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Quellenangaben und Anmerkungen
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B. Die Kräfte des freyen Willens.
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1. In geistlichen Sachen. ¶ |
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In geistlichen
Dingen hat der
Mensch gar keine
Kräffte des
freyen Willens.
Ein anders ist nehmlich die
Freyheit selbst, ein anders die Kräffte, die
GOtt zu dem rechten Gebrauche der Freyheit der menschlichen
Natur anerschaffen hat. Die Freyheit selbst war eine
wesentliche
Eigenschafft der menschlichen Natur, und
konnte also nicht verlohren werden; diese Kräffte aber waren von der
Beschaffenheit, daß sie durch den Mißbrauch der Freyheit verlohren werden
konnten. |
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In Ansehung des
Verstandes, bestunden dieselben in einem
Vermögen, GOtt und
göttliche Dinge richtig zu
erkennen; in Absicht auf den
Willen, in einem
Vermögen, der
erkannten
Wahrheit zu gehorchen, und das in das Hertz geschriebene
Gesetz zu erfüllen; dabey doch aber der Mensch die Freyheit hatte, sich von dem
Lichte abzuwenden, in
Ungehorsam einzugehen, und also, durch den Mißbrauch des
freyen Willens, die anerschaffenen Kräffte zu verschertzen, und in die
geistliche Ohnmacht zu verfallen.¶ |
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Daß nun dieses würcklich geschehen sey, folglich der Mensch nach dem Abfalle
von GOtt keine Kräffte des freyen Willens zu geistlichen Dingen mehr übrig habe,
das ist, daß er kein Vermögen mehr übrig habe, sich zu GOtt zu bekehren, an
Christum zu gläuben, etwas geistlich Gutes zu verrichten, das GOtt wohlgefallen
könne, beweisen wir |
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α) |
Aus dem
Verluste des göttlichen Ebenbildes, an
dessen statt die Erbsünde, sammt der äussersten Untüchtigkeit zu allem
Guten, gekommen ist. Denn da der Mensch die Gleichförmigkeit mit GOtt in
den
moralischen Kräfften verlohren, so hat er zugleich alle Kräffte
verlohren, GOtt
wahrhafftig zu
erkennen, ihn zu
fürchten und zu
lieben,
ihm zu vertrauen, und seinen Willen nach seinem Wohlgefallen zu
vollbringen.¶ |
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{Sp. 155|S. 91} |
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β) |
Aus den Stellen der
Heiligen Schrifft, in welchen
erwiesen wird, daß der Mensch vor seiner Bekehrung in dem äussersten
Unvermögen zu geistlichen Dingen sich befinde. (Siehe hierbey D.
Rambachs Collegium Anti Pontificium ...) Denn in der
Heiligen Schrifft wird er |
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alef) |
[1] Überhaupt vorgestellet |
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[1] |
HIS-Data: alef in der Vorlage in hebräischer Schrift |
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(a) |
als ein
Knecht des Teufels und der Sünde. Johann
VIII, 34: Wer Sünde thut, der ist der Sünden Knecht, und zwar
ein solcher Knecht, der unter der
Herrschafft der Sünden stehet, und der
seine Glieder freywillig zu dem
Dienste der Ungerechtigkeit darstellet,
Röm. VI, 12. 19. |
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Apostelgeschicht XXVI, 18, wird der
Mensch als ein unter der
Gewalt des Satans stehender vorgestellet; und 2
Timoth. II, 26. wird von ihm
gesagt, daß ihn der Satan, nach
seinem Willen, in seinen Stricken gefangen führe. |
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Wie ist es nun möglich, daß mit einer solchen
Herrschafft der Sünden die Freyheit Gutes zu thun bestehen könne? Wie
kan ein Sclave der Sünden und des Satans etwas zu seiner Bekehrung und
Befreyung beytragen? zumahl, da er seine Bande so
lieb hat, und die
