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Unterwerfung unter die Franken |
Gegen die Römer gieng es ihnen so gut hin, weil diesen durch die Einfälle
der Hunnen und Gothen alle
Kräffte
dergestalt abgezapfet waren, daß sie sich der auswärtigen
Gewalt
nun nicht mehr erwehren konnten. Die Francken aber waren ihnen überlegen, und
brachten sie endlich gar unter das Joch. Denn als um das
Jahr 496 die
Alemannier, welche schon von vielen Jahren her ihre Benachbarte mit Raube
beunruhiget, den Austrasischen Francken mit einer grossen
Macht
in ihre
Grentzen
einfielen, so kam Clodoväus dem Sigebert,
einem abgetheilten Fränckischen Könige, welcher damahls zu Colonia Agrippina
saß, mit einem zusammen gerafften Troupp zu Hülffe, mit welchem er die
Alemannen bey Tolbiacum, jetzo Zulpich, angriff, und nach unglaublichen
Widerstand endlich erlegte. |
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Hierdurch wurden die Francken Meister von dem Alemannischen und Svevischen
Landen, so zwischen Thüringen und der
Donau
gelegen. Sie schlepp- |
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{Sp. 1736} |
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ten alles, was streitbar war, in die
Dienstbarkeit, und theilten die Uberwundenen als Sclaven ihren Francken zu,
woher noch jetzo der viele
Adel und die
Leibeigenschafft in Schwaben sich rechnen sollen. Wiewohl nach dem Zeugniß
des Magnus Felix Ennodius, der um die Zeit des
Clodoväus gelebt, ein gut Theil der Alemannier sich zu den Gothen, die
damahls Rhätien innehatten, retirirten, um dadurch dem unerträglichen
Fränckischen Joch zu entgehen. Es nahm sich auch der Oster-Gothen König
Theodoricus ihrer an, und ersuchte den Clodoväus durch
Gesandten, daß er derer zu ihm geflüchteten schonen, auch sonst sich gegen die
Uberwundenen gütiger erzeigen mögte. |
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Daher kommt es nun, daß ein Theil
Scribenten
behaupten, die Francken hätten nie gantz Alemannien beherrschet, sondern es
hätte ein groß Theil unter den Gothen gestanden, welches in so weit wahr ist,
wenn man Rhätien, welches die Alemannen den Römern abgenommen, und nach diesem
an die Gothen kommen war, zu Alemannien rechnen will. Denn da erhellet aus dem
Agathia, daß die Gothen Rhätien durch besondere
Hertzoge
eine geraume Zeit
regieret, bis unter dem
Kayser
Justinianus der Gothische
Könige Vitiges so viel mit den Griechen in Italien zu thun bekam, daß er weder
die zu ihm geflüchteten Gothen, noch auch Rhätien vertheidigen konnte, und die
Alemannen sämmtlich sich zurück in ihr
Land und unter die Fränckische
Bothmäßigkeit begeben musten. |
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Herzöge |
Jedoch konnten die Alemannen ihre
Freyheit
niemahls so gar vergessen, daß sie nicht zuweilen sich danach
gesehnet, und gegen die Francken ihre Waffen ergriffen hätten. Schon unter dem
König
Childebert entstund ein so grosses Mißtrauen zwischen beyden
Völckern,
daß die Francken vor rathsam hielten, den Alemannischen Hertzog
Landfreden zu verjagen, und die Hauptstadt Augspurg zu ihrer
Versicherung mit Fränckischen Volcke zu besetzen. Besonders aber hat
König
Pipinus und dessen
Sohn Carolomann zu Anfang
des 7 Jahrhunderts die aufrührerischen
Hertzoge
der Alemannen dergestalt zu paaren getrieben, daß sie von selbiger Zeit an nicht
mehr aufkommen mögen. |
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Indessen ist es immer ein besonderes Hertzogthum verblieben, welches seine
eigene
Hertzoge
gehabt, die anfänglich den Francken, und nachgehends den deutschen
Königen,
welchen Alemannien in der Theilung zugeschlagen worden, mit
Pflichten zugethan
gewesen; jedoch nicht dergestalt, daß sie nicht ein grosses Theil ihrer
Freyheit
gleich andern überwundenen deutschen Hertzogen übrig behalten.
