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Zedler: Ohne Mittel dem Heil. Reich unterworffen seyn HIS-Data
5028-25-984-8
Titel: Ohne Mittel dem Heil. Reich unterworffen seyn
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 25 Sp. 984
Jahr: 1740
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 25 S. 505
Vorheriger Artikel: Ohne Mittel, siehe Unmittelbar
Folgender Artikel: Ohnen
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Ohne Mittel dem Heil. Reich unterworffen seyn, Lat. Immediate S. Imperio subjectum esse, ist eine Rechts-Formel, welche hin und wieder in denen Reichs-Satzungen, Abschieden und andern  
  {Sp. 985|S. 506}  
  Verordnungen vorkommt, und zeigt eigentlich an, daß der oder diejenigen, von welchen solche gebraucht wird, weiter niemanden, als dem Heil. Röm. Reiche mit unmittelbarer Pflicht verwandt sind, und also auch keinen höhern, als entweder Sr. Römisch-Kayserl. Majestät selbst, oder an deren Statt die von Ihro und dem gesamten Heil. Reiche verordneten höchsten Reichs Gerichte über sich erkennen, folglich auch nach Beschaffenheit der Umstände lediglich bey diesen, und bey sonst weiter niemanden Recht nehmen, und über sich urtheilen lassen.  
  Es deuten aber gedachte Worte, eigentlich von der Sache zu reden, nicht so wohl einen bloß persönlichen Vorzug oder Vorrecht vor andern, welches nemlich nur diesem oder jenem sonst so genannten Reichs-Stande, entweder wegen seiner hohen Geburt, oder andern dergleichen Vorzügen, zustehet, als vielmehr nur ein gewisses Real-Privilegium an, welches lediglich auf denen von ihnen besessenen Gütern, oder so genannten unmittelbaren Reichs-Lehen hafftet, und also auch mit diesen auf das genaueste verbunden ist.  
  Wie denn daher auch bloß der oder diejenigen würckliche Reichs-Fürsten und Reichs-Grafen genennet werden, welche entweder ein gewisses Fürstenthum oder Graffschafft, so eigentlich nur unmittelbar bey dem Reiche zu Lehn gehet, besitzen und inne haben, und auch damit würcklich beliehen sind. Noch mehr aber äussert sich dieses Vorrecht erst daraus, wenn ein solcher Fürst oder Graf alle und jede so genannte befreyte und unbefreyte Reichs-Anlagen erlegt und bezahlt, welche sonst nur auf die würcklichen und unmittelbaren Reichs-Lehen-Güter geschlagen werden, und solche auch deshalber Reichs-Stände genennet, oder auch von Sr. Kayserl. Majestät und dem gesamten Heil. Reiche davor geachtet und gehalten werden. Schwanemann in Obs. …
  Weswegen auch sonderlich Wesenbecius in Consil. … nicht unbillig sagt, daß solches Privilegium und Vorrecht nicht allein aus der vorgeschützten Notorietät, oder andern gleichmäßigen Umständen, sondern auch hauptsächlich und zuförderst zwar aus des Heil. Reichs Abschieden, und sonderlich aus dem zu Augspurg im Jahr 1548 aufgerichteten §. Wiewohl auch in der Regierungs-Handlung bedacht etc. erwiesen und dargethan werden müsse.  
  Da zumal in dem erst angezogenen R.A. l.c. denen Grafen und Herren, so erst kürtzlich ihre Dignität erlangt, die Reichs-Anlagen, so solches Privilegium oder Vorrecht der unmittelbaren Reichs-Standschafft gleichsam auf dem Rücken träget, und, wie dißfalls sonderlich Gail Lib. … mit mehrerm darthut, beyde so genau und unzertrennlich mit einander verbunden sind, daß keines ohne das andere bestehen oder nur gesagt werden kan, um keiner andern, denn bloß dieser Ursachen willen, abgeschlagen werden, weil sie gar keine Güter ohne Mittel unter dem Reiche haben, und also ohne Schmälerung aller anderer Chur- und Fürsten Landes-Obrigkeit vor unmittelbare Reichs-Stände, oder dem Heil. Reiche ohne Mittel unterworffene Lehnsleute oder Verwandte nicht gehalten werden können.  
  Welche Ursache denn auch noch ferner eben daselbst zu drey bis vier unterschiedenen mahlen wiederholet und eingepräget wird, damit man es ja wohl ver-  
  {Sp. 986}  