wahre Freyheit aus allen Kräfften fliehet und hasset. |
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Wolte man
sagen, der Mensch diene der Sünde und
dem Satan freywillig, und also könne er doch bey dieser seiner
Knechtschaft eine Freyheit haben; so wird solches zwar von der Freyheit
der Natur, dadurch der Mensch von den unvernünftigen Thieren
unterschieden wird, aber nicht von der Freyheit der
Gnaden zugegeben,
die bey der Knechtschafft der Sünde ohnmöglich bestehen kan; indem der
Sünder von den
bösen Lüsten und sündlichen
Gewohnheiten so gefesselt
ist, daß er zwar freywilligst, aber doch in diesem
Stande nothwendig
sündiget, weil er nicht anders kan, als sündigen und
Böses thun, so
lange er sich selbst überlassen ist. |
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(b) |
Als ein Todter in Sünden, und zwar nicht nur,
weil er des ewigen
Todes schuldig ist, sondern auch vornehmlich, weil
seine
Seele von GOtt, dem
Ursprunge des wahren geistlichen
Lebens,
getrennet und abgeschieden ist. Daher heisset es Ephes. II, 1:
Da ihr todt waret, durch Übertretung und Sünde. |
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So wenig nun ein leiblich todter Mensch ein
Vermögen hat, zu seiner Lebendigmachung etwas beyzutragen; so wenig kan
auch ein geistlich Todter zu seiner Bekehrung etwas beytragen und
würcken; und wie ein leiblich Todter ohne natürliches
Leben, Sinn, und
Bewegung ist, so ist ein geistlich Todter ohne geistliches Leben, Sinn
und Bewegung. So wird der Mensch überhaupt in der
Schrifft vorgestellet,
erstlich als ein Sclave der Sünden, und hernach als ein Todter in
Sünden.¶ |
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bet) |
[1] Insonderheit: und zwar |
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[1] |
HIS-Data: bet in der Vorlage in hebräischer Schrift |
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(a) |
in Ansehung des
Verstandes da wird der Mensch
nach seinem Verstande, welcher das Auge der Seelen ist, nicht nur als
blind, sondern auch als verfinstert in dem
Sinne, ja als die Finsterniß
selbst, beschrieben. |
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Ephes. IV, 18; V, 8. |
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Wie nun ein Blinder, zumahl ein Blindgebohrner,
keine
Kräffte zu dem Sehen hat; so hat auch ein natürlicher Mensch keine
Kräffte, die
Wahrheit des Evangelii zu
erkennen, und das wahre Licht zu
sehen. Daher heißt es 1 Corinth. II, 14: Er kan es nicht er- |
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{Sp. 156} |
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kennen. Das ist also keine Vergleichungs-weise
genommene Blindheit, wie der Laodicäische
Bischoff, der noch
einigermassen in dem
Stande der Gnaden stund, blind genennet wird,
Offenbahr. III, 17; sondern es ist eine absolute und gäntzliche
Blindheit, welche alle heylsame
Erkänntniß gäntzlich ausschliesset. |
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(b) |
In Ansehung des
Willens, wird dem Sünder nicht nur ein arges, unreines, unbeschnittenes, sondern gar ein steinernes
Hertz zugeschrieben, Ezech. XXXVI, 26. das ist, ein Hertz,
welches in der Sünde so verhärtet ist, daß es weder ein geistlich
Gefühl, noch geistlich
Leben hat, noch sich zu demselben disponiren kan |
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So wenig ein Stein sich selber erweichen kan, so
wenig hat auch der natürlicher Mensch ein Hertz, das sich zu Annehmung
der Gnade selbst eröffnen kan, sondern das auch der Gnade mit einiger
Hartnäckigkeit widerstehet. So wenig also der Mensch von Natur ein
Vermögen hat, geistliche
Dinge geistlich zu
erkennen, so wenig hat er
auch ein Vermögen, etwas geistliches Gutes zu wollen indem es Philipp.
