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Text |
Quellenangaben |
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Das übrige, was etwan das
weibliche Geschlecht
vornehmlich betrifft, und sowohl zu Erläuterung einiger
Schrifftstellen
nöthig, als auch sonst zu
wissen nicht
undienlich ist, wollen wir unseren Lesern in folgenden
Theologischen und
Philosophischen
Fragen
mittheilen, die wir so wohl aufwerffen, als kürtzlich
auflösen
wollen: Gleichwie denn auch sowohl ausführlichere
Erklärungen noch
einiger Schrifftstellen, als auch Abhandlungen
verschiedener anderer
Materien von den Weibern, im besondern
Artickeln nachfolgen.
Hier fragen wir zuerst: ¶ |
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Was durch das Weib, das den Mann umgeben soll,
verstanden wird? |
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Mit Aufwerffung dieser Frage haben wir unser Absehen auf die Erklärung einer
schweren
Schrifftstelle, die wir Jerem. XXXI, 22. lesen,
allwo der Prophet
saget,
Der Herr wird ein neues im Lande schaffen, das Weib wird den Mann umgeben. |
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Worauf diese
Worte
eigentlich zielen, ist fast nicht zu sagen, wie sehr unter den Auslegern
gestritten werde; und sind auch etliche der Unsrigen so weit gekommen, daß sie,
wegen unterschiedener Erklärung dieses Spruches, öffentlich wider einander
geschrieben
haben. Wir bleiben bey der gemeinsten, ältesten und besten Auslegung, welche
nicht allein die meisten der alten Kirchen-Väter und andere rechtgläubige
Lehrer
angenommen haben, sondern auch aus den Umständen des Textes gründlich erwiesen
werden kan, daß nemlich diese Worte die wunderbare Empfängniß des Meßias in dem
Leibe
der
Jungfrau Maria verkündigen, in welcher, als in einem aus
dem weiblichen
Geschlechte
auserlesenen Werckzeuge des
H.
Geistes,
GOtt der Allmächtige solche Wunder thun
werde, dergleichen niemahls geschehen sind, noch jemahls mehr auf diesem
Erdboden geschehen werden. Denn wie sonst die Propheten die Trübsalen ihres
Volckes durch tröstliche Verheissungen von dem zukünfftigen Meßias zu lindern
pflegten, als Jes. VII, 13. 14. Mich. II, 12. 13. Hagg. II, 7. 8; so machte es
auch hier Jeremias, dessen
Meynung ist: Ihr gefangenen Israeliten, säumet euch
ja nicht, in euer Vaterland wieder zurück zu kehren; denn es wird in kurtzer
Zeit der Meßias in die
Welt kommen, und von einer unbefleckten Jungfrau gebohren
werden. |
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Durch das Weib wird die
Mutter JEsu verstanden, von welchem Weibe in der
ersten Paradieß-Verheissung geredet wird, |
1 Mos. III, 15. |
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Sie ist das Weib, das Paulus Galat. IV, 4.
andeutet. Ein Weib, zwar nicht nach dem
Stande,
sondern |
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{Sp. 15|S. 21} |
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nach der
Natur
und nach dem
Geschlechte,
soferne sie eine Weibs-Person, oder weiblichen Geschlechtes, ist, eine
keusche
und reine
Jungfrau. Diese wird umgeben den
Mann, den HErrn
JEsum, welchem auch
sonst dieser
Nahme beygeleget wird, als Zachar.
XIII, 7. Psalm XLV, 5. 1 Mos.
