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Zedler: Waaren [1] HIS-Data
5028-52-5-25-01
Titel: Waaren [1]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 52 Sp. 5
Jahr: 1747
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 52 S. 16
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Übersicht
  Einteilung
  Preis

Stichwort Text  
  Waaren, Lateinisch Merces, Frantzösisch Marchandise, heisset man alle diejenigen Sachen, womit Handel und Wandel, Kauf und Verkauf ge-  
  {Sp. 6}  
  trieben wird, und welche kurtz vorhero, ehe noch der Kauf geschlossen, dem Verkäufer eigenthümlich waren.  
  Wenn einer auf Begehren Waaren versendet, bleibet die Gefahr bis zur Lieferung über ihn, wo nicht ausdrücklich ein anders verabredet worden.  
  Eine Waare gegen die andere umsetzen, heisset unter Kaufleuten barattiren, oder Stich um Stich handeln.  
Einteilung Gemeiniglich werden die Waaren abgetheilet:  
 
1) in natürliche und durch Fleiß und Kunst gemachte;
2) in nothwendige und leicht entbehrliche;
3) in zugelassene und verbothene;
4) in rohe und verarbeitete;
5) in kenntliche und unkenntliche;
6) in theure und wohlfeile, oder kostbare und geringe;
7) in grobe und feine; und endlich
8) in verderbliche und unverderbliche; auch wohl
9) in aufrichtige und verfälschte.
 
  Nun wollen wir sie alle in dieser angeführten Ordnung nach einander durchgehen:  
  Demnach sind natürliche Waaren alle diejenigen, welche die Natur  
 
  • entweder aus der Erde, als:
    • Korn,
    • Flachs,
    • Wein,
    • Öl,
    • Gold und
    • Silber;
  • oder von den Thieren, als: ihre
    • Häute,
    • Haare und
    • Wolle
    • etc.
  • oder aus der See, als:
    • Austern,
    • Fische,
    • Perlen
    • und dergleichen
 
  uns Menschen zu unserer Nahrung des Leibes zukommen lässet.  
  Nothwendige Waaren sind diejenigen, welche der Mensch zu seiner Hülle und Fülle, Nahrung und Kleidung, in und um den Leib, auch über denselben nöthig hat, als da sind Eß- und Trinckwaaren, Kleider und Waffen.  
  Entbehrliche Waaren sind alle diejenigen, welche den Überfluß in ein Land oder Stadt einführen.  
  Zugelassene Waaren sind, welche zu des menschlichen Leibes Nahrung und Nothdurft, auch zu vergönnter Lust und Ergötzlichkeit desselben, vornehmlich zum Preisse des Schöpfers, Erhaltung der Gesundheit, Beschützung der Völcker und Republiken, zum Unterscheide des Standes, der Würden und Ordnungen unentbehrlich sind. Dergleichen sind alle Arten Speisen, Kleider, Bau-Materialien, Artzneyen und Gewehr.  
  Hingegen sind verbothene oder contrabande Waaren, welche zu führen, von der Obrigkeit aus erheblichen Ursachen untersaget und verbothen worden; dahero dergleichen, wenn sie dem ohngeachtet zum Vorschein kommen, nicht nur der Obrigkeit anheim fallen, sondern noch darzu auch wohl diejenigen, welche sie verkaufen wollen, mit Strafe und Busse beleget werden. Dergleichen verbothene Waaren sind  
   
  Siehe hiervon ein mehreres unter dem Artickel: contrabande Waaren, im VI Bande, p. 1135. und Verbothene Waaren, im XLVII Bande, p. 214. auf.  
  Wenn einer erlaubte und verbothene Waaren zugleich führet, sind die verbothene allein der Confiscation unterworffen.  
  Rohe Waaren sind, welche, ehe sie zu dem menschlichen Gebrauche angewendet werden, erstlich Menschen-Hände erfordern, solche dazu zu berei-  
  {Sp. 7|S. 17}  
  ten und geschickt zu machen.  
  Verarbeitete Waaren sind hingegen diejenigen, so aus rohen Waaren zum menschlichen Gebrauche tüchtig und geschickt gemacht worden; als da sind alle Manufacturen, auch so gar Bier und Brod.  
