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Text |
Quellenangaben |
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Unlust,
Lat.
Taedium,
Fr.
Le deplaisir, gehöret
unter diejenigen
Dinge, die sich deutlich
empfinden; aber nicht verständig erklären lassen,
eben deswegen, weil sie eine unangenehme
Empfindung ist. |
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Soll sie in einer
Empfindung bestehen, so
muß ein gewisses Object da seyn, welches
selbige veranlasset. Alle
Lust setzet ein
Gut
voraus; mit- |
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{Sp. 1868} |
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hin alle Unlust ein
Übel; oder was
Böses. Das
Gute ist das Mittel zu dem
Endzweck der
Begierden in der
Seelen, daß wenn selbige
gestillet, so entstehet daher Lust; werden sie aber
nicht gestillet, so macht dieses Unlust. |
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Auf solche Weise können wir sagen, die
Unlust sey eine unangenehme Empfindung, wenn
die Begierden unserer Seelen nicht gestellet
werden, z.E. ein
Wollüstiger ist voller Unruhe, weil
er sich vorgenommen hatte, heute auszufahren,
und nun durch das üble Wetter gehindert wird.
Dieser Mensch hat eine unangenehme
Empfindung, welche daher kommt, daß seine
Begierde auszufahren nicht kan gestillet
werden. |
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Es werden unsere Begierden auf zweyerley
Art gestillet, entweder wenn wir ihren
Zweck, oder
was wir gewolt, würcklich erlangen; oder doch zur
Erlangung desselbigen Hofnung haben. Entsteht
nun die Unlust, wenn die Begierden nicht gestillet
werden, so geschicht dieses auf eine zweyfache
Weise: entweder wenn wir gar nicht erlangen, was
wir wollen, z.E. Sempronius hat Unlust, weil er
den gesuchten Dienst nicht hat bekommen; oder
wenn uns wenigstens die
Hoffnung beschnitten
wird, z.E. der Dienst ist zwar noch nicht vergeben,
man hat ihm aber gesagt, daß es schwer halten
würde, wenn er jetzo in seinem Suchen solte
glücklich seyn. |
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Daß aber insonderheit über diese oder jene
Sache entweder Lust oder Unlust entstehet,
davon müssen wir den
Grund nicht in der
Beschaffenheit der Sache selbst suchen. Denn
wenn dieses wäre, so müste folgen, daß alle
diejenigen, die gleiche
Erkänntniß von einer
Sache hätten, auch gleiche Lust; oder Unlust
empfinden müsten, welches wider die
Erfahrung.
Aus dieser weiß man, daß einerley Sache bey
dem einen Lust; bey dem andern Unlust erwecken
kan, z.E. der eine hat sein Vergnügen an dem
Tantzen; dem andern hingegen ist solches gantz
zuwider. Ja man weiß, daß hierinnen grosse
Veränderungen vorgehen, daß was jetzo einem
Lust machet, daß kan ihm zu einer andern
Zeit
zuwider seyn und Unlust erwecken, welches also
von der Sache selbst nicht herkommen kan, weil
selbige unveränderlich bleibet. |
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Bey solchen Umständen müssen wir den
Grund in den Begierden der Menschen suchen,
und vielmehr hierinnen zum
Principio annehmen:
Alles, was den Begierden gemäß, macht Lust,
wenn sie dabey gestillet werden, und macht
Unlust, wenn sie nicht gestillet werden. |
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Aus diesem Grundsatz lassen sich alle
Phänomena, die bey der Lust und Unlust
fürkommen, leichte auflösen, z.E. hat der eine
über das Tantzen Lust; der andere hingegen
Unlust, so kommt dieses daher, daß bey einem
das Tantzen etwas ist, so seinen Begierden
gemäß; diesem hingegen ist es zuwider, und da er
wolte, man tantzte nicht; solche Begierde aber
wird nicht gestillet, so erwecket dieses
Unlust. |