II, 13. heisset: Gott ists, der in euch würcket beyde das
Wollen, und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen. Folglich muß es
der Mensch von
Natur nicht haben, weil es erst durch eine
Gnaden-Würckung hervor gebracht werden muß. Dahin denn auch der
Ausspruch Joh. XV, 5. gehöret: Ohne mich könnet ihr nichts
thun. |
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γ) |
Ist es aus denselben
Stellen der Schrifft zu
erweisen, darinnen das
Werck der Bekehrung und alle geistliche
Tüchtigkeit
GOtt und seiner
Gnade allein zugeschrieben wird. |
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Das Werck der Bekehrung wird nehmlich in der
Heiligen Schrifft als eine neue
Schöpffung, Wiedergeburt, und
Auferweckung vorgestellet. Wie nun der
Mensch zu seiner leiblichen
Geburt und Auferweckung von den Todten gar nichts beytragen kan; also
kan er auch zu seiner Bekehrung nichts beytragen, sondern sie wird
lediglich der Würckung GOttes zugeschrieben. |
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Ezech. IX, 19: Ich will euch ein
einträchtig Hertz geben, und einen neuen
Geist in euch geben, und will
das steinerne Hertz wegnehmen aus eurem
Leibe, und ein fleischern Hertz
geben, das ist, ich will euch ein weiches, empfindliches und tractables
Hertz geben. |
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Ferner, Ezech. XXXVI, 26: Ich will euch
einen neu Hertz, und einen neuen Geist in euch geben; und will das
steinerne Hertz aus eurem Fleische wegnehmen, und euch ein fleischern
Hertz geben. Daher betet David, Psalm LI, 12: Schaffe in mir,
GOtt, durch eine neue Schöpffung, ein reines Hertz, und gieb mir einen
neuen gewissen Geist. |
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Man mögte einwenden, daß gleichwohl auch den
Menschen vielfältig anbefohlen werde, daß sie sich bekehren sollen.
Ezech. XVIII, 30. heisset es: Bekehret euch von aller eurer
Übertretung. Und V. 31: Macht euch einen neu Hertz und neuen Geist. |
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Allein, es ist zu wissen, daß die Bekehrung des
Menschen zweyfach zu betrachten sey; Theils, als ein Geschenck GOttes,
das in dem
Grunde der
Gnaden verheissen ist; theils, als eine
Pflicht
des Menschen. Daher heisset es |
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- Jerem. XXXI, 18: Bekehre du mich, so werde ich
bekehret.
- Und Klagl. V, 21: Bringe uns, HErr, wieder zu dir, daß
wir wieder heim kommen.
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{Sp. 157|S. 92} |
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die Bekehrung GOttes gehet vorher, und die
Bekehrung des Menschen folget. In der ersten Bekehrung wird der
Wille
von
GOtt erwecket, lebendig gemacht, und in Bewegung gebracht, dabey
sich der Wille leidend verhält; Darauf
beweiset sich der Wille in seinem
geistlichen und mitgetheilten
Leben thätig, und läst sich als ein
tüchtiges Werckzeug der göttlichen Gnade gebrauchen. In der ersten
Bekehrung wird daher die göttliche Gnade würckend (operans,
operatrix) genennet, weil sie da allein würcket; In der letzten
Bekehrung wird sie mitwürckend (cooperans) genennet, weil sie
da in und mit dem
menschlichen Willen, der mit neuen
Kräfften von GOtt
versehen ist, würcket. |
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Das ist der wahre
Grund, die Örter der
Schrifft
zu vereinigen, darinnen die Bekehrung bald GOtt, bald dem
Menschen, in
verschiedener Absicht zugeschrieben wird. Es gehören dahin folgende
Stellen: |
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- 1 Corinth. IV, 7. da alles Gute, das in dem Menschen
ist, als ein Geschencke der göttlichen Gnade angesehen wird.
- 2 Corinth. III, 5. heisset es: Nicht, daß
wir tüchtig sind von uns selber, etwas recht geistlich
gutes zu dencken, als von uns selber, sondern, daß wir
tüchtig sind, ist von GOtt.
- Philipp. II, 13: GOtt ists, der in uns
würcket, beyde das Wollen, und das Vollbringen.
- Johann. VI, 44: Es kan niemand zu mir
kommen, es sey denn, daß ihn ziehe der
Vater.
