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Zedler: Zorn [4] HIS-Data
5028-63-501-3-04
Titel: Zorn [4]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 63 Sp. 531
Jahr: 1750
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 63 S. 279
Vorheriger Artikel: Zorn [3]
Folgender Artikel: Zorn, im Buch der Weisheit
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen, Bibel
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage

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Übersicht
  II. Der Zorn Gottes (Forts.)
 
  (C) Exegetische Abhandlung
  (D) Schrifften von dem Zorn GOttes

  Text Quellenangaben
  (C) Exegetische Abhandlung.  
     
  Wir wollen nunmehro noch etliche Sprüche Heiliger Schrifft erklären, in welchen des Zorns GOttes gedacht wird:  
  1) 2 Sam. XXIV, 1, wo es heisset: Und der Zorn des Herrn ergrimmete abermahl wider Israel, und reitzte David unter ihnen etc.  
  Hier scheinet es fast, als habe es GOtt gethan, der habe den David versucht und gereitzet, daß er das Volck solte zählen lassen. Allein, wenn wir 1 Chron. XXII, 1 ansehen, da eben die Historie erzehlet wird, so finden wir es klar, daß es von dem Satan hergerühret. Die Ursache, warum es GOtt zugelassen, war sein Zorn, weil er abermahls ergrimmet war, Ps. XL, 7 und 8.
  Israel hatte GOtt erzürnet mit allerhand Sünden; Mit was vor welchen, kan man zwar eigentlich nicht wissen; Wenn man aber die Beschaffenheit der damahligen Zeiten betrachtet, ists so schwer nicht  
  {Sp. 533|S. 280}  
  zu errathen. Israel war sehr glückselig und sieghafft unter David, Ps. LX, 9. 10.
  das Glück aber ist wie ein Sauerteig, der den Menschen aufblähet und stoltz macht; wie ein brausender Most, der den Menschen also einnimmt, daß er offt selber nicht weiß, wo ihm der Kopf stehet.  
  Also mags auch damahls in Israel seyn zugegangen, daß sie stoltz und sicher worden, haben sich ferne geachtet von bösen Tagen, und nach GOtt und dessen Wort wenig gefraget, Ezech. XVI, 49
  so mochte man auch damahls zur selbigen guten Zeit stattlich gesauset und geschmauset, und um den Schaden Josephs sich wenig bekümmert haben, Amos VI, 6.
  daher ist dem Satan Platz gegeben worden, sich an ihnen zu reiben: und zwar abermahl: womit gesehen wird auf Cap. XXI, 1. darinnen wir finden, wie schon des HErrn Zorn über Israel entbrannt um des Sauls willen, und um des Bluts willen, daß er die Gibeoniter getödtet hatte, daher eine Theurung ins Land kommen war drey Jahre an einander.  
  Hierauf entbrannte nun des HErrn Zorn abermahls wider Israel, und ließ dem Satan zu, daß er David eingab, das Volck aus Hoffart zählen zu lassen. Dahin gehen die Worte: Und reitzet David unter ihnen etc. Dieselbigen können wir, wie obgedacht, keinesweges von GOtt effective verstehen, als wenn GOtt selbst den David darzu verleitet oder angetrieben, denn GOtt ist nicht ein Versucher zum Bösen, etc. Jac. I, 13.
  Wie solte er das eingeben, oder einen darzu nöthigen, reitzen und treiben, was ihm misfället, was er ernstlich hasset, und darnach straffet? das sey ferne, Ps. V, 5.
  Derohalben bleibts dabey, nicht GOtt der HErr, sondern der Satan hat eigentlich den David gereitzet, daß er aus Hoffart das Volck zu zählen geboten; GOtt hats nur zugegeben, weil sie ihn zu Zorn gereitzet. Thut also Piscator unrecht, wenn er den Junium und Tremellium deswegen strafft, daß sie diese Worte also paraphrasiren: Et adversarius (Satan) incitavit David, und der Widersacher, Satan, reitzet David unter ihnen etc. nennet solches audax supplementum, eine verwegene Ergäntzung; da doch dieselbe nicht allein GOttes Heiligkeit erfordert, sondern auch der Text klar weiset,
  • 1 Chron XXII, 1.
  • Schreibers Pest-Pred. …
  2) Psalm XXX, 6. wo wir diese Worte lesen: Denn sein Zorn währet einen Augenblick etc.  
  David redet von GOttes Züchtigung, die er über die Seinigen ergehen lässet; nennt sie einen Zorn, nicht nach dem Vorsatz und Willen GOttes (ex intentione Dei) gleich als wenn er aus sonderbahrem Haß u. feindlichem Gemüthe solche seine Züchtigung ergehen liesse, sondern nach unser gefasten Meynung und fleischlicher Einbildung (ex nostra opinione) die vielmahls solche Gedancken erreget, als wenn sein Zorn über uns ergrimmet wäre, und er achtete uns für seinen Feind, Hiob XIX, 11. Cap. XXX, 21.