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Äussert sich in der Lust und Unlust eine
Veränderung, so kommt dieses aus der
Veränderung der Begierden. In der Jugend
herrschet vornehmlich die
Wollust; welche
hingegen wenn man älter wird, abnimmt, daß sich
vielmahls dafür der Geitz einstellet, und daher
kommet es, daß man in der Jugend an manchem
Lust gehabt, so einen im
Alter zuwider ist und
Unlust machet. |
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Aus diesem können wir auch die
Ursache
erklären, warum bey Christen, wenn sie |
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{Sp. 1869|S. 950} |
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sich wahrhafftig zu
GOtt bekehren, sich bey
ihrer Lust und Unlust eine so grosse Veränderung
zeiget. Denn was vorhero Lust veranlasset,
erwecket jetzo Unlust; und was hingegen vorhero
Unlust verursachte, dieses machet jetzo Lust. Es
ist durch den Glauben in ihrem
Willen eine
Veränderung geschehen. Aus demselbigen ist die
Liebe gegen GOtt entstanden, da vorher die Liebe
der
Welt das Hertze eingenommen hatte. Der
Grund also der Lust und Unlust nach der
Bekehrung ist die Liebe gegen GOtt, da er
hingegen in dem
Stande, da sie
Unwiedergebohrne waren, die Liebe der Welt
gewesen. |
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Nun müssen wir auch sehen, wie vielerley die
Unlust sey. Die Lust wird in eine
Leibes- oder
Seelen-Lust eingetheilet, daher wir auch von der
Unlust sagen können, sie sey entweder eine
Leibes- oder Seelen-Unlust. |
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Jene ist, wenn der Zweck der Begierden, so
zur Versorgung des Leibes gehören, nicht gestillet
wird, als wenn man über Essen, Trincken,
Schlaffen, kalter und warmer Lufft eine Unlust
bekommt, z.E. der Mensch wird in seinem
Schlaffe gestöret: Er ist
verdrießlich, daß es
etwann alzu warm, oder alzu kalt ist. |
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Die Seelen-Lust entspringet, wenn die
Begierden, so zu ihrer Versorgung abzielen, nicht
gestillet werden, die entweder den
Verstand; oder
den
Willen betrifft. Auf Seiten des Verstandes kan
eine Unlust entstehen über den Mangel der
wahren
Erkenntniß, wenn man begierig ist, die
Wahrheit zu erkennen, und man kan nicht seinen
Zweck erreichen, dahin man z.E. rechnen kan,
wenn ein fleißiger Studiosus zu einem
Lehrer
kommt, bey dem er nichts lernen kan; die Unlust
des Willens entstehet, wenn keine
Hoffnung der
Glückseligkeit da ist; weil man aber entweder eine
wahre, oder falsche Glückseligkeit suchen kan; so
ist solche Unlust entweder
vernünftig, oder
unvernünftig. |
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Vernünftig wird sie, wenn die Begierden,
welche nicht gestillet werden, vernünftig gewesen,
oder auf eine wohlgegründete und wahre
Glückseligkeit abgezielet; wo aber selbige
unvernünftig, so wird auch die Unlust
unvernünftig. Diese ist dreyerley, als |
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- die Unlust des Ehrgeitzes, wenn die
Begierden, so auf
Ehre gehen, ungestillet bleiben;
- die Unlust der
Wollust, wenn man nicht haben
kan, was man von sinnlichen Ergötzlichkeiten
wünschet;
- und die Unlust des Geldgeitzes, wenn
die Begierden nach
Geld und
Gut nicht erfüllet
werden;
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wie nun eine jede von diesen
Neigungen
ihre
besondere
Begierden und
Affecten hat; also
könnte man wieder eine jede
Art der Unlust
eintheilen, z.E. Bey dem Ehrgeitz entstehet
Unlust, wenn man sich an seinem Feinde nicht
rächen kan, wie man gerne wolte; oder wenn
man keinen so grossen Respect, als man
verlangt, bekommt. |
Walchs philosophisches
Lexicon. |
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Die neuern
