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Privat-politische Geldkunst |
Die Privat-Politische Geld-Kunst geht einen jeden
Privat-Menschen
und dessen Privat-Interesse an, welche zeiget, wie man nicht nur
klüglich
Geld
eigenthümlich erlangen, sondern auch brauchen
soll. Wir
reden hier
von einer Kunst,
die sich auf eine
gewisse
Geschicklichkeit
gründet,
und die theoretischen
Regeln voraus setzet, mithin haben wir mit den
Mitteln, die vom
Glück
dependiren, nichts zu
thun, weil sie nicht in unserer
Gewalt stehen, und
daher keine Regeln leiden, folglich wenn jemand reiche
Eltern hat, einen
Schatz
findet, durch den
Tod eines Anverwandten eine gute Erbschafft bekommt, sehr
beschencket wird, oder
unverdienter Weise eine reichliche Pension hat, glücklich
in Lotterien ist, so kan er wohl viel Geld zusammen bekommen, niemand aber kan sagen; daß es durch seine politische
Klugheit geschehen sey. |
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unrechtmäßige Mittel |
Die wahre
Klugheit hat mit keinen verbotenen und ungerechten
Mitteln zu
thun, und fallen hier alle
unrechtmäßige Mittel weg, welche ihre Grade haben.
Einige fallen nach ihrer Schändlichkeit andern Leuten gleich in die Augen, wenn
man einen groben Diebstahl begehet, vermittelst der Hurerey was
verdient, indem
man entweder selbst huret, oder Huren hält, und dadurch die Leute an sich zu
zühen suchet. Etliche sind zuweilen verdeckt, daß mans nicht so leicht
durchgehends |
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{Sp. 207|S. 117} |
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mercket, als wenn man unter andern übermäßige Interesse von den
Capitalien
nimmt, unter dem Schein des
Rechtens anderer Leute
Vermögen an sich zühet, im
Handel und Wandel Schinderey und Betrügerey treibet, unrechte Geschencke
annimmt, welches privilegirte Diebe sind, bey deren Gut kein Segen, und es muß
endlich eintreffen: unrecht Gut kommt nicht an den dritten Erben. |
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rechtmäßige Mittel |
Was die rechtmäßigen Mittel betrifft, Geld
zu bekommen, so gehört dahin |
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1. reiche Heirat |
1) |
daß man eine
reiche
Heyrath thue. Vor dem muste
derjenige, der die
Tochter haben wolte, dem
Vater ein Stück Geld geben,
und sie also abkauffen. Von dem Jacob wissen wir, weil er kein Geld
hatte, so muste ers abverdienen, und wurde ihm diese Sache
sauer genug
gemacht, worauf Salomon zielet, wenn er in den Sprüchwörtern cap. 31. v.
29.
saget:
viele Töchter bringen Reichthum, und bey den
alten Deutschen
hieß es nach dem Zeugniß Taciti
de moribus Germanor. cap. 18. dotem non uxor marito, sed uxori
maritus offert. |
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Heut zu Tage ist die Sache umgekehrt, und man kan
wohl
sagen: viel
Töchter machen
arm. Doch ist eine besondere
Klugheit
nöthig, wenn man dieses Mittel appliciren, und durch eine reiche
Heyrath
Geld
bekommen will. Denn bey diesem Handel, wenn man eine
Frau zu nehmen
gesonnen, muß nach der Klugheit vornehmlich die Wahl dahin gerichtet
werden, daß man eine vergnügte
Ehe haben möge, welches das Geld an sich
nicht macht, und nur Gelegenheit so wohl zu vielem Guten; als
Bösen
geben kan. |
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Ein unvernünfftig
Weib bey ihrem vielen Gelde
kan
dem
Mann
Drangsal genug machen, daß er wenig Vergnügen bey seinen
erheyratheten Gut hat, und wenn jemand vor sich einiges
Vermögen
besitzet, ja, wenn er auch nichts hat, und seine Umstände leiden es
nicht, länger ausser der
Ehe zu leben, so thut er viel besser, er nimmt
ein
armes,
eheliches und tugendhafftes
Mägdgen, als eine
reiche, und in
der Eitelkeit und Boßheit ersoffene. Kan man beydes zusammen haben, eine
geschickte und tugendhaffte
Person, und nebst dem Geld, so wäre man
wunderlich, wenn man eine reiche der
armen nachsetzen wolte, da sie alle
beyde gleiche Qualitäten und gute
Eigenschafften hätten. Denn das Geld
ist nutz, wenn es in die Hände einer
vernünftigen
Person kommt. |
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2. etwas verdienen |
2) |
Muß man etwas
verdienen, wenn man nach erlangter
Geschicklichkeit im
Stand ist, andern nützliche
Dienste zu leisten, und
selbige einem bezahlt werden, folglich muß man sich nicht nur in einer
