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5) |
Den durch die Natur und
Zweck derjenigen
Dinge, womit der
Mensch in dieser Zeitlichkeit umgehet, geoffenbarten
Willen GOttes,
welchen zum Grund-Satz der Auctor des meditirenden Eclectici p.
207. gesetzet, und darinnen vom Herrn
Coccejo abgehen wollen, daß er mit
ihm nicht den Willen GOttes bloß; sondern mit gehörigen Einschränckungen
zum
Grund gesetzt, und dadurch dem Einwurff, als wenn es unzulänglich
wäre, geholffen. |
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Wolte man aber auch hier einwenden, es bliebe doch dieses nur ein
Principium essendi, und nicht cognoscendi, so erinnert
er, es wäre hier kein Widerspruch enthalten, daß ein
Ding, so ein
Principium essendi von einem andern wäre, auch ein Principium
cognoscendi davon wäre, zum Exempel, wenn man Feuer sähe, so
schlösse man gantz
vernünfftig, es müsse auch Rauch oder Hitze vorhanden
seyn, wenn man gleich dasselbe nicht sähe, mithin sey das Feuer nicht
nur das Principium essendi von der Hitze und vom Rauch, sondern
auch zugleich |
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{Sp. 1210} |
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das Principium cognoscendi, daß man von der
Erkänntniß des
Feuers auf die Erkänntniß der Hitze und des Rauchs komme. |
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Allein es lässet sich hier noch vieles erinnern. Denn wenn iemand
aus der
Existentz des Feuers schlüssen will, es sey Hitze und Rauch
vorhanden, so muß er das Feuer sehen, und schon aus der
Erfahrung diese
Würckung des Feuers gelernet haben, daß daher nicht zu vermuthen, es
werde iemand, wenn er niemals den Rauch des Feuers gesehen, oder dessen
Hitze empfunden, indem er ein Feuer siehet, urtheilen, daß auch Rauch
und Hitze vorhanden wären. |
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Es merckt auch noch der Auctor der Gedancken über die Journale p.
6. p. 493. an, daß dieses
Principium von des
Cocceji
seinem, wenn man dasselbige recht verstünde, nicht unterschieden sey.
Der Auctor selbst, welcher der Herr Glafey ist, hat
nachgehends in seinem Vernunfft- und Völcker-Recht p. 258.
umständlich davon gehandelt. |
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6) |
Die Ubereinstimmung mit der Göttl. Heiligkeit, (convenientiam cum sanctitate) oder: alles, was mit der göttlichen Heiligkeit
übereinstimmet, das ist im Recht der Natur geboten, und alles, so damit
nicht übereinkommet, ist im Recht der Natur verboten, welches
Principium
die Scholastici hatten, auch noch von vielen gebilliget wird. |
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Sie machen einen Unterscheid unter der Göttlichen Heiligkeit und
unter dem
Göttlichen Willen, und leiten diejenigen Handlungen, die zum
Recht der Natur gehörten, aus der Heiligkeit, welche an sich selbst und
ihrer Natur nach ehrbar und unanständig wären, so auch sonst die
objectivische Moralität genennet wird; diejenigen Verrichtungen aber,
die das willkührliche Gesetz unter sich faßten, kämen vom Göttlichen
Willen. |
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Hierinnen bekam
Pufendorf grossen Widerspruch,
nachdem er diese Lehre der Scholasticorum widerleget, und gewiesen
hatte, daß alle
Moralität vom
Gesetz,
folglich vom
Willen GOttes
herrühre. Grotius blieb bey dieser scholastischen
Meynung auch noch de jure belli et pacis lib. 1. cap.
1. §. 10. n. 2. Dem unter andern gefolget |
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- Osiander
in Observ. ad Grot. proleg. obs. 5.
- Velthem in
introd. ad Grotium lib. 1. c. 1. q. 1. und 4.
- Jäger in notis ad Grot. obs. 4. p.
39.
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wovon mit mehrerm auf Seiten derer, die solche Meynung widerleget
haben, |
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- Pufendorf de jure nat. et gent. l. 1.
c. 3. §. 4. in specimine Controvers. c. 4.§. 3. und
c. 5.
- Thomasius in jurisprud. divin. lib.
1. c. 1. §. 31.
- Ludovici in delineat.
hist. jur. nat. §. 68. p. 1112. 113.
- Griebner
in jurispr. nat. proleg. c. 4. §. 8.