- 1 Corinth. II, 3: Niemand kan JEsum einen
HErrn heissen, (ihn vor seinen HErrn
erkennen, oder an
ihn glauben) ohne, durch den
H. Geist.
- Apost. Gesch. XVI, 14: Der HErr that der
Lydia das Hertz auf, daß sie darauf
Acht hatte, was von Paulo
geredet war.
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Wenn also nun die allererste Öffnung des Hertzens
ein Werck GOttes ist, so ist leicht zu erachten, daß der
Mensch zu
seiner eigenen Bekehrung sich nicht selbst disponiren, noch aus eigenen
Kräfften
dazu etwas beytragen könne. Die pädagogischen Mittel kan er wohl
gebrauchen, er kan GOttes Wort lesen, meditiren, er kan die groben
Hindernisse seiner Bekehrung
removiren, z.E. sich von
bösen
Gesellschafften losreissen, gewisse Objecte, die ihn starck zu der Sünde
verleiten, weit von sich entfernen etc. Aber sein steinernes Hertz kan
er nicht erweichen, noch sich einen anderen geistlichen, göttlichen und
himmlischen Sinn geben, sondern das kan und will
GOtt allein verrichten. |
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Es findet sich hier einiger Unterschied der
Ausdrückungen, welcher sich einige Gottesgelehrten unserer Kirche
bedienen; Massen etliche
sagen, der Mensch befinde sich zwar in dem
Anfange der Bekehrung leidentlich, aber in dem Fortgange verhalte er
sich nach den
verliehenen
Kräfften würcksam. Es werden z.E. in des
Chemnitius Loc. de lib. arbitr. c. 7. unter
andern diese
Worte
gelesen: |
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"Gott kommt uns durch sein Wort und den H.
Geist zuvor, und treibet den Willen. Nachdem aber der Wille also
göttlich beweget worden, so verhält sich der menschliche Wille nicht
blos leidentlich; sondern, indem er von dem H. Geist bewegt und
gestärcket wird, so widersetzt er sich nicht, sondern giebt Beyfall,
et sit synergos Dei, und
würcket mit GOtt." |
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In dem Hülsemannischen Breviario ...
wird unter den
Kräfften, Busse zu thun, welche alle von dem
H.
Geiste
kommen, und unter dem Ge- |
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{Sp. 158} |
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brauche derer Kräffte, welche dem
Menschen
zugeschrieben wird, ein Unterschied gemacht. Schertzer
schreibet, in System. loc.
...: |
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"Der Heil. Geist zerknirschet das Hertz; Aber ein also
betrübter Mensch, nicht der H. Geist selbst, erkennet die Sünde; Der
Mensch, nicht der H. Geist, glaubet, obschon der H. Geist dem Menschen
Kräffte, die Sünde zu erkennen und zu gläuben, mittheilet." |
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Carpzov, in Isagoge in Form.