  stehen solle, warum dieselben Grafen, ob sie gleich eine so hohe Würde und Vorzug überkommen, doch derer Rechte und Vorzüge unmittelbarer Reichs-Stände, in Ermangelung derer hierzu erforderlichen Güter sich nicht zu erfreuen und zu getrösten haben. Wesenbec. l.c.
  Es wird demnach gefragt, da einer in Ansehung etlicher solcher Güter ohne Mittel unter dem Reiche gesessen und ein Stand des Reiches ist, und doch auch in Ansehung etlicher anderer Güter einem Stande des Reiches unterworffen, und also ein Landsaß und Unterthan desselben ist, ob auch einem solchen wegen der Güter, darinn er einem Stande des Reichs unterworffen, und also ein Landsaß oder Unterthan desselben ist, Mandate auf die Constitution von Pfandungen und Arresten decretiret und erkannt werden mögen?  
  Bey welchen Worten aber besonders wohl zu mercken, daß hier nicht von demjenigen Falle, wenn nemlich ein unmittelbarer Reichs-Stand oder Reichs-Unterthan vom Reiche selbst etliche Lehen und Land-Güter oder Herrschafften unmittelbar zu Lehen oder von Reichs wegen inne hat, dieselbigen aber in eines andern Reichs-Standes Herrschafft oder Gebiete gelegen, ob derselbe Besitzer, in Ansehung solcher Güter, berührter Constitution fähig, welchen Fall unter andern Gail in Tr. de Arrest. … untersuchet, und der auch allerdings zu bejahen ist; sondern bloß von dem Falle die Frage ist, da die in eines andern Fürstenthum oder Land gelegene Herrschafften und Güter von einem Mitgliede des Reichs unmittelbar abhangen? welche letztere Frage obangezogener Wesenbec l.c. abhandelt, und auch nicht unbillig verneinet.  
  Siehe auch Gyland Lib. … woselbst er unter andern n. 37. saget, es hindere disfalls nicht, daß zwar bisweilen denen unmittelbaren Reichs-Unterthanen, deren Güter und Herrschafften in anderer Reichs-Stände Gebiete oder Land gelegen sind, dergleichen Mandate und Processe auf die Constitution der Pfändung, als z.E. denen Edelleuten im Stifft Würtzburg etc. erkannt und zugefertiget werden. Denn es ist hierbey zu wissen, daß dieses letztere bloß in denenjenigen Deutschen Staaten und Landen Statt habe, woselbst weder die so genannte Landsässerey, noch auch die Lands- oder Erb-Huldigung eingeführet ist.  
  Siehe Landsassen, im XVI Bande, p. 447. u.ff. ingleichen Homagium , im XIII Bande, p. 717. u.ff.  
  Besiehe auch Gylmann in Symphor. … woselbst er saget, daß diese zur Zeit noch unentschiedene Frage denen Ständen in denen R.A. von 1594 und 1600 §. Es haben uns auch unserer Kayserliche etc. unter denen neuen Zweifeln und streitigen Puncten vorbehalten worden. Roding in Pandect. … desgleichen …
  Sonst ist auch zu mercken, daß in dem Cammer-Gerichte denen unmittelbaren Reichs-Edelleuten, wenn sie gleich gantz und gar keine Reichs-Güter oder Lehen besitzen und innehaben, und also bloß in Absicht auf ihre Personen, Mandate und Processe auf die Constitution von Pfandungen und Arresten erkannt und ausgefertiget werden. Dergleichen unter andern auch bey denen Grafen von Schleib und Manßfeld gewöhnlich ist. Und zwar ist bekannt, daß alle und jede Per-  
  {Sp. 987|S. 507}  
  sonen, welche in dem gesamten Römisch-Deutschen Reiche und innerhalb dessen Bezirck Gräntzen wohnhafft sind, samt und sonders, keiner ausgenommen, dem Heil. Reiche, jedoch einige nur mit Mitteln, oder vermittelst anderer Fürsten und Stände, als ihrer ordentlichen Landes-Obrigkeit, andere aber ohne Mittel, und ohne erst einen andern Reichs-Stand über sich zu erkennen, unterworffen sind. Daher denn auch die offt erwehnte Constitution einen genauen Unterschied zwischen denen dem Reiche mit und ohne Mittel unterworffenen Personen macht.  
  Indessen giebt es gleichwohl in Deutschland, und sonderlich in Westphalen, auch viele Grafen, welche nicht einen Fuß breit unmittelbaren Reichs-Grund und Boden besitzen, und dennoch so wohl respective Reichs-Unterthanen, als auch derer Reichs-Constitutionen ohne Unterschied fähig sind, und gebrauchen, z.E.  
 
