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Zedler: Teutsche [6] HIS-Data
5028-42-1680-3-06
Titel: Teutsche [6]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 42 Sp. 1703
Jahr: 1744
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 42 S. 865
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Übersicht
Kriegs-Wesen
Haus-Stand

  Text Quellenangaben
  Kriegs-Wesen.  
  Die Teutschen waren ein sehr kriegerisches Volck, die lieber zu Felde zogen als in Ruhe lebten. Tacitus l.c. c. 14.
  Und um deswillen achteten sie weder den Ackerbau, noch andere Früchte, und wolten lieber mit dem Feinde anbinden, und demselben etwas abjagen. Massen sie sich düncken liessen, es zeige dieses eine grosse Faulheit an, durch den Schweiß etwas zu erwerben, was durch Blut erlanget werden könnte. Um deswillen hielt ein jedes Volck vor eine sonderbare Ehre, wenn um ihr Land herum alles verwüstet war.
  •  Cäsar de B.G. l. 6. c. 23. und l. 4. c. 3.
  • Tacitus Hist. lib. 4. c. 16.
  • Mela l. 3. c. 3.
  Wie sie denn dieses vor eine sonderbare Tapferkeit hielten, die Benachbarten von ihren Gräntzen zurück zu halten, und sie in solchen Schrecken zu setzen, daß neben ihnen zu wohnen, niemand sich unterstehen durffte. Sie bildeten sich zugleich ein, wie sie auf solche Art am allersichersten leben könnten, wenn sie sich dadurch ausser Sorge setzten, jählings überfallen zu werden.  
  Und dieses war die Ursach, daß sie die, ausser ihren Gräntzen an andern verübte Raubereyen vor zuläßig hielten, ja, sie rühmten solche vielmehr als solche Ubungen, wodurch die Jugend in dem Gebrauch der Waffen beständig erhalten, und dem Müßiggang begegnet würde. Wenn demnach einer ihrer Fürsten in einer Versammlung aufstand, sich zu einem Heerführer aufwarf, und verlangte, daß, wer ihm folgen wolte, sich melden solte, standen viele auf, rühmten sein Vorhaben, ihn aber als einen tapfern Mann, versprachen zugleich ihre Hülfe. Die hin-  
  {Sp. 1704}  
  gegen ihm zu folgen anstanden, wurden als Verräther und Verächter ihres Vaterlandes angesehen, hatten auch nachhero weiter bei niemandem einiges Ansehen. Cäsar l. 6. c. 23.
  Jedoch folgten die Chauci diesem fast durchgängigen Gebrauch der Teutschen nicht, als die mehr auf die Ruhe und Gerechtigkeit hielten. Tacitus de M.G. cap. 35.
  Wenn es zum Treffen kam, war es dem Heerführer als eine unauslöschliche Schande ausgelegt, wenn er es ihm andere an Tapferkeit zuvor thun liesse. Tacitus l.c. c. 14.
  Und eben so schändlich wurden auch seine Unterhabende angesehen, wenn sie ihrem Führer in der Tapferkeit nicht folgten; ja derjenige muste lebenslang unehrlich und veracht bleiben, welcher, da sein Anführer umgekommen, sein Leben zu sparen gesucht hatte.
  • Ammian. Marcellin. l. 16. c. 12.
  • Cluver l. 1. c. 425.
  Selben hingegen vertheidigen, seine begangene tapfere Verrichtungen jenem zuschreiben, sahe man als die gröste Verpflichtung an. Also fochten die Heerführer um den Sieg zu erhalten, seine Leute aber, um jenen nicht überwinden zu lassen.  
  Wenn eine Gemeine, darinnen sie zu Hause, einen langwierigen Frieden genossen, so baten die meisten des jungen Adels sich aus, daß sie diejenigen Völcker bekriegen durften, die bereits in selben verwickelt. Ja, die Ruhe war ihnen so verhaßt, daß sie sich lieber durch Gefahr berühmt machen wolten, und den grossen Gefolg untererhielten sie blos durch den Krieg, und andere zu berauben.  
