Stichwort |
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Waaren,
Lateinisch
Merces,
Frantzösisch
Marchandise, heisset man alle diejenigen
Sachen,
womit
Handel und Wandel,
Kauf und Verkauf ge-
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{Sp. 6} |
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trieben wird, und welche kurtz vorhero, ehe
noch der Kauf geschlossen, dem Verkäufer
eigenthümlich waren. |
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Wenn einer auf Begehren Waaren versendet,
bleibet die Gefahr bis zur Lieferung über ihn, wo
nicht ausdrücklich ein anders verabredet
worden. |
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Eine Waare gegen die andere umsetzen,
heisset unter Kaufleuten
barattiren, oder Stich um
Stich handeln. |
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Einteilung |
Gemeiniglich werden die Waaren
abgetheilet: |
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1) |
in natürliche und durch
Fleiß und
Kunst gemachte; |
2) |
in nothwendige und leicht
entbehrliche; |
3) |
in zugelassene und
verbothene; |
4) |
in rohe und
verarbeitete; |
5) |
in kenntliche und
unkenntliche; |
6) |
in theure und wohlfeile,
oder kostbare und geringe; |
7) |
in grobe und feine; und
endlich |
8) |
in verderbliche und
unverderbliche; auch wohl |
9) |
in aufrichtige und
verfälschte. |
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Nun wollen wir sie alle in dieser angeführten
Ordnung nach einander durchgehen: |
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Demnach sind natürliche Waaren alle diejenigen, welche die
Natur |
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- entweder aus der
Erde, als:
- Korn,
- Flachs,
- Wein,
- Öl,
- Gold und
- Silber;
- oder von den Thieren,
als: ihre
- Häute,
- Haare und
- Wolle
- etc.
- oder aus der
See, als:
- Austern,
- Fische,
- Perlen
- und
dergleichen
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uns Menschen zu unserer Nahrung des
Leibes zukommen lässet. |
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Nothwendige Waaren sind diejenigen, welche
der Mensch zu seiner Hülle und Fülle, Nahrung
und Kleidung, in und um den
Leib, auch über
denselben nöthig hat, als da sind Eß- und
Trinckwaaren, Kleider und Waffen. |
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Entbehrliche Waaren sind alle diejenigen,
welche den Überfluß in ein
Land oder
Stadt
einführen. |
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Zugelassene Waaren sind, welche zu des
menschlichen Leibes Nahrung und Nothdurft,
auch zu vergönnter Lust und Ergötzlichkeit
desselben, vornehmlich zum Preisse des
Schöpfers, Erhaltung der Gesundheit,
Beschützung der
Völcker und Republiken, zum
Unterscheide des
Standes, der
Würden und
Ordnungen unentbehrlich sind. Dergleichen sind
alle
Arten Speisen, Kleider,
Bau-Materialien,
Artzneyen und Gewehr. |
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Hingegen sind verbothene oder contrabande
Waaren, welche zu führen, von der
Obrigkeit aus
erheblichen Ursachen untersaget und verbothen
worden; dahero dergleichen, wenn sie dem
ohngeachtet zum Vorschein kommen, nicht nur
der Obrigkeit anheim fallen, sondern noch darzu
auch wohl diejenigen, welche sie
verkaufen
wollen, mit
Strafe
und Busse beleget werden. Dergleichen verbothene Waaren sind |
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Siehe hiervon ein mehreres unter dem Artickel:
contrabande Waaren, im VI
Bande,
p.
1135. und Verbothene Waaren, im XLVII Bande, p.
214. auf. |
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Wenn einer erlaubte und verbothene Waaren
zugleich führet, sind die verbothene allein der
Confiscation unterworffen. |
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Rohe Waaren sind, welche, ehe sie zu dem
menschlichen Gebrauche angewendet werden,
erstlich Menschen-Hände erfordern, solche dazu
zu berei- |
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{Sp. 7|S. 17} |
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|
ten und
geschickt zu machen. |
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Verarbeitete Waaren sind hingegen
diejenigen, so aus rohen Waaren zum
menschlichen Gebrauche tüchtig und geschickt
gemacht worden; als da sind alle
Manufacturen,
auch so gar Bier und Brod. |
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Kenntliche und kundbare Waaren nennet
man, welche entweder allen Kauffleuten, und auch
andern
vernünftigen Menschen, oder auch nur
denen insonderheit, welche lange damit
umgegangen, ihrem
Ursprunge, Erhaltung, Preiß
und Gebrauche nach, wohl bekannt sind.
