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Zedler: Weib [3] HIS-Data
5028-54-1-2-03
Titel: Weib [3]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 54 Sp. 9
Jahr: 1747
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 54 S. 18
Vorheriger Artikel: Weib [2]
Folgender Artikel: Weib [4]
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Bibel
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden

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Übersicht
Stellen der Heiligen Schrifft, worinnen der Weiber gedacht wird 2)-8)

  Text   Quellenangaben
 
2) 5 Mos. XVII, 17. Der König soll nicht viel Weiber nehmen.
 
 
  Nach dem Hebräischen: Er soll sich nicht die Weiber vermehren. Dieses Gebot verstehen die Rabbinen nicht so, als ob der König nur ein Weib, und nicht mehr haben solle; Sondern sie sagen, daß er nicht gar zu viel Weiber nehmen möchte, wie kurtz zuvor von den Rossen befohlen sey, daß er derselben auch nicht zu viel halten solle.
 
 
  Die Zahl der Weiber nun die ein König haben möchte, setzen die Jüden auf achtzehen: Mehr zu nehmen, sagen sie, sey bey ihnen verboten gewesen; Doch habe er dabey die Freyheit gehabt, einer jeden einen Scheide-Brief zu geben, und, an deren Statt, wieder andere zu nehmen: Und was dergleichen mehr ist.
 
 
  Allein solches alles läufft wieder das Gesetz, als welches hier dem Könige keinesweges eine gewisse Zahl Weiber verstattet, über welche er keine mehr haben dürffe; Sondern er verbeut ihm schlechterdings, viel Weiber zu nehmen. Daß seyn Hertz nicht abgewand werde, nemlich von dem Herrn, und dessen Gesetz, als welches durch ausländische Weiber gar leicht geschehen konnte, wie Salomons Exempel ausweiset
1 Kön. XI, 4.
 
  Hiernächst mochte es auch wohl darum mit vorboten seyn, damit der König nicht, durch Umgang mit vielen Weibern, zu weibisch werden, und also nicht mehr geschicket seyn möchte, Land und Leute zu regieren, oder sonst rühmliche Dinge auszuführen. Überdieß auch, damit das Volck nicht dem Exempel des Königs folgen, und in gleicher Wollüstigkeit, oder Lust-Seuche, leben möchte. Ja endlich, damit nicht, wegen der Menge der zu vielen Königlichen Weiber und von ihnen erzeugten Kinder, die Unterthanen mit gar zu grossen Gaben beleget werden möchten.
 
 
3) Jesaiä XLIX, 15. Kan auch ein Weib ihres Kindes vergessen?
 
 
  Woher mag es doch kommen, daß gemeiniglich Mütter eine zärtere Liebe zu ihren Kindern, als die Väter, haben? Des Aristoteles Gedancken sind nicht zu verwerffen, welcher es zweyerley Ursachen zuschreibet, indem er saget:
 
 
  Die Kinder werden mehr von ihren Müttern geliebet, weil ihnen derer Geburt nicht nur sauer ankömmt, sondern sie auch besser, als die Väter, wissen, daß sie die ihrigen seyn.
 
 
  Wir lassen dieses anjetzo unangefochten: Denn, weil die Kinder denen Müttern säurer ankommen, als den Vätern, in dem ein Vater sein Kind durch Lust im Beyschlaff zeuget, Weisheit VII, 2. so der armen Mutter hingegen versaltzen wird; So ist auch nachmahls die Liebe desto grösser, je säurer ihr Kind zu gebähren und zu erziehen ist. Da ferner ein Vater von seinem Kinde nicht gewiß sagen kan, daß es seine sey, sondern es nur auf die Treue seines Ehegattens ankommen lassen muß; So ist hingegen eine Mutter gewiß, daß es ihr Kind sey, daß sie es, und nicht eine andere, zur Welt gebohren hat.
 
