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Quellenangaben |
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Grade der Weisheit.¶ |
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Es hat die Weisheit ihre Grade, nachdem so
wohl die
Erkänntniß in dem
Verstande, als auch die
Verbesserung des
Willens, und Bezähmung der
Affecten, bey einem
vollkommener, als bey dem
andern seyn kan; Wiewohl, wenn wir
erwegen, daß
zu Beförderung der
wahren
Glückseligkeit eben so
viel Wahrheiten nicht
nöthig sind, so kan man
dennoch das
Lob eines weisen
Menschen
erlangen, wenn man auch keine so weitläufftige
Erkänntniß besitzet. Ist dieses voraus gesetzet, so
können wir leicht
erkennen:¶ |
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Wie die Weisheit von den andern
Geschicklichkeiten der menschlichen Seele
unterschieden sey?¶ |
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Eine solche
Geschicklichkeit ist die
Gelehrsamkeit, da zwar nichts gewöhnlichers, als
daß man gelehrte Leute auch weise nennet, wie wir
gleich im Anfange erinnert; wenn man aber von der
eigentlichen Weisheit redet, so ist zwischen ihr und
der Gelehrsamkeit allerdings |
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{Sp. 1132} |
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ein grosser Unterschied, massen einer weise
seyn kan, der eben keine Gelehrsamkeit hat, da
hingegen ein anderer bey aller seiner
Gelehrsamkeit wenig Weisheit vorzeigen kan.
Denn nimmt man das
Wort Gelehrsamkeit nach der
gewöhnlichen Bedeutung, so begreifft sie eine
Erkänntniß vielerley
Sachen, wodurch man die
menschliche Glückseligkeit befördert, dergleichen
Wissen bey einem Menschen seyn kan, ohne daß
solches mit der wahren Weisheit
verknüpffet ist,
wie uns dessen nicht nur die Geschichte der
Gelehrten; sondern auch die tägliche
Erfahrung
versichern. |
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Man findet Leute, die wegen ihrer
Gelehrsamkeit, und weitläufftiger
Wissenschafft in
grossen Ruf stehen, wenn man aber ihr
Leben und
Wandel, ihre Unternehmungen und Handlungen
ansiehet, so trifft man dabey nichts von der
Weisheit an. Sie lassen ihren Neigungen und
Affecten den Zügel, erwehlen auf Antrieb
derselbigen das
Böse vor das Gute, und indem sie
sich dadurch unglücklich machen, so legen sie eine
Thorheit an den Tag, und bestätigen dasjenige,
was wir vorher
gesaget, wie nemlich
Gelehrsamkeit von der Weisheit könne entfernet
seyn. |
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Befindet sich bey einem weisen
Manne
Gelehrsamkeit, so wird diese durch die Weisheit
erst recht kräfftig und nützlich, dergestalt, daß ein
unweiser Mann nicht den halben
Vortheil von
seiner Gelehrsamkeit hat, als ein weiser von
derselben zu gewarten. Diesen Unterscheid unter
der Gelehrsamkeit und Weisheit muß man wohl
mercken, weil nach demselbigen in vielen andern
Dingen
vernünfftig kan geurtheilet werden. Denn
damit wir nur ein Exempel anführen, so wird unter
andern viel von der
Philosophie der Patriarchen
disputiret, da einige selbige zu grossen
Philosophen machen; andere hingegen ihnen alle
Erkänntniß der Philosophie absprechen wollen,
welcher Streit am gründlichsten dadurch kan
entschieden werden, wenn man sagt, sie wären
zwar keine Philosophen: aber doch weise Leute
gewesen. Denn die Philosophie ist ein Theil der
Gelehrsamkeit. |
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Ausser diesem ist auch die
Klugheit eine
Geschicklichkeit der
menschlichen
Seele, welche
man ebenfalls von der Weisheit, ob sie gleich der
Herr von Rohr mit derselbigen für einerley hält,
wohl zu unterscheiden hat, indem man nicht einem
jeden weisen Manne eine Klugheit beylegen kan,
weswegen folgender Unterscheid zwischen ihnen
zu setzen, daß die Weisheit mit den Absichten; die
Klugheit hingegen mit den Mitteln die Absichten zu
