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Kluger Umgang mit Geld |
Das andere Stück dieser Geld-Kunst bestehet darinnen, daß man mit dem
erworbenen
Geld
klüglich umgehe. Es kan das Geld an sich selbsten niemanden
glücklich machen, und wenn man viel Millionen in den Kasten liegen hätte, so
könnten sie keinen
Menschen einen eintzigen
Tag erhalten, wenn sie nicht in eine
Bewegung kommen, mithin muß man dasselbige, nur als ein
Mittel, und nicht als
den Endzweck ansehen, das ist, sich für den
Geitz hüten.
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Ein
Vernünfftiger geht wohl mit dem
Geld um
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a) |
durch einen vernünfftigen Gebrauch desselben, als
eines Mittels, in gegenwärtigen Fällen sich und andern zu nutzen. |
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Wir
sagen allhier mit Fleiß, sich und seinem
Nächsten soll man damit Gutes thun, und gedencken des lieben
GOttes
nicht, von dem wir vielmehr alles haben, und der unserer Hülffe, oder
Beystands mit dem Geld nicht bedarff, woraus zu schlüssen, was von der
Anwendung seines Geldes zu den so genannten piis causis zu
halten, wenn man unter andern den Altar oder die Cantzel bekleiden
lässet, womit man keinem Menschen
nutzet. Erasmus
schreibet in seinem Convivio religioso also: mihi videntur,
vix excusari posse a peccato capitali, qui sumtibus immodicis aut
exstruunt, aut ornant monasteria seu templa, quum interim tot viva
Christi templa, fame periclitentur, nuditare horreant, rerumque
necessariarum inopia discrucientur. |
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Am Jüngsten Tag will Christus diejenigen
Wohlthaten, die man den Gläubigen als seinen Gliedmassen erwiesen,
dergestalt rühmen und annehmen, als wären sie ihm selbst geschehen,
gedenckt aber nicht von piis causis, die ihren
Ursprung aus dem
Pabstthum haben, und selbst von einigen Kirchen-Vätern verworffen
worden. Also soll man mit dem
Geld sich und seinem Nächsten nutzen. |
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Es findet der Mensch für seine
Person zweyerley
Ausgaben; nöthige, welche die Nothdurfft erfordert, und nicht so
nöthige, die die
Bequemlichkeit und der Wohlstand mit sich bringen,
welche letztere den erstern nachgeben müssen. Er giebt nicht mehr aus,
als die Nothdurfft, die Commodität und der Wohlstand erfordert, und
vermeidet dadurch zwey
schädliche Abwege, den Abweg der Verschwendung,
da man ohne vernünftige Ursach
das Geld ausgiebt, und den Abweg des
Geitzes, wenn man ohne vernünfftige Ursach weniger ausgiebt, als man
könnte und solte. |
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Seinem Nächsten nutzet er auf zweyfache Art:
einmal indirecte, wenn durch die Ausgaben, die er für sich und die
Seinigen thut, das Geld dergestalt in
Bewegung stehet und roulliret, daß
es unter die Leute kommt und im
Lande bleibet, worauf ein jeder zu
sehen, weil das
gemeine Beste daran hänget; hernach directe, wenn er bey
seinem Uberfluß Wohlthaten aus- |
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{Sp. 211|S. 119} |
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theilet, welches auch mit gehöriger
Klugheit
geschehen muß. |
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Rüdiger macht in der Anweisung
zu der Zufriedenheit der menschlichen Seele ... folgende Anmerckungen
hierbey; Was ein jeder vom Uberfluß habe, wäre nicht sein; sondern des
andern, welches er zwar als ein Vormund der
Armen haben möge, die
entweder wegen der
Macht der
Reichen zu nichts kommen können, oder wegen
ihres liederlichen und boßhafftigen
Wesens nichts
eigenthümlich haben
solten, damit wenn es nöthig befunden werde, er beyden wenig, oder viel,
nachdem es der
Zustand erfordert, dabey auch hundert und tausend Thaler
nicht müsten vor zu viel geachtet werden, zahlen möge. |
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Es müssen aber, fährt er fort, die
Armen von
denen Wohlthätern bis zu ihrer
vernünfftigen
Zufriedenheit versorget
werden. Denn
GOtt habe die Kräffte der
Natur zu aller Menschen
Zufriedenheit erschaffen, nemlich denen Armen müsse so viel gegeben
