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Text |
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Klugheit zu wirtschaften |
Da
Geld, oder zeitliches Vermögen, ein
Zweck von so hoher Wichtigkeit ist; Und die
Erfahrung bezeuget, wie schwehr es zu erwerben,
und wie vorsichtig damit umzugehen sey, damit
man es nicht unvermerckt
verlieren, oder liederlich
darum gebracht werden möge: So muß
nothwendig eine
Klugheit in Ansehung unsers
zeitlichen Vermögens seyn, die die Klugheit zu
wirthschafften, oder vernünfftig Hauß zu halten,
genennet wird, welche nichts anders ist, als eine
Klugheit, die, aus der eigentlichen
Natur eines
zeitlichen Vermögens Mittel an die Hand giebt,
zeitliches Vermögen zu erlangen, zu erhalten, und
zu unserer nothdürfftigen Erhaltung,
Ehre und
Beqvemlichkeit,
vernünfftig anzuwenden. |
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Erlangung und Erhaltung eines zeitlichen Vermögens |
Was erstlich die Erlangung und Erhaltung
eines zeitlichen Vermögens betrifft, so ist
zuförderst dabey diese grosse Haupt
Regel
vorauszusetzen, daß diese beyde, nemlich die
Erlangung und Erhaltung der
Güter, niemahls von
einander seyn müssen, wenn man zu einem
Vermögen gelangen will. Denn ein Vermögen ist
ein Vorrath der Güter, die uns
eigenthümlich
zuständig sind. Wenn man nun täglich, ja
stündlich, auch noch so viel erlanget, aber täglich,
ja stündlich, eben so viel, oder gar ein mehrers
verthut, so gelanget man nimmermehr zu einem
Vorrathe, und also auch nimmermehr zu einem
Vermögen. Also machen die Erlangung und
Erhaltung der Güter, beyde zusammen, nur ein
eintziges zulängliches Mittel aus ein Vermögen
vor sich zu bringen: Und jedes von |
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{Sp. 1136} |
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beyden, wenn es von dem andern getrennet
wird, ist ein unzulängliches Mittel, das, wegen
seiner Unzulänglichkeit, die
Würckung des
gesuchten Zweckes zu thun unfähig ist. |
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Sparsamkeit |
Die Klugheit das erlangte zu erhalten, um zu
einem Vermögen zu gelangen, und dieses, wo
möglich, bis auf einen ansehnlichen Grad des
Reichthums zu vermehren, wird die Sparsamkeit
genennet. So ist es demnach unmöglich, ein
Vermögen vor sich zu bringen, wenn man von
dem, was man von
Zeit zu Zeit an zeitlichen
Gütern erlanget, nicht zurück halten und sparen
will. Es ist aber auch unmöglich, viel zu sparen,
wenn man nichts, oder allzu wenig erlanget,
nemlich täglich kaum so viel, als man, das
Leben
kümmerlich hinzubringen, schlechterdings von
nöthen hat. |
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Dergleichen Zeiten, da, vermöge der
allgemeinen Glücks Umstände, dem grösten
Theile der
Einwohner eines
Landes, mit allem
ihren sauren Schweisse, ein mehrers zu erwerben
nicht leicht möglich ist, heissen eigentlich schwere
Zeiten. Es ist dahero die Frage, wie man doch zu
Geld und Gut, davon man, durch sparen und
zurücke legen, sich nach und nach ein Vermögen
sammlen möge, gelangen könne? Darauf ist zu
antworten, daß die Mittel oder Wege darzu, theils
in unserer
Gewalt sind, theils auch nicht: Das ist,
daß die Erlangung zeitlicher Güter theils auf
unsere Klugheit und Anstalten darzu, theils auch
das Glück ankomme. |
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Glück |
Das Glück ist zwar seiner
Existentz nach
ausser unserer Gewalt: Doch sind dem
ohngeachtet Regeln des Glückes, wie nemlich ein
jeder sein Glück, wenn es gleich ausser seiner
Gewalt ist, erkennen, beurtheilen, und sich in
dasselbe schicken solle. Man hat also bey
Betrachtung der eigentlichen Glücks-Umstände, in
denen man sich befindet, auf diejenigen Regeln
vor andern Achtung zu geben, durch die man
entweder zu einem guten Vermögen gelangen
kan, ohne daß man es
verdienen dürffe, oder die
doch, wenn wir es auch verdienen müssen uns
unsre Nahrung erleichtern. |
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Alle solche Glücks-Umstände soll man, da
zeitliches Vermögen eine Sache von so hoher
Wichtigkeit ist, über die massen werth halten:
Denn sie thun ja offt mehr zu dem Zwecke, als alle
Klugheit und
Geschicklichkeit vermag.