Sache eine nützliche und gründliche
Wissenschafft erwerben; sondern auch
klüglich zu appliciren wissen, woraus einige besondere Maximen flüssen. |
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Man muß nehmlich was nützliches lernen, welches
so viel heißt, man richte sich nach dem Geschmack seiner Zeit, darinnen
man lebet, wodurch man seine Profeßion beliebt machen kan. Wenn einer
sich mit dem grösten Fleiß auf die scholastische Philosophie geleget,
und wäre gesonnen, auf
Academien zu leben, und sein Brodt mit lesen zu
verdienen, der würde um deßwegen wenig verdienen, weil seine
Wissenschafft nicht mehr Mode, und hätte er damit vor hundert Jahren
kommen sollen. |
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Hat man eine nützliche Profeßion erwählet, so
erlerne man sie nicht nur gründlich, sondern auch nach der |
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{Sp. 208} |
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Mode, und
verknüpffe das gründliche mit dem, was
artig und galant ist, worauf sonderlich bey dem Studiren zu sehen. Denn
man hat mit zweyerley Leuten zu thun. Einige sind verständig und sehen
vornemlich auf Realitäten: andere und zwar der meiste Theil gehen nur
auf das äusserliche, und haben einen gemeinen Geschmack, daher es nöthig
ist, daß man auch seinen innerlichen
Geschicklichkeiten eine gute
Apparence machen, und den lüsterndern Augen der
Welt desto
ansehnlicher
fürstellen kan. |
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Man findet dreyerley Leute, die es hierinnen
versehen. Einige
studiren weder gründlich, noch nach der Mode auf eine
galante Art, unter denen diejenigen sehr thöricht handeln, welche
hinlängliche Mittel haben, daß sie lange Zeit auf Academien bleiben, und
was gründliches
studiren könnten, aus Geitz aber sich nur etliche Jahr
da aufhalten, und obenhin alles tractiren. Denn hat man nichts rechtes
gelernet, so muß man nicht allein lange warten, ehe man befördert wird;
sondern bekommt auch einen schlechten
Dienst, dabey man Lebenslang
bleiben muß, mithin geht das ohne dem wohl drauf, was man zu erspahren
gesuchet; dahingegen ein anderer, der an seinem Studiren nichts
ermangeln lassen, und damit was rechtschaffenes gelernet, ehe und besser
befördert zu werden, sich die gegründete
Hoffnung machen kan, wodurch er
mit grossem Wucher wieder einerndtet, was er reichlich ausgesäet hat. |
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Und gesetzt, daß sich oft nach dem Glück das
Gegentheil äusserte, indem einer, der schlechte
Geschicklichkeit hat,
ehe und besser ankäme, als einer, welcher gründliche
Gelehrsamkeit hat,
so richtet sich doch ein
vernünftiger
Mann nicht nach dem, was das Glück
thut, sondern was die Wahrscheinlichkeit mit sich bringt, indem man sich
auf diese ehe, als auf jenes verlassen kan. Andere lernen zwar etwas
gründlich, lassens aber etwa aus einem Eigensinn an dem äusserlichen
fehlen, welches, wenn es gleich Kleinigkeiten sind, oft an der
Beförderung hinderlich seyn kan, wie denn auch welche sind, die zwar um
das äusserliche, womit sie sich den Augen der Welt darstellen, besorgt
gnug sind, es fehlt ihnen aber an der innerlichen Realität, deren Glück
so gewiß nicht ist. |
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Sind die gehörigen
Geschicklichkeiten da, so muß
es ferner heissen: loquere, ut te videam, daß man selbige in
würcklichen Unternehmungen zeiget, und dadurch sich bey andern in
Hochachtung und guten Credit zu setzen suchet. Denn wenn jemand der
allergeschickteste
Mensch wäre, wolte aber so zu
reden, immer hinter dem
Ofen sitzen bleiben, daß niemand was von ihm hörte, oder sähe, so würde
er damit in der
Welt schlecht fortkommen, und
wahrhafftig wenig für sich
bringen. Es sind der Leute heut zu Tage sehr viel, die Beförderung
suchen, und was verdienen wollen, daß man an die Unbekannten nicht
dencket. |
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Doch kommts nicht alle mal auf die blosse
Geschicklichkeiten an, indem oft die Conjuncturen des Glücks gegenwärtig
so beschaffen, daß dasselbige einem entgegen, auch keine bessere
Aspecten desselbigen aufs künftige zu erwarten, daher demselben
nachzugeben, und unter andern denjenigen
Ort, wo man bishero das Glück
