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Zedler: Weib [5] HIS-Data
5028-54-1-2-05
Titel: Weib [5]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 54 Sp. 20
Jahr: 1747
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 54 S. 23
Vorheriger Artikel: Weib [4]
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Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen
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Übersicht
Was durch die Macht, die das Weib auf dem Haupte haben soll, zu verstehen ist?
Ob die Weiber Menschen sind?

  Text   Quellenangaben
  Was durch die Macht, die das Weib auf dem Haupte haben soll, zu verstehen ist?  
  Mit dieser Frage haben wir unser Absehen auf den Apostolischen Ausspruch, 1 Corinth. XI, 10. welchen Luther also übersetzet hat: Darum soll das Weib eine Macht auf dem Haupte haben, um der Engel willen.  
  Über diese Schrifftstelle hat M. Siegmund Friedrich Dresig, im Jahr 1736. eine briefmäßige Dissertation, unter der Aufschrifft: De uxore sub marito domina, das ist: Von dem Weibe, so unter dem Manne herrschet, geschrieben; Und weil er in derselben auf eine nicht sehr gewöhnliche Auslegung dieses Apostolischen Ausspruches gefallen ist, wollen wir unsern Lesern den gantzen Auszug selbiger Dissertation aus den Gründlichen Auszügen aus denen neuesten Theologisch- Philosophisch- u. Philologischen Disputationibus  
  {Sp. 21|S. 24}  
  p. 527. u.ff. mittheilen.  
  Man hat anfangs die Redens-Art: exousian echein, zu untersuchen. Jacob Godofredus will vor exousia lieber exoubia lesen, und Exuvia soll eine Decke bedeuten. Siehe Peter Zorns Biblioth. antiquar. exeget. …
  Dem Alexander Morus, in Notis ad h.l. gefället: gynē exousia tou andros. Man findet aber in den alten Abschrifften keines von beyden. Die meisten verstehen durch exousian eine Höhle, oder Decke, wie denn auch Theodoretus dieses Wort durch kalymma erkläret. Siehe Johann Christoph Wolffens Cur. Phil. ad h.l. …
  Jacob Elsner, welcher dieser Meynung beypflichtet, schreibet, die Decke auf dem Haupte sey ein Zeichen der Macht des Mannes gegen das Weib, weil die Jungfrauen mit unbedecktem Haupte gegangen wären. Wie kan aber die Decke auf dem Haupte des Weibes ein Zeichen der Macht seyn wie es hier nöthig ist, da es vielmehr ein Zeichen der Unterthänigkeit ist? Wie wohl auch aus der Antiquität nicht einmahl erkläret werden kan, das exousia eine Decke bedeute. Colomesius, welcher durch exoutian, imperium, einen Haupt-Schmuck verstehet, wird von Zeltnern, in diss. de munimento … widerleget. Der ungenannte, welcher Tom. VI. Observat. Hallensium, … eine Fontange darunter angedeutet haben will, verdienet keine Widerlegung.  
  Ludovicus Capellus, Johann Clericus, und andere, wollen die wahre Bedeutung des Wortes exousia in dem Ebräischen [ein Wort Hebräisch] finden; Zeltner beweiset, daß solches einen Weiber-Rock, der bis auf die Füsse gehet, bedeute. Er will aber behaupten, daß das Griechische Wort am besten durch [ein Wort Hebräisch] munimentum et propugnaculum, ausgedrücket werde. Es scheinet aber, daß das Wort exousia besser aus dem Griechischen als aus dem Ebräischen erkläret werden könne. Nortonus, Knachtbull, Hombergk, Majus, Deyling, und andere, behalten die eigentliche Bedeutung des Wortes exousia; Es gefället aber dem gedachten Verfasser nicht, daß sie diese Macht von der Herrschafft des Mannes über das Weib erklären, und echein durch halten, erkennen übersetzen. Seiner Meynung nach, müssen die Worte: Opheilei hē gynē exousian echein, also gegeben werden: Das Weib soll eine Macht haben.  
  Was die andere Redens-Art, epi tēs kephalēs, betrifft, so erklären alle, welche exousian nach einer Figur annehmen, oder aus dem Ebräischen auslegen, kephalē eigentlich das Haupt, und epi kephalēs soll eben so viel, als kata kephales, auf dem Haupte, bedeuten, wie vornehmlich Raphelius, Annotat. ex Herodoto … zu behaupten suchet.  