Kunst,
Geschicklichkeit, Klugheit, vermag gemeiniglich,
wenn gar kein Glück dabey ist, nicht viel mehr, als
daß sie von dem Hunger erretten, und man davon
sein spärliches Auskommen habe. Sollen sie ein
mehrers thun, und ein sonderliches Vermögen,
oder Reichthum erwerben, so muß sie das Glück
unterstützen, ja darbey das Beste thun; Welches,
wenn wir betrachten, daß das Glück in
GOttes
Händen sey, unserer
Meynung nach
hauptsächlich dasjenige ist, was man bey allem
Arbeiten und Erwerben den göttlichen Segen
nennet: Dahero man in unserer Sprache gar recht
Glück und Segen immer zusammen setzet als
Dinge, die wo nicht einerley, doch einander sehr
nahe verwandt sind. Denn niemand wird sagen,
daß der Segen GOttes eben in Wunderwercken
bestehen müsse: Bestehet er nicht in
Wunderwercken, so muß er durch die Ordnung
der Natur sich äussern, als welche GOtt theils
erhält, theils
regieret: Die Ordnung der Natur,
aber, soweit sie ausser unserer Gewalt |
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{Sp. 1137|S. 582} |
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ist, und dennoch in den Fortgang unserer
Unternehmungen einen Einfluß hat, heisset Glück:
Also kan der ordentliche Segen GOttes bey
unserer Arbeit nichts anders seyn, als ein von
GOtt bescheertes, auch wohl zuweilen besonders
regiertes Glück. |
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Demnach lässet sich hieraus auch nach der
Vernunfft begreiffen, was das sey: Der Segen des
Herrn machet reich ohne Mühe; Seinen Freunden
giebet ers schlaffend. Man muß nemlich nicht
meynen, daß die wahre zulängliche
Grund-Ursache eines guten zeitlichen Vermögens nur
unser Arbeiten und Bemühen sey. Ohne Glück,
und also ohne Gottes Segen, bringen wir mit aller
unserer Arbeit nichts sonderliches vor uns: Und
wer etwas vor sich bringet, der hat es nicht so
wohl seiner Arbeit selbst zu dancken, als vielmehr
dem Einflusse, den das durch Gottes Weisheit
und Güte regierte Glück, das ist, der göttliche
Segen, in seine Arbeit hat. Durch guten göttlichen
Glücks-Segen auch nur allein, kan ein Mensch
reich werden: Niemahls aber durch Arbeit allein,
ohne Glück und Segen. Und wenn wir also auch
bey unserer Arbeit reich werden, so werden wir
durch den göttlichen Glücks-Segen reich, welchen
so dann unsere Arbeit nur veranlasset. |
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Es ist dahero ein gefährlicher Irrthum, einen
Effect, den man hauptsächlich dem Glück und
göttlichen Segen zuzuschreiben hat, seiner
Klugheit und Bemühung allein zuzuschreiben.