vergebens erwartet, zu verlassen, rathsam ist. Ein gutes Gewächs will
bisweilen in demjenigen
Erdreich, in welchem es zuerst aufge- |
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{Sp. 209|S. 118} |
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gangen, nicht recht fortkommen, und man hilfft
ihm wohl, wenn es in eine andere
Erde versetzt wird, in welcher es oft
weit besser bekleibet, und zur Zierde des Gartens aufs ansehnlichste
hervor wächset. Ein kluger Mensch
bindet sich aus blinder
Liebe an sein
Vaterland, darinnen er aufgewachsen, nicht. |
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Gracian stellet dieses in dem
Oracul Max. 198. sehr schön für: Das Vaterland,
spricht
er, ist eine Stief-Mutter auch der grösten Geschicklichkeit, und
herrschet in demselben der Neid, als in seiner natürlichen Heymath. Man
lässet sich dann mehr die Unvollkommenheit, die etwa den ersten Anfang
eines Menschen noch begleitete, im Gedächtniß schweben, als die Grösse,
die er nachhero erreichet. Eine Nadel hat wohl ehe vor einer Sache von
hohem Werthe gelten können, wenn sie aus einer Welt in die andere
geführet worden, und ein Glas, das man in unbekannte Länder gebracht,
hat wohl einen Diamanten an Schätzbarkeit beschämet. |
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Was hier Gracian
saget, ist so wahrhaftig, daß
dieses auch die
Schrift mit dem Exempel Christi bestätiget, der in
ausländischen Gegenden als ein grosser Prophet angepriesen wurde, in
seinem Vaterlande aber nichts galt, daß er auch
sagte, ein
Prophet gilt nirgends weniger als in seinem Vaterlande, |
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Marc. 6. v. 4. |
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Hat jemand ein
Amt erhalten, oder sich bey seiner
Profeßion so weit gebracht, daß er durch
Arbeiten was verdienen kan, so
ist kein besser Mittel, sich dabey zu erhalten, als daß er seine Sachen
fleißig abwarte. |
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andere Wege |
Ausser dem
Arbeiten und
Heyrathen giebts noch andere Wege, etwas, wenigstens
darneben zu erwerben, die aber nicht durchgängig auf gleiche Art allen und jeden
anständig. Mancher Handwercksmann kan nebst seinem
Handwerck viel verdienen,
wenn er einen Gasthof hat, und die Wirthschafft treibet, welches hingegen für
einen Gelehrten eine unanständige Profeßion wäre, und ist daher keinesweges zu
billigen, daß auf manchen
Dörffern der Herr Pfarr zugleich Wirth seyn muß.
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Doch leidet auch diese
Regel ihre Einschränckung. Denn weil solche
Handlungen nur nach der Wohlanständigkeit zu untersuchen, solche aber auf der
Gewohnheit anderer Leute beruhet, und in Ansehung des
Orts, des
Stands, der
Profeßion gar sehr unterschieden seyn kan, so können davon keine besondere
absolute
Regeln gegeben werden.
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Eine öffentliche Wirthschafft treiben, wird wohl durchgehends bey uns für
eine Sache gehalten, die einem Gelehrten unanständig; Speisen sie aber auf
Academien nur
Studirende, und halten Tische, so ist dieses vielmehr was Lobens-
als was Tadelnswürdiges, und damit läst sich auch, wenn die Zeiten gut, und die
Victualien wohl einzukauffen sind, was verdienen. An manchen
Orten ist die
Gewohnheit, daß alle ohne Unterscheid, Vornehme und Geringe, Gelehrte und
Ungelehrte, Bier oder Wein verschencken, und sich öffentlich in der
Stadt
ausruffen lassen, welches hingegen an einem andern Ort einem vor unanständig
würde ausgeleget werden.
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Es finden sich für Gelehrte,
Handwercke und gemeine
Künste, dadurch sie ohne
Schaden ihrer Reputation
Geld erwer-
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{Sp. 210} |
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ben können, wenn sie selbige nicht selbst verrichten, sondern durch andere
die Arbeit thun lassen. Also kan einer mit
Ehren den
Ackerbau treiben, wie die
Land-Juncker und Pachter; und ein Medicus kan seine Apotheck haben, wenn er sie
durch seinen Provisor bestellet. So hatten ehemahls die Stephani ihre eigene
Buchdruckerey, und verlegten ihre
Bücher selbst; ob sich aber solches heut zu
Tage füglich mit
Nutzen nachthun liesse, stünde dahin.
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