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Text |
Quellenangaben |
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(n) |
Worte entfuhren Mosi, |
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- Psalm CVI, 33,
- 4 B. Mos. XX, 10.
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Dieses waren folgende Worte: höret ihr
Ungehorsamen, werden wir euch auch Wasser bringen aus diesem Felß? d.i.
GOtt wird euch kein Wasser geben. Dieser Zweifel und
Unglaube, welcher zur Verachtung der göttlichen Barmhertzigkeit bey dem
Volcke
gereichte, mißfiel dem grossen GOtt dermassen, daß Moses und
Aaron um
deßwillen nicht konnten ins Land Canaan hinein kommen.¶ |
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(o) |
Worte der Weisen sind Spiesse und Nägel, |
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Predig. Salom. XII, 11, |
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das ist, diese weise und vortreffliche Sprüche,
die bis ins |
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{Sp. 322} |
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Hertz durchdringen (wie Spiesse und Nägel tief
hinein gehen) sind zwar von vornehmen Personen, die der Israelitischen
Kirche vorstehen, zusammen gebracht worden, aber doch kommen sie
ursprünglich alle von einem allein her, nemlich vom Könige
Salomo, der als ein treuer Hirte seines
Volcks,
sie in dieses
Buch verfassen und beschreiben lassen. Aus diesen Worten
ist abzunehmen, daß auch andere Weise und verständige Leute etliche
feine Sprüche, die sie aus Salomons Munde gehört, aufgezeichnet haben,
welche doch Salomo hernach wieder übersehen, und verbessert hat, daß
also dennoch von Salomo mit Recht
gesagt wird; er habe dies Buch
gemacht.¶ |
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(p) |
Ein Wort geredet zu seiner Zeit, ist wie
güldene Äpfel in silbernen Schaalen, |
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Sprüchw. XXV, 11. |
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Die gelehrten Ausleger haben sich sehr bemühet,
zu erforschen, was das heisse: ein Wort geredt (al
ophnav) über seinen Rädern, oder nach Luthers
Übersetzung, zu seiner Zeit. |
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Cajetan und Jansenius
erklären es von denen nach der Rede-Kunst angebrachten
Gründen,
und allerhand Zierlichkeiten, deren man sich bedient. Hae enim sunt
rotae sermonis, in quibus vehitur sermo ad persuadendum et instruendum.
Denn diese,
schreibt Cajetan, sind gleichsam die Räder,
auf welchen die
Rede in die Ohren der Zuhörer geführet wird, sie zu
überreden, und zu
unterrichten. |
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Mart. del Rio, Novarin, Cornel a Lapide
suchen allerhand Gleichnisse zusammen, eine
geschickte
Rede mit Rädern
zu vergleichen, als welche rund sind und in ihren Gleissen hurtig dahin
lauffen. Dergleichen Beschaffenheit hat es, ihrer
Meynung nach, mit der Beredsamkeit, wenn einem die Worte
fein hurtig vom Munde gehen, daß er nicht anstösset. Zu dem Ende bringen
sie einige Stellen von
Lateinischen
Scribenten
bey, als daß Cicero de claris oratoribus eine
schöne Rede verborum aptam et rotundam connexionem nennet:
ingleichen da Horaz von den Griechen
sagt: |
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Grajis dedit ore rotundo
Musa loqui. |
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Nun wird zwar die
Sache
selbst nicht uneben hierdurch erkläret: es ist aber schwerlich zu
behaupten, daß Salomo mit seiner
Hebräischen
Redens-Art
dahin gesehen. Denn erstlich vergleicht er nicht die Worte, die
geredet
werden, mit Rädern, die hurtig daher lauffen; sondern wenn ja die
Bedeutung der Räder statt haben soll: so
sagt er nur, daß sie auf Rädern
herfahren. Danach bestehet die rechte Beredsamkeit nicht in der
Hurtigkeit der Zunge, daß ein Wort über das andere aus dem Munde
gleichsam herausfährt, sondern in der Gerechtigkeit der Worte, daß sie
füglich und der Sache gemäß, fein auf einander folgen, und sich
schicken. |
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Weil nun das Wort ophen bey den
Talmudisten noch heutiges Tags so viel bedeutet, als modum,
rationem
et circumstantiam, eine Art, Weise oder Umstand, (instar rotae
axem ambientis, rem cingens undique) welcher die
Sache
überall umgiebt, wie das Rad die Axe; also sehen wir nicht, warum |
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{Sp. 323|S. 175} |