Denn ob sie wohl von dem
Könige Clodoväus in die härteste Sclaverey gezogen worden; so haben sie
sich doch gar bald dergestalt erholet, daß Procopius sie zu den Zeiten
Justinianus vor gantz
freye Leute wieder ausgiebt. |
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In den
Gesetzen
der Alemannier wird der Schwaben
Hertzog
Dominus genennet, und die
Sachen,
so vor ihn gehören, res dominicae. Es werden auch in selbigen Gesetzen
diesem Hertzoge viele
Freyheiten
und
Privilegien gegönnet. Und scheinet aus dem, was die Hertzoge zuweilen ohne
Widerspruch vorgenommen, daß sie bey ihrer Unterthänigkeit ein ziemliches
Ansehen und Freyheit gehabt haben müssen. Sie haben einander meist
jure
sanguinis gefolget, so gar, daß auch die
Kayser mit Tochter-Män- |
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{Sp. 1737|S. 883} |
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ner nicht übergehen können. Sie haben ihre eigene Militz und Besatzungen
gehabt; auch zuweilen die Waffen wider die Francken selbst ergriffen, wenn diese
ihnen allzu unerträglich werden wollen. Zum wenigsten siehet man aus allen
Umständen, daß sie vor Carln dem Grossen nicht blosse
Magistrats-Personen der Fränckischen
Kayser und
Könige gewesen, sondern daß sie
Jure proprie ihr
Volck
beherrschet. |
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Nach der Wiederaufrichtung des Hertzogthums unter Conrad
I. haben sich wohl zuweilen die
Sächsischen und Fränckischen
Kayser
etwas mehr heraus genommen, und ungebundener
regieret, welches doch nicht länger
Bestand gehabt, als sie ihrer angemaßten
Gewalt
mit dem Schwerdt den Nachdruck geben können. Der beste
Beweis wird seyn, wenn
wir die
Hertzoge
nach der Reihe durchgehen, und bey iedem die Spuren der
Freyheiten
anmercken. |
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Ehe noch die Francken Alemannien unter ihre
Herrschaft
brachten, war selbiges in viele Gau abgetheilet, in welchen so
viel besondere
Völcker wohnten deren iedes über die allgemeine
Nahmen der
Alemannen noch einen besondern führte. Die Juthinger und Lentienser lagen gegen
die Rhätischen
Gräntzen, wie deren
Jornandes gedencket, und war einem iedem
solchen Volcke oder
Bezirck ein
König vorgesetzt, daß zu einer Zeit bis 12.
solche Könige in Alemannien geherrschet. So bald aber die Francken Meister von
Alemannien wurden, setzten sie über gantz Alemannien einen aus diesem
Königlichen
Stamme zum allgemeinen
Hertzoge. |
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Unter dem Fränckischen
Könige Theodobert um das Jahr 543
war Bucelin aus Königl. Alemannischen Geblüt unter dem
Fränckischen Heere, welcher hernach samt seinem Bruder Leutharius
Hertzog
in Alemannien wurde. Diese beyde Brüder waren, nach Aussage des Agathia,
am Fränckischen Hofe in sehr grossen
Ansehen,
daß sie sich unterstehen durften, eine Armee von 75000 Francken und Alemanniern
den nothleidenden Gothen nach Italien zu Hülffe zu führen, ohne daß der
Fränckische König eben gar zu grosse Lust dazu bezeiget. In Italien theilten sie
sich, und commandirte ein jeder sein Heer vor sich, waren aber beyde so
unglücklich, daß Leutharius bey dem heutigen Ceneda durch eine
unvermuthete Seuche, Bucelinus aber unweit Capua durch die
Schärffe des Römischen Schwerdts unter dem General Narses mit
allen den Seinigen umkam. |
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Diesen folgte Lendefredus, welchen andere
Luitfreden nennen, in der
Regierung,
der sich wider den Fränckischen
König Childebert auflehnte, und
von demselbigen 587 gar aus dem
Lande verjagt