erlangen, zu thun hat. Jene setzet sich, was Gutes
vor, es sey nun eine Erlangung des Guten, oder
Abwendung des
Bösen; diese aber giebt nicht nur
die Mittel, die dabey zu gebrauchen, an die Hand,
sondern weisset auch, wie die Hindernisse aus
dem Wege zu räumen sind. |
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So können wir auch noch hinzusetzen, daß die
Weisheit überhaupt auf das Gute gerichtet sey, und
die Klugheit auf besondere
Dinge und
Unternehmungen abziele. Wol- |
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{Sp. 1133|S. 580} |
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te man, wieder dasjenige, was wir bisher von
der eigentlich so genannten
philosophischen
Weisheit
gesaget haben, den Einwurff machen:
Daß die alten
Philosophen vor dem
Socrates, wie
auch nachgehends Aristoteles von dem wir den
Gebrauch des
Wortes Weisheit bekommen,
dasselbe vor die theoretische
Gelehrsamkeit
genommen haben; So antworten wir: Es ist
hierbey nicht zu vergessen, daß Socrates diese
allzuenge Bedeutung mit
Grunde verworffen, und
die andern Philosophen alle, die Platonicker, die
Stoicker, die Epicureer, und nur der eintzige
Aristoteles nicht, ihm hierinnen
billig beygepflichtet,
ja, das Salomo und Syrach, in dieser Verbesserung
des
Begriffes, den man von der Weisheit haben
soll, es noch weit höher gebracht, und gewiesen
haben, daß
GOtt zu der wahren Weisheit alle
Menschen, auch die Ungelehrten, erschaffen;
Indem die Furcht des Herrn der Weisheit Anfang
sey, und also nicht derjenige, der nur von den
Grund-Regeln der Weisheit scharffsinnig zu
dencken weiß, sondern vielmehr derjenige, der
sich die Furcht des Herrn als den rechten Grund
der Ausübung derselben, darnach würcklich zu
leben lencken lässet, ein
wahrhafftig weiser
Mann
sey. |
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Dahero sehen wir nicht, warum unter unsern
Vorfahren, deren Gebrauche wir, in Bestimmung
der Bedeutung dieser
Wörter, folgen sollen, wir
allein auf den Aristoteles sehen, und den ihm
einhellig widersprechenden Gebrauch aller übrigen
Philosophen, des
Socrates, der Platonicker, der
Stoicker, der Epicureer, des Cicero, des weisen
Salomo, des Syrachs, gegen den eintzigen
Aristoteles, für nichts
achten solten, und noch darzu ohne Absicht,
welcher von beyderley Gebrauche wohl
vernünfftiger sey? |
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Daß wir aber der wahren Weisheit, in
obgedachtem
Verstande, auch die Ungelehrten
fähig
erkennen müssen,
verstehet sich von sich
selbst: Indem sie den Geschmack ihrer
Sinne zu
der Belustigung an dem Guten, und ihren
Willen zu
der Tugend, angewöhnen können, aus dem
Grunde einer auch nur einfältigen, und nicht
gelehrten,
Erkänntniß der
Wahrheit, die sie von
den
Gelehrten überkommen können und sollen:
Gleichwie z.E. auch ein Ungelehrter ein guter
Christ seyn kan, ob er gleich der Wahrheiten der
Religion nicht als ein gelehrter Theologe, sondern
nur durch einfältigen
Unterricht, mächtig ist. |
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Wir erfordern also zwar zu wahrer Weisheit
eine überzeugende
Erkänntniß der
Wahrheit: Es
kan aber dieselbe zweyerley seyn, nehmlich
entweder eine überzeugende Erkänntniß, die man
durch eigenes Nachdencken, vermittelst der durch
das Studiren in solchem Nachdencken erworbenen
Geschicklichkeit, erlangen kan: Dieses ist die
gelehrte überzeugende Erkänntniß der Wahrheit:
Oder eine in ihrer Art ebenfalls überzeugende
Erkänntniß, die man, aus Mangel eigener
Gelehrsamkeit und Einsicht in die tiefsten
Gründe
der Wahrheit, sich selber nicht würde machen
können, aber als eine
vernünfftige
Creatur, wo man sich auch selbst nicht überzeugen kan, dennoch von andern zu
unterrichten und überzeugen zu lassen fähig ist, durch Gründe die auch ein
Ungelehrter fassen kan, und die zu dem Ende von
