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Quellenangaben |
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Menschliche Erkänntniß (Gründe der) Principia
cognitionis humanae, Principia cognoscendi. |
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Durch den Erkänntniß-Grund verstehet man
alles dasienige, was den
Grund zu der
Erkänntniß
einer
Sache darreichet. Es ist aber solcher
entweder ein einfacher oder
zusammengesetzter. |
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Der einfache Erkänntniß-Grund (Principium
cognoscendi incomplexum) wird von den
Alten
durch eine unvollständige Rede
erkläret, welche
den Grund von der Erkänntniß einer Sache in sich
fasset, indem sie durch eine unvollständige Rede
(orationem imperfectam) diejenige
verstanden,
welche bey dem Hörenden keinen
vollkommenen |
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{Sp. 802} |
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Verstand erreget. Deutlicher: der einfache
Erkänntniß-Grund ist, der nur mit einem einzelnen
Worte ausgedrucket wird, als da
z.E. die
Erfahrung
ist. |
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Gehen wir in die philosophische Historie
zurücke, so bemercken wir, wie die
Philosophen so
gar sehr in Ausmachung der einfachen Erkänntniß-
Gründe von einander
unterschieden seyn. Unter
den alten
nennen wir den Plato zuförderst, welcher
bloß lediglich die
Seele dafür ausgab. |
Walchs Parerg. Acad.
… |
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Allein wer siehet nicht, daß dieser
Welt-Weise
den Sitz (Subjectum) der menschlichen Erkänntniß
mit deren
Principio vermenget habe? Denn die
Seele erkennet, und hierzu
gebrauchet sie
gewisse
Principia. |
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Einige Peripateticker und die Stoicker nahmen
nebst der Seele und ihren
Ideen annoch die
Sinne
zu den einfachen Erkänntniß-Gründen an.
Epicurus, der besondere
Mühe auf die
Ausfindigmachung der einfachen Erkänntniß-Gründe angewendet, gab dafür die Sension,
Anticipation und Paßion aus. |
- Gassend. in Syntagm.
Philos. Epicuri …
- Walch in Parerg. Acad.
…
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Diese
Gedancken des Epicurus sind in den
Obs. Hallens. … von einem neuen Philosophen
wieder aufgewärmet worden, der aber deßwegen
von Johann Gottfried Hering in
Diss. de criterio
veritatis etc. seine Abfertigung bekommen. Andreas
Rüdiger hat ebenfalls in Philos. Synth. … die
Epicureische
Meynung vertheidiget; sie aber anbey
so erkläret, daß sie sonder
Zweiffel mit den
Gedancken des Epicurs nicht mehr
einstimmig. |
Walch l.c.
… |
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Unter den neuern Welt-Weisen haben einige
die Klarheit (evidentiam) oder die klare und
deutliche Empfindung zum einfachen Erkänntniß-
Grunde gemachet. |
David Holzhalbs Diss. de
evidentia veri indicio. |
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Noch andere, als
z.E. Joachim Lange in
Medic. Ment. haben, indem sie einen Zweykampff
der Offenbarung und
Vernunfft gesuchet, und
ertappet zu haben geglaubet, die
Heilige Schrifft,
und ins besondere das Mosaische Gesetze, als den
einfachen Erkänntniß-Grund aller geoffenbarten und
natürlichen
Wahrheit vertheidiget, und daher den
Namen der Scripturariorum erhalten; wider welche
Heinrich Klausing in Prodr. Philos Sobr. …
disputiret hat. |
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Johann Frantz
Buddeus in Hist. Philos. …
nennet die Vernunfft als den einfachen Erkänntniß-Grund, und es scheinet aus dessen Philos. Instrum.
… daß er die Vernunfft hier nicht subjective,
sondern objective nehme, mithin also wäre wider
ihn weiter nichts zu
erinnern, als nur, daß die
Vernunfft nicht der eintzige Erkänntniß-Grund
sey. |
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Buffier macht hingegen in Tr. des premieres