wurde. Darauf besetzte Childebert Augspurg, und übergab das
Hertzogthum einem,
Nahmens
Huntzelin oder Uncelin,
welcher in guter Ruhe und
Gehorsam gegen seine Obern gelebet. |
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Im 7 Jahrhundert ist einer,
Nahmens
Gunzo,
Hertzog
von Alemannien gewesen, welcher mit den Guelfen aus einem
Stamm und ebenfalls
von Königl. Geblüte solle entsprossen seyn. Er hat seinen Königlichen Sitz zu
Uberlingen am Bodensee gehabt, und
Müntze
mit den Guelfischen Wapen schlagen lassen, die man lange Zeit nach ihm annoch
mit seinem Nahmen benennt. So haben auch die Nachkommen des Gunzo
eine geraume Zeit den |
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{Sp. 1738} |
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Titul der
Hertzoge
von Schwaben behalten, welches alles gar deutliche Merckmahle sind, daß
Gunzo solches Hertzogthum nach eigenthümlichen
Rechte
regieret,
und nicht als eine
Magistrats-Person
verwaltet, andernfalls seine Nachkommen den
Titel eines kurtzwährenden
Amts nicht hätten
führen dürffen. |
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Ihm soll Martin, Pipinus des dicken
Vetter, gefolget seien, welchen Werlich Ottovinus nennet. Um
diese Zeit ist einer, Ethico, ein
Sohn Leudesius,
Groß-Hofmeister von Franckreich,
Hertzog
in Elsas und Alemannien worden, welcher auf dem Schloß Hohenburg, ietzo
Otilienburg, gesessen. Sein Sohn, Adelbert, und der Enckel
Eberhard sind ebenfalls Hertzoge in Elsas und Alemannien
gewesen, bis daß sie Carl Martellus davon vertrieben, wie unter
dem
Articul Hohenzollern
bewiesen. |
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Unter dem Könige Pipinus war Gottfried
Hertzog
von Alemannien, welcher sich wider die Francken mit dem Tyrannen
Eberwein vereinigte, und zum Lohn von seinem Hertzogthum verjaget
wurde; worauf er 708
gestorben. Wiewohl die Einleitung zur Ost-Fränckischen
Historie p. 750
sagt, daß er unüberwunden gestorben, und sein
Nachfolger Wilicharius 4 Jahr vergebens von dem Pipinus
bekrieget worden, bis endlich Landfredus im Jahr 715 von
Carln gebändiget worden. |
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Hingegen wollen einige, daß Pipinus noch bey Lebzeiten
Gottfrieds Arnolden oder Ehrenholden zum
Hertzog
gesetzt, dem hernach Landfried, Gottfrieds
Sohn, gefolget. Dem
sey wie ihm wolle, so siehet man doch, daß die Fränckischen
Könige der
widerspenstigen Hertzoge
Kinder nicht gäntzlich ausschliessen dürffen,
andernfalls sie den selbst ungehorsamen Landfrieden nicht
würden haben zur
Regierung
kommen lassen, welche ihm iedoch kein
Scribent
streitig machet. |
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Nach diesem herrschte zugleich sein
Sohn Theobald, welcher
gleiches Schicksal mit ihm hatte, und von dem Fränckischen Könige Carln
wieder zu
Gehorsam
und Stille gebracht wurde. Werlich erzehlt von ihm, daß er das
Elsaß unversehens angefallen, und den
Bischoff zu Melden Pirminius
verjagt, auch die Insul Reichenau reformirt. Zu ihm hatte sich der
Hertzog
Othilo von Bayern geschlagen, welchen aber wie auch den
Theobald der Fränckische König Carlmann 745 wiederum
zur Ruhe gebracht. |
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In diese Zeit fället der
Hertzog
Hachingus, welcher Hächingen erbauet, und ein Vorfahre des
Thaßilo, des ersten
Grafen von Zollern ist. Nach diesem lieset
man von einem,
Namens
Marsilio, welcher zu Kempten auf Hillarmont seinen Sitz gehabt, und ein
Vater
des Hertzogs Hildebrand gewesen, der zu Carls des Grossen Zeiten
regieret. Er
war ein Schwieger-Vater Carls des Grossen, als