  Kenntliche und kundbare Waaren nennet man, welche entweder allen Kauffleuten, und auch andern vernünftigen Menschen, oder auch nur denen insonderheit, welche lange damit umgegangen, ihrem Ursprunge, Erhaltung, Preiß und Gebrauche nach, wohl bekannt sind. Dergleichen die Specereyen den Materialisten, die Seiden- und Wollen-Manufacturen den Kramern, oder denenjenigen, welche solche selbst verfertigen lassen.  
  Unkenntliche Waaren sind, welche vor diesem nicht in das Land geführet und gebrauchet, oder auch neu erfunden, mit Fleiß oder durch Zufall verbessert oder verschlimmert, mithin unkenntlich gemacht worden; wobey jedoch einem Kaufmanne allerdings oblieget, die Waare, mit welcher er umgehet, allerdings aus dem Grunde zu verstehen, und nicht leichtlich sich mit einer solchen zu vermengen, welche ihm vormahls wenig oder nicht bekannt gewesen.  
  Theure Waaren, oder kostbare Waaren sind alle die, so aus fernen Landen zu uns gebracht werden. Auch machet der Mißwachs, die Gefahr des Feindes, allzugrosser Abgang, gemäßigte Abfuhr und Verschwendung, ingleichen der Eigennutz der Kaufleute, und die Neugierigkeit der Käuffer, die Waaren theuer.  
  Wohlfeil sind hingegen die Waaren, wenn sie in Überfluß zu haben, nicht wohl abgehen, oder auch nicht verführet werden können; ingleichen, wann einige Kauffleute, um baares Geld zu erlangen, ihre Waaren aus Noth verkaufen, oder durch öffentliche Auctionen damit losschlagen. Dergleichen Verkauff aber ein anderer ehrlicher Kaufmann mit seinen Waaren nicht setzen kan.  
  Grobe Waaren sind, welche bey gantzen Frachtwägen und Schiffsladungen voll zugeführet werden. Dergleichen sind Speck, Teer, Thran, Eisen, Hanf, Leinsaat, Potasche, Talck, rohes Leder, und so fort. Diese Waaren zu verführen, bedienet man sich gemeiniglich der Ströhme und Seen: Weil der darauf zu machende Gewinn die hohen Landfrachten nicht abtragen kan. Solche Waaren werden bey Tonnen, Lasten, Centnern und Schiffspfunden verkauft, siehe den Artickel: Grobe Waaren, im XI Bande, p. 972.  
  Da hingegen feine Waaren, als Gewürtze, zarte Leinwand, seidene Waaren, Gold- und Silberdrat, weisse Spitzen, und dergleichen bey Lothen, Pfunden und Stücken verkauft, und für eine ziemliche Summe Geldes in einem kleinen Raum eingepackt werden können.  
  Verderbliche Waaren sind alle diejenigen, welche durch die Länge der Zeit, oder von feuchten und trockenem Wetter, leichtlich zu Schaden kommen; daher einem jeden Kaufmanne, der mit Waaren handelt, oblieget, auf ihre Erhaltung bedacht zu seyn, und zu wissen, welche Jahrszeit für die Waaren die beste, oder die gefährlichste; was für Örter zu ihrem Behältniß zu gebrauchen, ob solche feucht oder trocken, licht oder dunckel,  
  {Sp. 8}  
  warm oder kalt seyn müssen.  
  Unverderbliche Waaren sind, ausser Stein und Metallen, wenig; wiewohl auch diese den verzehrenden Zähnen der Zeit unterworfen, sollte es auch nur durch die Luft und den Regen geschehen.  
  Ein vorsichtiger Kauffmann wird durch lange Übung gelernet haben, diesem allen mit guter Wartung seiner Waaren vorzukommen, und, so ja einiges Verderben bey selbigen ansetzen will, solches durch Kunst und Fleiß geschwinde zu verhindern.  
  Von einigen schon angezeigten und auch mehrern Arten von Waaren folgen besondere Artickel.  