IV, 1. an welchem letztern Orte Cain, als ein kleines
Kind, ein Mann genennet
wird, wegen der von ihm gemachten
Hoffnung, daß er der zukünfftige Meßias sey;
wie denn auch das hier gebrauchte
Wort nicht allemahl eine erwachsene
Manns-Person, sondern auch ein kleines
Kind männlichen Geschlechtes, bedeutet,
wie Hiob III, 3. |
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Es soll aber der hier verkündigte
Mann von dem
Weibe umgeben werden; solchergestalt, daß er in dem
Leibe
des Weibes empfangen, getragen, und endlich zur
Welt
gebohren werden solle. Denn das Hebräische
Wort
zeiget eine Verschliessung und Umfassung in Mutterleibe an, wie ein Kind, das
noch nicht zu der Welt gebohren ist, daselbst verschlossen lieget; Dergleichen
Verschliessung einer Leibes-Frucht die Naemi nicht weiter von
sich vermuthete, wenn sie zu ihren Schnuren sprach: Wie kan ich fürder
Kinder in
meinem Leibe haben? |
Ruth. I, 11. |
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Daß also der Prophet so viel hat sagen wollen: wie Moses
die Edelgesteine in ein Kästlein eingemacht, und sie mit Gold umher eingefasset
hat, |
2 Mos. XXVIII, 11. XXXIX, 13. |
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So soll auch der
Sohn GOttes, als der kostbarste Edelgestein, von dem
jungfräulichen
Leibe
der Maria umgeben werden. |
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Über diesen Spruch hat M. Johann Leonhard Reckenberger
einen exegetisch-philologischen Aufsatz unter dem Titel: Problema
exegetico-philologicum de foemina virum circumdante, geschrieben, und in
dem Junius des 1732. Jahres zu Jena vertheidiget, dessen Inhalt wir allhier aus
den Gründlichen Auszügen aus denen neuesten theologisch- philosophisch-
und philologischen Disputationibus
… mittheilen, in den eingeschalteten Anmerckungen aber auch anzeigen wollen, wo
der gelehrte Herr Verfasser nur gedachter Gründlichen Auszüge von ihm abgehet. |
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Herr Reckenberger gestehet zu wie es in dem A. Testamente
nicht unbekannt gewesen sey, daß der Heyland nach seiner
menschlichen
Natur
von einer unbefleckten
Jungfrau gebohren werden solte, und führet an, wie die
ersten
Eltern hiermit getröstet worden wären, |
1 Mos. III, 15. |
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wie die Menschwerdung des
Sohnes GOttes Jes. VII,
14. deutlich verkündiget worden sey. |
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Wie aber viele Sprüche diese
Wahrheit bekräfftigen, so meynet er, es würden
viele
Stellen mit Unrecht zum
Beweiß angeführet als 1
Mos. IV, 1. und Sprüchw. XXX, 19. (Was den letzten Ort betrifft, so wollen wir
dem Verfasser nicht entgegen seyn; aus der ersten Stelle aber wird, nach unserm
Begriffe, soviel folgen, daß die
Eva auf den Meßias
gehoffet, und der göttlichen
Verheissung getrauet habe. Solchergestalt kan diese Stelle bey Anführung der
Verheissung, 1 Mos. III, 15. zu der Erläuterung nicht unbequem angezogen
werden.) |
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Von gleicher Gattung scheinet ihm auch der Spruch zu seyn, den er zu seiner
Untersuchung erwehlet; doch versichert er, daß er niemanden, der eine andere
Meynung habe, verachte, will sich auch gerne eines bessern
überführen lassen. Es werden zuvoraus etliche exegetische
Regeln |
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{Sp. 16} |
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gesetzet, als: Man könne den
Verstand eines Textes nicht aus dem blossen
Worten,
sondern aus dem Zusammenhange und aus dem Haupt-Satze fassen; Man müsse also das
vorhergehende und nachfolgende genau erwegen, und den Haupt-Zweck suchen,
welches der Heyland durch die Worte Joh. V, 39: Treumate tas graphas, suchet in
der
Schrifft,
verstehen; Man müsse die Verbindung der Wörter
und der
Sachen
beobachten, und alle Umstände, auch die kleinsten Wörtgen, in Betrachtung
ziehen. |
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Die Verbindung der Worte zeiget hier das Wörtgen [ein Wort Hebräisch] denn,
V. 21. Fragt man, warum der Prophet unsere
Worte
in seiner Weissagung gebrauchet; so kommt die Verbindung der
Sache
heraus. In den vorhergehenden Versen redet er von der Rückkehr des
Israelitischen
Volckes
aus der Babylonischen Gefängniß, und indem 21. V. vermahnet er es dazu. Damit
diese Worte demselben desto mehr zu Hertzen gehen möchten, so setzet er die
Ursache
hinzu: Denn der HErr wird ein neues schaffen, u.s.w. In dem XXX
Capitel, V. 3. verspricht
GOtt die Jüden wieder in ihr
Land zu führen.
V. 5, 6, 7, 8. stellet er ihnen ihr Elend vor Augen, verheisset aber bald
Errettung. V. 9. verbindet er diese Erlösung mit der geistlichen Befreyung des
Meßias, vergl. 2 Sam. VII, 14. Ezech. XXXIV, 23 u.f. Hos.
