Titel: |
Gottes-Gelahrheit |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
11 Sp. 395 |
Jahr: |
1735 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 11 S. 215 |
Vorheriger Artikel: |
Gottes-Gabe |
Folgender Artikel: |
Gottes-Gnad |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
- Für die Auflösung der Quellenangaben siehe:
Personen,
Bibel
- Transkribierter griechischer Text der Vorlage
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Text |
Quellenangaben und Anmerkungen |
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Gottes-Gelahrheit,[1]
Griechisch Theologia, ist eine
Rede
von
GOtt und Göttlichen Dingen. |
[1] |
HIS-Data: fehlender Bindestrich auf Grund der
Spaltenüberschrift und des Lemma-Umfelds eingefügt |
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Diese ist entweder
falsch oder
wahr. Eine
falsche GOttes-Gelahrheit haben entweder die
Teufel, welche GOtt wohl
erkennen, aber diese
Wissenschafft mit ihren Lügen und Lästerungen
verfälschen, oder die
Menschen, und zwar
Theils
diejenigen, die niemahls den
christlichen
Glauben
angenommen, als da sind die
Heyden, die
Jüden,
die Türcken, Theils die, so zwar den christlichen
Namen angenommen, aber in mancherley
Irrthümer verfallen. |
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Die wahre
Theologie oder GOttes-Gelahrheit wird
eingetheilet
in Archetypam und Ectypam. Jene ist eine
Erkenntniß,
welche GOtt von sich und seinem
Wesen
hat: diese ist eine
Erkenntniß
von GOtt und
göttlichen Dingen, welche denen
vernünfftigen
Creaturen
eigen ist. Also sind das
Subiectum dieser
Theologiae verae ectypae: |
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1) CHristus, nach seiner
menschlichen
Natur,
welcher jedoch zugleich die Theologiam veram archetypam
besitzet: |
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2) die guten Engel, und |
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3) die Menschen, deren GOttes-Gelahrheit
entweder natürlich oder geoffenbaret ist. |
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Die natürliche GOttes-Gelahrheit ist eine
Geschicklichkeit,
GOtt aus seinen
natürlichen
Wercken durch richtige und biß auf die ersten
Gründe der Natur und
Vernunfft zurück geführte
Vernunfft-Schlüsse, zu erkennen. Also ist der Grund
der natürlichen GOttes-Gelahrheit ausser allen
Zweifel die Betrachtung der
Natur. Da aber die
Natur eine immerwährend und Ketten-Weise
aneinander hangende Reihe derer
Grund-Ursachen und
Würckungen,
u. dahero ein
einiges in allen seinen unzählbaren
Theilen
richtig aneinander hangendes Werck ist: so folget,
daß keine eintzige Betrachtung der Natur seyn
müsse, von welcher nicht durch richtige Vernunfft-Schlüsse Stuffen Weise ein gerader Fortgang biß
auf die erste Grund-Ursache aller
Dinge,
nemlich biß auf GOtt offen stehen
sollte. Ja diejenigen, die die
Welt auch nur auf
gemeine Art betrachten, ob sie gleich nicht durch
alle Stuffen derer Grund-Ursachen derer Dinge
biß auf die Metaphysickalischen
fortzugehen
wissen, können dem ungeachtet auch aus
denen gemeinsten Betrachtungen der Natur auf die
Existentz GOttes je so
wahrhafftig
schlüssen, als
die
Philosophen aus ihren Metaphysicalischen. |
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Demnach ist die natürliche GOttes-Gelahrheit
zweyerley: eine gemeine einfältige, welche sich
bloß auf die gemeine Betrachtung der Natur
gründet: und eine
gelehrte oder
Metaphysicalische, welche den wichtigen Hauptschluß jener erstern,
daß, weil eine zwar endliche, jedoch so schön und
weislich geordnete Welt sey, ein weiser Schöpffer
seyn müsse, wieder die Einwürffe, die ein Zweifler
oder
Atheist machen kan, biß auf die ersten
Gründe der Natur und Vernunfft zurück zuführen
weiß. Diese letztere lehret man in der
Philosophie
und machet dieselbe, nach der heute zu
Tage
gewöhnlichen
Lehr-Art, gemeiniglich den andern
Theil der
Metaphysic aus. |
August Fr.
Müller
Metaphysic ... |
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Die geoffenbarte GOttes-Gelahrheit ist
eine |
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{Sp. 396} |
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Wissenschafft von
GOtt und göttlichen
Dingen, die aus der
H. Schrifft
erkannt werden
müssen, so fern diese Wissenschafft mit der
Geschicklichkeit solche
Wahrheiten andere zu
lehren, zu
bewieisen und zu vertheidigen,
verknüpfft ist. Also ist nicht ein jeder
Christ,
welcher die Wahrheiten der Christlichen Religion,
die zur Seligkeit zu
wissen unumgänglich
nöthig
sind, inne hat, gleich ein
Theologus, nemlich in
solchem
Verstande, wie das
Wort insgemein
genommen wird, ob es wohl seinem eigentlichen
Verstande nach eine andere
Bedeutung hat. |
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Man
theilet
sie gemeiniglich ein in Catecheticam und Acroamaticam. Durch jene
verstehet man eine einfältige
Erkenntniß derer
zur Seligkeit unumgänglich nöthigen Wahrheiten,
dergleichen von allen Christen erfordert wird. |
- Ebr. 5, 12. 13. 6, 1.
- 1 Corinth. 3, 2.
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Biß Weilen wird dieses Wort auch vor
diejenige Geschicklichkeit genommen, da man
weiß, denen Einfältigen die nöthigsten Wahrheiten
der christlichen Religion deutlich und leicht
vorzutragen. |
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Die Acroamatische GOttes-Gelahrheit ist eine genauere
Erkenntniß, welche von
Lehrern und Predigern
erfordert wird, |
- Ebr. 5, 5. 12. 14.
- 1 Cor. 3, 2.
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und diese ist |
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- entweder Exegetica, welche die
H. Schrifft
erkläret,
- oder Thetica, die auch Positiua und Didactica
genannt
wird, und die Locos Theologicos
nach der Reihe
vorträget,
- oder Polemica, welche
mit Wiederlegung derer Irrgläubigen zu
thun hat,
- oder Homiletica, welche Predigen lehret,
- oder Catechetica, welche weiset,
wie denen unwissenden auf das einfältigste durch
Frag und Antwort die Anfangs-Gründe des
Christenthums
sollen beygebracht werden,
- oder Paracletica,
wie Trost-Bedürfftige aufzurichten,
- oder Casualis, die die
Gewissens-Fälle auflösen lehret,
- oder Regiminis ecclesiastici, welche mit
der Kirchen-Disciplin, Visitationen, Synodis, und
Consistorial-Sachen zu thun hat.
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- Speners allgemeine
GOttes-Gelahrheit,
Franckf.
1713. in 12.
- Scherzeri Systema Theolog. Prolegom.
...
- König Theolog. positiu. protheor. gen.
- Bayer. Compend. Theol. positiu. proleg.
- Jo. Franc. Buddei Compend. Theol. positiu.
- Ruckdeschels Anfangs-Gründe der Dogmatischen Theologie,
Jena 1732.
in 8.
- Calouii Isagoge ad Theolog.
- Eiusd. de
Theologia naturali et reuclata liber.
- Rumpaeus de Theologia in genere,
Gryphswalda 1707.
in 4.
- Musaei Introd. ad Theologiam, Jena
1378. in 4.
- Francke Idea studiosi Theol.
Halle
1711. in
12.
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