  Aber solche Feind- und Gramschafft ist ferne von GOtt, als welcher nicht zürnet, wie ein Mensch, daß er sich nicht versöhnen lasse, Judith. VIII, 13;
  sondern er ist und bleibet auch im Zorn und Züchtigung ein liebreicher Vater, von dem man allerdings sagen muß: Wenn er uns, nach seiner Freundlichkeit liebkoset, so ist er ein Vater, und wenn er schlägt und züchtiget, so ist er ein Vater.  
  {Sp. 534}  
  Er liebkoset uns, daß wir nicht verzagen, er schlägt und züchtiget uns, daß wir nicht umkommen und verderben. Solches hat Basilius mit dem Gleichniß eines Medici fürgebildet, der offt einem Patienten hart und widrig fürkömmet, wenn ers nicht in allen nach seinem Gefallen machen, und ihm in Essen und Trincken zulassen will, was ihm beliebet; oder, wenn er mit starcken Purgantien, Vomitiven und andern Artzeneyen, die da schwächen, angreiffet, auch wohl einen unheilbaren Schaden mit dem scharffen Messer oder der Sägen schneidet, da doch alles zu des Krancken Besten und seiner Wohlfarth aus treuen, wohlgesinneten Gemüthe herrühret; so pflegt auch GOtt in seinem Zorn und Züchtigung mit seinen gläubigen Kindern, als geistlichen Patienten zu verfahren.  
  Soll das Übel in ihnen gesteuret, und das schädliche Verderben abgewendet werden, so muß die Reinigung durchs Creutz geschehen, und durch seine väterliche Züchtigung alles, was schädlich und verderblich ist, abgethan und geheiliget werden. Das hat David Ps. XXX, 3. erkannt: HErr mein GOtt, da ich schrie zu dir, machtest du mich gesund. Das führet Augustinus gar schön an, da er weiset, welchergestalt GOtt den Menschen züchtiget, damit er möchte erkennen lernen, GOtt sey ein Artzt, und seine Züchtigung eine Artzeney zur Gesundheit, nicht aber eine Strasse zur Verdammniß.  
  Sehr tröstlich aber lautets, daß GOttes Zorn nicht ewig währet, nur einen Augenblick. Momentum in ira ejus, lautet es nach dem Hebr. es ist ein Augenblick in seinem Zorn, gleich als spräche er: Ein Mensch kan fast nicht so geschwinde einen Augenblick thun, als geschwinde GOtt seinen Zorn fahren lässet. Das kömmt nun unserm Fleisch und Blut über alle Masse schwer zu glauben für, und will aus dem Augenblick GOttes eine lange und höchstbeschwerliche Zeit erzwingen, und hebet denn mit David das Domine, quousque? an. Ach du Herr wie lange? wende dich HErr, und etc. Ps. VI, 4 u.f.
  oder, wie er Ps. XIII, 2 u.f. geseufzet hat: HErr, wie lange wilt du mein so gar vergessen etc.  
  Wenn man aber bedencket die Wohlthaten, die GOtt einem Menschen mitten in seinem Zorn erweiset, theils was für ein ewiges und überschwengliches Gut darauf zu erfolgen pfleget, so ists und bleibts dennoch ein Augenblick,
  • Esa. LIV, 7 u.f.
  • Röm. VIII, 18.
  • 2 Cor. IV, 17.
  • 1 Petr. V, 10.
  Er hat Lust nicht zum Tode, zum Verderben und Untergang des Menschen, denn so wahr er lebet, so wahr er GOtt ist, hat er keinen Gefallen am Tode des Gottlosen, Ezech. XXXIII, 11.
  sondern zum Leben: das bedeutet in H. Schrifft allerhand Glückseeligkeit, Gesundheit, Krafft, Stärcke und Wohlergehen, Ps. LXIX, 33.
  die GOtt suchen, denen wird das Hertz leben.  
  Wenn gleich GOtt einen gläubigen Menschen tödtet, so macht er ihn doch wieder lebendig,etc.
  • 1 Sam. II, 6.
  • Ps. LXXI, 20 u.ff.
  • Tob. III, 22.
  • Schreibers Leichen- Pred. h.l.
  • Biblisch. Real-Lex. Th. II
  3) Hos. V, 10. wo die Worte lauten: Darum will ich meinen Zorn über sie ausschütten, wie Wasser.  
  Es redet GOtt allhier nicht von seinem göttlichen Vaters Zorn, durch welchen er die Menschen züchtiget, und ihre Besserung suchet, wie etwa Moses sagt, 5 Mose I, 37: Der HErr ward zornig über mich, und sprach: Du solt auch nicht hinein  
  {Sp. 535|S. 281}  