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wir diese Bedeutung verwerffen solten. |
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Diese hat auch der gelehrte R. Aben Esra
erwählt und gemeynt, Salomo verstünde hier ein
Wort, welches auf geziemende Art und Weise
geredet werde, da man nicht
alles ohne Bedacht heraus
sagt; sondern alle Umstände wohl erwägt, und
redet, wie sichs gebühret. Dieses geschiehet, wenn man alle seine Worte
vorher auf die Goldwage legt, und erweget, mit wem? wenn? wie ? wo man
reden solle? und sie alsdenn erst vorbringe. Es ist gar zu bald
geschehen, daß einem ein Wort entfahre, ob man es gleich nicht so
meynet, |
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Syrach XIX, 16: |
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wie von Mose stehet, daß ihm etliche Worte entfahren, |
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Psalm CVI, 33. |
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Daher heisset al ophnav, nach seiner
Art, und also zu rechter
Zeit
reden. Denn, wenn ein Narr schon was gutes
redet, so taugt es doch nicht, denn er redet es nicht zu rechter Zeit. |
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Geiers Commentarius in Proverb. XXV,
11. p. 1337. u.ff.¶ |
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1 Timoth. IV, 6. |
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Hier
redet der Apostel von
logois,
Worten oder gewissen
Reden, die in und aus Worten bestehen. Er siehet
aber nicht auf gemeine menschliche Worte, wie man etwa im gemeinen
Leben
braucht, seines Hertzens
Gedancken
auszudrücken; sondern auch solche Worte davon er anderswo
sagt, |
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- 1 Corinth. II, 13.
- 1 Timoth. VI, 3.
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Diese preiset er ihm auch hier an. Damit man aber
wisse, was er damit meyne: so nennet er sie Worte des Glaubens, womit er
zu
erkennen giebt, daß er von Worten
rede, die allein
glaubwürdig sind,
und welchen jedermann Glauben beymessen müsse, wegen der höchsten
Wahrhaftigkeit dessen, der diese Worte rede und sage. Dieses ist eine
Sache,
die von keinem
Menschen
Worte
gesaget werden kan. Denn unter denselbigen ist keins unbetrüglich;
vielmehr heißt es: alle Menschen sind Lügner, |
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Psalm CXVI, 11. |
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Nur allein von den Worten des wahrhafften
GOttes kan dieses
gesagt werden, der ist nicht ein
Mensch,
daß er lüge, |
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4 Buch Mos. XXIII, 19, |
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sondern er ist der wahrhafte, |
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1 Johann. V, 20, |
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dessen Wort die
Wahrheit selbst, |
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Johann. XVII, 17. |
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Und darum kan auch solches Wort allein mit
ungezweiffelten Glauben angenommen werden. Hieraus ist nun abzunehmen,
daß der Apostel mit den Worten des Glaubens auf das wahrhafte göttliche
Wort, insbesondere aber auf die Worte, die den Glauben an
GOtt und Christum hervorbringen sehe. Denn dieses heißt
sonderlich das Wort des Glaubens, |
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Röm. X, 8; |
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die Predigt vom Glauben, dadurch man den Heiligen
Geist erhält, |
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Galat. III, 2. |
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Dieß ist nun nicht das
Gesetz,
denn das ist nicht des Glaubens, |
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v. 12; |
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sondern das Evangelium, das da lehret, daß Christus
der Welt Heyland sey, und dessen willen
GOtt uns zu
Gnaden annehmen und uns die Sünde vergeben will.¶ |
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(r) |
Lasset uns nicht lieben mit Worten noch
mit der Zungen, |
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1 Johann. III, 18. |
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Der Apostel setzet in diesen Worten sich und uns
Christen in eine Classe, und
sagt gleichsam: Meine Kindlein! wollen wir
beyderseits GOtt |
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{Sp. 324} |
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in unserer