 
  Allein diese Muthmassungen scheinen nicht gnugsam zu seyn; Vielmehr ist zu urtheilen, daß es daher rühre, weil eine Mutter zu ihrem Kinde mehr, als wohl der Vater beyträget. In ihrem Leibe wird es empfangen, aus ihren Bluts-Tropfen empfähet ist das Wesen, und leget es in die 9 Monat unter ihrem mütterlichen Hertzen, mit welchem es dem-
 
  {Sp. 10}  
 
  nach mehr Gemeinschafft hat, und daher auch lieber von den Müttern gehalten werden muß. Dieses wird storgai genannt, welches natürliche Bewegungen des Hertzens (Motus naturales cordis) sind, und mit welchen es also bewandt ist, daß sich dieses mit einem solchen Bluts-Verwandten entweder freuet, oder betrübet.
 
 
4) Joh. II, 4. Weib, was hab ich mit dir zu schaffen?
 
 
  Anderweit hören wir, daß Jesus seinen Eltern unterthan gewesen,
Lucä II, 51;
 
  Allein nun war er ein anderer Mann, den seine Mutter selbst, als den Herrn des vierdten Gebotes, zu respectiren hatte; Er hatte nun, als der Meßias, sein Amt angetreten, und da hatte das mütterliche Befehlen ein Ende.
 
 
  Mit was Ehrerbietung begegnete nicht Salomo, als ein Sohn, seiner Mutter Bathseba? Doch, da er als ein König mit ihr reden muste, lautete es gar anders,
1 Kön. II, 19, 22.
 
  Neumeister giebet denenjenigen nicht Beyfall, welche dafür halten, Maria habe mit den Worten; Sie haben nicht Wein, Jesum erinnern wollen, er solle aufstehen, und mit seinen Jüngern nach Hause gehen, weil kein Wein mehr vorhanden wäre, die Gäste länger zu bewirthen. Weswegen auch die Antwort: Meine Stunde ist noch nicht kommen, also anzunehmen wäre: Es ist mir noch nicht gelegen nach Hause zu gehen.
 
 
  Obgedachtem Gottesgelehrten scheinen die Worte: Was er euch saget, das thut, allerdings anzuzeigen, daß Maria in dem Sinne gehabt habe, ein Wunder-Werck von ihm zu erlangen. So will er auch Vechneri Meynung nicht für zugänglich halten, daß Jesus unwillig geworden sey, weil ihn Maria in seinen erbaulichen Gesprächen gestöhret hätte. Dem sey nun, wie ihm wolle, so ist doch nicht zu läugnen, daß Maria gemeynet, sie als Mutter, habe noch ein Wort zu sprechen Macht. Solches erscheinet aus dem Grund-Texte, allwo die Formul: Was hab ich mit dir zu schaffen, eine Ebräische Redens-Art ist, welche eigentlich diesen Verstand hat: Was hast Du dich um Sachen zu bekümmern, derer du nicht befugt ist? Wie eben dergleichen Richt. XI, 12. 2 Sam. XVI, 10. Esra IV, 3. vorkommt. Jesus wolte also der Maria deutlich zu verstehen geben, daß ihr nicht gezieme, ihm in den Wercken seines Amtes etwas vorzuschreiben.
 
 
5) Joh. XIX, 26. Weib, siehe, das ist dein Sohn.
 
 
  Hier verwundern sich etliche, warum sie der liebste Heyland Weib, und nicht Mutter, nennet. Etliche wollen, es sey darum geschehen, damit sie nicht auch in Gefahr kommen möchte, wenn man hörete, daß sie seine Mutter sey. Andere sagen, es sey bey den Jüden gebräuchlich gewesen, ihre Mütter Weiber zu nennen. Etliche geben vor, daß er ihr hiermit habe anzeigen wollen, wie sie künfftig in einen solchen elenden Jammerstand gerathen, daß sie ein von Hertzen betrübtes Weib seyn werde.
 
 
  Mantuanus will, daß es darum geschehen sey, daß er mit dem lieblichen Mutter-Nahmen ihren Schmertz nicht habe vermehren wollen. Barradius aber, daß er ihr hiermit habe seine Gottheit anzeigen wollen, daß er seiner Mutter Herr und Vater sey. Diese Ursache setzet auch Luther, daß Johannes mit besonderem Bedachte solches Wortes nicht habe vergessen wol-
 
  {Sp. 11|S. 19}  
 
  len, des Herrn Christi Gottheit wieder den Cerinthus zu erweisen. Andere wollen, es habe sie der liebste Heyland hiemit der ersten Verheissung von dem gebenedeyeten Weibes-Saamen erinnern, und so viel zu ihr sagen wollen: Siehe, Weib, jetzund fühle ich den Fersen-Stich und Schmertz der höllischen Schlange, aber dadurch soll ihr der Kopff zertreten werden,
1 Mos. III, 15.
 