  kommen: Bey welchem Zorn immerdar Gnade, und die Gnade grösser als der Zorn; sondern er rede von seinem verzehrenden grimmigen Zorn, dessen Grausamkeit keine Creatur begreiffen kan, welcher ist wie das ungeheure Meer, wenn es durch Wind und Ungewitter beweget wird, da es hefftig wittet und brauset; wie eine grosse Feuers-Brunst, die alles ergreifft und einäschert, weit und breit um sich frist: Also wütet und tobet auch der Zorn GOttes, wenn er über die Menschen recht angehet, daß sie plötzlich zu Grunde gehen, und kein Aufhalten da ist,
  • Esa. XIII, 13.
  • Hiob XXVI, 11.
  Solchen Zorn will GOtt über die Fürsten Juda ausschütten, wie Wasser, er soll mit grosser Macht und Gewalt, als vom Himmel herunter, wie ein grosser Wolckenbruch über sie ausgeschüttet und ausgegossen werden, daß niemand werde entfliehen können: Er solte sie als eine tobende und wütende Fluth ergreiffen, und ein verzehrendes und fressendes Feuer wegnehmen, wie etwa Ps. LXIX, 25. von den Feinden des Meßiä stehet: GOtt solte seine Ungnade auf sie ausgiessen etc. Man sehe auch
  • Ps. LXXVI, 6.
  • Esa. XLII, 25.
  • Jer. VII, 20.
  • Ezech. VII, 8. Cap. XX, 33.
  • Ps CVII, 40.
  • Offenbahr. XVI, 1.
  • Dan. IX, 27.
  • Weihenm. Fest-Pos. …
  • Biblisch. Real-Lex. Th. II
  4) Zach. I, 12. woselbst dieses stehet: Über welche du zornig bist gewesen diese siebenzig Jahre.  
  Das Hebräische Wort drücket die Hefftigkeit des göttlichen Zorns gar wohl aus, denn es heist so viel als schelten, wiewohl es nur an einem Orte der Schrifft in solchem Verstande gefunden wird, nehmlich 4 Mose XXXIII, 8. allwo Bileam zu Balack der Moabiter Könige spricht: Wie soll ich schelten den, der nicht schilt? Was aber dadurch angedeutet werde, erhellet aus den LXX Dollmetschern, welche allda das kataraomai, devoveo, ich verfluche, gesetzet haben, wie es denn anderweit, auch in solchem Verstand gebraucht wird, als 1 Mose V, 29. ingleichen Hiob III, 1.
  GOtt hatte der Stadt Jerusalem zum öfftern den Seegen und den Fluch vorgeleget, mit dem hertzlichen Wunsche, ach daß du den Seegen erwehletest, 5 Mose XI, 26:
  allein sie wolten den Seegen nicht, etc. Ps. CIX, 17.
  drum spricht auch selbst Zacharias, Cap. VIII, 13: Die vom Hause Juda und Israel sind ein Fluch gewesen.  
  Allein hier haben die LXX Dollmetscher das hypereidō, welches eigentlich heist über etwas hinsehen, Apost. Gesch. XVII, 30.
  oder etwas verachten,
  • 3 Mose XXVI, 43.
  • Buch der Weish. XIX, 21.
  • Syr. XXIII, 13.
  Hatte nun ehemahls Jerusalem das Wort des HErrn verachtet, so ward sie nunmehr von dem HErrn wieder verachtet, 1 Sam. II, 30.
  Verachtet waren sie nicht nur bey GOtt, welcher ihr Gebet nicht wolte hören, sondern sich mit einer Wolcken verdeckte, Klag. Lieder III, 33.
  Veracht nicht nur bey ihren Feinden, ja bey allen Völckern, denn der HErr hat sie zu Koth und Unflat gemacht unter denen Völckern, Ebend.
  sondern auch verachtet bey ihren Freunden, denn es war niemand, der sie tröstete, alle ihre Nächsten verachteten sie, Klag-Lied I, 2.
  Sie waren verachtete Seelen, ein Volck, des man Greuel hat, Es. XLIX, 7.
  denn der HErr war zornig über sie, und zwar nicht auf eine kurtze Zeit, sondern sehr lange, nehmlich siebenzig Jahre, oder wie es die  
  {Sp. 536}  
  Vulgata übersetzet: Iste jam est septuagesimus annus. Dieses ist eben das siebentzigste Jahr, denn es hatte GOtt versprochen, sein Volck nach 70 Jahren in Gnaden heimzusuchen, Jer. XXV, 11. Cap. XXIX, 10.
  Solche Verheissung hält hiermit der Sohn GOttes seinem himmlischen Vater für, jam est septuagesimus annus, jetzo sind es 70 Jahre, und gleichwöhl muß dein Volck noch elend und verachtet seyn, so gedencke doch an deine verheissene Gnade, und sey einem Volck gnädig, denn es ist Zeit, und die Stunde ist kommen.
  • Erklär. der Buß-Texte, Ao. 1711.
  • Anhang des Biblisch. Real-Lex.
     
  (D) Schrifften von dem Zorn GOttes.  
  Ausser denen schon angeführten Schrifften können von dem Zorne GOttes auch noch folgende aufgesuchet werden:  
 
  • Rambachs Dogmatische Theologie, T. I ...
  • Wohlgemuths Entdeckung des Systematis Christiani Democriti ...
  • Zimmermanns natürliche Erkenntniß GOttes ...
 
     

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Stand: 4. April 2013 © Hans-Walter Pries