Liebe gefallen, und zu
GOTT kommen, soll ich euer geistlicher
Vater euch ein
rechtes reines Vorbild der Liebe geben, und wollt ihr mir in der Liebe
nachahmen und folgen, ja wollen wir mit einander GOttes Kinder seyn, und
an unserer Liebe eine Versicherung der göttlichen Kindschafft haben, so
lasset uns nicht lieben mit Worten, und mit der Zungen. Lasset uns mit
keiner leeren Schein- und Heuchel-Liebe befleckt seyn. |
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Aus dem Gegensatze, worinne Johannes der Liebe
mit Worten und der Zunge, die Liebe mit der
That und
Wahrheit entgegen
setzet, können wir genugsam abnehmen, daß mit Worten und der Zunge
lieben, überhaupt eben so viel sey, als seine Liebe nicht im
Wercke und in
der That, sondern nur mit leeren, oder wohl gar mit falschen Worten
bezeugen. Dieses heist ein blosses tönendes Ertzt in seiner Liebe seyn. |
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Doch kan dieses auf mancherley Art geschehen,
welche wir summarisch anzeigen wollen, damit wir alle Gattungen der
Heuchel-Liebe vermeiden lernen: |
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1) |
Liebet man mit Worten und mit der Zunge, wenn man
zwar einige Liebe und Erbarmung im Hertzen hat, dieselbe aber anders
nicht als mit liebreichen guten Worten und Bezeugungen erweisen will, |
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1 Corinth. III, 20. |
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Wahre Christen sind gewohnt, nicht grosse
Dinge
zu
reden; sondern sie zu thun. So wenig der Nächste von der Lufft leben
kan: so wenig kan ihm auch mit leeren Worten gedienet werden. Bey einer
solchen Wort- und Zungen-Liebe ist man kein liebreicher Christ, sondern
ein Comödiant, der die Liebe zwar vorstellen will, aber keine hat. Wenn
man auch gleich mit grosser
Bewegung und aus rechter Hertzens-Meynung
gegen den Hülfbedürfftigen Nächsten sich bezeugt, daß man ihn lieb habe,
daß man sich seine Noth zu Hertzen gehen lasse, und daß man ihn gern
geholffen sehe: so ist man doch nur ein leidiger Tröster, wo die
That
bey den Worten fehlt. |
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Ein anders ist es, wenn ein
Mensch
gantz unvermögend ist, seine Liebe dem Nächsten im
Wercke selbst
zu bezeugen, in welchem Falle die liebreichen nicht zu tadeln sind. Denn
dadurch wird doch gleichwohl dem Nothleidenden oder Hülfbedürftigen ein
guter
Wille
erzeiget, und der Trost gegeben, daß seine Noth auch andern seiner
Mit-Christen zu Hertzen gehen werde, wie er sehe, daß man selbst davon
gerührt sey. |
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Aber wo im geringsten etwas ist, womit man dem
Nächsten seine Liebe auch im
Wercke, oder
in der That selbst bezeugen kan: da ist es höchst unrecht und
unchristlich, wenn man es bey den blossen Worten bewenden lässet. Ja
dieses ist schon eine Heuchel-Liebe, wenn man mehrere Worte macht, als
man Wercke der Liebe thut. Einige sind gewohnt, ihrem Hülfbedürftigen
Nächsten, so zu
reden, wohl einen gantzen Centner gute Worte, aber kaum
ein Quentgen würcklicher Hülffe zu ertheilen. |
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Diesem sind auch diejenigen falschen Heuchler an
die Seite zu setzen, welche in
Gewohnheit haben, wo sie für einem ein
gutes Wort einlegen, oder sonst eine Recommendation geben können,
dasselbe noch ziemlich willig thun, weil es ihnen nichts |
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{Sp. 325|S. 176} |
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kostet; wo man aber bittet, daß sie sich auch
selbst ein wenig angreiffen und zu Hülffe kommen sollen: so kehren sie
schnell um, und werden wohl noch unwillig. Gleich als ob sie durch den
blossen Vorspruch mit Worten und mit der Zunge ihrer Liebe eine völlige
Genüge gethan. |
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Jac. II, 15. |
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2) |
bloß mit den Worten und mit der Zunge, wenn man
gar keine Liebe in seiner
Seele
hat, und doch viel
Redens davon macht, wie sehr man liebe, und werth
halte. Diese Gattung der Wort- und Heuchel-Liebe ist noch viel ärger,
als die vorige, denn sie bestehet in lauter stinckenden Lügen, und will
sich den Nächsten gantz anders vorstellen, als sie in der That
beschaffen ist. |
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Und so leben heutiges Tages die allermeisten
Menschen.