Dergleichen die Specereyen
den
Materialisten, die
Seiden- und Wollen-Manufacturen den
Kramern,
oder denenjenigen, welche solche selbst
verfertigen lassen. |
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Unkenntliche Waaren sind, welche vor
diesem nicht in das Land geführet und
gebrauchet, oder auch neu erfunden, mit Fleiß
oder durch Zufall verbessert oder verschlimmert,
mithin unkenntlich gemacht worden; wobey jedoch
einem Kaufmanne allerdings oblieget, die Waare,
mit welcher er umgehet, allerdings aus dem
Grunde zu verstehen, und nicht leichtlich sich mit
einer solchen zu vermengen, welche ihm
vormahls wenig oder nicht bekannt gewesen. |
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Theure Waaren, oder kostbare Waaren sind
alle die, so aus fernen Landen zu uns gebracht
werden. Auch machet der Mißwachs, die Gefahr
des Feindes, allzugrosser Abgang, gemäßigte
Abfuhr und Verschwendung, ingleichen der
Eigennutz der Kaufleute, und die Neugierigkeit der
Käuffer, die Waaren theuer. |
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Wohlfeil sind hingegen die Waaren, wenn sie
in Überfluß zu haben, nicht wohl abgehen, oder
auch nicht verführet werden können; ingleichen,
wann einige Kauffleute, um
baares Geld zu
erlangen, ihre Waaren aus Noth verkaufen, oder
durch öffentliche Auctionen damit losschlagen.
Dergleichen
Verkauff aber ein anderer ehrlicher
Kaufmann mit seinen Waaren nicht setzen
kan. |
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Grobe Waaren sind, welche bey gantzen
Frachtwägen und Schiffsladungen voll zugeführet
werden. Dergleichen sind Speck, Teer, Thran,
Eisen, Hanf, Leinsaat, Potasche, Talck, rohes
Leder, und so fort. Diese Waaren zu verführen,
bedienet man sich gemeiniglich der Ströhme und
Seen: Weil der darauf zu machende
Gewinn die
hohen Landfrachten nicht abtragen kan. Solche
Waaren werden bey Tonnen, Lasten, Centnern
und Schiffspfunden verkauft, siehe den Artickel:
Grobe Waaren, im XI Bande, p. 972. |
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Da hingegen feine Waaren, als
Gewürtze,
zarte Leinwand, seidene Waaren, Gold- und
Silberdrat, weisse Spitzen, und dergleichen bey
Lothen, Pfunden und Stücken verkauft, und für
eine ziemliche Summe Geldes in einem kleinen
Raum eingepackt werden können. |
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Verderbliche Waaren sind alle diejenigen,
welche durch die Länge der
Zeit, oder von
feuchten und trockenem Wetter, leichtlich zu
Schaden kommen; daher einem jeden
Kaufmanne, der mit Waaren handelt, oblieget, auf
ihre Erhaltung bedacht zu seyn, und zu wissen,
welche Jahrszeit für die Waaren die beste, oder
die gefährlichste; was für
Örter zu ihrem Behältniß
zu gebrauchen, ob solche feucht oder trocken,
licht oder dunckel, |
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{Sp. 8} |
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warm oder kalt seyn müssen. |
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Unverderbliche Waaren sind, ausser Stein
und Metallen, wenig; wiewohl auch diese den
verzehrenden Zähnen der Zeit unterworfen, sollte
es auch nur durch die Luft und den Regen
geschehen. |
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Ein vorsichtiger Kauffmann wird durch lange
Übung gelernet haben, diesem allen mit guter
Wartung seiner Waaren vorzukommen, und, so ja
einiges Verderben bey selbigen ansetzen will,
solches durch Kunst und Fleiß geschwinde zu
verhindern. |
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Von einigen schon angezeigten und auch
mehrern Arten von Waaren folgen besondere
Artickel. |
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Von den Waaren insgesammt, welche in die
Kauffmannschafft kommen, und das Jahr über in
die Niederlande aus allen vier Theilen der Welt
eingeführet werden, ist zu lesen Gviciard, in
Descript. Antwerpiae … |
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Ingleichen von den kostbaren Waaren,
welches ehemahls von unterschiedlichen
Völckern
in die Stadt Tyrus geführet worden,
Amand. Polan, in Analysic. … |
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Bey Stypmannen, de re nautica … ist ein
Verzeichniß derjenigen Waaren zu sehen, mit
welchen nach dem Bürger-Rechte vor diesem die
Schiffe pflegten beladen zu werden. Was für
Waaren die Flotte des
Königs
Salomons, welche