Concord. räumet dem Menschen bey der Bekehrung, so man sie in engem
Verstande nimmt, keine Würcksamkeit (Activitatem) ein, und
sagt,
GOtt würcke formal in der Bekehrung, wenn er
Kräffte
verleihe; In
den
Bewegungen handele er zwar nicht formal, aber doch würckend, (efficienter)
der Mensch aber handele formal; Indem nicht GOtt, sondern der Mensch,
Busse thue, gläube, wolle. |
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Wenn hernach dieser Theologe die
Bewegungen der
Bekehrung erkläret, so theilet er sie in thätige und leidende; Die
schreibet er dem Menschen, jene aber GOtt zu. Hierbey haben wir noch
einige Anmerckungen zu machen:¶ |
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α) |
Wenn wir behaupten, daß der Mensch keine
Kräffte
zu dem Geistlichen habe, so werden hier unter dem Geistlichen sonderlich
dreyerley
Dinge verstanden: |
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(a) |
Diejenigen Glaubens-Artickel und Geheimnisse der
Religion, die nicht aus dem Lichte der Vernunfft, sondern aus dem Lichte
der Offenbahrung
erkannt werden müssen, die daher reine
Artickel (Articuli
puri) heissen, die uns allein aus der Offenbahrung GOttes bekannt
werden. |
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(b) |
Diejenigen
Pflichten, die zu dem innerlichen
Gottesdienste gehören, als sich zu
GOtt bekehren, einen Christum
glauben, GOtt hertzlich
lieben,
fürchten, ihm vertrauen. |
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(c) |
Die
Pflichten der
Liebe gegen den Nächsten, wie
das
Gesetz dieselben nach seinem geistlichen
Sinne erfordert. Denn, was
die Glaubens-Artickel betrifft, so hat der Mensch kein
Vermögen,
dieselben, auch nachdem sie geoffenbahret sind, mit heilsamen Beyfall
und Zuversicht zu
erkennen, nach 1 Corinth. II, 14: Der
natürliche Mensch vernimmt nichts von
Geiste GOttes. |
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Was aber die
Pflichten gegen
GOtt und den
Nächsten betrifft, so hat er kein Vermögen, sie mit willigem Geist, und
auf die rechte GOtt wohlgefällige Art, mit Fortgang zu leisten und zu
beobachten. Er kan nicht aus eigenen
Kräfften GOtt fürchten, lieben und
vertrauen, wenn er nur will; Er kan nicht seinen Nächsten, auch seinen
Feind, lieben, wie sich selbst; Er kan nicht aus eigenen Kräfften ein
gottselig
Leben führen, wenn er nur will; Sondern es befindet sich der
natürliche Mensch zu allen diesen Pflichten in dem äußersten Unvermögen. |
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β) |
Von der Classe der geistlichen
Dinge werden Die
pädagogischen Handlungen, oder die
Pflichten des äusserlichen
Gottesdienstes, der äusserliche Gebrauch der Gnaden-Mittel, und andere
äusserliche Ceremonien, und Übungen des Christenthums, die eine
Pädagogie und Handleitung zu der Bekehrung werden können, ausgenommen;
Dergleichen sind: GOttes Wort in der Kirche hören, es zu Hause lesen,
geistliche Lieder singen, beten, sich bey dem äusserlichen Gottesdienste
still, devot und aufmercksam aufführen etc. |
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Diese Dinge kan zwar ein unbekehrter Mensch nicht
auf die rechte und |
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{Sp. 159|S. 93} |
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GOtt wohlgefällige Art in den
Geist und in der
Wahrheit verrichten; Er kan sie aber doch äusserlich beobachten. Er kan,
in Ansehung des
Verstandes, theils durch die Betrachtung der
Natur, und
rechtmäßige
Schlüsse von der
Ursach auf die
Würckung, zu einer
natürlichen
Erkänntniß GOttes und seiner Eigenschafften, ohne eine
besondere Erleuchtung des
H. Geistes, gelangen, theils durch fleißigen
und aufmercksame Lesung der
H. Schrifft, durch die Anwendung seiner
Verstandes-Kräffte, und andere menschliche Hülffs-Mittel der
Auslegungs-Kunst, eine buchstäbliche Erkänntniß von dem
Sinne, auch wohl
der schweresten Örter, erlangen, und durch anderer
Unterricht und
Anführung noch weiter darinnen geführet werden. |
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Er kan in Ansehung des Willens sich determiniren,
die äusserlichen Handlungen des Gottesdienstes, aus blos natürlichen
Kräfften, mit zu machen. Es dependiret z.E. von eines
Studenten freyer
Wahl, ob er an dem Sonntage in die Kirche gehen, oder zu Hause bleiben,
oder auf das
Dorf verreisen, und die Schencken besuchen will. Es stehet
bey ihm, ob er die
H. Schrifft, oder ein heydnisch
Buch lesen will; Ob
er des Abends nach 10 Uhr zu Hause bleiben, sein Abend-Gebet verrichten,
und sich zu der Ruhe begeben, oder unter einer eiteln Musick herum
schwärmen, Ständgen bringen, und ein: Hoch! brüllen will. |
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Das alles dependiret ja von der freyen Wahl eines
Studenten; Wiewohl auch hierinnen die
Freyheit sehr geschwächet ist.