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Es ist dieses
Principium nicht allein falsch, so fern man einen
Unterscheid unter dem Göttlichen Willen und der Göttlichen Heiligkeit
machen will, hiermit der
heil. Schrifft widerspricht, und
Dinge, die mit
der gesunden
Vernunfft streiten, daß eine
Obligation ohne
Gesetz seyn
könne, annimmt; sondern auch dunckel, weil wir von GOttes Heiligkeit
entweder nichts, oder doch nur etwas verworrenes aus dem Licht der Natur
wissen, über dies auch unzulänglich, weil es eines Theils zu viel,
andern Theils zu wenig unter sich fasset. |
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Der Herr Leibnitz hat diese alte scholastische
Meynung, wiewol auf eine andere Art, auch vertheidiget, dessen
Gedancken
in der Hällischen Bibliotheck part. 22. p. 109.
sqq. deutlich |
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{Sp. 1211|S. 623} |
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1.2 keine Gesetze der Natur |
Die andere
Art der falschen
Principiorum ist, wenn die Grund-Sätze zwar
Gesetze
in sich fassen, aber keine Gesetze der Natur, die in der menschlichen Natur
ihren
Grund hätten, wohin man rechnet
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1) |
die sieben Gebote der Noachiden, von der
Idololatrie, Entheiligung des Göttlichen Namens, vom Blut-Vergiessen,
von der Aufdeckung der Scham, vom Stehlen, vom
Recht und Gerechtigkeit,
vom Fleisch-Essen in seinem Blut, welche Gebote, indem sie zum Theil
natürlich, zum Theil willkührlich, nicht als ein Grund-Satz des
natürlichen Rechts können angesehen werden, der weder allgemein noch
hinlänglich wäre. |
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Es stehet auch dahin, ob sie iemand dafür ausgegeben hat. Denn hat
sie gleich Seldenus in seinem
Werck de jur. nat. et
gent. juxta disciplinam Ebraeor. zum
Grund geleget, so ist doch
seine Absicht nicht sowol gewesen, ein Recht der Natur zu
schreiben, als
vielmehr diese Gebote nach denen Rabbinischen
Meynungen zu erklären, daß
man also diese
Schrifft mehr vor ein historisch, als dogmatisch
Buch
anzusehen hat. |
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Einen Auszug hat davon
Buddeus gemacht in
Synopsi juris naturae et gentium juxta disciplam Ebraeorum, die
Vitriarii institut. jur. nat. et gent. beygefüget.
Pufendorff urtheilet davon in Scandica pag. 200.
weitläufftig, und überhaupt handeln von dieser
Materie |
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- Buddeus
in hist. jur. nat. §. 25. p. 32.
- Ludovici
in delin. histor. jur. nat. §. 44. p. 72.
- Schneider de finibus jurisprud. nat. regend. cap. 2. §. 6.
- Thomasius in plenior. hist. jur. nat. cap. 6. §. 13.
p. 88.
- Zentgrav de origin. jur. nat. art. 6.
§. 38. pag. 199.
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2) |
Den Stand der Unschuld (Statum integritatis)
welches der Grund-Satz des Herrn Alberti war, der
Compendium juris nat. orthodoxae theologiae conformatum herausgab,
darinnen er sich bemühete, das
Principium des Herrn
Pufendorffs
über den Hauffen zu stossen, und hingegen das Recht der Natur aus dem
Stande der Unschuld zu leiten, und denselben zu einer Richtschnur des
Zustandes im gegenwärtigen
Leben zu machen, woraus weidliche
Streitigkeiten entstunden. |
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Schon vor ihm ist David Mevius in dem Prodromo
jurisprudentiae gentium communi, der nachgehends unter dem Titel:
nucleus juris naturalis et gentium zum Vorschein kommen, dieser
Meynung gewesen, welches auch Alberti
in der Vorrede des ersten Theils seines
Wercks pag. 10. nicht in Abrede ist,
und gestehet, er gäbe nichts, als die blosse
Methode, vor seine
Erfindung aus. |
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Er bekam mit Strimesio einen Streit, der zwar nur
die Frage betraff: ob man den
Stand der Unschuld aus dem Licht der
Natur
erkennen und
beweisen könne? Welches Alberti leugnete,
Strimesius hingegen in einer besondern
Disputation, die
der Herr Seligmann auf Seiten des Alberti
beantwortet, bejahete, und sich desfalls auf die vielen Zeugnisse der
Griechischen und
Lateinischen Poeten berieff. |
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Pufendorff aber grieff die gantze
Sache an, der mit
Alberti einige harte Streit-Schrifften gewechselt, und
