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Erwerb eines Vermögens |
Wer etwas erwerben will, der hat entweder
schon etwas, es sey nun durch
Glück, oder durch
vorhergehenden Erwerb: Oder er hat noch nichts.
Wer noch gar nichts hat, und nicht etwan darinnen
glücklich ist, daß ihm andere
vermögende Leute
mit etwas zu der Anlage unter die
Arme greiffen,
worzu das gesellige
Leben denen, die nur ihr
Glück ein wenig mit Fleiß suchen wollen, hin und
wieder Gelegenheit an die Hand giebt, der hat ein
einiges Mittel, etwas zu erwerben: Nemlich durch
fleißige
Arbeit und gute
Dienste. |
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Wer aber schon etwas hat, der kan auf
beyderley gezeigte Arten etwas erwerben:
Nemlich theils durch gute Dienste und fleißige
Arbeit, theils durch das, was er schon hat, und
nicht zu seiner Erhaltung nothwendig
verbrauchen, oder verzehren muß. Also ist kein
gesunder Mensch zu finden, dem
GOtt,
Natur und
Geselligkeit, nicht Mittel an die Hand gegeben
hätte, sein Brod zu erwerben, wenn er nur das ihm
verliehene Pfund nicht in Faulheit und
Fahrläßigkeit vergraben will. Wer also nichts hat,
der muß mit allerhöchstem Fleisse sich auf
Künste
und
Wissenschafften legen, weil diese der eintzige
Grund seiner Nahrungs-Mittel sind; Und zwar auf
solche, mit denen, nach der Glücks-Beschaffenheit der
Zeiten und
Länder, etwas
erkleckliches zu
verdienen ist. |
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Er muß sich auf diejenigen, derer entweder
edlen, oder gemeinen Wissenschafften und
Künste legen, in welcher er, nach der
Beschaffenheit seiner
Gemüths- oder
Leibes-Kräffte, es sehr hoch zu bringen, und nach seinen
Glücks-Umständen am leichtesten
unterzukommen, sich getrauen kan. Er muß, weil
solcher Leute sehr viele sind, es in solcher
Wissenschafft, oder Kunst, allen, oder den
meisten, oder doch sehr vielen, auf eine sehr in
die Augen fallende Art zuvor zu thun trachten, und
bedencken, daß vor einen Menschen ohne
zeitliche Mittel, es viel klüger und besser sey, in
einer gemeinen Kunst, z.E. in einem
Hand-Wercke, vortreflich, als in einer edeln
Wissenschafft auch gut, aber doch nur
mittelmäßig bewandert zu seyn. |
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Wer nichts hat |
Wer endlich nichts hat, auch nicht, oder doch
nichts sonderliches, oder nützliches gelernet hat,
auch solches nicht etwa noch späte thun kan, mit
dem siehet es freylich in Ansehung eines zu
erwerbenden
Vermögens, und zu |
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{Sp. 1144} |
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stifftenden eigenen Hauswesens, mißlich aus.