Denn da würde mancher profane und ruchlose Student es nimmer mehr von
sich erhalten können, daß er auf seiner Stube ein geistlich Abend-Lied,
auch nur mit äusserlicher Devotion singen solte. Wenn man die
Ruchlosigkeit bey sich überhand nehmen lässet, so kommt man auch in
solchen
Dingen um seine
Freyheit, und wird ein Sclave der Profanität, ja
sucht wohl eine
Ehre darinnen, sich bey dem öffentlichen Gottesdienste
durch ein freyes und ungezogenes Wesen von andern zu unterscheiden.¶ |
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γ) |
Das Unvermögen des freyen Willens in geistlichen
Dingen wird auch in den symbolischen
Büchern unserer Kirche gelehret;
Als p. 14. 217. 218. 578. 654 u.ff. |
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δ) |
Könnte man einwenden: Da
GOtt dem Sünder zuvor
kommt, und auch an dem Hertzen eines noch geistlich todten Menschen
arbeitet, ihm geistliche Kräffte anbietet, und ihn aus seinem Unvermögen
aufzurichten suchet; So möchte es scheinen, daß man einem solchen
Menschen nicht alle
Kräffte zu geistlichen Dingen absprechen könne?
Allein wir antworten: Ein anders ist die Anbietung der Kräffte, welche
durch die zuvorkommende Gnade geschiehet; Ein anders ist die Mittheilung
der Kräffte, welche nicht eher geschiehet, als bis der Mensch durch die
zuvorkommende Gnade seine natürliche Widerspenstigkeit brechen lässet,
und die Zucht der Gnade zulässet. |
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So lange also die Gnade noch nicht das
herrschende
Principium in der
Seele geworden ist, und die
Widerspenstigkeit des
menschlichen Willens besieget hat, so kan von
derselben noch nicht die Benennung des
Menschen geschehen; Sondern es
heist so lange ein natürlicher Mensch, ob gleich die Gnade an ihm
arbeitet, ist die Gnade bey ihm zu der
Herrschafft
gelanget.¶ |
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{Sp. 160} |
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ε) |
Da der Mensch zwar eine natürliche Freyheit, aber
doch keine
Kräffte hat, diese Freyheit in geistlichen Dingen zu
gebrauchen, weil sein
Verstand und
Wille von dem Satan und der Sünde
gefangen gehalten, und nur auf das
Böse determiniret wird; So wird daher
der so genannte
freye Wille (Liberum arbitrium) mit
Recht von
Luthern und andern Theologen ein knechtischer Wille (Servum
arbitrium) genennet. Denn der Mensch ist vor seiner Bekehrung |
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(a) |
ein
Knecht der Sünde, Johann. VIII, 34.
2 Petri II, 19. Daher es von Achab 1 B. Kön.
XXI, 19. heisset, er sey verkaufft gewesen,
Böses zu thun. Ein
Sclav aber, der an einen andern Herrn verkauffet wird, der
verlieret
eben dadurch alle seine Freyheit. Er ist |
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(b) |
ein Knecht der
Welt,
da er allen Anreitzungen des
Bösen, die in der Welt sind, ausgesetzet
ist, und zwar so, daß er sich von denselben überwinden, und durch
böse
Gewohnheiten und ruchlose
Gesellschafften zu allem Bösen hinreissen lässet. 1 Joh. V, 5:
Wer von GOtt gebohren ist, überwindet die Welt; Also muß er vorher von
ihr überwunden seyn. Er ist |
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(c) |
ein Knecht des Teuffels, |
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2 Timoth. II,
26. |
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Bey einer so vielfältigen Knechtschafft, hat also
der Mensch vor der Bekehrung in geistlichen Dingen keinen freyen Willen;
Aber in der Bekehrung wird sein Wille von der Knechtschafft befreyet,
und nach der Bekehrung hat er einen befreyeten willen, (arbitrium
liberatum). |
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