nach Tharsis, andere sagen nach Ophir, (daher
auch das Gold Ophirizum, oder Obrizum, Hiob am
28. v. 16. genennet wird) geschiffet, mit sich
zurück nach Palästina gebracht, ist bey dem
Menoch, de Rep. Hebraeor. … zu lesen. |
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Preis |
Den Preiß der Waaren belangend, ist solcher
mehrentheils unbeständig. Denn ob etwan eine
oder die andere Waare, vornehmlich das liebe
Brod und Geträncke, in einer wohl
policirten Stadt
allezeit bey einem Preisse bleiben möchten; so
wird doch, nachdem der Roggen, die Gerste, oder
das Maltz steiget, oder den Beckern und Brauern
eine neue
Abgabe aufgeleget wird, auch nach
Proportion derselben das Brod kleiner, und das
Geträncke schlechter gemacht; Es geschiehet
auch selten, oder doch gar langsam, daß es
wieder verbessert wird, obgleich gedachte
Materialien im Preisse wieder abschlagen: weil die
Gewinnsucht dem
Bösen mehr, als dem Guten
anhängt. |
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Alle übrige Waaren, welche bey ihrer
gewöhnlichen
Substantz verbleiben, sind
hingegen jährlich, monatlich, oder auch
posttäglich im Preisse unterschieden, und zwar
um folgender
Ursachen
willen: |
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Weil entweder die Recolte oder Erndte in
Früchten, Gewürtze und dergleichen nicht wohl
gelungen, unfruchtbare, nasse, trockene, oder
Kriegszeit eingefallen, da der Feind viel Schiffe
weggenommen, die Plantagen verwüstet, oder
verbrannt, die
Arbeits- oder
Handwercks-Leute
durch ihn erschlagen, gefangen weggeführet,
verjaget, oder auch durch Pestilentz und
unzeitigen Religions-Eifer, wie in Schlesien und
Franckreich ehedem, unlängst aber im
Saltzburgischen Lande geschehen; ingleichen aus
Hungersnot, gottloser
Beamten und schwerer
Auflage halber, gezwungen worden, das Land zu
verlassen. |
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Offtmahls kan eine falsche Zeitung,
ingleichen der grosse Abgang und Nachfrage in
einer Waare, die zum Verderb der Handlung
entstehenden Monopolien und Propolien, das
Sterben der Seiden- |
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{Sp.9|S. 18} |
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würmer, der Schaafe und andere Thiere,
welche zur Nahrung und Kleidung des Menschen
das Ihrige hergeben müssen, der schlechte
Fischfang und dergleichen, eine Waare mercklich
steigern. Zu welchem Ende die so genannten
Preißcouranten, welche wöchentlich in vornehmen
Handelsstädten, von den ältesten geschwornen
Mäcklern gedruckt ausgegeben werden, einem
Handelsmanne fleißig zu lesen, sehr nothwendig.
Und gewiß lieget an dem Ein- und Verkauffe
seiner Waaren, ingleichen an dem Nachsinnen, so
er über alles dasjenige, was bisher gesaget
worden, machen muß, ein gar grosses. |
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Ob aber einem Kauff- und Handelsmanne so
schlechterdings frey stehe, seine Waaren nach
seinem Gefallen zu steigern, und einen so hohen
Preiß, als ihm beliebet, darauf zu setzen,
sonderlich wenn etwan eine Waare, deren er
einen guten Vorrath hat, über Vermuthen
gestiegen, oder übel gerathen, davon ist des
grossen Theologen Nicolai Hunns schrifftmäßiges
Bedencken sehr wohl zu lesen, welches kürtzlich
folgendes Inhaltes ist: |
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„Ob zwar ausser allem Zweiffel sey, daß die
Kauffmannschafft eine von GOtt zuläßige
Nahrung, darinne ein frommer Christ mit gutem
Gewissen, und ohne einiges Bedencken wohl und
sicher leben, auch ein Kauffmann seine Waaren
theurer verkauffen und ansetzen könne, als
derselbige eingekaufft und bezahlet hat; So könne
er doch auch in Verhandlung dererselben zu weit
greiffen; auch stehe ihm keinesweges frey,
dieselben so theuer zu verkauffen, als ihm
gelüstet, oder als er sie in gewissen Fällen wohl
auszubringen vermöchte: indem der Apostel
Paulus in der ersten Epistel an die
Thessalonicher, C. IV. v. 6. ausdrücklich verbiete,
daß niemand zu weit greiffen, oder seinen Bruder
im Handel vervortheilen solle: sintemahl der HErr
ein Richter über das alles seyn werde, und im
dritten Buch Mosis am 25sten stehe: Wann du
etwas deinem Nächsten verkauffest, oder ihm
etwas abkauffest, soll keiner seinen Bruder
vervortheilen. |
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Ingleichen bey dem Ezechiel, am 22sten v.