  • die Grafen von Neuenar, obgleich beyde Graffschafften dieses Namens an andere Häuser gekommen,
 
 
  • desgl. Limpurg gegen Stirum und Neuenar gegen Manderscheid zu Geroltzstein, welchen sonderlich der Hertzog von Jülich vor seine Landgerichte ziehen wollen, es sind aber beyde nicht gehöret worden;
 
 
  • ferner Bentheim gegen Steinfurt,
Gylmann in Symph. …
 
  • vornemlich aber Deutsch- und Johanniter-Ordens-Meister, welche fast nirgends eine besondere Herrschafft oder Gebiete, als unmittelbares Reichs-Lehn, inne haben.
 
  Diese bedienen sich also samt und sonders, so wohl binnen dem Gebiete oder Lande derer Fürsten und Stände, darinnen ihre Güter und Herrschafften gelegen sind, als auch anderer, in welchen sie sich irgend sonst niederlassen und aufhalten, derer gewöhnlichen Reichs-Constitutionen, und werden auch von dem Cammer-Gerichte selbst nicht an jener ihre Gerichte verwiesen, wenn sie auch gleich von solchen davor gezogen, und dagegen von dem Cammer-Gerichte abgezogen werden wollen. Und dieses zwar wegen des ihnen bloß vor ihre Personen zuständigen hohen Ranges und Vorzuges. Gyland d. Dec. …
  Ebenso leisten auch die Grafen in Waldeck denen Landgrafen in Hessen die Erbhuldigung, und sind doch Constitutions-fähig; desgleichen die Riedesel von Reichenbach, welche über dieses auch nicht allein als Erbmarschälle des Hauses Hessen einen Theil des Heßischen Ritterstandes ausmachen, und auf allen dasigen Land-Tägen mit erscheinen, sondern ausser dem auch noch dem Abt von Fulde ebenfalls die Erbhuldigung leisten, und also auch daselbst als Glieder der Ritterschafft anzusehen sind, und dem ungeachtet haben dieselben nicht allein wider andere unmittelbare Reichs-Stände, sondern auch wider den Abt selbst schon gar viele Processe gewonnen.  
  So leisten nicht weniger die Grafen in Schwartzburg, und fast alle Hartz- und Sächsische Grafen denen Hertzogen von Sachsen, einige aber auch dem Chur-Fürsten von Brandenburg, und sind gleichwohl nicht allein ordentliche Reichs-Stände, sondern gebrauchen sich auch derer Reichs-Constitutionen gegen sie und andere. Gylmann l.c.
  Eben so sind auch hin wieder viele von Adel würckliche Landsassen, wegen einiger so genannten Sattelgüter aber, so sie besitzen, besonders befreyet, und derenthalben so gut, als andere, Reichs-Constitutionen fähig. Z.E.  
 
  • Mar-

    {Sp. 988}

    feld in dem Stifft Münster,
  • Steinheim und Prümbt;
  • desgleichen Fortium im Hertzogthum Cleve, da doch sonst nur lauter Landsassen sind, wegen der Herrschafft Wittel und Königeldeng, wie denn auch würcklich Exempel hat, daß ihnen, in Ansehung solcher Güter, ordentliche Processe und Mandate auf die offt erwehnte Constitution von Pfändungen und Arresten erkannt worden. Als z.E. in Sachen derer von Steinheim gegen Dortmund.
Gylm. l.c.
  Doch liegt auch demjenigen ob, welcher behauptet, daß er dem Reiche unmittelbar unterworffen sey, solches zu beweisen. Wie denn unter andern den 5 Junius 1570 in dem Cammer-Gerichte ausdrücklich darauf erkannt worden. Seiler in Sent. Cam. Imper. Siehe auch Besold in Thes. Pract. h.v. und in Contin. eod. n. 10.
     

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Stand: 11. Dezember 2023 © Hans-Walter Pries