welcher seine
Tochter
Hildegard zur Gemahlin hatte. Zu dieser Zeit,
sagt man, hätten
die Schwaben von dem
Kayser
Carln das
Privilegium erhalten, daß sie in den Feldschlachten vor andern
Deutschen
Völckern den ersten Angriff, oder wie man itzo
reden möchte,
poste
d‘honneur haben sollen. Denn da sollen in dem Kriege wider den Thaßilo Gerold,
ein Sohn des Hildebrands und Graf von Augia, (von dem die nunmehro abgestorbenen
Herren von Geroldseck hergekommen sind,) an statt sei- |
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{Sp. 1739|S. 884} |
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es
Vaters commandirt, und sich mit seinen Schwaben so wohl gehalten haben,
daß der Kayser den Schwaben die
Ehre des
ersten Angriffs hinführo geschenckt. |
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Ob es nun wohl mit diesen
Privilegien
heutiges Tages nicht mehr viel zu bedeuten haben dürffte, nachdem der
Adel nicht selbst
mehr mit zu Felde gehet; so findet man doch in den Geschichten, daß 1354 der
Bischoff
von Costnitz, des Schwäbischen Adels damahliger Obrister, diesen
Vorzug
wider Kayser
Carln IV, der den Angriff thun wolte, besonders
gereget. Derenthalben hat auch 1075 Rudolph,
Hertzog
von Schwaben, wider die
Sachsen den ersten Angriff gethan, und ist schon damahls
solcher Vorzug von alten Zeiten hergeholet worden. So haben auch ohnlängst die
Hertzoge von Würtemberg in dem Streit mit dem Chur-Hause Hanover wegen der
Reichs-Sturm-Fahne unter andern aus diesem
Grunde
beweisen wollen, daß die Würtembergische Fahne eine allgemeine Reichs-Fahne sey,
so den Schwaben wegen ihres Vortrabs vor andern zu führen anvertrauet worden.
Siehe Bannerherr. |
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Werlich meldet, daß nach diesem Hildebrand
gedachter Gerold, welcher seinen Sitz auf dem Schlosse Buß
gehabt,
Hertzog
in Schwaben worden, von dem es an seinen Bruder Huldreichen
gekommen. Nachdem aber dieser
verstorben, hat Isenbart
gefolget, welcher der Kayserin Hildegard
Schwester,
Irmentrud, eine
Tochter gedachten Hildebrands, zur
Gemahlin gehabt, von der man erzehlet, daß sie 12
Kinder auf einmahl zur
Welt
gebracht, und selbige als junge Hunde haben wollen erträncken lassen. |
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Des Isenbarts
Vater ist Warinus, ein
Graf
von Altorf, und der Großvater Eberhard, ein
Hertzog
von Alemannien und Elsaß, gewesen, dessen Großvater der oben berührte
Ethico seyn soll. Siehe Hohenzollern. |
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Grafen |
Von dieses Isenbarts
Söhnen ist keiner zur
Regierung
kommen, sondern Carl der Grosse hat es mit
Schwaben, wie mit vielen andern Deutschen
Landen gemacht,
daß er dieselben durch
Grafen
regieren
lassen. Doch hatte sich Isenbart ein schönes
Vermögen in Schwaben zuwege gebracht, welches seine
Kinder
hernach unter sich theilten. Guelfus blieb als ein
Graf
von Altorf, von dem die berühmte und noch blühende Guelfische Familie
herstammet. Thaßilo setzte sich auf das Schloß Hohenzollern,
und hat den heutigen Zollerischen
Stamm fortgepflantzet. Die andern haben andere
Stücke besessen, und den eingesessenen Schwäbischen Magnaten eine grosse
Vermehrung gegeben, von denen in nachfolgenden Zeiten sich viele zu grösserm
Aufnehmen und
Ansehen
gebracht, das gantze Land aber ist in der Verfassung Carls des
Grossen bis auf Conraden I.
verblieben, und
sagt Eccard ausdrücklich, daß zu Zeiten
Kaysers
Ludewigs IV. das Land Schwaben noch zu keinem
Hertzogthum errichtet gewesen. |
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