klugen
Lehrern erlesen werden, Dieses ist die
gemeine überzeugende Erkännt- |
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{Sp. 1134} |
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niß der Wahrheit, die alle vernünfftige
Menschen haben. Denn aus dem
Wesen der
Vernunfft folget, daß, wenn sie auch nicht gelehrt
ist, und sich also selbst in die Wahrheit leiten kan,
sie dennoch zum wenigsten gelehrig, und also sich
in die Wahrheit von andern Klügern und Erfahrnern
leiten zu lassen fähig sey. Wie wolten sonst, wenn
dieses nicht wäre, aus ungelehrten sogar gelehrte
Leute werden können? |
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Die überzeugende
Erkänntniß der
Wahrheit
demnach, die wir auch den Ungelehrten zu theilen,
ist diese letztere; Welche, da sie sie auch würcklich
haben, das Exempel so vieler Nichtgelehrten, die
wohl
vernünfftiger und tugendhaffter leben, als
viele
Gelehrte, augenscheinlich bezeuget: Und es
ist wohl ein wenig zu hart, so gar ohne Unterschied
alle
Empfindung
und Überzeugung der Wahrheit denen Nichtgelehrten abzusprechen, gleich als ob
ein Ungelehrter gar nicht einmahl eine
vernünfftige Creatur wäre, oder doch keine
würckliche Überzeugung der Wahrheit einer etwa
guten Tugendlehre, durch innerliche Empfindung
solcher Wahrheit, jemahls haben könne, oder
würcklich habe. |
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Endlich
sagen wir auch keinesweges, daß
alles Theoretische zu der
Gelehrsamkeit gehöre:
Denn die gemeine einfältige
Erkänntniß, zu
welcher auch die Ungelehrten zu Beförderung
eines
vernünfftigen
Lebens, angeleitet werden, hat
eben auch ihre Theorien; Ob sie gleich nicht zu tief
aus den ersten
Gründen der Natur der Dinge
heraus geholt werden dürffen, als es in der
Gelehrsamkeit nöthig ist. Da wahre Weisheit nichts
anders ist, als ein
Begriff derjenigen
Geschicklichkeiten des
Gemüths, des
Verstandes
und des
Willens, und der
Sinne, die zu Erlangung
und zu dem Genusse einer wahren Glückseligkeit
erfordert werden, die Geschicklichkeiten des
Willens und der Sinne aber von den
Geschicklichkeiten des Verstandes dependiren;
Alle Geschicklichkeit und Erkänntniß des
Verstandes aber zuletzt auf die
Erkänntniß GOttes,
als der allerobersten
Grund Ursache aller
Dinge,
hinaus lauffen muß; Die Erkänntniß GOttes aber
uns zu der Erkänntniß seines
Willens, und
Gesetzes, und diese endlich uns zu einem weisen
Gehorsam, leitet, welcher, wenn er
GOtt
angenehm, und unsre wahre Glückseligkeit, als
den
Zweck der göttlichen Gesetze, zu befördern
tüchtig seyn soll, mit kindlicher
Furcht GOttes
geleistet werden muß: So ist also die Furcht
GOttes, und der daher entspringende Gehorsam,
erstlich der Zweck, auf welchen alle weisse
Wissenschafft abzielen muß, als welche durch die
Reyhen der Geschöpffe bis auf GOtt empor steigen
muß, und nicht höher kan; So dann aber zum
andern die eintzige höchste Grund oder
Bewegungs Ursache, die den
Willen der Menschen
zu wahrer Tugend, und ihren Geschmacke zu dem
daher zu gewartenden gründlichen Vergnügen,
bringen kan. Dannenhero, und in diesem
Verstande, ist die Furcht des Herrn der Weisheit
Anfang: Denn sie ist, wie gesagt, der höchste
Zweck alles unsers Wissens, und die gewünschte
Bewegungs-Ursache alles unsers
Thuns. |
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Was wir bisher umständlich dargethan und
erwiesen haben, stellet Syrbius gleichsam in
ei- |
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{Sp. 1135|S. 581} |
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nem kurtzen Abriß vor, wenn er schreibet: Die
Weisheit sey nichts anders, als der Besitz des
Wahren und des Guten. Es werde aber das Wahre
durch
Erkänntniß, und das Gute durch
Liebe,
besessen. Hieraus erscheine, wie die Weisheit so
wohl von der
Philosophie, als auch von der
Gelehrsamkeit und von der Tugend, wie nicht