12. klage GOTT also über sein Volck: Sie
wuchern und übersetzen einander, und treiben
ihren Geitz wider ihren Nächsten, und thun
einander Gewalt, und vergessen mein also,
spricht der HErr, HErr, und Syrach im V Capitel,
vers. 2. und 3. wären folgende Worte sehr
merckwürdig zu lesen: Folge deinem Muthwillen nicht, ob du es
gleich vermagst, und thue nicht, was dich gelüstet,
und dencke nicht, wer will mir es wehren? Denn
der HErr, der oberste Richter wird es rächen. |
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Es gebe solches auch die natürliche Gesetz-
Regel, welche von dem HErrn Christo bey dem
Matthäo am 9ten, vers. 12. in diesen Worten uns
vorgehalten worden: Was ihr nicht wollet, daß
euch die Leute thun sollen, das thut ihr ihnen auch
nicht; Nun würde ja kein Kauffmann gefunden
werden, der gerne haben wolte, daß man ihn
übersetzen solte, so müste er es derohalben
andern auch nicht thun. |
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Die Wiedertäuffer oder Menonisten giengen
uns in diesem Stücke mit sehr guten Exempeln
vor: indem man das den Krämern so gewöhnliche
Schwören, wodurch mancher offt seine Seele
nach der Hölle |
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{Sp. 10} |
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schwöre, blos etliche Schillinge oder
Groschen mehr auf eine Elle oder Pfund zu
erhalten, bey ihnen nicht höre, sondern ihre
Worte wären Ja! Ja! Nein! Nein! Sie
übervortheileten auch niemanden im Handel,
sondern liessen sich mit einem leidlichen Gewinne
begnügen. Ja, wenn etwan ein Stück Tuch
inwendig einen Riß, Schaden oder Fleck hätte, so
legten sie so viel Geld darzu, als ihrem Vermuthen
nach der Schaden austragen könnte. |
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Es folgete auch ferner daraus, wenn die
Kaufleute so ungescheut ihre Waaren steigerten,
daß alle andere bürgerliche Profeßionen, Gelehrte
und Ungelehrte, guten Fug hätten, mit ihrer Hand-
und Kopffarbeit ebenfalls aufzuschlagen, und sich
solche besser bezahlen zu lassen: indem die
Kaufleute vor ihnen dazu keine Freyheit hätten.
Allein, was würde endlich für Unordnung daraus
werden? Die beste Richtschnur wäre hierinne für
einen Kauffmann, seine Natur und eigenes
Gewissen, und dann auch GOttes Wort, oder die
heilige Schrifft. Jenes sage ihm, daß es der
natürlichen Billigkeit gemäß sey, mit dem
Nächsten so zu handeln, wie man gerne wolte,
daß er an uns wieder handeln solte, diese aber,
daß man den Willen und das Gebot GOttes für
sich habe. |
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Nach dem Marcktgange und couranten
Preisse seine Waaren auszubringen, wäre nicht
unbillig, wohl aber, wenn man sie ohne Noth und
erhebliche Ursachen, monopolischer Weise, und
weil etwan kein grosser Vorrath davon vorhanden,
oder der Nächste, sonderlich das Armut, in theurer
Zeit des lieben Kornes hochbenöthiget wäre,
solches steigerte; wogegen zwar die Kaufleute
einwendeten, ihr Handel wäre grossem Schaden
und Gefahr unterworffen, warum sie sich denn
dessen durch die Handlung nicht wieder erholen
solten. Allein, er antworte hier auf: |
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Es folge durchaus nicht, man habe grossen
Schaden erlitten, deswegen müsse man durch
Vervortheilung und Übersetzung, solches wieder
nachholen; es könnte doch wohl mit der Zeit, bey
einem billigen und mäßigen Gewinne auch
geschehen, und GOtt hätte darum schon andere
Mittel und Wege, durch welche er seinen Seegen
bezeigen könnte, daß man ihn eben durch
Wuchern und Schinden nicht suchen dürffte; ja, es
wäre auch sündlich und unzuläßig, eine Waare
über Gebühr zu übersetzen, wenn auch gleich der
Käuffer solches für genehm, oder gar für eine