  Andere verstehen durch epi Tēs kephalēs, in se, super se, oder supra caput suum. Siehe Hombergks Parerg. … Ingleichen Johann Heinrich Maji Observat. …
  Noch andere als Knachtbull und Deyling, erklären kephalē durch Mann, nach V. 3. und Ephes. V. 23. echeō aber wird vor kathechein genommen, und epi kephalēs soll heissen: In dem Mann. Obgedachter Verfasser aber übersetze  
  {Sp. 22}  
  solches: Unter dem Manne, unter der Herrschafft des Mannes. Er sagt, epi bedeute nicht selten so viel, als unter der Herrschaft: Isocrates, Panegyric. p. 144. erkläre ouph' hōn bald darauf durch epi hygemonias. Was ist aber durch dia tous angelous zu verstehen?  
  Jacob Gothofredus ist wiederum so kühn, daß er meynet, es müste dia tous agoulas geschrieben, und dadurch eine Menge Jünglinge verstanden werden. Diese Meynung hat unter andern Heumann, Poecil. … sattsam widerleget.  
  Gleiche Kühnheit gebraucht Clericus, wenn er vorgiebt, man könne, vor dia tous angelous vielmehr dia tous andras, wegen der Männer, oder dia tēs angelias, d.i. zu der Zeit, da ein Weib die Lehre, die ihm von GOtt offenbahret worden, lesen. Unter denen, welche das Wort angelos behalten, verstehet Knachtbull ad h.l. … durch dia tous angelous, GOttes wegen, welcher durch die Engel die Menschen erschaffen, und nicht lange nach der Schöpffung dem Weibe das Gesetz der Unterthänigkeit ausdrücklich gegeben habe.  
  Andere stellen sich unter angelous die Lehrer der Kirche und die Bischöffe vor, welche aber nicht nur Heumann, sondern auch Johann d‘Outrein, in einer Dissertation von der Bedeckung der Weiber um der Engel willen, über 1 Corinth. XI, 10. welche in Biblioth. Bremensi … zu lesen ist, widerleget. Von diesen gehen wenig ab, welche die Männer, Jünglinge, oder heilige und gläubige Menschen, verstehen. Siehe Wolffen.
  Es wird aber das Wort angelos, wenn es allein stehet, wohl nirgends von den Menschen genommen. Johann Lightfoot, Hor. Hebr. et Talmud. … meynet, dieser Ort müsse also verstanden werden, daß denen Weibern von einem Engel Erlaubniß gegeben werde, das Gesicht vor den Braut Werbern so wohl, als vor den Männern selbst, zu entblößen.  
  Gerhard Crösius, ingleichen Heumann, Poecil … nehmen zwar angelos von Menschen an, verstehen aber allhier Kundschaffter, oder Spione, so von den Heyden, der Christen Aufführung zu erforschen, geschicket worden wären, und beruffet sich der letztere vornehmlich auf Tertulliani Apolog. … Diese Erklärung scheinet mehr nach der Gelehrsamkeit, als nach der Einfalt, zu schmecken. Demnach verstehet offt gedachter Verfasser der Dissertation, durch tous angelous, die von GOtt in der höchsten Vollkommenheit erschaffenen Geister; Er hält es aber nicht mit Zeltnern, welcher meynet, die Weiber müsten darum eine Decke wider die bösen Engel über sich haben damit dieselben nicht, wenn das Haupt und Gesichte entblösset wäre, Gelegenheit nähmen, böse Begierden zu erwecken.  
  Das Wort angelos wird in der heil. Schrifft sehr offt von den guten Engeln gebrauchet, und wie d‘Outrein anmercket, mit dem Artickel, allezeit von den guten Engeln in dem N. Testamente genommen; welche Bedeutung vor diesen Ort auch am bequemsten ist. Der Verstand dieses Verses ist also, nach des Verfassers erachten, dieser:  
  Wie die guten Engel, unter der Herr-  
  {Sp. 23|S. 25}  
  schafft des grossen Gottes, nicht wenig Macht haben; Also sollen auch die Weiber, ob sie schon den Männern unterthan sind, in Verwaltung des Hauß Wesens, Gewalt haben.  