  Sie sahen sich auch gerne von ihrem Fürsten mit dem Pferde beschencket, darauf er so tapfer gefochten, und mit dem Spieß, mit dem er so häufig Blut vergossen; denn die Schmausereyen, und viele, obschon nicht allzukostbare Gast-Gebothe, waren an statt einer Besoldung; zu solcher Freygebigkeit gelangten sie vermittelst des Krieges und der Beutmachung.  
  Bey dergleichen kriegerischen Wesen der Teutschen fand sich unter ihnen eine grosse Eifersucht, und insonderheit unter denen vornehmsten, die die tapfersten und meisten in ihrem Gefolge hatten, bey diesen aber selber, diejenigen, bey ihrem Fürsten am meisten gelitten waren. Tacitus de Mor. Germ. lib. 1. cap. 57. und Ann. 2. c. 45.
  Hierinne bestand also die meiste Ehre, und auch die meiste Gewalt, allezeit mit einem Gefolge der tapfersten Jünglinge umgeben zu sein. Dieses gab ihm in Friedens-Zeiten ein sonderbares Ansehen, im Kriege aber einen nachdrücklichen Beystand.  
  Es war auch diese Ehre nicht nur bey jedwedes seinem Volcke, sondern auch bey denen benachbarten in sonderbare Betrachtung gezogen, nehmlich einen starcken und tapfern Gefolg um sich zu haben. Denn dergleichen angesehenen Männern trug man Gesandtschafften auf und beschenckte sie, sie brachten auch die gefährlichsten Kriege blos durch ihren Ruf zu Ende.  
  An Waffen hatten die Teutschen eben nicht viel: Degen und grosse Lantzen brauchten sie selten.
  • Tacitus de M.G. cap. 6.
  • Cluver lib. 1. c. 44.
  • Strauch Dissert. 3. de armis Romanor.
  • Tacitus Ann. 2. c. 14.
  • Plutarchus Mario ...
  • Diodor Sicul. l. 5. ...
  Hingegen hatten sie Spiesse, die sie in ihrer Sprache Frameas nenneten. Tacitus Ann. 1. c. 64. und 2. cap. 14. und 21. Hist. l. 5. c. 18.
  Diese Spiesse waren fornen mit  
  {Sp. 1705|S. 866}  
  einem kurtzen und spitzigen aber sehr scharffen Eisen versehen, dessen man sich zum gehörigen Gebrauch bedienen konte, dergestalt, daß sie sich mit selbigen sowol in der Nähe, als auch in der Ferne wehren konnten. Ein Reuter führete weiter nichts, als eine solche Framen, nebst einem Schilde, dass Fuß-Volck hingegen bediente sich auch der Wurf-Spiesse, deren ein jeder in grosser Menge auf den Feind loswarf. Darbey waren sie meistens nackend, oder nur mit einem leichten Kittel versehen.
  • Dio Caßius l. 38. ...
  • Tacitus Ann. 2. c. c. 13. 14.
  Im Werffen hielten sie gantz keine Ordnung, waren auch wenig von ihnen mit Lantzen versehen. Diodor Sicul. l. 5. ...
  Kaum, daß einer oder der andere einen Helm oder Sturmhaube hatte.
  • Plutarch l.c. ...
  • Dio Caßius l. 38. ...
  • Herodianus l. 6. cap. 7.
  Ihre Schilder waren nach dem Maaß und Grösse ihrer Leiber eingerichtet.
  • Tacitus Ann. 2. cap. 14.
  • Diodor. Sicul. l. 5. ...
  • Tacitus de M.G. cap. 43.
  Doch war in denselben weder Eisen noch Stahl sehen, sondern sie flochten solche von Weiden zusammen, oder verfertigten sie aus leichten und bräunlichen Brettern, die sie sondann mit den schönsten Farben anzustreichen pflegten. Tacitus Ann. 2. cap. 14. und de M.G. cap. 6.
  Hieraus scheinen die Wappen-Herolde entstanden zu seyn, die noch jetzo von dem Alterthum ihr Geschlecht zu zeigen pflegen. Cluver l. 1. cap. 44. ...
