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Zedler: Reichthum [3] HIS-Data
5028-31-198-2-03
Titel: Reichthum [3]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 31 Sp. 206
Jahr: 1742
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 31 S. 116
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Folgender Artikel: Reichthum [4]
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Bibel

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Übersicht
Geld-Kunst (Forts.)
  Arten (Forts.)
 
  politische (Forts.)
 
  Privat-Politische
 
  unrechtmäßige Mittel
  rechtmäßige Mittel
 
  1. reiche Heirat
  2. etwas verdienen
  andere Wege

Stichworte Text Quellenangaben
Privat-politische Geldkunst Die Privat-Politische Geld-Kunst geht einen jeden Privat-Menschen und dessen Privat-Interesse an, welche zeiget, wie man nicht nur klüglich Geld eigenthümlich erlangen, sondern auch brauchen soll. Wir reden hier von einer Kunst, die sich auf eine gewisse Geschicklichkeit gründet, und die theoretischen Regeln voraus setzet, mithin haben wir mit den Mitteln, die vom Glück dependiren, nichts zu thun, weil sie nicht in unserer Gewalt stehen, und daher keine Regeln leiden, folglich wenn jemand reiche Eltern hat, einen Schatz findet, durch den Tod eines Anverwandten eine gute Erbschafft bekommt, sehr beschencket wird, oder unverdienter Weise eine reichliche Pension hat, glücklich in Lotterien ist, so kan er wohl viel Geld zusammen bekommen, niemand aber kan sagen; daß es durch seine politische Klugheit geschehen sey.  
unrechtmäßige Mittel Die wahre Klugheit hat mit keinen verbotenen und ungerechten Mitteln zu thun, und fallen hier alle unrechtmäßige Mittel weg, welche ihre Grade haben. Einige fallen nach ihrer Schändlichkeit andern Leuten gleich in die Augen, wenn man einen groben Diebstahl begehet, vermittelst der Hurerey was verdient, indem man entweder selbst huret, oder Huren hält, und dadurch die Leute an sich zu zühen suchet. Etliche sind zuweilen verdeckt, daß mans nicht so leicht durchgehends  
  {Sp. 207|S. 117}  
  mercket, als wenn man unter andern übermäßige Interesse von den Capitalien nimmt, unter dem Schein des Rechtens anderer Leute Vermögen an sich zühet, im Handel und Wandel Schinderey und Betrügerey treibet, unrechte Geschencke annimmt, welches privilegirte Diebe sind, bey deren Gut kein Segen, und es muß endlich eintreffen: unrecht Gut kommt nicht an den dritten Erben.  
rechtmäßige Mittel Was die rechtmäßigen Mittel betrifft, Geld zu bekommen, so gehört dahin  
1. reiche Heirat
1) daß man eine reiche Heyrath thue. Vor dem muste derjenige, der die Tochter haben wolte, dem Vater ein Stück Geld geben, und sie also abkauffen. Von dem Jacob wissen wir, weil er kein Geld hatte, so muste ers abverdienen, und wurde ihm diese Sache sauer genug gemacht, worauf Salomon zielet, wenn er in den Sprüchwörtern cap. 31. v. 29. saget: viele Töchter bringen Reichthum, und bey den alten Deutschen hieß es nach dem Zeugniß Taciti de moribus Germanor. cap. 18. dotem non uxor marito, sed uxori maritus offert.
 
 
  Heut zu Tage ist die Sache umgekehrt, und man kan wohl sagen: viel Töchter machen arm. Doch ist eine besondere Klugheit nöthig, wenn man dieses Mittel appliciren, und durch eine reiche Heyrath Geld bekommen will. Denn bey diesem Handel, wenn man eine Frau zu nehmen gesonnen, muß nach der Klugheit vornehmlich die Wahl dahin gerichtet werden, daß man eine vergnügte Ehe haben möge, welches das Geld an sich nicht macht, und nur Gelegenheit so wohl zu vielem Guten; als Bösen geben kan.
 
 
  Ein unvernünfftig Weib bey ihrem vielen Gelde kan dem Mann Drangsal genug machen, daß er wenig Vergnügen bey seinen erheyratheten Gut hat, und wenn jemand vor sich einiges Vermögen besitzet, ja, wenn er auch nichts hat, und seine Umstände leiden es nicht, länger ausser der Ehe zu leben, so thut er viel besser, er nimmt ein armes, eheliches und tugendhafftes Mägdgen, als eine reiche, und in der Eitelkeit und Boßheit ersoffene. Kan man beydes zusammen haben, eine geschickte und tugendhaffte Person, und nebst dem Geld, so wäre man wunderlich, wenn man eine reiche der armen nachsetzen wolte, da sie alle beyde gleiche Qualitäten und gute Eigenschafften hätten. Denn das Geld ist nutz, wenn es in die Hände einer vernünftigen Person kommt.
 