Weltweisen erklären die Unlust
durch eine anschauende Erkenntniß der
Unvollkommenheiten, es möge nun entweder eine
wahre Unvollkommenheit seyn, oder sie möge nur
den Schein haben. Sie beruffen sich hier auf die
Erfahrung, denn wenn einer z.E. in einer Physick
lesen soll, worinnen viele Mathematische Beweise
anzutreffen, und er hat in seinem
Leben keine
Mathesin gehört, so kan er nicht klug daraus
werden. Da er nun sieht, es liege die Schuld an
ihn, |
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{Sp. 1870} |
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daß er sie nicht verstehen kan, weil er sich
diese herrliche
Wissenschafft nicht hat bekannt
gemacht, so hat er eine anschauende Erkenntniß
von seiner Ungeschicklichkeit; und da die
Ungeschicklichkeit etwas zu verstehen, eine
Unvollkommenheit des Verstandes ist, so
empfindet solcher Mensch Unlust aus seiner
Unvollkommenheit; denn wenn wir setzen daß er
die in der Naturlehre enthaltene Mathematick
verstünde, so ist nicht begreiflich, warum sich
Mißvergnügen u. Unlust dißfals bey ihm finden
solten. Denn gesetzt daß die Schuld, warum er die
Physick nicht lesen kan, nicht auf seiner, sondern
auf des Verfassers Seite wäre, so würde er das
Buch nur zumachen, und sagen: Wer nicht will
verstanden werden, darf auch nicht gelesen
werden; und würde sich also weiter die Unlust
nicht einfinden. |
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Man hat sich daher wohl in acht zu nehmen,
daß man die Unlust nicht für einen blosen Mangel
der Lust halte, sondern für etwas würckliches für
sich. Hierbey müssen wir dererjenigen ihre
Meynung beleuchten, welche meynen, es bestehe
die Unlust bloß in einer Beraubung der Lust, oder
in einem Mangel der Lust, ingleichen die Lust
bestünde in einem blossen Mangel der Unlust. Sie
sagen nehmlich, so bald mir einer dasjenige
wegnimmt, was mir Vergnügen macht, so habe ich
Mißvergnügen; erleide ich den Mangel der
Gesundheit, so habe ich Unlust. Und so auch
umgewandt; sie sagen: Ist dolor weg, so entstehet
eine Indolentia, ein Vergnügen etc. |
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Ferner sagen sie: Es dürffe niemand
gedencken, als wenn der
Begriff zu geringe wäre,
wenn sie sagen, das Vergnügen und überhaupt
die
Glückseligkeit bestünde nur in einer
Beraubung des
Übels und so auch umgekehrt von
der Unlust. Sie führen folgendes Exempel an:
Wenn man einen fragte: Ob er gesund sey? so
antwortet er: Mir fehlt, GOtt Lob! nichts; und wenn
ich einen zehenmahl fragte, so würde er niemahls
anders antworten. |
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Allein wir antworten darauf folgendergestalt:
Ist es nicht andem, daß zu einer blossen
Beraubung der Lust schon genung ist, daß wir
keine anschauende Erkenntniß einer
Vollkommenheit haben? Denn da wir (nach den
Sinn der neuern Weltweisen) oben erkläret haben,
daß die Lust aus einer anschauenden Erkenntniß
einer Vollkommenheit entstehet, die Lust aber
untrennbar ist von der Vollkommenheit, als wie die
Unlust von der Unvollkommenheit; so muß
nothwendig folgen, daß die Beraubung der
Vollkommenheit zugleich die Beraubung der
daraus fliessenden Unlust sey. |
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Hingegen sehen wir, daß zur Unlust etwas
mehrers als gedachte Beraubung der Lust gehöre,
nehmlich zur Unlust wird etwas würckliches
erfordert, man muß eine gewisse
Unvollkommenheit erkennen. Als wenn einer ein
Buch im Laden nur obenhin ansiehet und nicht
wahrnimmt, ob die
Materie von Wichtigkeit ist oder
nicht; so ist gewiß, daß er keine Lust weiter daran
hat; bisher ist würcklich eine Beraubung der Lust
vorhanden. Allein es ist deswegen noch keine