  Und weil der Heyland diesen Titel auch auf der Hochzeit zu Cana in Galiläa gebrauchet, da er aus Wasser Wein gemachet, Joh. II, 4. so hat er hiermit andeuten wollen, daß sie in seinem Erlöser-Amte kein Mutter-Recht zu ihm habe, und bey ihr kein Unterschied für andern Weibern sey, wie nicht allein Ammonius Alexandrinus, sondern auch Franciscus Lucas Bürgensis, erinnern.
 
 
  Wir sagen, daß er sie nicht Mutter, sondern Weib genennet habe, entweder aus heiliger Fürsichtigkeit, daß er sie, wie gedacht, nicht in Gefahr setzen möge, wenn sie erkannt werden solte: Oder auch aus Liebe und wohlgeneigtem Gemüthe, weil er ihr mütterliches Hertz, das schon betrübt genug war, nicht weiter hierdurch betrüben und kräncken wolte. Da zeigte er nun auf Johannem und sagte: Weib, siehe, das ist dein Sohn. Der Jesuit Drexelius will, Christus habe nicht so wohl den Johannes, als sich selber, gemeynet, und sagen wollen: Siehe, Weib, das ist dein Sohn, der hier an dem Creutze hänget, den du weyland zu Bethlehem in die Krippe geleget, den du mit deinen Brüsten gesäuget hast, u.s.w. Der ist jetzt zwischen zweyen Mördern und Übeltäthern an das Creutz aufgehencket. Auf der Hochzeit zu Cana in Galiläa war weiland meine Stunde noch nicht gekommen, Joh. II, 4. Aber jetzt ist sie gekommen.
 
 
  Wiewohl nun die Worte Jesu solchergestalt appliciret werden können, so geben doch alle Umstände, daß Jesus hier nicht auf sich, sondern vielmehr den Johannes sehe, und wenn er zu seiner Mutter spricht: Siehe, das ist dein Sohn, er so viel sagen wolle: Ich bin zwar dein Kind, und der Sohn, den du gebohren hast; Allein es wird nun nicht lange mehr währen, so werde ich den Weg alles Fleisches gehen müssen; Meyne aber darum nicht, daß du gantz verlassen seyn werdest, siehe; Johannes soll an meiner Statt stehen, der soll dich versorgen, verpflegen, und dir alles thun, was ein wohlgearteter Sohn seiner Mutter immermehr thun mag. Sie solle demnach nunmehr auch ihn für ihren Sohn erkennen, und weil sie ihren natürlichen Sohn verlohren habe, solle sie diesen, an seiner statt, auf- und annehmen; fast, wie die Römischen Rechte einer Witwe zu liessen, daß, wenn ihr Sohn in einer Schlacht, oder einem Treffen, umgekommen war, sie einen andern, an dessen Statt, adoptiren durffte.
 
 
6) 1 Corinth. VII, 29, 30. Weiter ist das die Meynung, die da Weiber haben, daß sie seyn, als hätten sie keine; Und die da weinen, als weineten sie nicht; Und die sich freuen, als freueten sie sich nicht; Und die da kaufen, als besässen sie es nicht.
 
 
  Diese Regeln, so sich leichter hören, als practiciren lassen, kamen denen wiedergebohrnen und geheiligten Christen zu Corinth, darinnen mehrentheils reiche, wohlhabende Kauffleute, Künstler und Handwercker waren, gar fremde vor, daß
 
  {Sp. 12}  
 
  auch die, welche, Hurerey und Unzucht zu vermeiden, ein Weib genommen hatten, seyn solten, als hätten sie keines; Da doch Salomo saget: Lass dich ihre Liebe allezeit ergötzen, habe du sie alleine, und kein Fremder mit dir. Freue dich des Weibes deiner Jugend,
Sprüchw. V, 19, 20.
 