Thomasius fieng daselbst wieder an, wo er es gelassen
hatte. Denn in der Jurisprud. divin. und |
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{Sp. 1212} |
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in dem vorgesetzten Programmate hat er diese Albertinische
Meynung
genau untersuchet, und gründlich gewiesen, was vor ein Unterscheid
zwischen dem
Stande der Unschuld und dem ietzigen
Zustande nach dem
Fall
sey; ingleichen daß der Stand der Unschuld unmöglich eine Richtschnur
des Rechts der Natur seyn könne, weil es nicht möglich, daß wir durch
die Natur den geringsten Grad der verlohrnen Vollkommenheit erlangen
könten, auch in besagtem Stande willkührliche Gesetze gewesen, und sich
da
Dinge befunden, die im gegenwärtigen nach dem Fall nicht mehr
anzutreffen, und hingegen aus dem verderbten Stande
Sachen entstanden,
die dorten nicht statt gehabt, zu geschweigen, daß das Recht der Natur
den Heyden soll ins Hertz geschrieben seyn, die aber nach dem eigenen
Geständniß des Herrn Alberti vom Stande der Unschuld
nicht gewust. |
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So mercket er auch an, daß zur Behauptung dessen, es sey etwas wider
das Recht der Natur, nicht hinlänglich sey, wenn man aus den Heydnischen
Philosophen anführe, daß sie es auch vor verboten geachtet, weil die
Heyden vieles aus dem
Umgang mit dem Jüdischen
Volck und auch durch die
Tradition von ihren Vorfahren erhalten hätten, das nicht zum
natürlichen, sondern zum
Göttlich allgemeinen geoffenbarten
Gesetz
gehöre. |
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Dem ohngeachtet haben dieses
Principium |
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- Lanius in
Dissertatione de principio juris naturae,
- Pasche de inventis nov-antiquis cap. 4. §. 11.
-
Seckendorff
im Christen-Staat addit. lib. 3. cap. 8. §. 6.
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gebilliget, wovon mit mehrern |
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Pufendorff in Specim.
controv. cap. 4. §. 10. u.ff.
- Thomasius in jurisprud. divin. lib. 1.
cap. 4. §. 40. u.ff. in
plenior. hist. jur. nat. cap. 6. §. 23. 31. u.ff.
- Ludovici
in delin. hist. jur. nat. §. 62. pag. 105.
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3) |
Die
Liebe, die CHristus so sehr treibet, welchen
Satz Johann Ludwig Prasche, ein gelehrter Bürgermeister
zu Regenspurg, zum
Grund des natürlichen Gesetzes legte, und erhärten
wolte, daß die Liebe die Wurtzel sey, aus welcher alle
Pflichten des
natürlichen Rechts müsten hergeleitet werden, dazu der
Mensch
sowol in, als ausser der bürgerlichen
Gesellschafft
verbunden, wie wir dieses aus
seinem sogenannten Lege caritatis und aus der designat.
juris nat. ex disciplin. christianor. sehen, dawider ihm
Thomasius in den freymüthigen Gedancken von allerhand neuen
Büchern 1689 p. 79. bis 99. und 206. bis 230. allerhand
Einwürffe machte, und er sich gleich durch eine klare und gründliche
Vertheidigung des natürlichen Rechts nach Christlicher Lehre wider die
gemachten Einwürffe, die er in eben denselben Jahr drucken liesse,
vertheidigen wolte, so fand er doch wenig Beyfall, und hingegen
pflichteten Thomasio Fr. Gentzken in Schediasm.
mor. de principiis justi cap. 1. §. 22. und
Ludovici
in delineat. hist. jur. nat. §. 47. pag. 131. bey,
weil allerdings nach diesem Grund-Satz die gröste Verwirrung der
theologischen und philosophischen Morale, der natürlichen und
Christlichen Pflichten entstehen muß, und wie will ein bloß natürlicher
Mensch etwas von dieser Liebe ohne die Offenbarung wissen. |
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{Sp. 1213|S. 624} |
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4) |
Die zehen Gebote (den Decalogum) wohin
Georg Calixtus in theolog. moral. cap. de legib.
pag. 60. Hemmingius in apodictica methodo de
lege naturae, und Boecler praef. comment. ad
Grotium gehen, die sich aber fälschlich einbilden, als wäre der
Decalogus ein
Begriff der natürlichen Gesetze, massen weder das dritte,
noch das neundte und zehende Gebote aus der
Natur durch die
Vernunfft
können
erkannt werden, daher auch Paulus von sich Röm.
VII, v. 7. bezeuget sich, er hätte nicht gewust, daß die Lust
Sünde, wo ihm das
Gesetz, nemlich das geschriebene Gesetz, nicht
gesagt
hätte, laß dich nicht gelüsten. |
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