  Wiewol man nicht in Abrede seyn kan, daß sie in den nachfolgenden Zeiten auch angefangen, ihre Bildnisse auf ihre Schilde zu mahlen. Ammian. Marcellin. l. 16. cap. 12.
  Ihre Helmen waren von Ertz, von denen sie grosse Püsche herunter hangen liessen, wodurch sie sich einiges Ansehen machten. Etliche liessen Hörner an solche setzen; andern gefiel ein Vogel oder vierfüßiges Thier.
  • Diodor Sicul. l. 5. ...
  • Plutarch Mario ...
  Ihre Pferde waren lauter einheimische.
  • Tacitus de M.G. cap. 6.
  • Cäsar de B.G. l. 4. cap. 2.
  Doch waren sie weder ansehnlich noch geschwinde. Die alten Teutschen wusten auch nichts von der Reit-Schule. Sie rennten mit ihnen entweder gerade aus, oder tummelten sie nur rechtwärts, dergestalt, daß sich immer einer an den andern schloß, und also keiner der letzte war. Der Sättel bedient wenn sie sich wenig, wohl aber brauchten sie Decken und Zäume.
  • Cäsar l.c.
  • Tacitus l.c. cap. 15.
  Uberhaupt von ihrem Soldaten-Wesen zu reden, so setzten sie ihre meiste Stärcke auf dass Fuß-Volck, das sie mit der Reuterey durchmischten, und also fochten, indem die schnellesten und hurtigsten, die an Geschwindigkeit denen Pferden glichen, und die sie unter denen andern aussuchten, allemahl vor dem Treffen stehen musten. Die Reuterey selbst sprang offt von den Pferden, und fochte zu Fuß: Die Pferde aber hatten sie also gewöhnet, daß sie an einem Orte beständig stehen blieben, worauf, wenn es die Noth erforderte, sie sich sehr hurtig schwangen. Cäsar l.c. conf. Hertius Elem. Prud. Civilis ...
  Woher  
  {Sp. 1706}  
  man nicht unwahrscheinlich den Ursprung der sogenannten Dragoner leiten kan.  
  Sie hatten zugleich gewisse Kriegs-Exercitien, worzu sie eine grosse Anzahl erwählten, und aus jedem Gau tausend Mann auslasen, die mit einander fechten musten, wer nun dem andern überlegen, dem ward es vor eine sonderbare Ehre ausgerechnet. Aus denen geheiligten Wäldern pflegten sie Bildnisse und geweyheter Thiere Leiber mit in das Treffen zu nehmen.
  • Tacitus l.c. cap. 7. und Hist. 4. cap. 22.
  • Cluver l. 1. cap. 49.
  Sie hatten auch ihre eigene Trompeten, die einen greßlichen und kriegerischen Thon von sich gaben. Diodor. Sicul. l. 5. ...
  Ihre Feld-Lager pflegten sie mit Heer- und Feld-Wägen zu befestigen.
  • Cäsar de B.G. l. 1. cap. 26.
  • Cluver l. 1. cap. 1.
  Die Schlacht-Ordnung war Orgel-spitzig eingerichtet, die sie nach denen Völckern unterschieden.
  • Tacitus de M.G. cap. 6.
  • Cäsar l.c. cap. 51.
  • Tacitus Hist. cap. 16. in de M.G. cap. 7.
  Reuterey und Fuß-Volck mischten sie, die bereits gedacht worden, unter einander: Jene umgaben sie mit Karren und Wagen, und damit alle Hoffnung zur Flucht benommen würde, satzten sie auf solche ihre Weiber, welche die zum Treffen gehenden Soldaten mit herum fliegenden Haaren weinend baten, sie sollten sich von denen Römern nicht zu Knechten machen lassen. Cäsar l.c.
  Denen Verwundeten saugeten sie die Wunden aus, und brachten denen Soldaten Speise zu, die sie beständig zur Tapfferkeit aufmunterten. Wenn sie auch sahen, daß die Schlacht-Ordnung wancken wollte, so vermahneten sie die Flüchtigen, zeigeten ihnen die blossen Brüste, und wiesen, wie sie nichts als Bande zu gewarten. Wodurch sie die Weichenden wieder zum Stande brachten. Tacitus de M.G. cap 7. und 8. und Hist. l. 4. c. 18.