weniger von der Lehre und Anweisung zu der
Weisheit, und andern
Dingen mehr, unterschieden
sey. |
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Was die Philosophie anlange, so werde zwar
mit diesem
Worte theils die Gelehrsamkeit, theils,
und absonderlich, die Lehre der Weisheit, so ferne
diese nur aus der gesunden sich selbst gelassenen
Vernunfft zu
erkennen sey, benennet. Wenn man
aber alles genau unterscheiden wolle, so sehe sie
die Weisheit als ihrem
Zweck an, und sey nichts
anders, als die Bestrebung, oder Bemühung, nach
dem Wahren und Guten; Welches endlich ebenso
viel bedeute, als dieses dem
Ursprunge nach
Griechische Wort auf Deutsch heisse; Nehmlich die
Liebe, oder Bemühung nach der Weisheit, die sich
der Lehre, als eines Mittels bedienet. |
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Gelehrsamkeit und Tugend aber verhalten
sich gegen die Weisheit, als Stücke, oder Theile,
gegen das Gantze. Denn da die Weisheit auf
Seiten des
Verstandes den Besitz des Wahren
erfordere, solcher aber in der
Erkänntniß bestehe;
So könne diese mit keinem füglichern
Nahmen,
als der Gelehrsamkeit, benennet, und dahero, als eine genug klar und deutliche
Erkänntniß des Wahren und Guten, beschrieben werden. Denn, wenn man gleich auch
das Gute mit erkennet, so sey doch solche Erkänntniß weiter nichts, als ein
Besitz des Wahren. |
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Es begreiffe aber die
Gelehrsamkeit
eines theils ein blosses Verstehen, andern theils aber eine
Geschicklichkeit,
unter sich. Was man verstehe, daß verstehe man entweder
unmittelbar, ohne, daß man zu der Überführung einiges
Beweises
benöthiget sey, und dieses nenne man die Verständlichkeit (Intelligentiam):
Oder vermittelst eines hinlänglichen Beweises, und dieses nenne man besonders
die
Wissenschafft (Scientiam). |
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Die
Geschicklichkeit sey überhaupt das
Vermögen, die von der gesunden
Vernunfft
vorgeschriebenen
Regeln auszuüben. Dadurch
könne man aber wiederum entweder blos etwas
ausrichten, oder bewerckstelligen, und dieses
nenne man die Kunst; Oder man sey geschickt, mit
seinem
Thun und Lassen etwas Gutes zu
befördern, als
Nutzen zu schaffen,
Schaden zu
vermeiden, welches der
Klugheit (Prudentiae)
zugeschrieben werde. Solchem nach würcke die
Kunst nach dem
Zwecke des
Verstandes; Die
Klugheit aber nach dem Zwecke des
Willens. |
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Ferner werde, auf Seiten des Willens, der
Besitz des Guten zu der Weisheit erfordert,
welcher in der Liebe bestehe. Gleichwie aber das
höchste Gut der
Grund von allen übrigen ist; Also
werde hier zuförderst die aufrichtige Liebe zu dem
höchsten Gute erfordert, welche eigentlich Tugend
heisse. Jedoch würden deswegen die übrigen
Güter von der Weisheit nicht ausgeschlossen:
Wenn nur die Liebe zu denselben der Liebe des
höchsten Gutes gebührend unterworffen
werde. |
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Aus dem Angeführten lasse sich leicht
abnehmen, was so wohl der Weisheit selbst, als
derselben Stücken, zuwi- |
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{Sp. 1136} |
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der lauffe. Überhaupt stehe ihr die Thorheit
entgegen, welche in Abwendung des
Gemüthes
von dem Wahren und Guten bestehe. Insonderheit
aber sey der
Gelehrsamkeit die Pedanterey, die
falsche Gelehrsamkeit, und die Windmacherey,
(Eruditio ventosa) die auch die Charlatanerie
heisset, entgegen. |
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Wolle man auch die Stücke der
Gelehrsamkeit
besonders mit erwegen, so stehe der
Verständlichkeit die Dumheit, der
Wissenschafft
die Einbildung, (Opinio) der
Kunst die
Ungeschicklichkeit, und der
Klugheit der
Unverstand, oder die Unvorsichtigkeit, entgegen.