III, 5. Und kommet ferner wieder auf die Endigung des Gefängnisses. |
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V. 23. und 24. gedencket er des Elendes, unter dem Bilde eines grossen
Ungewitters. In dem XXXI Capitel, V. 10, 11,12, 13,14. beschreibet
Jeremias die Freude der Israeliten über die Erlösung. V. 15.
erinnert sich der Prophet wieder des vergangenen Elendes: Man höret eine
klägliche Stimme, u.s.w. V. 16. folget der Trost; demnach ist ein vorhergehendes
Elend zu verstehen. Rahel wird weinend eingeführet, ob sie
schon längst
gestorben war, 1. Mos. XXXV, 18. weil sie über der Geburt
Benjamins
starb, und weil ihren Nachkommen so viel Unglück
bevorstund. Sie will sich nicht trösten lassen, und braucht gleichsam die Klage,
Klagl. II, 22: Die ich ernähret und erzogen aber, die hat der Feind
umgebracht. |
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David Kimchi
sagt,
der Prophet rede Sprüchworts-Weise von den 10.
Stämmen. Der Chaldäische Dollmetscher nennet ausdrücklich das Hauß Israel.
Matthäus widerspricht diesem nicht, Cap. II, 18.
sintemahl er die gäntzliche Erfüllung dieser Weissagung andeutet. Auf das Weinen
Rahels folget ein sicherer Trost
GOttes, V. 16. 17. Doch wird V. 18. der Klage Ephraims
gedacht: [zwei Wörter Hebräisch] Führe du mich wieder zurück, so werde ich
wiederkommen, nemlich aus der Babylonischen Gefängniß; Vergl. Klagl. V,
21. Luther übersetzet hier: Bekehre du mich, so werde ich
bekehret. In dem 20. V. giebt GOtt eine Trost-volle Antwort, darauf rufft er dem
Volcke
zu, V. 21: Richte dir Grabzeichen, u.s.w. Was verweilest du? Kehre wieder, du
Jungfrau Israel, u.s.w. Die
Ursach
ist: Denn der HErr wird ein neues im
Lande erschaffen.
Was auf diesem Text folget,
beweiset eben solches, da der Segen nach der
Wiederkunfft beschrieben wird. Vers. 31 u.ff. wird ein neuer Bund versprochen.
Hieraus wird geschlossen, daß Tarnovius in Exercit. Bibl.
nicht recht habe, wenn er den 18. und 19. V. |
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{Sp. 17|S. 22} |
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von der Busse und in dem 22 V. die Schaffung des Neuen von der Bekehrung des
Hertzens erkläret. |
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Hierauf folget eine Auslegung der
Worte.
[Ein Wort Hebräisch] ist seiner
Natur
nach ein
Nahmen
von [ein Wort Hebräisch] gebrennt, angezündet werden, welches in der
Bibel nur
in Niphal vorkommt, |
Jes. XLIII, 2; Sprüchw. VI, 28. |
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[Ein Wort Hebräisch] selbst bedeutet die Anzündung, |
Jes. III, 24. |
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Dieses Wörtgen zeiget eigentlich eine Zuziehung zu dem, was gesaget worden
ist, an; Wie das Feuer anzündet, was es berühret, und bedeutet
Ursachs-Weise.
(Hier muß man seine
Einbildungs-Krafft wohl zu Hülffe nehmen. Körber leget,
Lex.
Part. p. 58. diesem Wörtgen eigentlich die Bedeutung einer Ursache, eines
Triebes u.s.w. bey.) |
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Das Haupt-Wort, Subjectum, ist [ein Wort Hebräisch] welches
wesentlich von der gantzen Dreyeinigkeit anzunehmen ist; Kommt her von [ein Wort
Hebräisch] er ist gewesen, und begreifft einen dreyfachen Unterschied der Zeit,
nemlich [ein Zeichen Hebräisch] ist ein Kennzeichen des gegenwärtigen
Participii, [ein Zeichen Hebräisch] der vergangenen Zeit, und [ein Zeichen
Hebräisch] der zukünfftigen Zeit. Daher bedeutet es ein unterworffenes und
ewiges Wesen, welches Offenb. I, 4. heisset: Ho
en, ho on, kai ho erchomenos; Der da war, der da ist, und der da kommt.
[Ein Wort Hebräisch] hat geschaffen, ist das Beywort, Praedicatum.