Einigen zeiget das Glück Gelegenheit, zu einem
Vermögen zu gelangen, ohne daß sie es
verdienen dürffen, zum Exempel denen, die reiche
Eltern, oder Anverwandten haben, deren Erben
sie werden; Oder die von reichen guten Freunden
beschencket, oder zu Erben eingesetzet werden;
Oder denen eine besondere Verbindung ihrer
Glücks-Umstände Mittel und Wege zeiget, reiche
Heyrathen zu thun. Einige hingegen müssen ihr
Vermögen verdienen, sie werden aber in ihrer
Nahrung durch das Glück unterstützet, daß sie es
darinnen sonderlich hoch bringen. |
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Die letztern haben sich zu hüten, daß sie das
Glück, so auf ihrer Seiten ist, z.E. die gute
Kundschafft in der Nahrung, nicht durch
Nachläßigkeit, Sicherheit, Übermuth, Trotz, auf
ihre Geschicklichkeit, verschertzen. Die erstern
aber haben, aus dem Grunde der Klugheit das
Glück zu erkennen, und sich in dasselbe zu
schicken, wohl zu erwegen, daß, gleichwie solche
Glücks-Umstände ohne ihr Verschulden sich
ereignen, also sie auch ebenso leicht, ohne ihr
Verschulden, ihnen wieder vor den Augen
gleichsam verschwinden können: Ja daß, zwar
nicht die Erlangung solcher Glücks-Umstände,
wohl aber, gleichwie der vernünfftige Gebrauch,
also auch die Verschertzung derselben, ja die
Gereichung derselben zu ihrem Verderben, in
ihrer Gewalt sey. |
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Aus der ersten Betrachtung, wie bald nemlich
gutes Glück verschwinden könne, folget, daß
diejenigen, denen das Glück auf gedachte Art
günstig ist, sich darauf nicht eben allzu trotziglich
zu verlassen, sondern wohl zu erwegen haben,
daß das Glück nur die eine, und wenn es allein ist,
unzulängliche Grund-Ursache unsers
Wohlergehens sey, daß also dem ohngeachtet
Vernunfft und Klugheit erfordere, etwas rechtes zu
lernen, ingleichen sich Freunde zu machen; |
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{Sp. 1138} |
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Damit man entweder bey wanckendem
Glücke eine Zuflucht haben, oder das fort
daurende Glück nicht müßig misbrauchen,
sondern sich dadurch nach
Würden in der
Welt
heben möge: In Erwegung, daß der
Müßiggang
allein, wenn auch gleich kein anderes Unglück
darzu kommt, leicht das gröste Vermögen in sehr
wenigen Jahren zu ruiniren, und dessen
gewesenen Besitzer weit unglücklicher, als alle,
die von Anfang an arm gewesen, zu machen fähig
ist. |
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Durch die andere Betrachtung aber, daß man
sich nemlich bey dergleichen Glücke wohl hüten
müsse, es nicht närrisch zu verschertzen, wird
theils eben dieses bekräfftiget, theils folget auch
daraus, daß es z.E. unbesonnen sey, sparsame
und wohlhabende
Eltern durch liederliche
Aufführung und
Ungehorsam in ihrer guten
Meynung, stutzig zu machen, oder vermögende
Verwandten und Freunde durch widerwärtige
Aufführung vor den
Kopff zu stossen, als wodurch
mancher sich um sein Glück gebracht, oder doch
darinnen sich viel geschadet. |
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Heirat |
Was das Glück einer wo nicht reichen, doch
vortheilhafften Heyrath betrifft, so erfordert
allerdings der Zweck der
Ehe, und in Absicht auf
denselben, Vernunfft und Klugheit, daß
Personen
von nicht sonderlichem Vermögen in dem
Heyrathen auch auf das Vermögen dencken, als
welches doch unstreitig erfordert wird, wenn die
Eheleute wohl mit einander leben sollen. Das
Vermögen aber einer Person, die dißfalls in
Vorschlag kommen kan, ist entweder ein schon
erworbenes, oder es kan doch eine Person, ob sie
gleich kein Vermögen besitzet, von besonderer
Fähigkeit seyn, ein zum wenigsten genügliches
Vermögen erwerben, oder durch Sparsamkeit und
Haushältigkeit erhalten zu helffen; Und offtmahls
werden das die gesegnetesten Ehen, wenn
Liebe,
Verstand und Glück einen fleißigen unglücklichen
Erwerber, und eine gute Wirthin, zusammen
führet, ob sie gleich offt nicht hundert Thaler an
würcklichem Vermögen zu einander bringen. |
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Cicero erzählet, Offic. Lib. II. daß
Themistocles, als er gefraget worden, ob er seine
Tochter lieber einem armen redlichen, oder einem
reichen nicht zu redlichen
Manne geben wolte,
geantwortet habe: Ich will lieber einen Mann, der
kein Geld, als Geld, das keinen Mann hat. |
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Die meisten, die, wie
billig, in ihren Freyers-Gedancken und Anschlägen auf Vermögen sehen,
pflegen nur die erste Art, nemlich das schon