  Ein Treffen wagten sie so leicht nicht, es wäre denn der Mond neu gewesen. Cäsar l.c. c. 50.
  Ehe die Schlacht angieng, mahneten ihre Heerführer durch eine gehaltene Rede sie zur Tapferkeit an. Tacitus Hist. 5. c. 17.
  Nachdem sie nun durch Zusammenschlagung der Waffen, und in die Höhe hüpffen, das Ihrige zu thun versprochen, fiengen sie das Gefecht mit einem entsetzlichen Geschrey und hefftigem Steinwerffen, Pfeileschiessen, unter anderm Gewehr an.
  • Tacitus l.c. und Hist. 2. c. 22. Hist. 4. c. 18.
  • Dio Caßius l. 38. ...
  Anfänglich zwar fielen sie nur mit einzelen Hauffen, und ohne Ordnung zu fechten an; durch die vielen mit den Römern geführten Kriege aber lernten sie bey denen Fahnen bleiben, sich zu setzen, und denen Befehlen ihrer Feld-Herren und Vorgesetzten Gehorsam zu leisten.
  • Tacitus Ann. 2. c. 45.
  • Cäsar de B.G. l. 1. c. 52.
  Welche Feldherren denn nicht unterliessen durch selbst eigenes Fechten, und verwundet zu werden, das Treffen zu unterstützen. Tacitus Ann. 2. c. 17.
  zu weichen, doch aber wieder zum Fechten sich anzuschicken, hielten sie mehr vor eine besondere List, als ein Zeichen der Furchtsamkeit. Tacitus de M.G. c. 6.
  Sie stellten sich offt, als flöhen sie, dadurch sie den Feind in eine mit Waldung umgebene Ebene lockten, worauf sie ihn von neuen anfielen, und selben allenthalben angrieffen, die Flüchtigen verfolgten, und wenn diese sich in eine Rundung zusammen geschlossen, grief ein  
  {Sp. 1707|S. 867}  
  Theil von ihnen selbige an, da indeß die andern sie von weiten in Unordnung bringen bemühet waren. Tacitus Ann. 2. cap. 11.
  Ihre Todten nahmen sie jederzeit mit sich, wer aber seinen Schild verlohren hatte, war in das äusserste Laster verfallen, und durffte weder dem Gottesdienste, noch denen Raths-Versammlungen beywohnen. Ja viele, die vom Treffen übrig geblieben, haben, um der Schande abzukommen, sich selber erhencket. Tacitus de M.G. cap. 6.
     
  Haus-Stand.  
  Es ist noch übrig von dem Haus-Stande der Teutschen etwas zu gedencken.  
  In ihren Häusern liefen sie nackend und unflätig herum, wovon sie eben eine solche Grösse bekamen. Die Mütter stilleten ihre Kinder selbst, daher sie solche weder denen Mägden, noch Säug-Ammen anvertrauten. Was die Erziehung anbelanget, konnte man deßfalls unter Herren und Knechten keinen Unterscheid bemercken. Denn jene schliefen bey dem Viehe und auf dem blossen Boden sowol, als wie diese, bis endlich die herannahenden Jahre und Proben der Tapferkeit zeigten, wer ein Freyer, und wer ein Knecht wäre. Tacitus de M.G. cap. 20.
  Hiervon kam es, daß, ungeachtet eines so zahlreiches Volcks, sie dennoch von Leibe alle gleich gestaltet waren. Ihre Augen sahen fürchterlich und blau; das Haar war röthlich, der Leib groß, und zu einem Anfalle geschickt. Das Haar trugen sie lang, und so dicke wie die Mähnen der Pferde. Den Barth ließen sie theils abscheeren, theils ein wenig wachsen. Die von Adel-Stande waren, hatten ziemlich glatte Wangen, darneben aber so grosse Knebel-Bärte, daß sie den Mund damit bedeckten, und ihnen die Haare davon, wenn sie assen, unter die Speise kamen, und wenn sie trancken, ihnen das Geträncke zum Barte herunter floß. Zeilers Itiner. Germ. p. 23.