Er muß sich demnach unter seinen Glücks-Umständen fleißig umsehen, ob etwas darunter zu
finden sey, das ihn aus der Niedrigkeit heben
könne: Wo nicht, so erfordern die
Regeln der
Gerechtigkeit und
Klugheit, den vornehmen
Herrn
sich aus dem Sinne zu schlagen, und auch durch
die niedrigsten ehrlichen Dienste lieber sein Brod
zu verdienen, als (welches weit schimpflicher,
gefährlicher und schädlicher) einen Bettler
abzugeben, oder zu einer unehrlichen
Handthierung sich verleiten zu lassen. Denn auch
ein Herren-Diener, ein Drescher, ein Boten-Läufer,
ein Tagelöhner, hat, nach aller gesunden
Vernunfft, noch den
Rang über einen Bettler, er
mag sich seinem
Stande, oder Herkommen nach
schreiben, wovon er will. Und es ist der
Ordnung
GOttes, der Natur, und des geselligen Lebens
gemäß, daß sich ein jeder nähre, wie und so gut
er kan; Und also mit den Diensten seiner Hände
und Füsse, wenn er keiner bessern, bequemern
und ansehnlichern fähig ist. |
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Wer auch dieses nicht kan, z.E. ein Krancker,
ein Krüpel, der ist ein
wahrhafftig
Armer, und muß
in einer wohlbestalten Policey auf öffentliche
gemeine Kosten erhalten und verpflegt
werden. |
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Wer etwas hat |
Wer schon etwas hat, und zwar erstlich ein
schon erspartes Capital, an beweglichen, oder
unbeweglichen Gütern, so groß, oder klein es
auch sey, der ist nicht klug, wenn er es ohne
dringende Noth verthut: Es sey nun, daß das, was
das Capital abwirfft, zu nothdürfftigem Unterhalt
zulange, oder nicht; Indem in dem letztern Falle
die Klugheit erfordert, den Mangel lieber durch
Verdienst der Arbeit, als durch Angreiffung des
Capitals, zu ersetzen. Denn wenn das Capital
verflogen ist, so muß man sich doch durch Arbeit
und Verdienst nehren: Also thue es man lieber so
gleich, und behalte das Capital zu dem
Hinterhalte, und das, was es etwan abwirfft, zu
dem Zuschusse, um welchen man sich durch
Verthuung des Capitals bringet, und sich also die
Nahrung schwehrer machet. |
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Ferner, was das schon erworbene Capital
abwirfft, ingleichen, was man durch Arbeit und
Dienste entweder darzu, oder wenn man kein
Capital hat, durch solche Arbeit und Dienste allein
erwirbet, muß nicht nothwendig alles verthan
werden. Denn unsere Nahrung wird ohnstreitig
durch den Zuschuß, den wir von den Einkünfften
schon erworbener Capitalien haben, ungemein
erleichtert und gesichert. Je mehr wir also diese
durch stetige Zurücklegung von dem, was
einkommt, verstärcken können, desto grösser wird
von Zeit zu Zeit solcher Zuschuß, und desto höher
können wir es also von Jahr zu Jahre, so wohl in
dem Erwerben, als in dem Zurücklegen, bringen;
Da man widrigenfalls immer in einerley
mühseligem mäßigem
Zustande bleibet, den
unversehene Unglücks-Fälle, leicht in
Armuth und
Elend verkehren können. |
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Also soll man von dem, was das Capital
abwirfft, und was man durch Arbeit darzu erwirbet,
noch immer zurück zulegen trachten, und damit
fortfahren, so groß auch, so lange man noch nicht
reich ist, das Capital wird; Indem, je grösser
das Capital nach und nach wird, desto reicherer
Zuschuß zu dem, was man
verdienen |
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{Sp. 1145|S. 586} |
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kan, jährlich davon zu heben ist, und desto
leichter sich also von Zeit zu Zeit, und zwar ein
mehrerers, zurücklegen lässet. |
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Wenn das erworbene sich jährlich mehrernde
Capital so starck wird, daß man auch von dessen
Einkünfften allein alle Nothdurfft und
Bequemlichkeit des Lebens bestreiten kan, so ist
es entweder
Reichthum, oder die näheste Stuffe
darzu. Wer
reich ist, oder nur diese näheste Stuffe
des Reichthums erstiegen hat, der kan so dann
arbeiten, und ferner erwerben, wenn und wie es
ihm bequem ist, ja nur aus Lust: Er kan alles
haben, was sein Hertz zu dem Zwecke der
Tugend, vernünfftiger Ehre, und zuläßlicher
Vergnügung begehret, und eben hierdurch wohl
hundert andern ehrlichen
arbeitsamen Leuten,
ihnen zu der Nahrung, und sich selbst zu der
Ehre, Bequemlichkeit und Vergnügung, etwas
ansehnliches zu
verdienen geben. Wer ist wohl,
der sich diesen Zweck nicht wünschet? |
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Wünschen aber ist nicht genung, man muß
die Mittel mit rechtem, und einer so wichtigen
Sache würdigen Ernste ergreiffen. Ein Wünschen
des Zweckes, mit Verschmähung der Mittel, ist ein
Wunsch der Natur. Die Mittel aber sind, von
unserer Seite, arbeiten, und auf die allhier
gezeigte Art sparen: Von Seiten GOttes Glück und
Segen.