erworbene Vermögen, vor Augen zu haben, und
wo sich dergleichen findet, ohne ferneres
Bedencken ihr Glück zu versuchen. Denn was
man als etwas schon gegenwärtiges sehen kan,
und nur einstreichen zu dürffen vermeynet, fällt
freylich leichter und mehr in die Augen, als was
man erst urtheilen soll; Wir meynen die nur jetzt
angeführte andere Art, auf das Vermögen in dem
Heyrathen seine Absicht zu richten, da nemlich
Leute vom Verstande, die auch wohl wenig, oder
nichts haben, dennoch mit gar reiffem Rathe in
Absicht auf das Vermögen einander heyrathen
können. |
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Nichts desto weniger ist in reichen und nicht
reichen, ja armen Heyrathen, so gar einerley
Unterschied und Regel der Klugheit zu
beobachten, daß sich durch weniges Nachsinnen
sehr leicht begreiffen lässet, man kön- |
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{Sp. 1139|S. 583} |
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ne sich in reichen Heyrathen so leicht und so
sehr vergehen, und habe sich also damit so
vernünfftig und behutsamlich in Acht zu nehmen,
als mit einer mäßigen, oder gar armen: Und
hingegen könne man durch eine nicht gar reiche,
oder auch durch eine arme Heyrath, je so schier
sein Glück machen, als durch eine reiche. |
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Es ist wahr, wenn man in einer reichen
Heyrath zugleich eine vernünfftige und
haushaltige Person findet, so ist es in so weit vor
ein ungemeines Glück zu achten. Wenn hingegen
die Person, und vielleicht ihre gantze
Freundschafft, an Geschwistern, Herren Vettern,
Frauen Muhmen, Schwägern, nur der Üppigkeit
und Pracht ergeben sind, so sehen wir in
dergleichen reichen Heyrath, da das reiche
Heyraths-Gut leicht zu verprassen ist, ein
schlechtes Glück. Denn der andere Ehegatte ist
entweder gleiches Sinnes, so werden sie bald mit
Freuden arm: Oder nicht, so wird die vornehme
Freundschafft dem elenden Bettel-Hunde, der
nicht zu leben weiß, es auch von der galanten
Frau gar nicht lernen will, die Hölle bey nahe in
recht eigentlichem Verstande heiß genug
machen. |
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Aber gleichergestalt, wenn auch zwar nicht
gar reiche, ja gar bedürftige Personen, einander
heyrathen, jedoch nur zum wenigsten von der
einen Seite Arbeitsamkeit,
Glück und
Verdienst,
von der andern gute Wirthschafft, gleichsam als
ein Heyraths-Gut zusammen bringen; So ist an
einer gar glücklichen und gesegneten Ehe ebenso
wenig zu zweiffeln: Wohl aber, wenn faules und
verschwenderisches, wollüstiges und hoffärtiges
Bettel-Volck sich zusammen verbindet. |
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Wir halten demnach dieses vor die
allgemeine Haupt-Regel der Klugheit zu
heyrathen, in Absicht auf das zeitliche Vermögen:
Man bemühe sich, eine gute Wirthin zu
bekommen. Zeigen nun die Umstände Mittel und
Wege, eine gute Wirthin mit einem schon
ersparten guten Vorrathe zu finden, und ihrer
theilhafftig zu werden, so ist es desto besser: Wo
nicht, so halte man auch die blosse Tugend der
Haushältigkeit vor eine nicht allzu geringe Mit-Gabe. Denn ist gleich kein würckliches Vermögen
da, so kan doch auch nur diese grosse Haupt-Tugend eines
Frauen-Zimmers, wenn sie sich mit
dem Fleisse eines geschickten, unermüdeten und
glücklichen Arbeiters gleichsam zugleich mit
verehliget, einen gar genügsamen Ehe-Segen
eines zeitlichen Vermögens erzeugen und
hervorbringen. |
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Zum wenigsten ist dieses, nemlich arbeiten
und sparen, der von GOtt geordnete ordentliche
Haupt-Weg, auf welchem, weil uns GOtt darauf
gewiesen, man die Fuß-Stapffen des göttlichen
Segens unstreitig finden wird. Schon erworbenes
Geld und Gut erheyrathen, ist ein feiner bequemer
Neben-Weg, auf welchem man aber von jenem
nur etwas mühsamern Haupt-Wege sich
gleichwohl nicht allzu weit entfernen muß, wenn
man sich nicht unglücklich verirren, und in
Versuchung und Stricke fallen will. |
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Im übrigen sind, bey der Klugheit zu
heyrathen, jungen Leuten die Regeln, sein Glück
zu erwarten, und sich in die Zeit zu schicken, aber
auch denenjenigen, die nun zu ihrer Reiffe
gediehen, die Regel, nicht aus dem Warten ein
Zaudern zu machen, um nicht, vor allzu grosser
Klugheit zu |
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{Sp. 1140} |
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warten, unter die Hagestoltzen, und in das
alte Register zu gerathen, fleißig einzuschärffen.