Dieses
Wort
bedeutet eigentlich und überhaupt etwas hervorbringen; Entweder aus nichts, 1
Mos. I, 1. oder aus einer
Sache,
die vorhin nichts gewesen ist, V. 21. 27. Die besondere Bedeutung dieses Wortes
ist: Grosse
Dinge
thun, ungewöhnliche
Wercke
verrichten, |
- 2 B. Mos. XXXIV, 10;
- 4 B. Mos. XVI, 30;
- Jes. IV, 5; LXV, 17. u.f.;
- Amos IV, 3;
- Psalm LI,
12; CII, 19; CXLVIII 5.
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Daß aber die vergangene Zeit anstatt der Zukünfftigen stehet, deutet an, daß
es gewiß geschehen werde. |
Dantzens Synops. Interpr. … |
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Zu dem Bey-Worte gehöret [ein Wort Hebräisch] ein neues, von [ein Wort
Hebräisch] hat erneuert, ergäntzet. Dieses neue ist nicht allezeit mit
gäntzlicher Zerstörung des vorigen verbunden. In dem Texte ist diesem das alte
entgegen gesetzet, welches der elende Zustand der Israeliten unter der
Gewalt
der Feinde war. Daher heissen sie |
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Jerem. XXXI, 9; |
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V. 10; |
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V. 12. u.ff; |
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V. 18; |
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V. 19. |
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In dem Gegen-Satze ist das neue der bessere
Zustand
in dem gelobten Lande. Sie solten |
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V. 2. |
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V. 4-38. |
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[Ein Wort Hebräisch] auf
Erden.
Es bedeutet aber nicht allezeit den Erd-Kreiß, sondern auch ein gewisses
Land auf
demselben. Daher giebt es Luther: Im Lande. |
- Hos. IV, 1;
- 1 Mos. XIII, 6. 7. 9. u.ff.
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Der Satz: Der Herr wird ein neues im Lande schaffen, hat also keinen andern
Verstand, als diesen:
GOtt wird alles, das jetzt gleichsam erstorben ist, gewiß
neu machen, und wieder erstatten, wenn er euch Jüden aus der Babylonischen
Gefängniß zurücke bringen, den verwüsteten Tempel wieder aufbauen, und den
Levitischen Gottes-Dienst, bis auf die Zeit der Besserung, Ebr. IX, 10.
erneuern wird. Mit einem
Worte:
Wenn ihr werdet, nach überstandenem Elende, wieder |
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{Sp. 18} |
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nach Hause kommen, die vorige
Freyheit
geniessen, und wenn GOtt wird euer GOtt, und ihr werdet GOttes
Volck seyn. |
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Der andere Satz ist: Das Weib wird den
Mann
umgeben. [Ein Wort Hebräisch] wird von dem weiblichen
Geschlechte |
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- 3 Mos. III, 1; 6. IV, 28. V, 6.
- 1
Mos. VI, 19.
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3 Mos. XII, 5. 7. XV, 33. u.s.w. |
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gebrauchet. |
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Das
Wort
kommt von [ein Wort Hebräisch] perforavit, her, und bedeutet dasjenige,
was in seinem
Geschlechte
zu dem Gebähren
geschickt ist. Dieses Wort kan also keine eintzelne
Person,
noch viel weniger die
Jungfrau Maria, die
Mutter des Heylandes,
anzeigen. Von der Gegen-Seite wird 3 Mos. XII, 5. und 1 Mos. I,
27, angeführet, und bey der ersten
Stelle erinnert, daß ein eintzeles, und nicht
ein gantzes Geschlechte, gebähre. Worauf man aber antwortet, daß dasselbe
Gesetz
auf alle Weiber, die gebohren haben, gehe, wovon auch die Maria
nicht ausgeschlossen gewesen ist, |
Lucä II, 22. 24. |
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Daher das
Wort
[ein Wort Hebräisch] auf alle Kindbetterinnen gehet. |
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In dem Gegentheil bedeutet das Wort [ein Wort Hebräisch] das gantze
männliche
Geschlecht,
1 Mos. I, 27. wird bloß von der Eva
geredet;
Wobey aber zu wissen, daß zu derselben Zeit Eva in der
Welt
allein, und in ihr das gantze weibliche Geschlecht verborgen gewesen sey. (Hat
aber die Eva [ein Wort Hebräisch] heissen können, so scheinet
dieser
Nahme
auch der Maria nicht unrecht zuzukommen, als welche die
Gebenedeyete unter den Weibern, und die
Mutter des Erlösers des gantzen
menschlichen
Geschlechtes
war, auch viel gleiches mit der Eva hatte. Besiehe A.