GOtt lässet es an sich nie mangeln, wenn
es nur nicht an uns mangelt. Derowegen erfordert
die Klugheit, besagte Mittel sich so hoch
empfohlen seyn zu lassen, als gern man
glückselig leben wolte. Nemlich daß man |
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1) |
etwas erkleckliches zu
verdienen trachte; |
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2) |
Daß man von dem
Verdienten zurück lege und spare, was nur
möglich ist; |
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3) |
Daß man von dem
Ersparten nichts müßig liegen lasse, sondern das
Erworbene so gleich wieder als ein Erwerbungs-
Mittel brauche, und damit vorsichtig und glücklich
werbe; |
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4) |
Daß man diesen
wichtigen Zweck, welcher der eine Haupt-Zweck
der Wirthschafft ist, nemlich etwas zu verdienen,
zurück zu legen, und das Zurück gelegte theils
durch ferneres Verdienen, theils durch Werbung
mit dem Zurück gelegten selbst, immerfort zu
vermehren, allen Zwecken der nicht
schlechterdings nothwendigen Ausgaben
vorziehe. |
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Auf diese Art kan es nicht wohl fehlen, der
Vorrath muß sich mehren, und wenn das Glück
nicht sonderbar zuwider ist, zu einem gar
genüglichen Vermögen, ja wohl zu einem
ansehnlichen Reichthume, erwachsen. |
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Was insonderheit das Arbeiten und
Verdienen
anlanget, so ist die gemeine Regel merckwürdig,
daß man einen kleinen Gewinnst nicht
verschmähen solle. Denn er ist leichter, und kan
öffter kommen, als ein grosser, da er denn gar
bald so viel ausmachet, als ein grosser. In dessen
Betrachtung halten wir davor, daß, sonderlich in
schwehren Zeiten, es offt besser und sicherer sey,
das, was man etwa verdienet, zu kleinen Theilen
von ihrer vielen, als eben so viel in ansehnlichen
Theilen von wenigen zu verdienen, z.E. besser,
einen Thaler von ihrer zwölffen, als eben
denselben Thaler von ihrer zween, oder dreyen.
Denn in beyden Fällen hat man seinen Thaler
verdienet: Aber die erste Art, ihn von ihrer
zwölffen zu verdienen, ist darinnen
vortheilhaffter,
als die andere, ihn von ihrer zween, oder |
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{Sp. 1146} |
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dreyen zu verdienen, weil weit mehrere Leute
zweene Groschen, als acht oder zwölff Groschen,
zu verthun haben, und also die ersten zwölffe
mehrere fernere Kundschafft von Leuten ihres
gleichen an Vermögen, wenn ihnen wohl gedienet
wird, veranlassen können, als die andern zween
oder drey: Unter denen auch nur ein eintziger
abgehen darff, so ist die Nahrung um ein grosses
gefallen. |
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Sparen |
Was aber das Sparen anlanget, so ist schon oben erinnert worden, wie
schlechterdings nöthig es sey, es mit dem Erwerben zu verbinden, wenn man etwas
vor sich bringen wolle. |
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Mittel |
Die Mittel aber der Sparsamkeit sind diese: Daß man |
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1) |
ein genaues Verzeichniß
aller seiner Einnahme, und zwar, wenn diese von
vielerley
Arten ist, ein besonderes Verzeichniß
von einer jeden Art halte: Damit man jährlich,
Quartal-Weise, oder Monatlich, wissen und
beurtheilen könne, welche einträglicher sey, als
die andere; Um wie viel in einer jeden der
Gewinnst die Anlage übersteige; Wie der