  Die da weinen, solten seyn, als weineten sie nicht; Da doch Weinen seine Zeit hat, Lachen auch, Freuen und frölich seyn,
Pred. III, 4; VII, 15;
 
  Wie können die Hochzeit-Gäste Leide tragen, solange der Bräutigam bey ihnen ist?
Matth. IX, 15.
 
  Ja, Paulus selbst heisset uns freuen mit den Frölichen, und trauren mit den Traurigen,
Röm. XII, 15.
 
  In was Meynung redet er denn nun hier zu denen Kauffleuten im Corinth: Die da kaufen, sollen seyn, als besässen sie es nicht: Warum kaufft man es denn, wenn man es nicht besitzen will? Wo bleibet das alte Sprüchwort: Eigen Heerd, Goldes werth. Oder, wie Syrach gesinnet ist: Es ist besser, geringe Nahrung unter einem eigenen bretternen Dache, denn köstlicher Tisch unter den Fremden,
Cap. XXIX, 29.
 
  Wie verstehet und meynet denn Paulus? Die Erklärung folget bald darauf: Und die dieser Welt gebrauchen, sollen sehen, daß sie die Welt nicht mißbrauchen, denn das Wesen dieser Welt vergehet; Ich wolte aber gerne, daß ihr ohne Sorge wäret; Das ist die Weise, wie diejenigen, so Weiber haben, seyn können, als hätten sie kein Weib, die da weinen, als weineten sie nicht, die sich freuen, als freueten sie sich nicht, die da kauffen, als besässen sie es nicht; Nemlich, wenn sie dessen nicht mißbrauchen, was sie lieben, was sie kauffen, was sie haben, und was sie besitzen.
 
 
  Sie mißbrauchen aber der Weiber, des Traurens, der Freude, des Kauff- und Verkaufens, nicht allein durch Geilheit, List, Betrug, Gewalt und Verachtung anderer, sondern auch durch allzugrosses Trauen und Mißtrauen; durch Trauen, wenn sie meynen, die Freude und das gegenwärtige Gut werde ewig währen; Durch Mißtrauen aber wenn sie sorgen, sie müssen in dem Trauren verderben und umkommen. Darum giebt Gott Wechselsweise Leid und Freud, eines um das andere, damit niemand sein Vertrauen auf das Zeitliche setzen, niemand auch der da weinet, verzweiffeln solle; Denn es kan vor Abends wohl anders werden,
Syrach XVIII, 26.
 
  Den Corinthern aber hat diß der Apostel sonderlich einbilden wollen, weil in selbiger reichen Stadt der Reichthum und Nahrung ihnen Gelegenheit gab, zu Sicherheit, Unrecht, Hader, und Zwietracht, zu Vervortheilung der Brüder,
1 Corinth. VI, 1. 8.
 
  Ja auch zu Unzucht und Unerbarkeit,
Cap. V.
 
  Zu eingebildeter Freyheit, es stünde ihnen frey, daß sie mit den Götzen-Knechten zu der Messe und Mahlzeit gehen möchten,
Cap. VIII, 10.
 
  Die Reichsten unter ihnen mögten besonders das H. Abendmahl halten, da kein Armes dazu käme wie sie thaten,
Cap. X und XI;
 
  Sie möchten in ihrem besten Schmucke zu dem Abendmahle gehen, Weiber und Jungfrauen die Haare kräuseln und zu Felde schlagen, das solten die Armen nicht thun,
Cap. XI.
 
  Ja, die Reichen wolten auch verbotene Künste treiben, wahrsagen, Nativität stellen,
Apostel-Gesch. XIX, 10.
 
  welche Excesse alle Chrysostomus, in der Vorrede über diese Epistel allegiret,
 
  {Sp. 13|S. 20}  
 
  da er die Ursach anzeiget, warum vor andern die Bürger zu Corinth hiervon abzumahnen gewesen seyn, nemlich, weil der Teuffel aus der Einwohner grossem Reichthume, Kunst und Weisheit, Gelegenheit gewonnen hat, ihnen Strick und Garn zu legen. Daher saget auch der Apostel gleich Anfangs zu ihnen: Ich kan mit euch nicht reden und handeln als Geistlichen, u.s.w. Und Cap. IV, 8. spricht er: Ihr seyd schon satt worden, u.s.w. Ingleichen V 24: Nicht schreibe ich solches, daß ich euch beschäme, u.s.w. Aus welchen allen zu ersehen ist, daß Paulus mit den Handelsleuten zu Corinth mehr Mühe, als mit andern Städten, gehabt hat, ihnen die Liebe des Zeitlichen aus dem Sinne zu bringen.
 