Denn was ist bey der jetzigen
Welt
gewöhnlicher, als daß man allerhand verlogene Complimente macht, wie man
bereit sey zu dienen, wie man sich über sein Glück und Wohlergehen
erfreue, wie man sein so guter Freund sey, und ihn so hoch schätze, wie
man es so getreulich mit ihm meyne, und bey aller Gelegenheit seinem
Befehle und Verlangen nachkommen wolle; da doch das Hertz von dem allen
nichts weiß, und nichts zu halten gedenckt, ja sich wohl vornimmt, von
allen das Gegentheil zu thun. Allein der
GOtt der
Wahrheit und Aufrichtigkeit setzet die Blutgierigen
und Falschen in eine Classe zusammen, |
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Ps. V, 7. |
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Welch ein Elend ist es unter uns, daß man keinem
Menschen
trauen darf, |
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Jerem. IX, 4. |
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Unsere Staats-Leute wenden zwar ein: wenn sie die
Complimenten unterlassen solten: so müsten sie sich gegen jedermann
entdecken, und zu
erkennen geben, wie sie gegen ihn gesinnet wären.
Dieses würde aber offt etwas grob herauskommen, und ihnen manchen
Verdruß machen. |
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Allein diese Einwendung gilt nicht. Man
verwandele vielmehr die Complimente in
Wahrheit und Aufrichtigkeit; man
trage gegen jedermann ein wohlgemeyntes, gütiges und dienstfertiges
Hertz: so darf man sich jedermann entdecken, und doch keine Lügen
vorbringen. Daß man gezwungen ist, sich viel zu verbergen, und zu
verstellen, kömmt nur bloß daher, weil man im Gewissen überzeugt ist,
daß man gegen die meisten
Menschen
übel gesinnet sey, und die gegen sie tragende Lieblosigkeit, wenn sie
offenbar an den Tag gelegt würde, unmöglich verantworten könne. Wird man
also seinen
bösen, gottlosen, falschen, tückischen, lieblosen Sinn
ändern, und einem jeden sein
Recht
wiederfahren lassen: so wird keine Verstellung nöthig seyn; sondern man
wird vielmehr wünschen, daß einem jedermann ins Hertz sehen könne. |
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Gesetzt aber, man hätte sonst zuweilen um seiner
Aufrichtigkeit willen, die doch ohne Bosheit und Lieblosigkeit seyn
müste, etwas auszustehen: so ist es weit besser ein Märtyrer der
Wahrheit, als ein Märtyrer der Lügen zu seyn. Getrauet man sich aber
einem nichts zu
sagen, was zugleich wahr und ihm
angenehm wäre: so
schweige man lieber gar stille, als, daß man ihn mit der Unwahrheit
hintergehe. |
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Zu der verbothenen Wort- und Zungen-Liebe gehöret |
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3) |
wenn man dem Nächsten viel Liebes und Gutes, viel
Hülffe und Beystand verspricht, und ihm doch wenig oder gar nichts davon
hält oder erfüllet; es sey nun, daß man es anfangs zu |
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{Sp. 326} |
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halten willens gewesen, oder nicht. So liebte
jener
Sohn seinen
Vater mit dem Worte und mit der Zunge, da er zu
demselben
sagte: Ja er wolte auf seinen
Befehl hingehen in den Weinberg,
und that es doch nicht, |
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Matth. XXI, 30. |
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So war auch Petri Liebe beschaffen, da er sich
versprach mit seinem Heylande in den
Tod zu gehen; und ihn dennoch
gleich bey der ersten geringsten Gefahr verläugnete. So siehet der
meisten Christen ihre Liebe gegen
GOtt aus, daß sie nemlich viel geloben und versprechen, aber
wenig oder gar nichts halten |
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Die Geschichte gedencken eines Antigonus,
welcher, weil er niemahls gab; sondern nur immer
sagte:
dōsō,
ich will geben, von seinen leeren Versprechungen
ho dōsōn,
der Willgeber, genennet ward. Solcher Leute giebt es
heutiges Tages eine unzählige Menge, sogar auch unter denjenigen, welche
die Wahrhaftigkeit in der Liebe am meisten erhalten helffen solten.