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Mittel der Erlangung zeitlicher Güter |
Die Mittel der Erlangung zeitlicher Güter, die
in unserer Gewalt, und also insoweit völlig unserer
Klugheit überlassen sind, heissen die Mittel zu
erwerben, das ist, durch
unverdrossene wohl
angewendete
Arbeit und
Klugheit, an zeitlichen
Gütern so vieles in unser
Eigenthum zu bringen,
daß wir davon nicht allein leben, sondern auch, so
viel möglich, zu einem beständigen
Vermögen
nach und nach etwas zurück legen können. Da
nun solcher Mittel, bey so vielerley
Ständen und
Gewerben der
Menschen, bey nahe unzählig sind,
so, daß ein gesunder Mensch, der sich in der
Welt
nicht zum wenigsten nothdürfftig nehren kan,
ordentlicher Weise am meisten selber daran
Schuld seyn muß: So soll ein kluger und
ehrliebender Mensch, von was vor Stande er auch
sey, ein
Gelehrter, oder Ungelehrter, ein
Geistlicher, oder ein Weltlicher, sich zuförderst
schämen, zu betteln, ingleichen auf eine
unehrliche und unerlaubte, oder, ohne dringende
Noth, auf eine unanständige Handthierung sich zu
liegen, oder auch nur dann und wann bey
Gelegenheit den aus dergleichen Handlungen zu
zielenden
schändlichen Gewinnst sich belieben zu
lassen. |
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Die unehrlichen, und in göttlichen und
weltlichen
Rechten verbotenen Handthierungen,
sind nicht allein den
Regeln der Gerechtigkeit
zuwider, sondern auch, wenn wir gleich die
Regeln der Gerechtigkeit nicht in Betrachtung
ziehen, den Regeln der Klugheit; Wenn wir
nemlich auch nur den
Schaden erwegen, den man
dadurch an seiner
Ehre, und an tausend von
derselben abhangenden grossen
Vortheilen leidet,
da man doch bey der so unzählbaren Menge
ehrlicher und anständiger Gewerbe, keine
Ursache
hat, (als seine eigene Niederträchtigkeit) zu
unehrlichen und unanständigen seine Zuflucht zu
nehmen. |
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unehrliche |
Zu den unehrlichen, und in göttlichen und
menschlichen Rechten nicht erlaubten
Handthierungen, gehören nicht allein alle grobe
Diebereyen, sondern auch alle verbotene
Arten,
Geld an sich zu bringen, als da sind: |
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- Der ungerechte Wucher;
- Geschencke und
Gaben, durch welche
Richter und Patronen, die
etwan Ämter zu vergeben haben, sich bestechen
lassen;
- Die Rabulisterey;
- Allerhand verdächtige
Accidentien in öffentlichen Ämtern, oder
anvertrauten Geld-Einnahmen;
- Das grobe und
subtile Kuppeln;
- Die Künste listiger
Frauens-Personen, die Buhler in ihre Netze zu ziehen, und
sie um das ihrige zu berücken, wenn sie ihnen
auch keine allzugroben Ausschweiffungen
erlauben;
- Das Spielen, wenn man es zu seinem
ordentlichen Nahrungs-Gewerbe machet;
- und so
weiter.