werden, daß ihnen der Mangel des
Vermögens kein Gutes nehme, das sie
nach
GOttes Willen haben solten. Eitelkeiten sollen sie nach GOttes
Willen nicht haben, so ist ihnen dann der Wohltäter auch nicht darzu
verpflichtet: einem von starcker
Leibes-Beschaffenheit
soll er weniger geben, als einem Schwächlichen und Krancken: einem
Boßhafftigen weniger, als einem Frommen, doch auch diesem nichts, was
seine Eitelkeit reitzen kan; einem
geschickten
Menschen, der wahrscheinlich das
gemeine Beste
befördern kan, soll er mehr, und nach Gelegenheit der Umstände, viel
mehr geben, als einem andern, weil solches ein Mittel ist, die
allgemeine Zufriedenheit zu befördern, weswegen auch der
Stand der Armen
soll in Betrachtung gezogen werden, wenn es ein Stand ist, damit man der
Welt dienen kan: weil der Pöbel gleich pflegt denjenigen, der nach
seinem Stande nicht leben kan, zu verachten, und sein Gutes nicht
anzunehmen; |
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b) |
führt sich ein weiser
Mann bey dem
Geld wohl auf
durch eine vernünftige Sammlung desselben in Ansehung der
künftigen
Zeiten. |
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Es haben die Alten recht
gesagt: Es müsse der
Mensch allezeit drey Pfennige in seinem Beutel haben, einen
Zehr-Pfennig, Noth-Pfennig und Ehren-Pfennig. Der erste gehet auf die
gegenwärtige Versorgung, und muß den beyden andern vorgezogen werden,
und weil der andere wegen einer künfftigen Noth beyzulegen, der
Ehren-Pfennig aber nur wegen des Wohlstandes bey
Hochzeiten,
Gevatterschafften und dergleichen ausgegeben wird, so geht der
Noth-Pfennig diesem für, den man so viel möglich, zu sammlen und in
Sicherheit zu bringen hat. |
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Denn es können sich solche Fälle ereignen, da
entweder ausserordentliche Ausgaben nöthig sind, als bey Kranckheiten,
Todes-Fällen,
Kriegs-Zeiten, oder wenn jemand durch Feuer, Wasser,
Diebe, Krieg, zum Theil um das Seinige kommt, oder wegen langwieriger
Kranckheit, hohen Alters nichts
verdienen kan: oder wenn man
heyrathen
will, nicht weiß, wie starck die Familie werden dürfte, dergleichen
auch, wenn man schon
verheyrathet, aber noch im
Stande ist
Kinder zu
zeugen; oder gedencket in einen höhern
Stand zu kommen, und wenn man
denn nichts gespahret, so |
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{Sp. 212} |
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kommt man bey einem solchen Fall gar schlecht zu
recht. |
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Ein weiser
Mann aber sammlet und sparet auf eine
vernünfftige Art das Geld, das ist, er richtet sich nicht hier nach der
Möglichkeit, was er in Zukunfft brauchen könne; sondern nach der
Wahrscheinlichkeit, was er vermuthlich brauchen werde. Denn sammlet man
nach der Möglichkeit, so darff man niemals aufhören, wie es eben die
Geitzigen machen, ja es kan dabey keine vernünfftige
Würckung, wie bey
der Wahrscheinlichkeit geschehen. Nach dieser kan derjenige, der eine
Million besitzet, nicht so leicht
arm werden, als er nur eine Tonne
Goldes hat, nach der Möglichkeit hingegen ists einerley, weil unter
andern der Krieg, der eine Tonne Goldes raubt, auch eben so wohl eine
Million hinnehmen kan. |
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Es können von dieser
Materie
-
Thomasius im Entwurff der
politischen Klugheit ...
- Heumann im politischen Philosopho ...
-
Wolff in vernünfftigen Gedancken von der Menschen Thun und
Lassen ...
- Rohr in der Einleitung zur Klugheit zu leben, ... und
in der Haushaltungs-Bibliothec ...
nachgelesen werden. |
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Ein gewisser Frantzose, Namens
Pelissy, hat ein
Buch unter dem Titel: Moyens pour devenir riche,
geschrieben, worinnen er aber nur zeiget, wie
man durch Hülffe des Salpeters und auf andere Art den Getraid-Saamen so
fruchtbar machen könne, daß es vielfältige Frucht bringe. Man hat auch des
Fellwingers explicationem politicam rationis ditescendi,
worinnen er aber nur ebenfalls einige Arten berühret, wie die Menschen in der
Republick etwas zu
erwerben pflegen, als
Ackerbau,
Haushaltung;
Kauffmannschafft
u.s.f.