Selten wird es bedacht, daß man, wenn man etwas verspricht, und es doch
nicht hält, eine doppelte, ja gar dreyfache Sünde thut. |
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Erstlich, wenn man keine Liebe gegen den Nächsten
bezeugt; zum andern, wenn man ein
schändlicher Lügner und Betrüger ist:
drittens, wenn der Nächste durch solche Treulosigkeit nothwendig sehr
gerührt und getrübt wird. Man bedencke also, daß Zusagen Schuld mache. |
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4) |
dieses mit zu der blossen Wort- und
Zungen-Liebe gerechnet werden, wenn man nur zu dem Ende einige
Liebes-Wercke bezeugt, daß man damit prahlen, rühmen, und groß thun
könne; im Verborgenen aber ausserordentlich unbarmhertzig ist. Ja viele
unter ihnen prahlen wohl gar ohne
Grund
von Liebes-Wercken, davon sie doch keins gethan, und andere spahren
solche vollends bis nach ihren
Tod, um sich im
Leben von allen Wohltaten
zu enthalten. Hernach aber, wenn sie ihre
irrdischen Schätze ohne dem
dahinten lassen müssen, wollen sie einen ewigen und unsterblichen Ruhm
davon haben. |
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Die schlimmste Sorte von der Wort-
und Zungen-Liebe ist endlich |
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5) |
diese, wenn man gar einen tödtlichen Haß, und
eine gifftige Feindschafft in seinem Hertzen hat, und doch dabey mit dem
Munde von lauter Liebe
redet, und dem Nächsten viele
Versicherungen seiner Liebe giebt. Hierinne verstellet sich der
höllische Mord-Geist bey seinen
Kindern zu einem Engel des Lichts, |
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- 2 Samuel XX, 10.
- Ps. LV, 22.
- Sprüchw. XXIII, 6.
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Diese Wort- und
Heuchel-Liebe recht aus dem
Grunde
zu vermeiden, und abzuthun, ist kein besseres Mittel, als daß man die
wahre Liebe dem Hertzen recht einzupflantzen sucht, worauf Johannes
dringt, wenn er nach unserer vorhabenden Stelle fortfähret: Lasset uns
lieben mit der That und
Wahrheit. Dieses heißt nicht nur einen Trieb zur
Liebe bey sich haben, sondern demselben auch in der
That nachkommen,
nicht nur Mine machen, daß man dem Nächsten lieben wolle; sondern sich
auch würcklich zu seinem
Dienste
in Liebe darstellen, nicht nur mit dem Munde und mit Worten viel
Rühmens, Wesens und Verheissens machen; sondern diese Liebe auch im
Wercke selbst
mit der That, wenn man nur kan, ohn eintziges Absehen und Aufhören
beweisen. Hierzu ist nun ein jeder wahrer Christ höchlich |
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{Sp. 327|S. 177} |
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verbunden; seine Liebe muß einem Baume gleich
seyn, welcher nicht nur Blüthen und Blätter zeigt, sondern auch reiche
Früchte bringet.¶ |
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Offenbahr. XII, 11. |
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Etliche
verstehen hier nach dem
Griechischen das ewige Wort, welches
GOtt selbst ist, Joh. I, 1, und zwar sofern dieses
von uns bezeuget oder bekennet wird. Nun ist die
Sache
an sich selbst, und schlechterdings nicht unrecht. Freylich müssen wir
durch niemand anders überwinden, als durch das ewige selbstständige
Wort, unsern Immanuel; so du mit deinem Munde bekennest,
Röm. X, 10: Allein was für Noth dringet uns zu dieser Neuerung. |
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Eben in dieser Offenbahrung
redet Johannes
mehrmahls von dem Worte des Zeugniß, als I, 2 , 9, VI,
9, XI, 7, XII, 17, XX, 4, woraus hoffentlich
zur Gnüge erhellet, daß auch hier sonder Zweiffel die
Meynung sey, Satan werde überwunden hauptsächlich durch des
Lammes Blut, und denn auch durch das Glaubens-volle deutliche Bekenntniß
der Evangelischen
Wahrheit, da man ungescheuet aller Verachtung, Unlust,
ja Leibes- und
Lebens-Gefahr von sich
saget, was man durch des
Geistes
Krafft aus dem göttlichen Worte für wahr befindet. Denn eben hierdurch
wird der Satan mit seinen höllischen Lügen und Betrügereyen zu Schanden
gemacht, andere Verblendete und Verirrte gehen in sich, und werden
bekehret:
GOtt aber hierdurch gebührend verehret. |
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Jedoch ist dieses Wort ihrer Zeugniß
nicht eben so genau auf die Zeiten der Verfolgung zu ziehen,
als ob nur durch die Aussage solcher Märtyrer der alte Drache überwunden
werde; sondern das göttliche Wort insgesammt, so fern es bey
gefährlichen oder geruhigen Zeiten, bey Freunden oder Feinden, heimlich
oder öffentlich, im Glauben und in der
Wahrheit getrieben wird; so fern
man von demselben wider Teufel und
Menschen
zeugt; ist und bleibt das Schwerdt des
Geistes,
womit wir, wenn das
böse Stündlein kömmt, Widerstand thun. |
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Ephes. VI, 17.¶ |
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(t) |
Ein theuer werthes Wort, |
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1 Timoth. I, 15. |
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Dieses Wort wird hier genennet ein gläubiges,
gewisses und
wahrhafftiges Wort. Sonst heisset pistos so viel
als treu, wie es gebrauchet wird, |
|
- Math. XXIV,
45, XXV, 21,
- Lucä XII, 42,
- 1 Corinth. I, 9,
X, 13,
- 2 Corinth. I, 18;
|
|
|
bisweilen heißt es gläubig, |
|
- Joh. XX, 27,
- Gal. III, 9,
- Ephes. I,
1,
- Coloss. I, 2;
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|
|
hier aber heißt ist so viel, als unbetrüglich,
wahrhafftig und gewiß. Das es bey jedermann unwidersprechlich Glauben
finden soll. |
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Denn da ist freylich des HErrn Wort wahrhafftig,
und was er zusagt, das hält er gewiß, |
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Ps. XXXII, 4; |
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|
sein Wort ist die
Wahrheit, |
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Ps. CXIX, 160. |
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|
Diese Worte sind gewiß und wahrhafftig, |
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Offenbahr. XXII, 6. |
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Sie sind so gewiß, als der Zeuge in den Wolcken, |
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Psalm LXXXIX, 38. |
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Der Apostel nennet dieses Wort ferner ein Wort,
das aller Annehmung werth ist. Sonst heisset apodechethai
einen
Menschen,
der einem sehr
angenehm ist, mit Freuden auf- und annehmen. So finden
wir es von den
Gemeinen,
welche Paulum und Barnabam willig an- |
|
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{Sp. 328} |
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Apost. Gesch. XV, 4, |
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ingleichen von den Brüdern in Achaja, die den
Apollo aufnahmen, |
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Apost. Gesch. XVIII, 27; |
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von Paulo, der in seinem eigenen
Gedinge alle aufnahm, die zu ihm einkamen |
|
XXVIII, 30. |
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Sonderlich wird es von der ehrerbietigen
Annehmung der reinen Lehre, der man nicht allein glauben zustellet,
sondern sie auch mit grosser
Begierde annimmt, und sein Vertrauen darauf
setzet, wie etliche von Petri Zuhörern sein Wort gern annahmen, Apost.
Gesch. II, 41: eben also ist auch das Wort von der Zukunft
Christi in die
Welt
zu unserer Seeligmachung aller Annehmung werth. Es ist werth, daß es mit
beyden Händen ergriffen, mit beyden Ohren gehöret, und mit gläubigem
Hertzen gefasset und behalten werde, gleich einem
Schatze, den man in
einen Kasten einschliesset und bewahret. |
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Es ist aber dieses Wort aller Annehmung werth,
einmahl, weil es gewiß, wahr und unzweifelhafft. Denn so fliesset eins
aus dem andern, weil erstlich ist
gesagt worden, daß das Wort sey ein
wahrhafftes gewisses Wort, so folget nun auch daraus, daß es sey ein
Wort, welches Annehmungswerth ist; hernach aber auch wegen seines
herrlichen Trostes,
Krafft
und
Nutzens, welcher daraus geschöpft werden kan. |
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