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unanständige |
Unanständige Erwerbungs-Mittel sind
diejenigen, die zwar an sich selbst nicht
unzuläßlich, aber in Ansehung dessen, der sich
ihrer, in der
Meynung, daß der Geruch des
Gewinnstes aus einer jedweden Sache sey, (Lucri
bonus odor ex re qualibet) bedienet, der
Wohlanständigkeit zuwider sind. Z.E. Wenn ein
Geistlicher wolte Bier schencken, eine
Obrigkeitliche Person den Nachtwächter-Dienst
mit vertreten, und so weiter. |
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zulässige |
In Ansehung der zuläßlichen und anständigen
Erwerbungs-Mittel, erfordern die Regeln |
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{Sp. 1141|S. 584} |
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der Klugheit zuförderst eine zuverläßige
Wahrhafftigkeit derselben. Diese aber kan
entweder Gewisheit, oder ein gnugsamer Grad
der Wahrscheinlichkeit seyn. Denn was die letzte
betrifft, so ist die bekannte Regel zu mercken: Wer
nichts waget, (z.E. in dem Kauff-Handel) der
gewinnet nichts. Aus diesem Grunde ist ein Geld-
Geitziger in vielen Fällen unfähig, viel zu
gewinnen: Dieweil er in Ansehung der
wahrscheinlichen Erwerbungs-Mittel allzu
furchtsam ist, und ehe er einen Thaler wagen und
anlegen soll, vorher gesichert seyn will, daß er ihn
unmöglich einbüßen könne. |
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In welchen Mitteln aber weder Gewisheit, noch ein gnugsamer Grad der
Wahrscheinlichkeit ist, deren sich mit ziemlichem Aufwande zu bedienen, ist
keine Klugheit vor einem Menschen, der erst etwas erwerben soll; Dahin gehören
die Alchymisterey, die Berg-Wercke, die Lotterien. Ein anders ist von Leuten zu
sagen, die schon ziemliches Vermögen haben, und auf solche
Dinge zu ihrer Lust, aus Curiosität, oder aus
Freygebigkeit, soviel wenden, als den Regeln
einer vernünfftigen und nicht verschwenderischem
Lust, Curiosität, oder Freygebigkeit, gemäß
ist. |
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Die zuverläßlichen Erwerbungs-Mittel
bestehen entweder in
Diensten,
die man der
menschlichen
Gesellschafft erweiset, die nemlich
in blossen
Thaten beruhen; Oder in
Gütern, die in
dem Eigenthume
sind. Die Dienste, dadurch etwas zu erwerben ist, sind entweder edle, die in
einem durch die
weltlichen
Gesetzen erhabenen
Ehren-Stande geleistet werden, z.E. die Dienste
der
Obrigkeitlichen Personen, der
Gelehrten; Oder
gemeine Dienste, die in den niedrigen und
unterworffenen
Ständen gethan werden, z.E. die
Dienste des
Gesindes, der
Tagelöhner. |
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Güter |
Die in dem Eigenthume befindlichen Güter
sind entweder
Geld, als der
Nervus rerum
gerendarum selbst, in sofern nemlich Geld mit
Gelde zu verdienen ist: Oder Geldes werth,
nemlich alle andere so wohl unbewegliche, als
bewegliche Güter, durch welche man Geld
verdienen, und welche man vor Geld erlangen
kan: Die unbeweglichen, wenn sie gehörig
angebauet, und haußwirthlich genutzet werden;
Die beweglichen aber, wenn sie durch mancherley
Künste ausgearbeitet, und zum menschlichem
Gebrauch auf tausenderley Art zubereitet, und
andern entweder vor Geld eigenthümlich
überlassen werden, oder nur der Gebrauch
derselben ihnen vor Geld gegönnet wird. |
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Dienste |
Unter den Diensten, dadurch etwas zu
erwerben ist, erfordern die meisten besondere
Wissenschafften,
Geschicklichkeiten und Künste,
die man erlernet, und es darinnen so viel möglich
hoch gebracht haben muß. Diese Wissenschafften
und Künste demnach haben zwar in die
Öconomie, als wichtige Erwerbungs-Mittel, einen
starcken Einfluß: Sie gehören aber selbst nicht in
die Öconomie, als aus deren
Gründen ihre
Regeln
nicht fliessen; Sie sind also, so zu reden, fremde
Mittel der Haushaltungs-Kunst. |
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Eben dieses ist auch von den Künsten zu
sagen, dadurch die in dem menschlichen
Eigenthum befindlichen
Sachen
ausgearbeitet werden. |
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Geld mit Geld verdienen |
Hingegen Geld mit Gelde zu
verdienen, ist ein der Haushaltungs-Klugheit
eigenes Mittel. Es kan solches auf zweyerley Art geschehen, |
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{Sp. 1142} |
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entweder durch vorsichtiges Ausleyhen auf