Pfeiffers Dub. vex. …) |
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[Ein Wort Hebräisch] wird umgeben, von [ein Wort Hebräisch] welches
eigentlich, sich wenden, hernach aber, umgeben heisset. Es werden hier sehr viel
Stellen angeführet, wo dieses
Wort
gebrauchet wird; Man
streitet auch wider den Tarnov, welcher Pred. Sal. IX, 14. [zwey Wörter
Hebräisch] übersetzet: Et circumdedit illam; Da er dem Vorgeben nach, lieber bey
der eigentlichen Bedeutung hätte bleiben, und setzen sollen: Et processit circa
illam, i.e. obsedit illam. (Wir können die Verbesserung nicht recht einsehen) |
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[Ein Wort Hebräisch] heißt, vermöge seines
Ursprunges,
einer, der dem andern überlegen ist, und kommt her von [ein Wort Hebräisch] er
ist mächtiger gewesen; |
- 2 Mos. XVII, 11;
- Klagl. I, 16.
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Daher bedeutet [ein Wort Hebräisch] einen
Mann, ein
Mannsbild: Weil ein Mann ordentlich stärcker, als eine Weibs-Person ist. Dieweil
dieses
Wort
sich auf [ein Wort Hebräisch] beziehet, so
verstehet man hier
billig das gantze
menschliche
Geschlecht. |
Vergl.
- Hiob II, 2;
- 5 B. Mos. XXII, 5;
- Sprüchw. XXX, 19.
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Woraus zu schliessen ist, daß die Bedeutung sich auf den Meßias nicht
schicke, welcher auch in der
H. Schrifft nirgends [ein Wort Hebräisch] genennet wird. (Dieses würde noch
keine gäntzliche Folge seyn; Man sehe aber Zachar. XIII, 7; Vergl.
Matth. XXVIII, 31.) |
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Demnach ist der
Sinn
des gantzen Satzes dieser: Das weibliche
Geschlecht
wird häuffig mit dem
männlichen
Geschlechte, bald in diesen bald in jenen
Ort,
gehen. Es wird mit grosser Freude weisen, was
GOtt auf wunderbare Weise in den gelobten Lande
hervorgebracht habe. |
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Betrachten wir die
Sache
sel- |
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{Sp. 19|S. 23} |
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ber, so
erkennen wir leicht die
Gemüths-Bewegungen desjenigen, der da
redet.
Der Prophet erklärte seine grosse
Liebe gegen das Jüdische
Volck,
und untermischet dieselbe mit Eyfer und Mitleiden. |
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Einige Ausleger nehmen die
Worte
in eigentlichem, andere in uneigentlichem
Verstande. Johann Coccejus, in Comment.
in Jer. erkläret diesen Spruch von Christo, als dem
Mann,
welcher von der Maria, als dem Weibe, umgeben, d.i. empfangen
und gebohren worden. Tarnov aber hat Coccejum,
in exercit. bibl. l.c. widerleget. Der Verfasser setzet dieser
Meynung entgegen, was er schon vorher
gesaget
hat, und dringet vornemlich auf seine Erklärung der Worte. (Wir halten es in
diesem Stücke mit Coccejo und andern
Lehrern, welche mit ihm
hierinnen einig sind, ob wir uns gleich allhier in keinen weitläufftigen Streit
einlassen können. Wir sagen nur soviel: Jeremias redet in dem
XXXI Capitel auch unter andern von der Zeit des Neuen Testamentes. Die
Worte: Der Herr wird ein neues schaffen, scheinen mehr anzudeuten, als: Ihr
werdet wieder in eurem Lande frölich wohnen; Weil dieses schon sehr vielmahl
gesaget worden, und doch nur einen leibliche Wohlthat ist. Wie schlecht und übel
klingt es auch nicht, wenn die Worte: Das Weib wird den Mann umgeben, welches
doch das merckwürdige und neue seyn soll, so viel heissen muß: Das weibliche
Geschlecht wird mit dem männlichen in Freuden fortgehen.) |
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Johann Calvinus, in Praelection. in Jerem. hält
davor, durch das Weib würden die schwachen und verzagten Israeliten, und durch
den Mann die
mächtigen Feinde, verstanden. Das ist: Die Jüden würden mächtiger als die
Chaldäer seyn, obschon der Feinde Stärcke erschrecklich wäre. Es ist aber keine
Spur solcher Vergleichung zu sehen. [Ein Wort Hebräisch] bedeutet nicht allezeit
einen tapffern Mann. [Ein Wort Hebräisch] wird in der
Heiligen Schrifft
niemahls von einem
Volcke,