  Was die Natur der Teutschen anlangt, so war dieselbe zur Arbeit eben nicht allzu dauerhafft, wie sie denn Durst und Hitze nicht zu vertragen, Kälte aber und Hunger, samt den Witterungen des Himmels wohl auszustehen vermochten.
  • Tacitus l.c. cap. 4. und Annal. 2. cap. 14.
  • Cäsar de B.G. l. 1. c. 39.
  • Dio Caßius l. 38. ...
  • Florus l. 3. cap. 10.
  • Pausanias l. 10. ...
  • Strabo lib. 7. ...
  • conf. Conring de Habitus Corporum Germ. Caussis.
  Der Acker war keinem nach dem Maaß abgemessen, wusten auch nicht, solchen zu umgräntzen; sondern es pflegten die Obrigkeiten und Vornehmsten jährlich jedem Geschlecht und Haushaltung, die sie etwa zusammen gefüget hatten, so viel Acker, und an denen ihnen beliebigen Orten auszutheilen, als sie nöthig hatten, jedoch musten sie das folgende Jahr ihre Sitze ändern. Cäsar VI. de B.G. cap. 22. und l. 4. c. 1.
  Solchergestalt wurden die Äcker nach Anzahl der Besitzer von ihnen Reihe herum gebrauchet, die sie denn nachmahls, iedes seinem Stande nach, unter sich austheileten, welches wegen der vielen Felder gar leicht geschehen konte. Tacitus de M.G. cap. 26.
  Alle Jahre aber musten etliche 100. junge Krieger aus dem Lande hinweg, und dem Kriege nachziehen, die hingegen zu Hause blieben, waren verbunden, vor sich und iene die Lebens-Mittel herbey zu schaffen, an welche, nach verflossenen Jahren die Reihe in Krieg zu ziehen, auch kam, da hingegen jene zu  
  {Sp. 1708}  
  Hause blieben. Und auf solche Art blieb weder der Ackerbau, noch der Krieg unterwegen. Cäsar l.c. und l. 4. de B.G. cap. 22.
  Sobald sie aufgestanden, pflegten sie sich zu waschen, wiewol sie insgemein bis in den hellen Tag hinein schliefen. Hierbey bedienten sie sich meistens des warmen Wassers, weil der Winter bey ihnen sehr lange währete. Tacitus de M.G. c. 22.
  Bisweilen aber badeten Weiber und Männer mit einander in denen Flüssen. Cäsar de B.G. l. 6. cap. 21.
  Die Schwaben hatten im Gebrauch die Haare auf dem Kopf zusammen zu fassen, und in einen Knopf zu knüpffen, wodurch sie sich von denen andern Teutschen, bey ihnen aber die Freyen von den Knechten unterschieden. Also liessen die andern Völcker, die mit denen Schwaben entweder verwandt, oder um es ihnen nachzumachen, sich an den Schläfen gar wenig Haare wachsen, die Schwaben aber flochten selbiges hingegen starck zusammen, banden es auch öffters auf der Schulter in einander, wobey die Vornehmsten es zierlicher vor denen andern zu tragen pflegten. Tacitus l.c. cap. 38.
  Von Kleidern hielten die alten Teutschen nicht viel, und giengen gröstentheils nackend einher, wie denn besonders die unmannbaren Kinder auch in der grösten Kälte sich ohne Kleidung behelffen musten.
  • Mela l. 3. c. 3.
  • Cluver. l. 1. cap. 16.
  Die Erwachsenen aber bedienten sich einer Decke, die sie mit einem Heffte, oder in Ermangelung dessen mit einem Dorne zusammen steckten, das übrige aber liessen sie bloß, weil sie zu Hause den gantzen Tag über beym Feuer und Heerde zubrachten. Diese Decken waren gemeiniglich nur Häute von wilden Thieren, woran sie die Haare auswärts zu tragen pflegten. Einige unter den Teutschen nahmen die Häute von verschiedenen Thieren, und setzten dieselben Streifweise an einander, welches als ein besonderer Zierrath bey ihnen gehalten wurde.  