Gewinnst zu vermehren, die Anlage zu
vermindern; Wie eine jede steige, oder falle, und
wenn sie fällt, woran es doch liege, um dem
Mangel abzuhelffen, denn allererst bey sehr
grossem Verfall einer Nahrung helffen wollen, ist
mehrentheils zu spät. |
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Viele
verliehren durch den
Mangel dieser behutsamen Aufmercksamkeit auf
alle Arten ihrer Nahrung und Gewerbe, offt durch
ein eintziges heimlich
schädliches Gewerbe, alles,
oder das meiste, was sie durch die übrigen guten
und austräglichen Arten gewinnen; Daher es
kommt, daß auch offt fleißige Leute, und die nicht
im geringsten verthuhlich sind, dennoch, ihnen
selbst und andern unvermerckt, in Abfall der
Nahrung kommen. |
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2) |
Daß man ein ebenso
genaues Verzeichniß über alle seine Ausgaben in
dem Hauswesen halte, die man zu der Nothdurfft,
zu der Lust, zu
Ehren, aufwendet: Denn
diejenigen Ausgaben, die als eine Anlage auf das
Gewerbe, das man treibet, verwendet werden,
gehören nicht in dieses, sondern in das
vorhergehende Register. Wenn man die Haupt-Summen dieser beyden Rechnungen jährlich,
Quartal-Weise, oder monatlich, gegen einander
hält, so siehet man so gleich, wie man
gewirthschafftet. Man kan urtheilen, wenn man
übel gewirthschafftet, in welchem Puncte der
Fehler sey; Wenn man wohl gewirthschafftet, wie
das mäßig-gute, das noch besser seyn könnte, zu
verbessern sey. Weil |
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3) |
die eine Haupt-Absicht
einer guten Wirthschafft die Erwerbung und
Verstärckung eines beständigen Vermögens ist,
zu welchem Zwecke also immer von dem, was
man erwirbet, etwas übrig bleiben muß, und zwar
anfangs so viel, als nur möglich ist: So beurtheile
man, ehe man zu einer jeden Ausgabe sich
entschliesset, oder, wenn es schon geschehene
Sache ist, in dem Register der Ausgaben,
sonderlich der Lust- und Ehren Ausgaben, welche
unter denselben man wohl hätte gar entrathen,
oder doch sie vermindern, oder eben so gut um
nähern Preiß haben können. |
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Man erwege die
ausgegebene Summe, ob die genossene Lust,
oder die eingebildete Ehre, ihrer wohl werth sey,
und ob nicht jetzt das Vergnügen, wenn man die
unnöthige Ausgabe ersparet, und besagte Summe
noch in Händen |
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{Sp. 1147|S. 587} |
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hätte, weit grösser und
dauerhaffter seyn würde, als die Lust, oder
vermeynte Ehre, die nun als ein Wind vorüber ist,
gewesen; Ingleichen ob nicht, wenn das, was man
ohne Noth verthan, noch vorhanden wäre, man
solche Lust sich noch alle Tage und zwar in
kurtzem nur von den Einkünfften und Interessen
dessen, was man verthan, sich beständig würde
machen, oder solche Ehre sich beständig würde
anthun können. Auch erwege man die
Unlust und
den Verdruß, der mehrentheils mit der
genossenen Lust, und vermeynten Ehre,
verbunden gewesen, oder doch mittelbar daraus
erfolget. |
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Durch diese und
dergleichen Betrachtungen, bemühe man sich,
sich zu überwinden, von den unnöthigen
Ausgaben von Zeit zu Zeit immer mehr und mehr
abzukürtzen; So wird die wahrhafftig güldene
Sparsamkeit, und mit ihr das Vermögen an
Kräfften augenscheinlich zunehmen. Wenn |
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4) |