  Von den Waaren insgesammt, welche in die Kauffmannschafft kommen, und das Jahr über in die Niederlande aus allen vier Theilen der Welt eingeführet werden, ist zu lesen Gviciard, in Descript. Antwerpiae  
  Ingleichen von den kostbaren Waaren, welches ehemahls von unterschiedlichen Völckern in die Stadt Tyrus geführet worden, Amand. Polan, in Analysic. …  
  Bey Stypmannen, de re nautica … ist ein Verzeichniß derjenigen Waaren zu sehen, mit welchen nach dem Bürger-Rechte vor diesem die Schiffe pflegten beladen zu werden. Was für Waaren die Flotte des Königs Salomons, welche nach Tharsis, andere sagen nach Ophir, (daher auch das Gold Ophirizum, oder Obrizum, Hiob am 28. v. 16. genennet wird) geschiffet, mit sich zurück nach Palästina gebracht, ist bey dem Menoch, de Rep. Hebraeor. … zu lesen.  
Preis Den Preiß der Waaren belangend, ist solcher mehrentheils unbeständig. Denn ob etwan eine oder die andere Waare, vornehmlich das liebe Brod und Geträncke, in einer wohl policirten Stadt allezeit bey einem Preisse bleiben möchten; so wird doch, nachdem der Roggen, die Gerste, oder das Maltz steiget, oder den Beckern und Brauern eine neue Abgabe aufgeleget wird, auch nach Proportion derselben das Brod kleiner, und das Geträncke schlechter gemacht; Es geschiehet auch selten, oder doch gar langsam, daß es wieder verbessert wird, obgleich gedachte Materialien im Preisse wieder abschlagen: weil die Gewinnsucht dem Bösen mehr, als dem Guten anhängt.  
  Alle übrige Waaren, welche bey ihrer gewöhnlichen Substantz verbleiben, sind hingegen jährlich, monatlich, oder auch posttäglich im Preisse unterschieden, und zwar um folgender Ursachen willen:  
  Weil entweder die Recolte oder Erndte in Früchten, Gewürtze und dergleichen nicht wohl gelungen, unfruchtbare, nasse, trockene, oder Kriegszeit eingefallen, da der Feind viel Schiffe weggenommen, die Plantagen verwüstet, oder verbrannt, die Arbeits- oder Handwercks-Leute durch ihn erschlagen, gefangen weggeführet, verjaget, oder auch durch Pestilentz und unzeitigen Religions-Eifer, wie in Schlesien und Franckreich ehedem, unlängst aber im Saltzburgischen Lande geschehen; ingleichen aus Hungersnot, gottloser Beamten und schwerer Auflage halber, gezwungen worden, das Land zu verlassen.  
  Offtmahls kan eine falsche Zeitung, ingleichen der grosse Abgang und Nachfrage in einer Waare, die zum Verderb der Handlung entstehenden Monopolien und Propolien, das Sterben der Seiden-  
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  würmer, der Schaafe und andere Thiere, welche zur Nahrung und Kleidung des Menschen das Ihrige hergeben müssen, der schlechte Fischfang und dergleichen, eine Waare mercklich steigern. Zu welchem Ende die so genannten Preißcouranten, welche wöchentlich in vornehmen Handelsstädten, von den ältesten geschwornen Mäcklern gedruckt ausgegeben werden, einem Handelsmanne fleißig zu lesen, sehr nothwendig. Und gewiß lieget an dem Ein- und Verkauffe seiner Waaren, ingleichen an dem Nachsinnen, so er über alles dasjenige, was bisher gesaget worden, machen muß, ein gar grosses.  
  Ob aber einem Kauff- und Handelsmanne so schlechterdings frey stehe, seine Waaren nach seinem Gefallen zu steigern, und einen so hohen Preiß, als ihm beliebet, darauf zu setzen, sonderlich wenn etwan eine Waare, deren er einen guten Vorrath hat, über Vermuthen gestiegen, oder übel gerathen, davon ist des grossen Theologen Nicolai Hunns schrifftmäßiges Bedencken sehr wohl zu lesen, welches kürtzlich folgendes Inhaltes ist:  
  „Ob zwar ausser allem Zweiffel sey, daß die Kauffmannschafft eine von GOtt zuläßige Nahrung, darinne ein frommer Christ mit gutem Gewissen, und ohne einiges Bedencken wohl und sicher leben, auch ein Kauffmann seine Waaren theurer verkauffen und ansetzen könne, als derselbige eingekaufft und bezahlet hat; So könne er doch auch in Verhandlung dererselben zu weit greiffen; auch stehe ihm keinesweges frey, dieselben so theuer zu verkauffen, als ihm gelüstet, oder als er sie in gewissen Fällen wohl auszubringen vermöchte: indem der Apostel Paulus in der ersten Epistel an die Thessalonicher, C. IV. v. 6. ausdrücklich verbiete, daß niemand zu weit greiffen, oder seinen Bruder im Handel vervortheilen solle: sintemahl der HErr ein Richter über das alles seyn werde, und im dritten Buch Mosis am 25sten stehe: Wann du etwas deinem Nächsten verkauffest, oder ihm etwas abkauffest, soll keiner seinen Bruder vervortheilen.  