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Reichtum |
Dieses war also, was wir hier von der Geld-Kunst nachzuhohlen hatten. Wir
kommen nun wieder unserer und mit jener verwandten
Materie von dem Reichthume.
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Unter den alten
Philosophen hat Aeschines in einem Gespräch
gezeiget,
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- daß man nichts vor Reichthum halten könne, als was nützlich sey:
- daß man den allein den Reichesten nennen könne, der
Sachen vom höchsten
Werth besitze:
- daß also einer, der gesund sey, viel
reicher sey, als ein Krancker, wenn
auch dieser schon das
Vermögen eines Persischen
Königs besässe, und
- daß kein kostbarer Schatz als die
Weisheit sey.
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Er
sagt ferner:
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- daß der
Nutzen einer
Sache von dem nothwendigen Gebrauch herrühre,
- daß das, was man insgemein Reichthum nenne, an sich selbst nicht
nützlich sey:
- daß derjenige der glücklichste und reichste
sey, der wenig bedarff, oder
mit wenigem vergnügt sey, und
- daß die reichsten insgemein die unglücklichsten wären, weil sie mehr als
andere vonnöthen hätten:
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In diesem Discours hat Aeschines Reichthum und
Glückseligkeit mit einander vermischet.
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Unter den Sprüchen des Diogenis findet man auch diesen: Die
meisten Reichen sind wie die in unbewegbaren
Örtern, und gegen Bergen stehende
Bäume und Weinstöcke. Denn ihre Früchte kommen nicht den Menschen, sondern nur
den Raben und andern dergleichen Thieren zu statten. Also wenden auch die
Reichen
ihr Vermögen nicht zum Guten an, sondern stecken es den Schmeichlern und
Huren in Hals, und wenden es also auf
schändliche
Wohllü-
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{Sp. 213|S. 120} |
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ste und eitele Ehre,
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wie bey dem Stobäo Serm. 90.
zu lesen.
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Sonst sahen die alten
Philosophen sonderlich in der Cynischen
Schule die
zeitlichen
Güter mit verächtlichen Augen an, und meynten, sie vertrügen sich
nicht mit der
Weisheit..
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Man lese
- Huetium in quaestionib.
Alnetanis ...
-
Buddeum in analectis hist. philos.
...
- Pritii Dissertation de contemtu divitiarum et
facultatum apud antiquos philosophos, Leipzig 1693.
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Wie aber solches bey diesen Leuten aus einem Hochmuth herkam; also war die
Meynung, als könnte Reichthum und
Weisheit nicht beysammen stehen, irrig.
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Recht |
Ubrigens ist denen
Rechten nach niemand gehalten, seinen Reichthum zu
offenbahren, und dem Neide auszulegen.
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l. 2.
ff. quando ... ibique
Perez
und Brunnemann. |
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Im übrigen wird einer gegenwärtig ohne
Beweiß nicht
reich zu seyn vermuthet,
wohl aber, daß er es werden könne.
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Menoch Lib. VI. ... |
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Wer aber offenbar reich ist, der ist nicht gehalten, Caution ins besondere
durch Bürgen zu machen.
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Mevius P. VIII. ... |
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Indessen hindert auch der einen oder anderen Parthey ihr Reichthum die denen
elenden Personen, als
Wittwen und Waysen, u.d.g. zukommende
Privilegien nicht.
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Covarruvias in Quaest. Pract. ... |
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Sonst giebt auch, nach denen Lehr-Sätzen der mehresten Criminalisten, der
gählinge Reichthum einer
Person, oder, wenn jemand plötzlich und geschwinde zu
grossen Mitteln gelanget, eine ziemliche
Ursache zur Inquisition, massen nicht
zu glauben stehet, daß ein
Armer ordentlicher Weise und von rechten Dingen so
plötzlich solte
reich werden können. Jedoch meynt Carpzov in
Pract. Crim. ... nicht
unbillig, daß solches bloß von einer Person zu
verstehen sey, zu welcher man sich, wegen anderer mit einlauffender Umstände,
gar wohl einer Missethat versehen mag.
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