  An denen Kleidern war zwischen Männern und Weibern kein Unterschied, und die besagte Haut gieng kaum bis an den Nabel herunter, daher man die Geburths-Glieder bey dem männlichen und weiblichen Geschlechtes sehen konnte. Es hat zwar J.J.P. in Origin. Francicis dem Cluverio hierinnen widersprochen, als von welchem diese Nachricht herrühret; Cluverius aber hat denselben Lib. II. antiqu. Ital. ... widerlegt, und seine Meynung aus den bewehrtesten alten Scribenten bestätiget.  
  Einige trugen auch kurtze Mäntel von Wolle, woran die Zotten ebenfalls, wie bey den Thier-Häuten die Haare, von aussen zu sehen waren. Die von Adel pflegten sich in dergleichen Mäntel ihre Wappen mit Farben würcken zu lassen, wobey aber mehr Einfallt als Kunst zu sehen war. Sie trugen auch Deckinen von Bast, auf die Art wie die Matzen oder Matten seyn, und sonderlich pflegten sich die Knechte derselben zu bedienen, doch bedeckten sie nur bloß die Schultern damit.  
  Die wohlhabensten unter den Teutschen hatten auch würckliche Kleider, die aber so enge waren, daß man alle Gliedmassen erkennen konnte. Und diese Kleider, die keine Ermel hatten, und nur bis an die Schenckel giengen, waren aus Leinwand oder rauhen Fellen gemacht, und wurden von denen Römern Braccae genennet. Besonders sahe man bey den Adelichen Frauen und Jungfrauen unter  
  {Sp. 1709|S. 868}  
  denen Teutschen, daß sie sich starck leinerner Kittel bedienten, worein Purpur-Streiffe gewürcket waren, jedoch gieng der obere Theil davon nicht weiter, als bis an die Ellenbogen, der übrige Arm war bloß, wie sie denn auch die Brust offen hatten.
  • Tacitus de mor. Germ. c. 17.
  • Cäsar de bello Gall.
  Die Füsse waren mit einer Dachs-Haut, und mit haarichten und borstigen Schuhen bedecket, die gemeinen Leute aber giengen barfuß; wiewohl sie auch Schuhe von Baste hatten, die sie mit einem Bande in der Mitte binden konnten.  
  Die von Adel so wohl, als auch andere reiche Teutschen, sonderlich die am Rhein wohnten, trugen göldne Ketten, Armbänder und Ringe, so daß man also schon bey den alten Teutschen einen Unterscheid in der Kleidung wahrnehmen konnte.  
  Statt der Betten muste ihnen die Erde dienen, auf welchen sie Graß oder Laub von den Bäumen streuten: Die von Adel aber lagen gemeiniglich auf Hunds- Wolff- oder Bären-Häuten, worauf sie auch offtermahls statt des Tisch-Tuches ihre Mahlzeiten einzunehmen pflegten.
  • Cluverius l.c. c. 16.
  • Abr. Ortel. in aurei saeculi imagine, Antorff 1596.
  • Zeilers Itiner. Germ. p. 23. u.f.
  Die Speise der Teutschen bestand aus geringer Kost, entweder sie genossen ein schlechtes wildes Obst, oder ein frisch gefangenes Wild, wie auch geronnene Milch. Brod und Butter hatten sie ebenfalls. Von dem Fleische der zahmen Thiere war sonderlich das Schweine-Fleisch nach ihrem Geschmacke, welches sie entweder zu braten oder einzusaltzen pflegten.  
  So mäßig sie aber auch bey dem Genusse der Speisen gewesen seyn; so haben sie sich destomehr dem Truncke ergeben. Denn daß ist bey den Teutschen keine Schande gewesen, wenn einer gleich Tag und Nacht beym Trincken ausgehalten hat. Derjenige Tranck, dessen sie sich nebst Wasser und Milch zu Löschung des Durstes bedienten, war eine Art von Bier, der aus Gersten oder andren Geträyde verfertiget wurde, und an Geschmacke dem Weine ziemlich gleich kam.  