 
7) 1 Corinth. VII, 39: Ein Weib ist gebunden an das Gesetz so lange ihr Mann lebet: so aber ihr Mann einschläfft, ist sie frey, sich zu verheyrathen, welchen sie will, allein, daß es in dem HErrn geschehe.
 
 
  Der Apostel redet ausser allem Zweiffel allhier von dem ehelichen Liebes Gesetze, durch welches Mann und Weib dermassen einander verbunden sind, daß nicht nur der Mann seinen Vater und Mutter verlassen und an seinem Weibe hangen muß, 1 Mos. II, 24. sondern auch das Weib verbunden ist, dieweil der Mann lebet, Röm. VII, 3. daß sie keinen andern freyen darff. Denn obwohl in dem Alten Testamente, um der Juden Hertzens-Härtigkeit willen, dem Manne vergönnet war, sich von seinem Weibe zu scheiden, und ihr einen Scheide-Brief schreiben zu lassen; so hatten doch hergegen die Weiber dergleichen Freyheit nicht, daß sie, nach ihrem Belieben, sich hätten dürffen von den Männern scheiden lassen, sondern, solange der Mann lebte, war sie an das Gesetz gebunden, daß sie keinen andern nehmen durffte, wenn sich der Mann nicht von ihr hatte scheiden lassen. So aber ein Mann entschläfft, ist sie frey, sich zu verheyrathen, welchem sie will, allein, daß es in dem Herrn geschehe. Die Juristen sagen in ihrem Corpore Juris: "Die Ehen erreichen ihre Endschafft erst im Tode, als welcher alles auflöset.“
 
 
  Es sind zwar etliche unter den Heyden gewesen, welche vermeynet haben, die Ehen wären auch nach dem Tode bündig und kräfftig; erlaubten dahero keinem Theile zu freyen, welchem sein Ehegatte gestorben war. Allein Paulus weiß von solcher harten Verbindung nichts, sondern vergönnet ausdrücklich den Wittwen, daß sie, nach ihrer Männer Tode, wieder freyen durfften, und zwar, welchen sie wolten; allein, daß es in dem HErrn geschehe. Das ist wie es Theodoretus gar fein verstanden hat, daß sie einen Christlichen Ehemann sich ausersehen. Denn weil dazumahl viel Weibsbilder von dem Heydenthum sich zu dem Christenthume bekehret haben, da hergegen die Männer Heydnische Götzen-Diener geblieben sind, so haben die Christlichen Eheweiber ihre Heydnischen Männer nicht verlassen dürffen,
1 Corinth. VII, 13;
 
  Jedoch, so einer solchen Christlichen Matrone ihr Heydnischer Mann sterbe, und sie wieder einen andern nehmen wolle, so solle sie zusehen, daß sie in dem HErrn freyhe und einen solchen Mann nehme, der ein Christ sey, weil es sicherer und zu Fortpflantzung ihres Christenthums dienlicher.
 
 
8) Tit. II, 5: Weiber sollen häußlich seyn,
 
  {Sp. 14}  
 
  Nachdem der Apostel die Weiber zu der Keuschheit ermahnet, so ermahnte er sie auch gleichfalls zu der Häußlichkeit, das ist, er zeiget Gelegenheit und Wege, dadurch sie zu der Keuschheit gelangen können. Wie das Wort in der Grund-Sprache, oikourous, anzeiget, so sollen sie, wie es in dem Oriente gebräuchlich war, sich in den weit entlegensten Zimmern des Hauses einschliessen und aufhalten, damit sie nicht in weitläufftige Gesellschafften gerathen möchten. Denn diejenige Frauens-Person, die nicht zu Hause bleiben wolte, ward bey den Orientalischen Völckern für eine Hure gehalten; so gar, daß aus dem Hause gehen und eine Hure seyn, bey den Hebräern einerley war.
 
     

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Stand: 27. Februar 2013 © Hans-Walter Pries