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Quellenangaben |
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Öffentlich, Publicum, Publica, wird in denen
Rechten
überhaupt alles dasjenige
genannt,
was einem wie dem andern
vermöge des einem jeden von
Natur
zustehenden Rechtes gemein ist, und welches zwar ein jedweder nach
Beschaffenheit der
Umstände
nutzen und
brauchen
mag, dessen sich aber
gleichwohl niemand als seines Eigenthums
ins besondere anzumassen hat.
Z.E.
die
Erde,
die Lufft, das Feuer, das Wasser. u.s.w. |
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Und dieses zwar hauptsächlich in Absicht auf das
Natur- und
Völcker-Recht,
als vermöge dessen ein jeder so viel Recht darzu hat, als wie der andere. Daher
denn auch einem jeden der beliebige
Gebrauch
aller dieser obangeregten
Dinge
billig
zu vergönnen ist. Nicht zwar daß er solche deshalber schlechterdings als sein
Eigenthum ansehen, und daher die andern von einem gleichmäßigen Gebrauche
ausschliessen könne; sondern weil selbige vielmehr wegen ihres
gemeinschafftlichen
Nutzens
und Gebrauchs einem jeden gleich durch eben so viel Recht und
Gewalt,
und also keinem eintzigen weder mehr, noch weniger als dem andern geben. |
- Neratius,
- Martianus,
- Pomponius,
- Conanus Lib. III. ...
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Nach Maßgebung des
bürgerlichen Rechtes hingegen wird dasjenige öffentlich
genennet,
welches zwar, so viel das darauf hafftende Eigenthums-Recht anbetrifft, einer |
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{Sp. 552} |
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gantzen
Gesellschafft oder
Gemeine
zugehöret, in Ansehung des daher entstehenden Nutzens und
Vortheils aber einem
jeden Mitgliede derselben, einem wie dem andern, zu gute geht, und zu Statten
kommt. Z.E. Wenn jemand auf einem öffentlichen Schauplatze diesen oder jenen
Ort
zusehens halber einnahm; so hieß derselbe sein eigen, und konnte ihm niemand
vorwerffen, daß er ihm seinen Platz weggenommen. |
- Connanus Lib. III.
- Cicero de Finib. Lib. 3.
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Indessen aber ist hierbey gleichwohl zu mercken, daß diejenigen
Dinge
oder
Güter,
welche öffentlich genennet werden (Publica) von denen so genannten gemeinen
(Communibus) wohl zu
unterscheiden
sind; massen diese letztern nicht allein in Ansehung ihres Nutzens und Gebrauchs
einem jeden gemein sind, sondern auch des ersten des besten, so sich ihrer
bemächtiget, eigen werden, da hingegen in Ansehung der erstern deren Nutzung und
Gebrauch zwar ebenfalls einem jeden unverwehret ist; das
Eigenthum
aber betreffend, sich dessen gleichwohl keiner vor dem andern anzumassen hat. |
- l. 5.
ff.
de rer. divis.
- § flumina.
Inst. eod.
- l. 30. §. 1. ff. de acquir. rer. domin.
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Doch heissen alle diese
Dinge, wie bereits
erinnert,
insgemein nur in Absicht auf das
Natur- und
Völcker-Recht
öffentliche, oder welches gleich viel ist, gemeinschafftliche, das ist, woran
einer so viel, und keiner mehr noch weniger
Recht,
als der andere, hat, und deren also auch einem jeden zur
Nothdurfft
zu gebrauchen frey stehet. |
l. 7. ... |
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Dahin gehören nun, wie ebenfalls schon oben gedacht worden, hauptsächlich
die Lufft, das vorbey flüssende Wasser, das Meer, nebst seinen Ufern;
desgleichen die Flüsse, die See-Häfen, u.d.g. Als welche Dinge alle zusammen
ehemahls in so ferne vor öffentliche oder gemeinschafftliche Sachen gehalten
worden, daß einem jeden daselbst zu fischen, die Schiffe anzubinden, und andere
gleichmäßige Dinge vorzunehmen frey stand. |
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Welches aber gleichwohl alles nur von dem nothdürfftigen oder unschädlichen
Gebrauche
zu
verstehen,
und keines weges dahin zu deuten ist, als ob nicht schon seit denen
allerältesten
Zeiten
die
Fürsten
über das Meer, die Flüße, Seehäfen u.d.g. eine besondere
Macht
und
Gewalt,
gehabt hätten, und deshalber eine oder andere selbst beliebige
Verordnung machen können. |
Wovon unter andern Jacob Gothofredus in
Diss. de Imp. Mar. nachgelesen werden kan, welche unter
dessen übrigen
Schrifften,
so zu Genff 1540 in 4 zum Vorschein gekommen, befindlich ist. |
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Ein gleiches ist auch von dem
Rechte
zu fischen zu
sagen,
als welches ebenfalls so wenig nur beständig gemeinschafftlich gebrauchet worden
und ausser denen
Gräntzen
des Eigenthums
gesetzt gewesen, daß vielmehr derjenige, welcher sich dessen eine
gewisse
Zeitlang gantz
allein bedienet hatte, die andern davon
völlig
ausschliessen konnte. |
l. 7.