das entkräfftet ist, und keine Hülffe hat, gebrauchet. [Ein Wort Hebräisch]
heisset zuweilen belagern, aber diese Bedeutung ist nicht die vornehmste. Was
das meiste ist, so hat sich dieser Ausgang niemahls ereignet: Denn die Jüden
haben die Babylonier nicht belagert, noch gefangen geführet. |
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Oecolampadius, in commend. ad h.l. erkläret diesen
Ort von der Busse. Wenn nemlich die Jüden lange genug in der Gefangenschafft
gewesen seyn würden, so würde das Weib um den
Mann
freyhen, und ihm nachgeben. Das ist: Die Menge Israels werde sich zu
GOtt bekehren, welcher sie erlösen würde. |
Hos. III, 5. |
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Gleiche
Meynung hat auch Aben Esra. Dieser Meynung
ist der Zusammenhang zuwider; Ferner heißt auch [ein Wort Hebräisch] niemahls
das Jüdische
Volck,
noch [ein Wort Hebräisch]
GOtt. Luther setzet in der Rand-Glosse:
„Der gantze Text redet hier von dem Neuen Testamente, und heisset sie trauren,
und den alten Mose begraben, und sich auf des Herrn Weg richten.“ Welche
Erklärung auch Tarnovius, l.c. zu behaupten |
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{Sp. 20} |
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suchet. Aber man muß ohne Noth die
Worte
nicht in uneigentlichem
Verstande annehmen. Der gantze Text Jeremiä
handelt auch nicht bloß von dem Neuen Testamente; Wohin gehörte sonst der 4. 5.
8. 12. 13. 14. 21. 24. 27 Vers? |
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Was die Erfüllung der Weissagung betrifft, so ist dieselbe mit der
Ausführung aus Babel geschehen. Einmahl hat
GOtt in dem gelobten Lande eine neue
Gestalt
aller
Sachen
hervorgebracht. |
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1) |
GOtt straffte die mächtigen Feinde der Jüden, die
Babylonier. |
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2) |
Er straffte gleichfalls die übrigen Feinde, |
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vergl. Jerem. XLVI |
|
3) |
Er trieb die Persischen Könige, |
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- 2 Chron. XXXVI. 22. 23;
- Jes. XLV, 1. u.ff;
- Esra I, 1. u.ff;
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Esra VI, 11. u.f; |
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|
- Esra VII, 12, u.ff;
- Nehem. II, 6;
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nach Verlauff der 70 Jahre, |
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Jerem. XXIX, 10. |
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an, daß sie die Jüden, Jerusalem zu
bauen, ziehen
liessen. |
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4) |
Er erweckte die Obersten, daß sie den Tempel-Bau
fleißig fortsetzeten; |
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|
5) |
Er verschaffete ihnen Gold und Silber; |
|
Esra I, 4. 6. u.ff; VI, 8. u.ff: VII,
15. u.ff. |
|
6) |
Er verbesserte ihren Zustand, ließ den
Gottes-Dienst anrichten, die Feinde musten ihnen die Gefässe
wiedergeben; |
|
Nehem. VII, 66. u.ff. |
|
Er wandte ihren Hunger, und gab ihnen Getreyde, Most und Öl, |
Jerem. XXXI, 12. |
|
Ein jeder bekam seinen Theil in
Friede.
Ferner solte das weibliche
Geschlechte
mit dem männlichen
bald in diese, bald in jene Gegend ihres
Landes, mit
grossen Freuden fortgehen. Das geschahe, da |
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- Zachar. VIII, 5;
- Jerem. XXX, 19;
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Jerem. XXXI, 24. |
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Da denn kein Zweiffel ist, daß die Weiber mit den
Männern in unterschiedene Gegenden gegangen seyn werden; Dieweil ihr Trauren
in Freude verkehret worden war; |
Esra III, 11. u.ff. |
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Also ist kein
Wort
des Herrn auf die
Erde
gefallen. (Ob wir zwar fast zweiffeln, daß der Herr Verfasser viele Vertheidiger
seiner
Meynung bekommen werde; So hat er doch
bewiesen, daß er
nicht ungeschickt sey, alle Wahrscheinlichkeit vor seine Meynung hervor zu
suchen etc. ¶ |
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