2. etwas verdienen
2) Muß man etwas verdienen, wenn man nach erlangter Geschicklichkeit im Stand ist, andern nützliche Dienste zu leisten, und selbige einem bezahlt werden, folglich muß man sich nicht nur in einer Sache eine nützliche und gründliche Wissenschafft erwerben; sondern auch klüglich zu appliciren wissen, woraus einige besondere Maximen flüssen.
 
 
  Man muß nehmlich was nützliches lernen, welches so viel heißt, man richte sich nach dem Geschmack seiner Zeit, darinnen man lebet, wodurch man seine Profeßion beliebt machen kan. Wenn einer sich mit dem grösten Fleiß auf die scholastische Philosophie geleget, und wäre gesonnen, auf Academien zu leben, und sein Brodt mit lesen zu verdienen, der würde um deßwegen wenig verdienen, weil seine Wissenschafft nicht mehr Mode, und hätte er damit vor hundert Jahren kommen sollen.
 
 
  Hat man eine nützliche Profeßion erwählet, so erlerne man sie nicht nur gründlich, sondern auch nach der
 
  {Sp. 208}  
 
  Mode, und verknüpffe das gründliche mit dem, was artig und galant ist, worauf sonderlich bey dem Studiren zu sehen. Denn man hat mit zweyerley Leuten zu thun. Einige sind verständig und sehen vornemlich auf Realitäten: andere und zwar der meiste Theil gehen nur auf das äusserliche, und haben einen gemeinen Geschmack, daher es nöthig ist, daß man auch seinen innerlichen Geschicklichkeiten eine gute Apparence machen, und den lüsterndern Augen der Welt desto ansehnlicher fürstellen kan.
 
 
  Man findet dreyerley Leute, die es hierinnen versehen. Einige studiren weder gründlich, noch nach der Mode auf eine galante Art, unter denen diejenigen sehr thöricht handeln, welche hinlängliche Mittel haben, daß sie lange Zeit auf Academien bleiben, und was gründliches studiren könnten, aus Geitz aber sich nur etliche Jahr da aufhalten, und obenhin alles tractiren. Denn hat man nichts rechtes gelernet, so muß man nicht allein lange warten, ehe man befördert wird; sondern bekommt auch einen schlechten Dienst, dabey man Lebenslang bleiben muß, mithin geht das ohne dem wohl drauf, was man zu erspahren gesuchet; dahingegen ein anderer, der an seinem Studiren nichts ermangeln lassen, und damit was rechtschaffenes gelernet, ehe und besser befördert zu werden, sich die gegründete Hoffnung machen kan, wodurch er mit grossem Wucher wieder einerndtet, was er reichlich ausgesäet hat.
 
 
  Und gesetzt, daß sich oft nach dem Glück das Gegentheil äusserte, indem einer, der schlechte Geschicklichkeit hat, ehe und besser ankäme, als einer, welcher gründliche Gelehrsamkeit hat, so richtet sich doch ein vernünftiger Mann nicht nach dem, was das Glück thut, sondern was die Wahrscheinlichkeit mit sich bringt, indem man sich auf diese ehe, als auf jenes verlassen kan. Andere lernen zwar etwas gründlich, lassens aber etwa aus einem Eigensinn an dem äusserlichen fehlen, welches, wenn es gleich Kleinigkeiten sind, oft an der Beförderung hinderlich seyn kan, wie denn auch welche sind, die zwar um das äusserliche, womit sie sich den Augen der Welt darstellen, besorgt gnug sind, es fehlt ihnen aber an der innerlichen Realität, deren Glück so gewiß nicht ist.
 
 
  Sind die gehörigen Geschicklichkeiten da, so muß es ferner heissen: loquere, ut te videam, daß man selbige in würcklichen Unternehmungen zeiget, und dadurch sich bey andern in Hochachtung und guten Credit zu setzen suchet. Denn wenn jemand der allergeschickteste Mensch wäre, wolte aber so zu reden, immer hinter dem Ofen sitzen bleiben, daß niemand was von ihm hörte, oder sähe, so würde er damit in der Welt schlecht fortkommen, und wahrhafftig wenig für sich bringen. Es sind der Leute heut zu Tage sehr viel, die Beförderung suchen, und was verdienen wollen, daß man an die Unbekannten nicht dencket.
 