Was den
Willen anbetreffe, so sey der Tugend das
Laster zuwider, welches in Abwendung des
Gemüthes von dem höchsten Gute bestehe.
Solche Abwendung geschehe theils durch blosse
Unachtsamkeit und Versäumung, theils gar durch
Verachtung. Jene behalte den gemeinen
Nahmen
der Untugend und Lasterhafftigkeit; Diese aber
werde insonderheit Gottlosigkeit genennet.
Woferne man aber die übrige Glückseligkeit
versäume, oder gar verachte, so heisse dieses ein
Unverstand, auch eine Thorheit; Wenn der
Grund
solcher Versäumniß, oder Verachtung, eine
Bosheit sey. Denn diese sey denenjenigen
hauptsächlich beyzumessen, welche sich von dem
höchsten Gute abwenden, welches die Bosheit des
Willens allemahl, wenigstens auf einige Masse,
thue. |
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Eben dieses lehret Kemmerich, nur mit etwas
andern
Worten, wenn er
schreibet, die Weisheit
bestehe theils in der rechten
Erkänntniß, theils in
dem rechten Gebrauche der
Dinge: Das erste gehe
auf die Ausbesserung des
Verstandes, das andere
auf die Ausbesserung des
Willens. Wir wollen
nichts weiter, als nur noch die Exempel anführen,
mit welchen er seine mit der unsrigen auf das
genaueste übereinkommende
Meynung, durch alle
Disciplinen, erläutert. Als |
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„1) |
aus der Theologie: Wer
eine rechte Erkänntniß von GOtt hat, von seiner
Liebe und Güte, von seiner Gerechtigkeit und
Heiligkeit, von seiner Weisheit, Allwissenheit und
Allmacht, wie auch seiner Providentz und
Regierung der Welt; Und weiß sich dieses alles so
zu gebrauchen, daß dadurch in ihm eine kindliche
Furcht, eine aufrichtige und hertzliche Liebe, ein
freudiges und mit Gelassenheit verknüpfftes
Vertrauen, und endlich ein demüthiger und williger
Gehorsam, sich dem göttlichen Willen gemäß zu
bezeigen, erwecket, und solchergestalt bey allen
Fällen eine wahre Gemüths-Ruhe in seiner Seelen
erhalten wird; derselbe stehet schon auf einem
hohen Grad der Weisheit. |
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Doch dieser ist noch
höher, wenn einer auch zugleich eine rechte
Erkänntniß von Christo hat, und weiß sich diese
also zu Nutze zu machen, daß er auf ihm, als den
wahrhafften Sohn GOttes und seinem Erlöser seyn
gantzes Vertrauen und die Hoffnung seiner
Seligkeit begründet; Von ihm, als dem
vollkommensten Lehrer der himmlischen Weisheit,
lernet; Und endlich ihm, als dem König aller
Könige, in tieffster Devotion und Gehorsam sich
unterwirfft. |
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2) |
Aus der Jurisprudentz:
Wer eine rechte Erkänntniß des allgemeinen
Natur- und Völcker-Rechts, des bürgerlichen und
Kirchen-Rechts, des öffentl. Reichs- und
Staats-Rechts, wie auch des Lehn-Rechts, hat,
und ge- |
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{Sp. 1137|S. 582} |
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braucht sich dessen also,
daß er nicht nur für sich und in seinem Stande
denen vorgeschriebenen Gesetzen sich gemäß
bezeiget, und jedermann dasjenige Recht, und die
Pflicht leistet, so er ihm von Rechtswegen schuldig
ist; sondern auch, wenn er dazu bestellet, als
Advocat, Richter, oder Schiedsmann, einem jeden