das Sparen dem allen
ohngeachtet etwas schwer und sauer werden will,
so bedencke man, daß man nicht immer, oder
doch zum wenigsten nicht immer in einerley
Grade, werde sparen müssen. Denn je mehr
durch die Sparsamkeit das Vermögen wächset,
desto eher, desto besser, desto beständiger, kan
man sich so dann etwas zu gute thun; Und die
Tugend der Sparsamkeit hat also eine gantz
besondere artige Eigenschafft, durch welche sie
von der geitzigen Filtzigkeit unterschieden ist,
daß, je länger und je mehr man sparet, desto
weniger man sparen dürffe; Und da andere
Tugenden in ihrem Fortgange von Tage zu Tage
zunehmen und stärcker werden müssen, die
Sparsamkeit hingegen in ihrem Fortgange,
nemlich bey mehrerm und mehrerm Zunehmen
des durch sie erlangten Vermögens, mit höchstem
Rechte immer mehr und mehr nachlassen
könne. |
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Man muß also auch nicht
dencken, daß die Sparsamkeit etwan eine Feindin
der Lust und der Ehre dieses Lebens sey:
Sondern sie ist ja vielmehr das eintzige Mittel
darzu, wenn die Lust und Ehre von einem
Nachhalt und dauerhafft seyn soll. Man muß nur
die Ordnung nicht verkehren, und mit einem
herrlichen Leben alsofort den Anfang machen
wollen, ehe man noch etwas vor sich gebracht,
sondern erst ein Vermögen erwerben und zu dem
Grunde setzen; Alsdenn kan, ja soll man auf
diesem Grund ein gutes, und nach Proportion, ein
herrliches Leben bauen. |
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Verschwendung |
Dasjenige, was die Sparsamkeit eintzig
hindert, ist die
Annehmlichkeit der mittlern Güter,
die die Wollust und der Ehr-Geitz, welche beyde
Affecte die beyden Wurtzeln aller Verschwendung
sind, zu ihrem höchsten Gute machen, und dem
Genusse solcher Annehmlichkeit also alles,
folglich auch dasjenige, was man an zeitlichen
Gütern von Zeit zu Zeit auf je eine Art erlangen
kan, mit grosser Hefftigkeit und Eylfertigkeit so
gleich wieder aufopffern. |
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Die Erwegung dieses
Ursprunges der
Verschwendung, und seiner Eitelkeit, kan uns
nicht weniger auf Betrachtungen leiten, die eine
vernünfftige Sparsamkeit zu befördern sehr
dienlich sind. |
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Einmahl sind doch diejenigen Dinge, auf
welche Wollust und Ehrgeitz alles wendet, wenn
sie auch Güter sind, nur mittlere Güter: Denn das
wahre höchste Gut brauchet keine
Verschwendung, ja es kan mit |
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{Sp. 1148} |
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Verschwendung nicht beysammen bestehen.
Alle mittlere Güter aller Arten aber sind, durch
GOttes weise
Ordnung, in einer ungemeinen
Mannigfaltigkeit vorhanden, durch deren eine Art
so gut, als durch die andere, ihre Zwecke sich
erlangen lassen, aber nur in unterschiedenen
Graden der mit solchen Mitteln verbundenen
Neben-Annehmlichkeit, oder Unbeschwerlichkeit:
Welche Grade der Annehmlichkeit, und der
Unbeschwerlichkeit, man also nicht zu seinem
höchsten Gute machen, sondern vor allen Dingen
deren gar leichte Entbehrlichkeit wohl erwegen
muß. Geringe Speisen und Geträncke z.E. stillen
ja den Hunger und Durst so gut, als niedliche, ja
wohl auch eben so annehmlich, wenn man nur so
klug ist, und das Essen und Trincken so lange aufschiebet, bis man vorher recht hungrig wird. In
einer Bauer-Hütte ist man vor Kälte, Wind und
Regen so gut sicher, als in einem Pallast.