 
  Doch kommts nicht alle mal auf die blosse Geschicklichkeiten an, indem oft die Conjuncturen des Glücks gegenwärtig so beschaffen, daß dasselbige einem entgegen, auch keine bessere Aspecten desselbigen aufs künftige zu erwarten, daher demselben nachzugeben, und unter andern denjenigen Ort, wo man bishero das Glück vergebens erwartet, zu verlassen, rathsam ist. Ein gutes Gewächs will bisweilen in demjenigen Erdreich, in welchem es zuerst aufge-
 
  {Sp. 209|S. 118}  
 
  gangen, nicht recht fortkommen, und man hilfft ihm wohl, wenn es in eine andere Erde versetzt wird, in welcher es oft weit besser bekleibet, und zur Zierde des Gartens aufs ansehnlichste hervor wächset. Ein kluger Mensch bindet sich aus blinder Liebe an sein Vaterland, darinnen er aufgewachsen, nicht.
 
 
  Gracian stellet dieses in dem Oracul Max. 198. sehr schön für: Das Vaterland, spricht er, ist eine Stief-Mutter auch der grösten Geschicklichkeit, und herrschet in demselben der Neid, als in seiner natürlichen Heymath. Man lässet sich dann mehr die Unvollkommenheit, die etwa den ersten Anfang eines Menschen noch begleitete, im Gedächtniß schweben, als die Grösse, die er nachhero erreichet. Eine Nadel hat wohl ehe vor einer Sache von hohem Werthe gelten können, wenn sie aus einer Welt in die andere geführet worden, und ein Glas, das man in unbekannte Länder gebracht, hat wohl einen Diamanten an Schätzbarkeit beschämet.
 
 
  Was hier Gracian saget, ist so wahrhaftig, daß dieses auch die Schrift mit dem Exempel Christi bestätiget, der in ausländischen Gegenden als ein grosser Prophet angepriesen wurde, in seinem Vaterlande aber nichts galt, daß er auch sagte, ein Prophet gilt nirgends weniger als in seinem Vaterlande,
Marc. 6. v. 4.
 
  Hat jemand ein Amt erhalten, oder sich bey seiner Profeßion so weit gebracht, daß er durch Arbeiten was verdienen kan, so ist kein besser Mittel, sich dabey zu erhalten, als daß er seine Sachen fleißig abwarte.
 
andere Wege Ausser dem Arbeiten und Heyrathen giebts noch andere Wege, etwas, wenigstens darneben zu erwerben, die aber nicht durchgängig auf gleiche Art allen und jeden anständig. Mancher Handwercksmann kan nebst seinem Handwerck viel verdienen, wenn er einen Gasthof hat, und die Wirthschafft treibet, welches hingegen für einen Gelehrten eine unanständige Profeßion wäre, und ist daher keinesweges zu billigen, daß auf manchen Dörffern der Herr Pfarr zugleich Wirth seyn muß.  
  Doch leidet auch diese Regel ihre Einschränckung. Denn weil solche Handlungen nur nach der Wohlanständigkeit zu untersuchen, solche aber auf der Gewohnheit anderer Leute beruhet, und in Ansehung des Orts, des Stands, der Profeßion gar sehr unterschieden seyn kan, so können davon keine besondere absolute Regeln gegeben werden.  
  Eine öffentliche Wirthschafft treiben, wird wohl durchgehends bey uns für eine Sache gehalten, die einem Gelehrten unanständig; Speisen sie aber auf Academien nur Studirende, und halten Tische, so ist dieses vielmehr was Lobens- als was Tadelnswürdiges, und damit läst sich auch, wenn die Zeiten gut, und die Victualien wohl einzukauffen sind, was verdienen. An manchen Orten ist die Gewohnheit, daß alle ohne Unterscheid, Vornehme und Geringe, Gelehrte und Ungelehrte, Bier oder Wein verschencken, und sich öffentlich in der Stadt ausruffen lassen, welches hingegen an einem andern Ort einem vor unanständig würde ausgeleget werden.  
  Es finden sich für Gelehrte, Handwercke und gemeine Künste, dadurch sie ohne Schaden ihrer Reputation Geld erwer-  
  {Sp. 210}  
  ben können, wenn sie selbige nicht selbst verrichten, sondern durch andere die Arbeit thun lassen. Also kan einer mit Ehren den Ackerbau treiben, wie die Land-Juncker und Pachter; und ein Medicus kan seine Apotheck haben, wenn er sie durch seinen Provisor bestellet. So hatten ehemahls die Stephani ihre eigene Buchdruckerey, und verlegten ihre Bücher selbst; ob sich aber solches heut zu Tage füglich mit Nutzen nachthun liesse, stünde dahin.  
     

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Stand: 12. Juli 2013 © Hans-Walter Pries