in seiner gerechten Sache weiß zu dienen, oder
durch einen gerechten Ausspruch ihm zu seinem
Rechte zu verhelffen, und bey ruhiger Besitzung
seiner Güter zu beschützen, daneben allem
ungerechten Wesen zu steuren; derselbe ist
ebenfalls weise zu nennen. |
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3) |
Aus der Physick und
Medicin: Wer in der Natur-Wissenschafft dergestalt
erfahren, daß er vornemlich die Beschaffenheit des
menschlichen Cörpers, wie auch die
Eigenschafften, die Krafft und Würckung der
äusserlichen Dinge, welche in unsern Leib einigen
Einfluß haben, und zu dessen Erhaltung, oder
Verderben gereichen können, wohl innen hat, und
weiß sich dieses alles zur Erhaltung des
menschlichen Lebens und Leibes-Gesundheit
gebührend zu Nutze zu machen; demselbigen wird
niemand den Titel eines weisen Medici disputiren
können. |
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4) |
Aus der Morale: Wer sich
selbst recht erkennet, so wohl aus der allgemeinen
menschlichen Natur, als aus seinem eigenen
Humeur und Haupt-Paßion, und weiß, worinn sein
Fort und Foible bestehet: Item, wer auch anderer
Menschen, mit denen er umgehet, Gemüther und
Temperamenten kennet, dergestalt, daß er seine
Schwachheiten nach Möglichkeit zu verhüten, und
seine böse Affecten zu unterdrücken sucht, seine
Gaben aber und gute Qualitäten zur Beförderung
seiner eignen und anderer Menschen
Glückseligkeit anwendet, und darneben andere
nach ihrem Humeur solchergestalt tractiret, daß sie
ihm an diesem Zweck nicht hinderlich, sondern
beförderlich dazu seyn: Derselbe verdienet
abermahl den Titel eines Weisen. |
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5) |
Aus der Politique: Wenn
ein Minister den Staat so wohl von andern
Königlichen und Fürstlichen Höfen, oder
Republiquen, als insonderheit desjenigen Hofes,
daran er lebet, wohl innen hat, und weiß sich
dessen zum Interesse seines Principalen, und des
gantzen Landes Wohlfahrt zu gebrauchen, der ist
weise.„¶ |
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Es hat Thomasius in Cautel circa praecognita
Jurisprud. … einen weitläufftigen Discours von der
Weisheit angestellet; wie man denn auch in Buddei Analect. histor. philosoph. … gewisse Kennzeichen
derselbigen bemerckt findet, und Syrbius hat 1707
ein Schediasma, de definitione sapientiae,
herausgegeben. Peter Charron schrieb zu Anfang
des vorigen Jahrhunderts ein
Buch von der
Weisheit, von welchem unter Charron, (Petrus) im
V
Bande,
p. 2028 u.f. Nachricht zu finden ist. |
-
Walchs Philos. Lex. …
- Müllers Philosoph. Wissenschafft …
-
Wolffens
Gedancken von der Menschen Thun und Lassen
…
- Ebend. Gedancken von Gesellschaftlichen
Leben der Menschen …
- Bruckers Kurtze Fragen
aus der Philosophischem Historie
…
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{Sp. 1138} |
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- Stollens Historie
der heydn. Moral …
- Syrbii kurtze Anweisung zur
Weisheit …
- Rohrs Klugheit zu leben …
- Kemmerichs Academie der Wissensch. Eröffn. I
…
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Siehe auch
Philosophie, im XXVII Bande, p.
2012 u.ff.¶ |
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