ff.
de divers. et temp. |
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Im übrigen ist hierbey zu mercken, daß die Alten, da sie dergleichen Dinge
gemeine und öffentliche (Res communes et publicas)
genennet,
hierinnen hauptsächlich denen Stoischen
Weltweisen
gefolget, als deren Lehr-Sätze unter andern auch so gar denen |
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{Sp. 553|S. 290} |
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ältern Juristen fast durchgängig besonders
angenehm gewesen. Und ist
bekannt, daß sich die gedachten Stoicker die gantze
Welt
nicht anders, als ein
gewisses
Reich,
und daher auch das gantze
menschliche
Geschlecht
überhaupt nur wie eine eintzige
Gesellschafft oder
Republick
vorgestellet. |
- Cicero de Finib. Lib. ...
- Marcus Antoninus de Reb. suis ...
- Arrianus in Diss. Epict. ...
- Seneca de Benef. ...
- Besiehe auch
- Thomas Gataker in Annot. ad M. Anton. ...
- Thomas Stanley in Hist. Phil. ...
- u.a.
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Nachdem nun aber auch gedachter massen
die ältern Rechtsgelehrten sich die Stoische
Welt-Weißheit vor allen andern gefallen liessen, und
sich daher auch die gantze Welt nicht anders, als
unter der
Forme einer doppelten Republick
vorstellten, als nehmlich einer grössern, worzu sie
alle Menschen und ihre vielen
Götter rechneten,
und einer kleineren, welche sie einem jeden
Volcke oder
Staate ins besondere zueigneten; so
war es anders fast nicht möglich, als daß sie die
sonst so genannten gemeinen oder öffentlichen
Güter ebenfalls auf eine zweyfache Art
betrachteten, und auch hierunter einige in Absicht
auf das
Natur- und
Völcker-Recht
vor
gemeinschafftliche oder öffentliche Dinge
erkannten, welche doch nach Maßgebung des
alten Römischen
bürgerlichen Rechtes der
gesammten Republick
eigenthümlich zugehörten. |
Arved Noodt in Probabil. ... |
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Und in solchem
Verstand
nannte man so
denn zu Rom eigentlich nur diejenigen öffentlichen
Sachen und Güter, welche dem gesammten
Römischen Volcke überhaupt, oder in so fern
dasselbe eine besondere Republick
vorstellte,
zuständig waren; da hingegen alles dasjenige,
was andern Völckern oder
Städten zugehörte, zu
Rom und in denen Römischen Gesetzen
mehrentheils nicht anders, als andere sonst nur
blossen Privat-Personen zugehörige Dinge
angesehen und betrachtet worden. |
- l. bona civitatis.
ff.
de verb. sign.
- Brechäus in l. eum ...
- Spiegel.
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Dahin gehörte ehemahls
z.E. der so
genannte Campus Martius, der
Marckt, die öffentlichen
Schau-Plätze, die Renn-Bahnen, die
öffentlichen Tempel, und andere dergleichen
Gebäude, Strassen und Wege, als deren
Nutzen
und
Gebrauch zwar dem gesammten Volcke
vergönnet war, das
Eigenthum aber niemanden
ins besondere zustand. |
- l. 9. ff. de usuc.
- l. 14. ...
- Cicero Or. in Verr. 5.
- Livius in Hist. Rom. ...
- Hygen de Limit. ...
- Brissonius.
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Endlich war auch dasjenige öffentlich
(Publicum) genennet, welches dem Fürsten oder der
hohen
Landes-Obrigkeit, keinesweges aber dieser oder jener Privat-Person eigenthümlich
zustand. |
Conannus Lib. III. ... |
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Worunter aber die sonst so genannten Fiscal-
oder Cammer-Sachen nicht gerechnet werden,
weil solche vielmehr nur als des Fürsten Privat-Eigenthum anzusehen sind. |
l. 6. l. 72. ... |
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Siehe auch Publica und
Publicum. |
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