Schlechte Kleidung bedeckt den Leib so gut, als
kostbare. |
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Doch mag man solche annehmlichere Mittel
der Haupt-Zwecke dieses Lebens allerdings, zu
der Vergnügung dieses Lebens, auch mitnehmen,
wenn sie zu haben sind. Sie sind aber, nach
eingeführtem
Eigenthume, nicht anders zu haben,
als vor
Geld; Und wer ihrer also geniessen will,
und zwar beständig, der muß
Vermögen haben:
Denn etwan einmahl in Ansehung dieser
Annehmlichkeiten eine gute Stunde haben, und
hernach davor lange Zeit wieder mit dem Hunger
und Mangel kämpffen müssen, ist das elendeste
Leben von der Welt. |
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Ein Vermögen aber lässet sich nicht durch
Verthuung alles dessen, was man von Zeit zu Zeit
erwirbet, sondern durch Zusammenhalten und
Sparen erlangen: Und das Sparen ist weder
unmöglich, noch so gar schwer, wenn man theils
obgedachtermassen die Entbehrlichkeit derer
annehmlichern und unbeschwerlichern unter den
Mitteln menschlicher Zwecke erweget, theils nach
Anleitung der vorhergehenden Anmerckung
bedencket, daß solche Entbehrung, und der
vernünfftige Zwang, den man dißfalls seinen
Begierden antut, ein Mittel sey, vermittelst des
dadurch zu erlangenden Vermögens, zum
wenigsten eines gewissen Grades solcher
Annehmlichkeit und Unbeschwerlichkeit beständig
theilhafftig zu werden: Auch daß, wenn solche
Annehmlichkeit und Unbeschwerlichkeit gleich
nicht die grösseste und kostbarste wäre, dennoch
die
Gewohnheit und beständige Lebens-Art sie
der grössesten und kostbarsten gleich mache:
Wie z.E. einem wohlhabenden
Bauer das
bäuerische Wohlleben, und die bäuerische Ehre,
just eben so wohl thut, als einem wohlhabenden
Edelmanne das edelmännische, ob wohl das eine
weit kostbarer ist, als das andere. |
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Wer bey allen sich darbietenden
Gelegenheiten zu Ausgaben diese Betrachtungen,
in der deswegen anzustellenden Überlegung, die
fürnehmsten seyn lässet, und sich übet, selbige
bey sich gelten zu lassen, dem wird das Sparen
nach und nach immer weniger und weniger sauer
ankommen. |
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Was Cicero, Offic. Lib. II. von den unnöthigen
Verschenckungen spricht: Multi patrimonia
effuderunt inconsulte largiendo: quid autem est
stultius, quam, quod libenter facias, curare ut id
diutius facere non possis? hat in der That in allen
Ausgaben, |
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{Sp. 1149|S. 588} |
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durch die man nimmermehr zu einem
Vermögen kommen kan, statt. |
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Aus dieser Art und Beschaffenheit einer
vernünfftigen Wirthschafft, folget von sich selbst,
daß man alles, was derselben entgegen ist,
insonderheit das Spiel, unvorsichtige
Contracte,
unnöthige Processe, und unvernünfftige Schulden,
gleich als eine Pest fliehen müsse. Unvernünfftige
Schulden sind solche, die diejenigen machen, die
gar nicht nach einer vernünfftigen Rechnung der
Einnahme und Ausgabe leben, und die an statt,
daß sie solche Rechnung also machen solten,
daß immer von dem Erworbenen etwas
ansehnliches übrig bleibe, vielmehr also rechnen,
daß das Gewonnene, den
Aufgang zu bezahlen,
immer noch zulange, sondern an statt, daß von
dem Gewonnenen etwas übrig seyn solte,
vielmehr von dem Aufgange immer etwas übrig
bleibet, das von dem künfftig zu gewinnenden erst
zu bezahlen ist: Welches in die Länge keinen
guten Ausgang nach sich ziehen kan. Die
Deutschen nennen den Verdienst eines solchen
Hauswirthes, als den er so dann nicht einmahl vor
den seinigen achten kan, gar wohl und
nachdrücklich vorgegessenes Brod. |
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Ein anders ist es demnach mit den Geldern,
die zuweilen auch ein guter Wirth, um mit guter
Fürsichtigkeit ein wohl überlegtes nutzbares
Gewerbe damit zu treiben, eine Zeit lang
aufzunehmen sich genöthiget siehet, die er doch
je eher, je besser, von den Einkünfften des
Gewerbes sich wieder von dem Halse zu schaffen
suchen wird.¶ |
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