Unlust und Mißvergnügen da. Gesetzt aber, daß
er ein Buch sieht, welches ihm gegenwärtig
höchstnöthig und vortheilhafftig ist, und er kan, es
in keinen Buchladen erfragen, so empfindet er
deswegen Mißvergnügen, weil er erkennet, daß
eine Unvollkommenheit vorhanden. |
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Auf gleiche Wei- |
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{Sp. 1871|S. 951} |
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se: Wenn ein Musickverständiger vor einer
Musick vorbeygeht, und höret nicht mit Bedacht
zu; so hat er weder Vergnügen noch Unlust daran;
indessen kan man auch nicht sagen, daß er
darüber mißvergnügt wäre: Allein wenn er dabey
stehen bleibt und genau aufmerckt, und ein
Unverständiger läufft hinzu und schlägt die
Violinen entzwey: So entsteht erst bey ihm die
Unlust. Es findet demnach der Mangel des
Vergnügens statt, wenn wir keine Vollkommenheit
empfinden. Die Unlust hingegen erwächst aus der
Vorstellung der Unvollkommenheit, welches
jederzeit was würckliches ist. |
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Die Unlust gründet sich entweder auf eine
wahre oder Schein-Unvollkommenheit. Eine
wahrhaffte Unlust ist dauerhafft: Die Schein-Unlust
aber ist veränderlich; und so groß als die Grade
der Vollkommenheit oder Unvollkommenheit seyn,
ebenso groß sind auch die Grade des Vergnügens
oder Mißvergnügens. |
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Man machet auch noch einen Unterscheid
unter einer einfachen (taedium simplex) und
vermischten Unlust, (taedium mixtum). Die
einfache Unlust entstehet aus der
Empfindung nur
einer Unvollkommenheit hingegen die vermischte
Unlust, wenn man viele Unvollkommenheiten
zugleich in einer
Sache wahrnimmt. Allein diese
beyden
Arten sind bloß dem Objecte nach von
einander unterschieden. Daß die Unlust, die
vermittelst der
Sinnen in unsern
Gemüth
entspringt, nicht von unsern
freyen Willen
herkomme, und daß wir es nicht so weit bringen
können, daß wir aus einer Sache vielmehr Lust als
Unlust empfinden, wenn wir es uns gleich feste
vornehmen, will der
Herr von Wolff
folgendermassen erweisen: |
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Lust und Unlust nehmen ihren
Ursprung aus
Empfindungen. Nun aber bleiben die
Empfindungen so, wie sie sind, und wir sind nicht
vermögend, etwas darinnen zu ändern.
Derowegen, da die
Seele nicht frey handeln kan,
woferne sie nicht aus viel möglichen Dingen
freywillig dasjenige erkieset, was ihr ansteht,
ungeachtet sie zu keinen dieser Dinge vermittelst
ihres
Wesens determiniret ist; so ist es nicht
möglich, daß sie bey Empfindung der Lust und
Unlust der Sinnen frey handeln kan. Dahero ist in
der Freyheit
der Seele kein zureichender Grund,
warum sie aus empfundenen Sachen lieber die
Lust als Unlust empfinde und umgekehrt: Weil
derowegen in der Freyheit kein
Grund der Lust
und Unlust vorhanden ist: So fließt daraus, daß
auch die Lust und Unlust nicht von dem freyen
Willen herkomme. |
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Er
beweißt dieses auch a posteriori mit einem
Exempel. Wenn man uns Artzeney giebt, so steht
es nicht in unser
Macht, daß dessen Geschmack
viel mehr angenehm als widrig sey, und daß wir
folglich mehr Lust als Unlust daraus schöpffen
wollen. Eben dieses ist von Schalle klar.
Desgleichen auch, wenn man etwas zum
erstenmahle siehet, es sey nun ein unbekannter
Mensch oder auch ein Bild; es stehet alsdenn
nicht in unserer Willkühr, ob es uns gefallen oder
mißfallen soll, ob wir lieber Vergnügen als Unlust
daraus empfinden wollen. |
-
Wolffs Philosophia
Practica Universalis ...
- Rübels Recht der Natur ...
- Baumeisters Philosophia ...