  Ingleichen bey dem Ezechiel, am 22sten v. 12. klage GOTT also über sein Volck: Sie wuchern und übersetzen einander, und treiben ihren Geitz wider ihren Nächsten, und thun einander Gewalt, und vergessen mein also, spricht der HErr, HErr, und Syrach im V Capitel, vers. 2. und 3. wären folgende Worte sehr merckwürdig zu lesen: Folge deinem Muthwillen nicht, ob du es gleich vermagst, und thue nicht, was dich gelüstet, und dencke nicht, wer will mir es wehren? Denn der HErr, der oberste Richter wird es rächen.  
  Es gebe solches auch die natürliche Gesetz- Regel, welche von dem HErrn Christo bey dem Matthäo am 9ten, vers. 12. in diesen Worten uns vorgehalten worden: Was ihr nicht wollet, daß euch die Leute thun sollen, das thut ihr ihnen auch nicht; Nun würde ja kein Kauffmann gefunden werden, der gerne haben wolte, daß man ihn übersetzen solte, so müste er es derohalben andern auch nicht thun.  
  Die Wiedertäuffer oder Menonisten giengen uns in diesem Stücke mit sehr guten Exempeln vor: indem man das den Krämern so gewöhnliche Schwören, wodurch mancher offt seine Seele nach der Hölle  
  {Sp. 10}  
  schwöre, blos etliche Schillinge oder Groschen mehr auf eine Elle oder Pfund zu erhalten, bey ihnen nicht höre, sondern ihre Worte wären Ja! Ja! Nein! Nein! Sie übervortheileten auch niemanden im Handel, sondern liessen sich mit einem leidlichen Gewinne begnügen. Ja, wenn etwan ein Stück Tuch inwendig einen Riß, Schaden oder Fleck hätte, so legten sie so viel Geld darzu, als ihrem Vermuthen nach der Schaden austragen könnte.  
  Es folgete auch ferner daraus, wenn die Kaufleute so ungescheut ihre Waaren steigerten, daß alle andere bürgerliche Profeßionen, Gelehrte und Ungelehrte, guten Fug hätten, mit ihrer Hand- und Kopffarbeit ebenfalls aufzuschlagen, und sich solche besser bezahlen zu lassen: indem die Kaufleute vor ihnen dazu keine Freyheit hätten. Allein, was würde endlich für Unordnung daraus werden? Die beste Richtschnur wäre hierinne für einen Kauffmann, seine Natur und eigenes Gewissen, und dann auch GOttes Wort, oder die heilige Schrifft. Jenes sage ihm, daß es der natürlichen Billigkeit gemäß sey, mit dem Nächsten so zu handeln, wie man gerne wolte, daß er an uns wieder handeln solte, diese aber, daß man den Willen und das Gebot GOttes für sich habe.  
  Nach dem Marcktgange und couranten Preisse seine Waaren auszubringen, wäre nicht unbillig, wohl aber, wenn man sie ohne Noth und erhebliche Ursachen, monopolischer Weise, und weil etwan kein grosser Vorrath davon vorhanden, oder der Nächste, sonderlich das Armut, in theurer Zeit des lieben Kornes hochbenöthiget wäre, solches steigerte; wogegen zwar die Kaufleute einwendeten, ihr Handel wäre grossem Schaden und Gefahr unterworffen, warum sie sich denn dessen durch die Handlung nicht wieder erholen solten. Allein, er antworte hier auf:  
  Es folge durchaus nicht, man habe grossen Schaden erlitten, deswegen müsse man durch Vervortheilung und Übersetzung, solches wieder nachholen; es könnte doch wohl mit der Zeit, bey einem billigen und mäßigen Gewinne auch geschehen, und GOtt hätte darum schon andere Mittel und Wege, durch welche er seinen Seegen bezeigen könnte, daß man ihn eben durch Wuchern und Schinden nicht suchen dürffte; ja, es wäre auch sündlich und unzuläßig, eine Waare über Gebühr zu übersetzen, wenn auch gleich der Käuffer solches für genehm, oder gar für eine Wohlthat hielte, daß man ihm diese Wahrheit, von welcher er gar wohl wüste, daß sie über die Gebühr übersetzet worden, nur zukommen liesse: weil es nur eine, durch die Noth gezwungene Einwilligung sey, welche man zu einer andern Zeit nicht würde eingegangen haben etc.„  
  Bis hierher obbenannter Schrifftsteller.  