  Des eigentlichen Weines aber bedienten sich nur diejenigen, die am Rhein und in der Gegend Franckreich wohnten, doch ist dieses sonder Zweiffel auch alsdenn erst geschehen, nachdem ihnen der Kayser Probus, den Wein zu pflantzen erlaubt hat. Denn von dejenigen Teutschen, die unter dem Nahmen der Schwaben bekannt sind, schreibet Julius Cäsar l. 4. Comm. de bello Gall. Daß sie keinen Wein zu sich bringen lassen, weil sie geglaubt, daß durch denselben die Menschen zur Arbeit weich gemacht und geschwächt würden.  
  Bey ihren Mahlzeiten wurden die Speisen in irrdenen oder höltzernen Geschirren aufgetragen; und zum Trinckgeschirre brauchten sie die Hörner von den Auer-Ochsen, die am Rande öffters mit Silber beschlagen waren.  
  Ein jedweder hatte seinen eigenen Sitz und Tisch. Die Sitze schlugen sie bald auf einer Haut, bald auf dem Grase, bald auf einem Häuflein Heu auf; ihre Tische aber waren insgemein von Holtze und etwas von der Erde erhoben. Nahe bey dem Tische war das Feuer, und um dasselbe herum die Bratspiese voll grosser Stücken Fleisch, welche sie beym Essen mit den Händen anfaßten und zerrissen. Wenn sie aber solche, der Grösse oder Festigkeit wegen, auf bemeldete Art nicht bezwingen konnten: so nahmen sie ein  
  {Sp. 1710}  
  Messer darzu, welches zu jedermannes Gebrauch, in der Nähe, in einer Scheide da hängen muste.  
  Weil sie dem Truncke sehr ergeben waren: so geschahe es öffters, daß sie, wie es insgemein bey Betrunckenen herzugehen pflegt, miteinander in Zanck geriethen. Nichts destoweniger aber nahmen sie sich in Acht, daß sie einander weder mit Schimpf-Worten begegneten, noch es auch zum Schlägen kommen liessen.  
  Das gewöhnlichste, was bey ihren Gastgebothen vorgieng, bestund darinnen, daß sie entweder Freundschafft mit einander machten, oder Heyrathen stiffteten, oder auch von der Wahl ihrer Fürsten, und von öffentlichen Kriegs- und Friedens Angelegenheiten mit einander redeten. Jedweder entdeckte alsdenn, nachdem ihn der Trunck aufgeräumt gemacht, seines Hertzens-Meynung, und wenn sie wiederum nüchtern worden, so faßten sie allererst einen gewissen Schluß. Darauf geht es, wenn Tacitus schreibt: Deliberant dum fingere nesciunt, constituunt, dum errare non possunt. Tacitus de mor. Germ. c. 22.
  Man siehet also hieraus, daß die Gewohnheit der Teutschen, starck zu trincken, ihnen als keine Schande anzurechnen sey, weil es derselben Natur mehr zuträglich als schädlich gewesen, und sie dadurch nicht sowohl ihres Verstandes beraubt, als vielmehr in ihren Gemüthern aufgeräumet worden sind.  
  Die Söhne der Teutschen durften vor Erreichung des 20. Jahres zu keinem Gastgebothe kommen, wie man denn auch nirgends findet, daß die Weiber dabey zugegen gewesen wären. Ihre Waffen hatten sie stets bey der Hand, und legten dieselben auch öffters bei der Mahlzeit nicht von sich.  
  Wenn sie in keinen Krieg verwickelt waren, bedienten sie sich vornehmlich der Jagd, jedoch noch mehrere Zeit brachten sie müßig zu, indem sie entweder schliefen, oder Gastereyen hatten, dergestalt, daß auch der Tapfferste unter ihnen nichts anderes verrichtete, sondern sie überliessen die Haus- und Acker-Sorge denen Weibern, Alten, und Unvermögenden, die in einem jeden Hause sich befanden.
  • Tacitus de M.G. cap. 15.
  • Cäsar de B.G. l. 6. c. 21. und l. 4. c. 1. de Sueu.
  Nebst dem hielten sie auf das Schwimmen sehr viel.
  • Tacitus lib. 5. Hist. c. 14.
  • Herodianus l. 7. c. 2.
  • Mela l. 3. c. 3.
     

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Stand: 12. Juli 2013 © Hans-Walter Pries