  Zu Erläuterung dieser Schrifftstelle wird auch nicht undienlich seyn, wenn man M. Samuel Friedrich Buchers Antiquitates de velatis Hebraeorum et Graecorum foeminis, die 1717. zu Pirna in 12. an das Licht getreten sind, nachlieset. Der Verfasser führet den Gebrauch der Hebräer, das Weibsvolck verdeckt zu halten, und sonderlich des Hebräischen Frauenzimmers Haupt-Decken, fein aus; Er hat auch die Gebräuche der Griechen, die hieher zielen, und zuletzt auch anderer Nationen mitgenommen. Derselbe hat auch in eben demselben Jahre, in gedachtem Formate und an eben dem Orte, einen eben also ausgearbeiteten Tractat, de conclusis Hebraeorum foeminis, drucken lassen.  
     
  Ob die Weiber Menschen sind?  
  Diese alberne Meynung, daß die Weiber keine Menschen wären, hat schon gegen Ausgang des 6 Jahrhunderts ein Bischoff auszubreiten sich unterstanden, wie Osiander in seiner VI. Cent. Histor. Eccles. … schreibet, welcher in dem dritten Synodo Matisconensi seine Weisung bekommen müssen. Doch hat vornemlich zu dieser Frage ein ungenannter Autor Gelegenheit gegeben, welcher in dem Jahr 1545. (oder 1595). ohne Benennung des Druckers und des Ortes, eine Schrifft in dem Drucke hat erscheinen lassen, in welcher er sich unterfangen, zu erweisen, daß die Weiber keine Menschen wären.  
  Wie sich nun in demselben Menschen schon dazumahl der Geist der Boßheit regte, welcher jetzo so viele treibet, allerley ungereimte, in dem Worte GOttes, der wahren Historie, und gesunden Vernunfft nicht gegründete Sachen, nur zu dem Ende in die Welt hinein zu schreiben, daß sie sich einen Nahmen machen und ihr Ingenium zeigen möchten; Also machte dieselbige Scarteque zu der Zeit groß Aufsehens, und gab zu vielen Raillerien und Spötterreyen Anlaß, zog auch, wie einige melden, Theologische Responsa von Leipzig und Wittenberg nach sich.  
  Dieses bewog Simon Gediccium, den damahligen Magdeburgischen Hof-Prediger und Doctor Theologiä, daß er in eben demselben Jahre eine Wiederlegungs Schrifft, unter dem Titel: Defensio sexus muliebris, zu Leipzig, 1595. in 4. an das Licht stellte. In der Vorrede giebt er dem ungenannten Verfasser eine gute Reprimande, und sagt, daß er nichts gethan, als des Heydnischen Philosophen Chrysippus Irrthum aufgewärmet, welcher gesagt, daß die Natur dem männlichen Geschlechte das weibliche zugesellet, gleichwie sie dem Pfaue die Schönheit des Schwantzes ertheilet habe: Und daß, wenn er sein fähig Ingenium hätte sehen lassen wollen, er solches in einer andern Materie hätte thun können.  
  Er gesteht ihm bald anfangs nicht zu, daß seyn Muthwillen aus der heil. Schrifft zu erweisen  
  {Sp. 24}  
  sey. Denn da jener vorgegeben, das Weib werde nirgends ausdrücklich in der Bibel ein Mensch genennet, so zeiget er aus Matth. XIX, 4. 1 Mos. I, 27. 2 Maccab. VII, 28. das Gegentheil, führet auch an, wie die Wörter: Dreyfaltigkeit, homoousios, und dergleichen, nicht speciell in der Schrifft stehen, und doch ihre Richtigkeit haben. Auf den Einwurff, das Weib sey nur eine Gehülffin des Menschen, nicht aber der Mensch selber, antwortet er, das Caph sey in dem Worte [ein Wort Hebräisch], 1 Mos. II, 18. nicht eine Note der Vergleichung, sondern der Bestätigung und ungezweifelten Beschreibung, daß sich also das Gleichniß von der Feder, welche nicht selbst der Schreiber, und dem Hammer, der nicht selbst der Schmidt sey, hieher nicht schicke.  
