.  
  Einen Knecht pflegten sie zwar wohl zu schlagen, und gefangen zu setzen, selten hingegen geschahe es, daß sie einen umbrachten, und zwar dieses nicht zu strafen, sondern wenn sie der Grimm und Zorn übereilete, da denn weiter nichts darüber gerichtet war, weil sie ihn als einen Feind erschlagen.  
Freigelassene Die Frey-  
  {Sp. 1702}  
  gelassenen waren von denen Knechten nicht sonderlich unterschieden, indem sie weder in dem Hause, noch bey der Gemeine in einige Betrachtung kamen.  
  Jedoch muß man deßfalls diejenigen teutschen Völcker ausnehmen, die ihre Könige hatten, bey denen sie über den Adel und die Freygebohrnen sich erheben konnten. Thomasius, Hertius und Potgieser de Hom. prop. et lib. Germ.
Versammlungen Dieses waren also die Vornehmsten bey denen teutschen Völckern, welche ihre Versammlungen und Reichs-Täge zu führen pflegten. Diese waren eingetheilet in die Allgemeinen, Majora genannt, und besondern, oder Minora. Bey diesen führten die vornehmsten die Berathschlagungen allein. Bey jenen kam zwar das gantze Volck zusammen, iedoch also, daß auch diejenigen Dinge, welche auf selbige solten vorkommen, zuvor auch von denen Vornehmsten alleine abgehandelt werden konnten. Sie kamen nur zu gewissen Zeiten zusammen, und zwar entweder, bey dem neuen oder vollen Mond, welche Zeiten sie vor die glückseligsten hielten, es wäre denn etwas sehr nöthiges vorgefallen, da sie sich an diese Zeiten eben nicht banden.  
  Aus ihrer ungemessenen Freyheit aber entstand dieser Fehler, daß nicht alle auf einmal erschienen, sondern ein und mehr Tage verstrichen, ehe sie sich einfanden. Ihre Versammlungen wurden alle gewaffnet gehalten, und legte der Priester, der zugleich die Macht zu straffen hatte, ihnen, wenn der Vortrag geschehen solte, ein Stillschweigen auf. Hierauf that entweder der König, oder einer von denen Fürsten, nachdem er seines Alters, Standes, Kriegs-Erfahrenheit oder Beredsamkeit halber in Ansehen war, den Vortrag; welches aber alles mit glimpflichen Worten geschehen muste.
  • Tacitus de M.G. c. 11.
  • Cluver l. 1. c. 42.
     
  Gesetze.  
  Von Gesetzen wusten die uralten Teutschen nichts, indem gute Sitten bei ihnen mehr galten, als bey andern Völckern gute Gesetze. Tacitus l.c. cap. 19.
  Sie konnten auch keine geschriebene Gesetze haben, weil der Gebrauch der Buchstaben ihnen gantz unbekannt war. Tacitus l.c.
  Wie sie denn der geschriebenen Gesetze sich nicht eher zu bedienen angefangen, als bis verschiedene andere Völcker Teutschland entweder durchzogen, oder sich darinnen niedergelassen, welche nachgehends der Römer geschriebene Gesetze eingeführet, woraus die Gesetze der Francken, Burgunder, Goten, Boier, und anderer entstanden. Diese Gesetze hat Friedrich Lindebrog in Codice legum Antiquarum zusammen getragen. Siehe
  • Conring de Orig. Jur. Germ. c. 2.
  • Hachenberg Germ. Med. Diss. 3.
  Ob aber gleich geschriebene Gesetze denen alten gantz unbekannt waren, so hatten sie doch nichts desto weniger besondere bürgerliche und Hals-Gerichte. Und zwar in Bürgerlichen sprachen die Principes, welche gleichsam Amts-Hauptleute waren, und über gewisse Striche Landes und Govas gesetzet, das Recht, und legten die Streitigkeiten bey. Cäsar de B.G. l. 6. c. 33.
  In Peinlichen Sachen aber muste die Anklage vor der gantzen Gemeine geschehen. Tacitus de M.G.
  {Sp. 1703|S. 865}  
     
  Lebens-Strafen  
  Wurden nach Befindung des Verbrechens eingerichtet. Uberläuffer und Verräther hienge man an die Bäume, die Faulen aber, nach dem Tacitus l.c. c. 14. und 31. Die Verzagten, und die sich im Kriege nicht wohl gehalten, erstickte man unter einer Horde in einem Moraste oder Sumpf. Geringere Verbrechen musten nach ihrer Beschaffenheit mit einer gewissen Anzahl von Pferden oder andern Vieh gebüsset werden. Von dergleichen Straffen fiel ein Theil dem Könige, der andere dem Kläger, oder dessen nächsten Anverwandten zu.  
  Bey denen alten Francken oder Schwaben war der Brauch, daß ausser andern Straffen, auch die Rebellen und Wiederspenstigen, zur Schmach, bis in die nächste Grafschafft, etwas tragen musten. War der Rebellen einer von Adel, so wurde ihm ein Hund zu tragen auferlegt, war er aber nur gemeines Herkommens; so muste er einen Stuhl tragen. Spangenberg in der Mannsfeld. Chron. c. 224.
  Wenn jemand bey den alten Teutschen geköpffet wurde: so geschahe solches nicht mit dem Schwerde oder Beil: sondern mit einem eichenen Tielen. Dieser Tiel sah wie ein Zwag-Stuhl aus, hatte auf beiden Seiten Grund-Leisten, auf welchen der Tiel war, und unter demselben ein wohlschneidend Eisen. Wenn nun der Ubelthäter mit seinem Haupte auf den Stuhl gebunden war: so ließ man den Tielen, welcher an einem Seile gieng, herabfallen, der ihm, mit dem Eisen den Kopf abstieß.  
     

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Stand: 28. November 2013 © Hans-Walter Pries