Wohlthat hielte, daß man ihm diese Wahrheit, von
welcher er gar wohl wüste, daß sie über die
Gebühr übersetzet worden, nur zukommen liesse:
weil es nur eine, durch die Noth gezwungene
Einwilligung sey, welche man zu einer andern Zeit
nicht würde eingegangen haben etc.„ |
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Bis hierher obbenannter Schrifftsteller. |
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Wie aber diese oberzehlte eigennützige
Handelsleute und Kornjuden im Übermasse
fehlen; so thun es hingegen diejenigen im Mangel,
welche mit den Waaren gar zu sehr schleudern,
und selbige unter den Preisse, als sie vielmahls
ihnen selbst gekostet, hingeben. Worzu denn die
antreibenden Ursachen mancherley sind: |
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Als erstlich der Geldmangel, welcher sich bey
manchem Kauffmann in der Casse ereignet, da
indessen die verfallenen Paßivschulden und
acceptirten Wechselbrieffe bezahlet seyn wollen,
in welchem Falle freylich |
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{Sp. 11|S. 19} |
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manchmahl aus der Noth eine Tugend zu
machen, und der Marcktgang kan alsdenn mit den
Waaren nicht abgewartet werden. Wie denn auch
fast in allen Handelsstädten unfehlbar ein dritter
Theil der Kauffleute sich finden wird, welcher
seine Handlung, Credit und
Ansehen nicht anders
zu erhalten weiß, als daß er hier ein Loch
zustopffe, und dort wieder eins aufmache. Es ist
ein beständiger Umlauff, der solchergestalt,
welches zu verwundern, von einem solchen
Handelsmanne die gantze Lebenszeit über kann
getrieben werden, und weiß man fast nicht, ob
dieses eine glückliche Fatalität, so der Handlung
beywohnet, oder eine kluge Einrichtung eines
listigen Kauffmanns zu nennen sey. Gewiß ist es,
daß das letztere aber auch viel dabey thut: weil,
wo solche einmahl aufhöret, die Handlung auf
einmahl erstirbet, gleich einer Lampe, welche,
wegen Mangel des Öls, verlöschen muß. |
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Die andere Ursache, daß die Waaren
verschleudert werden, ist der Hochmuth, daß ein
solcher Kauffmann dadurch vor andern, als einer,
der grosse
Dinge thut, und viel umsetzet, will
angesehen seyn; es mag hernach mit dem Credit
lauffen, wie immer es wolle. Manchmal geschiehet
es auch, sonderlich von grossen Capitalisten, daß
sie ihre Waaren mit wenig, oder gar keinem
Profite, offtmahls auch mit Schaden wegschlagen,
welches sie jedoch, ihrer guten Mittel halber, nicht
sonderlich drücket, um nur andere junge und
schwache Anfänger dadurch auf einmahl
niederzuschlagen, daß sie ein andermahl nicht
wieder anbeissen, oder die Handlung fortsetzen
können, sondern ihnen solche allein überlassen
müssen: welches aber und christlich ist, und
wieder die Liebe des Nächsten läufft. |
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So bringen auch die Commisionairen oder
Factors vielmahls den geringen Preiß auf eine
Waare, sonderlich auf die Manufacturen, wenn sie
die armen
Handwercksleute biß auf das Blut
aussaugen, und ihnen auf die
Arbeit kaum soviel
gewinnen gönnen, als zu ihrem und der Ihrigen
Unterhalt nöthig ist; dabey sie denn, um andern
Leuten die Chalandiese abzuspannen, an alle
Örter und Enden herumschreiben, und den
Committenten die Waare wohlfeiler anbieten, als
sie solche etwan vor diesem gehabt haben;
wodurch aber desselbigen
Ortes Handlung,
sonderlich den armen Handwercksleuten ein
grosser Abbruch geschiehet, der sich hernach so
leichte nicht ändern, vielweniger den Preiß der
Waaren wieder emporbringen lässet, als er
erstlich heruntergebracht worden. |
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