  Spricht gleich der Apostel Paulus 1 Corinth. XI, 7. Der Mann ist Gottes Bild und Ehre, das Weib aber ist des Mannes Ehre; So ist doch hieraus nichts zu schliessen, als daß das Weib dem Manne unterworffen sey, dieser aber seine Schuldigkeit gegen sie auch nicht vergessen solle. Sagt er auch schon Röm. V. Durch einen Menschen ist die Sünde in die Welt kommen; So folgt doch nicht, daß das Weib kein Mensch sey, weil sie so wohl, als Adam, ja noch eher, als er gesündiget hat. Daß Christus Matth. XXV, das Weh über die Schwangern und Säugern rufft, kan hier nichts sagen, weil er auch über den Judas, und andere böse Manns-Personen, dergleichen gesprochen hat, dieses geschah aber aus Mitleiden.  
  Die Weiber hat GOtt nicht beschneiden lassen wollen, weil sie der Beschneidung nicht fähig sind; Inzwischen gehörten sie doch auch in den Bund, und ihrer war ebenfalls die Verheissung. Daß der ungenannte Verfasser geschrieben, GOTT habe in der Schrifft die Weiber allezeit gelobet, wenn sie böse gethan, darüber eyfert Gediccius billig, und sagt, er behaupte dergleichen aus keiner andern Absicht, als daß er das weibliche Geschlecht zu den grössesten Sünden verleiten wolle. GOtt sey nicht ein GOtt, dem gottloß Wesen gefällt. Die Casbi, jenes Midianitischen Fürsten Tochter, die Jesabel, die Sapphira, und andere, wären exemplarisch genug gestrafft worden. Die Thamar sündigte allerdings gröblich; Und ob sie schon, nebst andern Sündern, in dem Geschlecht-Register Christi befindlich, so ist doch nichts anders dabey zu dencken und abzunehmen, als daß es ein theuer werthes Wort sey, daß JEsus Christus kommen in die Welt, die Sünder selig zu machen.  
  Von dem ehebrecherischen Weibe, welches Christus absolvirte, weil er kein politischer und bürgerlicher Richter war, schreibet Augustinus wohl:  
  Die Ehebrecherin ist geblieben, und der HErr ist geblieben, die Verwundete und der Artzt, es ist ein grosses Elend und eine grosse Barmhertzigkeit geblieben, die herzuführenden sind erröthet, und haben um keine Verzeyhung gebe-  
  {Sp. 25|S. 26}  
  ten, die herzu geführte ist bestürtzt und geheilet worden.  
  Daß das Vater Unser und das Heil. Abendmahl auch vor die Weibs-Personen gelehret und eingesetzet worden, daß auch unter den Kindlein, die der HErr, Marci X, zu sich bringen heisset, Mägdlein zu verstehen seyn, beweiset der Verfasser bündig, und fertiget auf diese Weise alle sophistischen, hämischen und spöttischen Einwürffe des heyllosen Anonymus gründlich und in einer angenehmen Kürtze ab.  
  Der bekannte Bayle, gedencket dieser Schrifft in seinem Dictionario … in der Note A, unter dem Artickel: Gediccus, gleichfalls, setzet aber hinzu, Gediccus seel. habe die rechte Absicht des ungenannten Verfassers, welcher mit seinem rechten Nahmen Acidalius geheissen, keinesweges eingesehen, denn es sey nichts anders, als eine hefftige Satyre wider die Socinianer gewesen, welche die Gottheit Christi, und daß er mit dem Vater gleiches Wesens, leugnen. Diesen habe er auf eine lächerliche Art anzeigen wollen, wie absurd sie schliessen, denn man könne auf eben die Weise auch aus der Schrifft erweisen, daß die Weiber keine Menschen wären. Eben dergleichen Gedancken hat Bayle schon vorher, in seinen Nouvelles de la Republ. des Lettr. … gehabt. Allein dieses mag unter die Einfälle gehören, dergleichen man in Baylens Schrifften noch mehr findet, und welche die Gelehrten an ihm gewohnt sind.  