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Im 5 Buch Mos. XXIV, 1, stehet: Wenn
jemand ein Weib |
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{Sp. 1872} |
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nimmt und
eheliget sie, und sie nicht
Gnade
findet vor seinen Augen, um etwann einer Unlust
willen. |
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Wir wollen bey diesen
Worten in etwas
bleiben. Nach dem
Hebräischen heisset es:
quia
invenit in ea turpitudinem rei, dieweil er etwas
schändliches an ihr wahrgenommen. Andere
geben es nuditatem rei, die Blösse eines Dinges,
weil der Mann einige Blösse oder was entblößtes
an ihr gefunden: Denn das Hebr. ervah bedeutet
eine Blösse von Arah, nudari, entblösen oder
geblöset werden. Es wissen aber die Ausleger
nicht, was sie vor eine Blösse hier verstehen
sollen, die da
Ursache zum Scheidebrief gegeben
hätte. Und stehen daher in Zweiffel ob sie das
Wort eigentlich oder verblühmt annehmen
sollen. |
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Am besten ist es, wenn man das Wort ervah
nicht so wohl von Hurerey und Ehebruch, als
vielmehr von einem jeden schändlichen Fehler, so
ein
Weib entweder an
Leib oder an
Sitten und
Gemüthe an sich gehabt, verstehet, als welche
Meynung dem Text am allernähesten zukommen scheinet. |
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Denn ob wir wohl erstlich nicht leugnen, daß die Juden sich aus diesem
Gesetz
die Freyheit
genommen, auch wegen Verdacht des Ehebruchs oder Hurerey dem Weibe einen
Scheidebrief zu geben, weil dieser ebenfals eine Ursache abgeben konnte, warum
er ihr gram wurde: So begreifft doch das Hebr. Wort weit mehrers in sich und
bedeutet eine jede Schändlichkeit, und groben Fehler und Verbrechen, in welchen
Verstande es im vorhergehenden Capitul v. 14 vorkommt. |
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Vors andere scheinet auch der Scheidebrief
bey Hurerey und Ehebruch eines Weibes nicht
wohl statt zu haben: Denn war ihre begangene
That bekannt und offenbar, so muste eine
dergleichen Ehebrecherin gesteinigt werden, |
- 3 B. Mos. XX, 10.
- 5
B. Mos. XXII, 22.
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war sie aber nur dieserhalben verdächtig, so
muste sie das bittere Wasser trincken, durch
welches man die
Wahrheit herausbrachte |
4 B. Mos. V, 27. |
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und so war bey solchen Verbrechen gar kein
Scheidebrief nöthig. |
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Drittens widerspricht auch Christus dieser
Meynung |
Matth. XIX, 3. |
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gar nicht, sondern bestätiget sie
vielmehr. |
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Denn ob er schon aus der ersten Einsetzung
des
Ehestandes erweiset, daß keine
Ehescheidung geschehen solle, es sey denn um
Hurerey willen; so ist doch solches nur von dem
anzunehmen, wie es
billig und von Rechtswegen
seyn solte; nicht aber was Moses dem
hartnäckigten
Volcke zulassen müssen; denn da
gestehet er ja selbst, daß Moses den Juden nicht
um blosser Hurerey sondern um ihres Hertzens
Härtigkeit wegen erlaubet habe oder vielmehr
erlauben müssen, sich von ihren Weibern
zuscheiden |
v. 8. |
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Endlich so sehen wir auch aus unserm Text,
daß der Mann dem Weibe einen Scheidebrief
geben könne, wenn sie nicht mehr
Gnade findet
für seinen Augen |
v. 1 |
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oder wenn er ihr gram wird |
v. 3. |
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Nun konnte ja der Haß eines Mannes gegen
das Weib nicht aus Hurerey allein, sondern aus
vielen andern Sachen entstehen: Daher alles was
dem Manne einen Haß und
Widerwillen gegen
das Weib erwecken konnte, für eine Ursache des
Scheidebriefs zu halten: Wiewohl die Juden
freylich nach der Zeit gar zu weit giengen, und
Mosis Worte auf allzu geringe Dinge zogen, um
welcher willen sie ihre Weiber |
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{Sp. 1873|S. 952} |
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verlassen möchten. |
Acerra Bibl. Cent. XI. Hist.
… |
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Übrigens siehe auch den
Artickel:
Ungemach. |
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