  Wie aber diese oberzehlte eigennützige Handelsleute und Kornjuden im Übermasse fehlen; so thun es hingegen diejenigen im Mangel, welche mit den Waaren gar zu sehr schleudern, und selbige unter den Preisse, als sie vielmahls ihnen selbst gekostet, hingeben. Worzu denn die antreibenden Ursachen mancherley sind:  
  Als erstlich der Geldmangel, welcher sich bey manchem Kauffmann in der Casse ereignet, da indessen die verfallenen Paßivschulden und acceptirten Wechselbrieffe bezahlet seyn wollen, in welchem Falle freylich  
  {Sp. 11|S. 19}  
  manchmahl aus der Noth eine Tugend zu machen, und der Marcktgang kan alsdenn mit den Waaren nicht abgewartet werden. Wie denn auch fast in allen Handelsstädten unfehlbar ein dritter Theil der Kauffleute sich finden wird, welcher seine Handlung, Credit und Ansehen nicht anders zu erhalten weiß, als daß er hier ein Loch zustopffe, und dort wieder eins aufmache. Es ist ein beständiger Umlauff, der solchergestalt, welches zu verwundern, von einem solchen Handelsmanne die gantze Lebenszeit über kann getrieben werden, und weiß man fast nicht, ob dieses eine glückliche Fatalität, so der Handlung beywohnet, oder eine kluge Einrichtung eines listigen Kauffmanns zu nennen sey. Gewiß ist es, daß das letztere aber auch viel dabey thut: weil, wo solche einmahl aufhöret, die Handlung auf einmahl erstirbet, gleich einer Lampe, welche, wegen Mangel des Öls, verlöschen muß.  
  Die andere Ursache, daß die Waaren verschleudert werden, ist der Hochmuth, daß ein solcher Kauffmann dadurch vor andern, als einer, der grosse Dinge thut, und viel umsetzet, will angesehen seyn; es mag hernach mit dem Credit lauffen, wie immer es wolle. Manchmal geschiehet es auch, sonderlich von grossen Capitalisten, daß sie ihre Waaren mit wenig, oder gar keinem Profite, offtmahls auch mit Schaden wegschlagen, welches sie jedoch, ihrer guten Mittel halber, nicht sonderlich drücket, um nur andere junge und schwache Anfänger dadurch auf einmahl niederzuschlagen, daß sie ein andermahl nicht wieder anbeissen, oder die Handlung fortsetzen können, sondern ihnen solche allein überlassen müssen: welches aber und christlich ist, und wieder die Liebe des Nächsten läufft.  
  So bringen auch die Commisionairen oder Factors vielmahls den geringen Preiß auf eine Waare, sonderlich auf die Manufacturen, wenn sie die armen Handwercksleute biß auf das Blut aussaugen, und ihnen auf die Arbeit kaum soviel gewinnen gönnen, als zu ihrem und der Ihrigen Unterhalt nöthig ist; dabey sie denn, um andern Leuten die Chalandiese abzuspannen, an alle Örter und Enden herumschreiben, und den Committenten die Waare wohlfeiler anbieten, als sie solche etwan vor diesem gehabt haben; wodurch aber desselbigen Ortes Handlung, sonderlich den armen Handwercksleuten ein grosser Abbruch geschiehet, der sich hernach so leichte nicht ändern, vielweniger den Preiß der Waaren wieder emporbringen lässet, als er erstlich heruntergebracht worden.  
     

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Stand: 14. November 2016 © Hans-Walter Pries