  Zum wenigsten ist so viel gewiß, daß der ungenannte Verfasser, wenn er auch in dieser Absicht geschrieben hätte, so doch nicht zu vermuthen stehet, seinen Zweck nicht erreichet haben würde; indem das nicht die rechte Art ist, die Irrgläubigen zu rechte zu bringen, wenn man mehr Ärgerniß anrichtet, als man gutes stifften kan. Gediccus hat demnach hohe Ursach gehabt, sich dieser Bosheit entgegen zu setzen, welches auch andere zu selbiger Zeit gethan haben. Denn so hat M. Andreas Schoppius, Pastor Primarius zu Wernigerode, Clypeum gloriae conscientiaeque foemininae, quo ostenditur, foeminas re vera esse homines, ediret. Siehe Johann Fabricii Hist. Biblioth. suae …
  Daniel Wilhelm Mollerus ließ eine Schrifft, unter dem Titel: De mulieribus hominibus, an das Licht treten. In Holland schrieb Beverovicius de Excellentia foeminarum Sorbiere nennt dieses ein galant und gelehrtes Werck, und sagt, er habe nichts vergessen, was zu der Avantage des weiblichen Geschlechtes diene, auch mit viel Exempeln und bündigen Vernunfft-Schlüssen recht nachdrücklich erwiesen, daß sie weder an dem Leibe, noch an dem Gemüthe, geringer als die Männer wären. Siehe dessen Ep. 63. …
  Der verkappte Vigneul Marville führet in seinen Melanges … einen Italiener an, welcher statuiret, die Weiber hätten keine Seele, wären auch keine Menschen. So hat man schon in vorigen Zeiten ärgerliche und unnütze Dinge in die Welt hinein geschrieben.  
  Wir haben vorhin erinnert, daß Bayle die gedachte Charteque dem Valens Acidalius, einem Apostata und Criticus  
  {Sp. 26}  
  zu Breßlau, zuschreibe; doch wollen andere den berühmten Juristen Jacob Cujacius, oder aber noch einen andern, für den Verfasser halten. So viel ist gewiß, daß von den meisten gedachte Schrifft dem Acidalius beygeleget wird, und daß ihn die Gelehrten auch sogar noch bey seinen Lebzeiten für einen Urheber dieses gelehrten Pasquilles gehalten haben. Dieses vermuthet Bayle daher gekommen zu seyn, weil der Acidalius dasselbe das erste mahl zum Drucke befördert hat. Denn er hatte vorher bey einem gewissen Buchführer den Quintus Curtius drucken lassen; und da derselbe die Exemplarien nicht allerdings nach seinem Wunsche distrahiren konnte, und sich dahero bey dem Acidalius beklagete, daß er in der Auflage gar grossen Schaden litte: Da gab er ihm diese Dissertation, mit der Versicherung, daß dieselbe von vielen mit grosser Mühe abgeschrieben, und gar plaisant aufgesetzet, und also geschickt wäre, ihm den vorigen Verlust zu ersetzen, wenn er dieselbe öffentlich zu distrahiren Freyheit haben solte. Ohngeachtet er sich nun dieses ausdrücklich bedungen, daß er mit dem Drucke desselben nichts zu schaffen haben, sondern es auf die Gefahr des Verlegers ankommen lassen wolle, wenn etwan eine Verantwortung deshalben von ihm gefordert werden solte: So ließ sich doch derselbe von seinem Vorsatze nicht abwendig machen, sondern legte das Werckgen unter die Presse, und brachte dadurch den Acidalius in ein solches Wunder, daß er gewünschet haben solte, er hätte die Dissertation niemahls mit Augen gesehen.  
  Er ward von dem einen hie, von dem andern da, so wohl schrifftlich, als mündlich, angezapffet. Es geschahe keine Predigt auf der Cantzel, darinnen der Acidalius nicht durchgezogen ward. Er muste besorgen, daß die Canaille wider in aufstehen, und ihm den Halß brechen werde: Wie es ihm dennoch übel ergangen seyn würde, wenn er länger gelebet hätte. Allein so war es sein Glück, daß er in eben demselben Jahre starb, in welchem die Charteque publiciret war. Es mögen sich die Geschicht-Schreiber darüber vergleichen, ob er sich selbst erwürget, oder ob er in der Proceßion bey seinen Catholicken, zu welchen er übergegangen war, in eine Wahnsinnigkeit gerathen und darinnen gestorben sey, oder ob er sich mit seinem vielen Studiren ein hitziges Fieber über den Halß gezogen, und dadurch sein Leben in dem 29 Jahre seines Alters eingebüsset habe? Denn alle diese drey Meynungen sind von der Art seines Todes dazumahl in die Welt ausgestreuet worden.  
     

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Stand: 26. Februar 2013 © Hans-Walter Pries