gewöhnliche Zinsen, oder durch die Handlung,
entweder unmittelbar mit dem Gelde selbst, oder
mit Waaren, die man einkauffet, um sie mit
Vortheil wieder zu
verkauffen; Dahero die
Handlungs-Kunst oder Wissenschafft allerdings
eine besondere öconomische Wissenschafft
ist. |
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Eben dieses ist auch, in Ansehung der
unbeweglichen Güter, von der mit besagten
Gütern beschäftigten Stadt- und Land-
Wirthschafft, zum wenigsten in Ansehung des
grössesten Theils ihrer Verrichtungen, zu
urtheilen. Zum wenigsten hat der Gebrauch
eingeführet, das besagte Wirthschafft als einer der
wichtigsten Special-Theile der Öconomie
betrachtet wird; Ob gleich vieles davon, wie in
andern Künsten, damit man sich nähret, der
Öconomie nicht eigen ist. Also kan man sagen,
daß die Öconomie, was die Erwerbungs-Mittel
betrifft, theils ihrer eigenen Mitteln sich bediene,
die aus ihren eigenen Gründen, nemlich aus der
Natur des Eigenthums, fliessen: Theils fremder
Mittel, nemlich auch aller andern Künste und
Wissenschafften, als die wir mit höchstem Rechte
auch mit zu dem Zwecke unserer Erhaltung, und
also in der Absicht, etwas damit zu erwerben,
treiben. |
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Daß die besondern Öconomischen
Wissenschafften, als nemlich die
Kaufmanns-
oder Handlungs-Wissenschafft, die Stadt- oder
Land-Wirthschafft, Disciplinen der
Gelehrsamkeit
seyn sollen, welche also auf
Universitäten mit
so gar sonderbahrem
Nutzen systematisch
abzuhandeln wären, haben wir bis auf diese
Stunde uns nicht überzeugen können. Gelehrte
Wissenschafften, oder Disciplinen, haben nicht mit
sinnlichen und unmittelbaren, sondern mit
abstracten und sehr mittelbaren Wahrheiten zu
thun, selbige aus den sinnlichen, als aus ihren
Gründen, scharffsinnig zu
erfinden und zu
erweisen; Und zu diesem Zwecke dienet die
systematische Abhandlung. |
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Die besondern oder specialen Öconomischen
Wissenschafften aber, so gut, als die
Handwercks-Künste, haben mit unmittelbar
sinnlichen
Erfahrungen zu thun, und mit Regeln
und Handgriffen, die so fort unmittelbar in solchen
Erfahrungen ihren Grund haben, ohne daß sie,
wie die gelehrten Wissenschafften, durch tieffes
Nachdencken sich in eine an einander hangende
Reyhe sehr mittelbarer abstracter
Wahrheiten von
solchen Erfahrungen und Handgriffen
einzulassen, von nöthen haben solten: Immassen
auch die Erfahrung bezeuget, daß alle Lehrlinge
besagter Künste, ihre gantzen Lehr-Jahre über,
nichts anders thun, als fleißig zusehen, Achtung
geben, und nach und nach mit Hand anlegen,
auch dadurch in ihrer Art vollkommen geschickte
Leute werden. Worzu soll also hier eine
systematische Abhandlung dienen, da der Zweck
einer gelehrten systematischen Abhandlung in
dergleichen Dingen nicht statt hat? So, daß es fast
lächerlich seyn würde, z.E. die Kunst zu ackern,
zu säen, zu erndten, zu dreschen, zu fischen,
Vogel zu stellen, zu backen, zu waschen, und so
weiter, in ein gelehrtes, auf tief heraus geholete
mechanische, physicalische, und
moralische
Gründe gebautes Systema zu bringen. |
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Wir leugnen nicht, daß viele gar
merckwürdige und sehr nützliche Nachrichten, von
allerhand derglei- |
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{Sp. 1143|S. 585} |
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chen Dingen, von guten erfahrnen
Hauswirthen aufgezeichnet, und in
Büchern
mitgetheilet werden können , wie wir z.E. gar feine
Koch-Bücher, gar feine Sachen von dem Land-
Wesen, (de re rustica) und so weiter, haben; Wir
leugnen auch nicht, daß aus dem gelehrten,
sonderlich physicalischen und mechanischen
Wissenschafften, denen Hauswirthen, Künstlern
und
Handwerckern, theils zu Erleuchterung ihrer
Arbeit, theils zu Verbesserung derselben, viele
gute Nachrichten mitgetheilet werden können.
Deswegen muß man aber nicht aus allen Dingen
Lehrbegriffe der Wissenschafften machen, und sie
in die Hör-Säle der Gelehrten weisen wollen;
Sondern es wird wohl darbey verbleiben, was
Cicero Offic. Lib. II. gantz an dem Ende hiervon
urtheilet: Sed tote hoc de genere, de quaerenda,
de collocanda pecunia, etiam de utenda,
commodius a quisbusdam optimis viris ad medium
Janum sedentibus, quam ab ullis Philosophis ulla
in schola disputatur. |
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