veritez … zwar zwey, aber
gantz andere. Er nennet
die eigene innere sinnliche Empfindung (sensum
internum perceptionis propriae) und die allgemeine
sinnliche Empfindung (sensum communem) das ist, den Beyfall des gantzen
menschlichen
Geschlechteses. |
P. von Crosa in System. Log.
Latin. … |
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Andreas Rüdiger sowol in Diss. quod omnes
ideae oriantur a sensione, als in Sensu Veri et Falsi
… Friedrich Gentzken in Ratiocinandi scientia,
und |
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{Sp. 803|S. 411} |
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andere mehr nehmen wiederum nur einen
einfachen Erkänntniß-Grund an, und zwar die
Sensation. |
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Hingegen Johann Jacob Lehmann in der
Vernunfft-Lehre hat dreye festgesetzet,
nemlich |
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1) die Offenbarung, |
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2) die Relation der Menschen (relationem
humanam) und |
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3) die Sache selbst. |
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Carl Günther
Ludovici in Diss. de veris et
falsis cognitionis humanae principiis
theilet den
einfachen Erkänntniß-Grund in den historischen und
philosophischen. Der
historische Erkänntniß-Grund
ist ihm, welcher den Grund von der Erkänntniß
solcher Sachen in sich fasset, so da von der
Vernunfft an und vor sich und aus eignen
Kräfften
nicht erkannt werden können, und nennet es die
Tradition, welche entweder eine
Göttliche oder
menschliche ist. Krafft jener werden diejenigen
Dinge erkannt, die da auf das ewige Wohl abzielen:
gleichwie krafft dieser man hinter solche Sachen
kommt, die das zeitliche Wohl angehen. Die
Göttliche Tradition ist nichts anders als das Licht der
Offenbarung oder der
Gnade, welches wiederum
entweder innerlich oder äusserlich, und das
äusserliche abermals entweder mittelbar oder
unmittelbar ist. Das mittelbare ist die Heilige
Schrifft. |
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Durch den
philosophischen Erkänntniß-Grund
verstehet Ludovici den, welcher den Grund zur
Erkänntniß von solchen Dingen darreichet, so die
menschliche Vernunfft vor sich und aus
eigenen
Kräfften zu erkennen vermag. Dergleichen sind ihm
dreye: die Sensation, die
Erfahrung, und die
Vernunfft, in so ferne sie als ein
Vermögen der
menschlichen
Seele angesehen wird (ratio
subjective talis.) |
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So viel von dem einfachen Erkänntniß-Grunde. |
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Der zusammengesetzte Erkänntniß-Grund
(principium cognoscendi complexum) ist nichts anders, als ein
gantzer
Satz, welcher den Grund
darreichet zur Erkänntniß der Dinge. Aber auch die
zusammengesetzten Erkänntniß-Gründe sind
mancherley
Art. Denn sie sind entweder historisch
oder philosophisch. Die historischen sind Sätze,
welche den Grund zu der Erkänntniß eine
geschehenen Sache in sich fassen. Dergleichen
Sätze werden mit einem
Worte Zeugnisse
genennet. Die philosophischen sind Sätze, welche
den Grund von der Erkänntniß philosophischer
Sachen in sich fassen; es werden aber die
philosophischen Sachen hier in weitläufftiger
Bedeutung genommen, daß sie alles unter sich
fassen, was nicht historisch ist. |
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Wollen wir noch weiter gehen, so kommt eine
neue
Eintheilung der Grund-Sätze (denn so werden
die philosophischen Erkänntniß-Gründe mit einem
Worte genennet) zu |
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{Sp. 804} |
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bemercken vor, indem sie sind entweder
bittweise angenommene (precaria) oder
gewisse.
Jene werden genennet, welche zwar eines
Beweises bedürffen; aber ohne Beweis
angenommen werden, und solche sind |
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1) die
Erklärungen, deren
Wahrheit nicht ist
erwiesen worden, und |
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2) willkührliche Sätze (hypotheses) die
gewissen Grund-Sätze, das ist, welche keines
Beweises bedürffen, sondern vor sich klar und
ausgemacht sind, sind entweder angebohrne oder
erlangte, und die letztern entweder erwegende
(theoretica) oder ausübende (practica.) |
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Die ausübenden bejahen entweder, daß etwas
geschehen könne, oder fordern, daß etwas
geschehen
solle, und sind entweder zu erweisende
(demonstrativa) oder nicht zu erweisende
(indemonstrativa.) Jene werden Aufgaben,
Problemata, und diese Heische-Sätze, Postulata,
genennet. |
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Die nicht zu erweisenden ausübenden Grund-Sätze sind entweder die allerersten, dergleichen ist:
Man soll nichts ohne zureichenden Grund
thun;
oder in dem allerersten gegründete, dergleichen in
der Moral ist:
Liebe
GOtt, ingleichen: Lebe
gesellschafftlich; wie auch: Verletze
niemanden. |
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Die
erwegenden Grund-Sätze sind, krafft deren
etwas, was in einer Sache ist oder ihr zukommet,
von derselben bejahet, oder im Gegentheil
verneinet wird. Auch diese sind entweder zu erweisende oder
nicht zu erweisende. Zu jenen werden
gezehlet |
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1) Erklärungen, deren Wahrheit ist erwiesen
worden, und |
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2) erwiesene Sätze (theoremata) in sofern sie
zum Beweis anderer dienen. |
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Zu diesen rechnet man |
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1) ungezweiffelte Erfahrungen, und |
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2) die schlechterdings sogenannten Grund-Sätze (Axiomata.) |
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Die schlechterdings sogenannten Grund-Sätze
sind entweder die allerersten, und die aus diesen
fliessenden. Jener sind zwey, nemlich |
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1) der Satz des Widerspruches, und |
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2) der Satz des zureichenden Grundes, von
welchen beyden besondere Artickel handeln. |
Damit wir hier nicht all zu weitläufftig seyn,
verweisen wir den Leser zu der obgedachten von
Ludovici zu
Leipzig
1731 gehaltenen
Dissertation
de veris et falsis cognitionis humanae principiis, in
welcher alles ausführlich ist abgehandelt, auch die
vornehmsten zu dieser
Materie gehörige
Schrifften
sind namhafft gemachet worden. |
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Um aber die vielen Eintheilungen auf einmahl
desto besser übersehen zu können, wollen wir
folgende Tabelle mittheilen, und zwar in
Lateinischer Sprache, weil die hier vorkommenden
Kunst-Wörter
iedem in der Lateinischen Sprache
geläuffiger und bekannter sind: |
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{Sp. 805/806|S. 412} |
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[Grafik] |
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