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Text |
Quellenangaben
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Unterweisung
der Jugend, oder
Unterricht der Jugend,
Lat.
Informatio oder
Insti- |
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{Sp. 2310} |
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tutio puerorum vel adolescentium. |
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Die
Kinder stecken von
Natur in der
Unwissenheit und Thorheit, also können sie sich
selbst nicht
unterrichten, noch viel weniger selbst
zur
Tugend anführen. Dannenhero haben hierbey
so wohl die
Eltern und
Lehrer, oder Hofmeister,
als auch die Kinder selbst, das ihrige zu
verrichten. |
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Die
Pflicht der
Unterweisung erstrecket sich
fürnemlich auf dreyerley
Dinge: Auf die Religion,
auf alle gesellschafftliche Tugenden, und endlich
auf die Erlernung einer nahrhafften Kunst; Dieweil
zu einem geselligen
Leben, zu welchem durch die
Auferziehung junge Leute anzuführen sind, diese
drey unentbehrlich erfordert werden. Dahero
entspringen folgende drey Pflichten der Eltern und
Lehrer; |
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- Erstlich die Pflicht, in den ächten Lehren von
GOtt, und der wahren Gottseligkeit die Kinder zu
unterweisen, wegen des zu befördernden theils
geistlichen und ewigen, theils zeitlichen Heils der
Kinder;
- Zum andern die Pflicht, zu allen
gesellschafftlichen Tugenden, zur Gefälligkeit,
Bescheidenheit, Friedfertigkeit und
Gedult, die
Kinder anzuführen, und denen hervorblickenden
entgegengesetzten Neigungen der bösen
Affecten
in
Zeiten zu steuren;
- Drittens die Pflicht, eine
ehrliche Kunst, dadurch sie der
Welt nützliche
Dienste leisten, mithin dereinst sich selbst auf eine
gesellige Art erhalten mögen, sie lernen zu lassen;
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da denn alle natürliche Gesetze hiervon
vernünfftig zu beobachten. Wobey wiederum zu
mercken, daß die Eltern diesen Pflichten entweder
unmittelbar, oder mittelbar durch andere, nach
Maaßgebung der
Geselligkeit, Genüge thun
können, ja nach Befinden sollen. |
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Was insonderheit die Pflicht der Eltern gegen
die Kinder, in Ansehung der Religion, anlanget, so
ist allerdings viel daran gelegen, daß die Kinder
von erster Kindheit an zum Guten und zur
Gottesfurcht gewöhnet werden. Daher den Eltern,
und die an derselben statt sind, Christlicher Pflicht
halben oblieget, dafür zu sorgen, daß solches
geschehe. Weil aber bey solchem zarten
Alter
wohl zu ersehen seyn will, daß mit der Art und
Weise der Anführung die Mittel-Strasse gegangen,
und den
Sachen nicht zu wenig, noch zu viel
gethan werde, daß nemlich die jungen Kinder
nicht gar ohne Unterweisung gelassen, gleichwohl
aber ihre noch schwache Häupterlein auch nicht
überladen, und dergestalt ermüdet und
geschwächet werden mögen; so ist unter andern
in der Hochfürstlichen Sachsen-Gothaischen
Landes-Ordnung … gar heilsam verordnet zu
befinden, wie absonderlich die reine Evangelisch-Lutherische Lehre und wahre Gottseligkeit auch
schon denen kleinen und unerzogenen Kindern,
ehe sie noch zur
Schule geschickt werden,
eingepflantzet werden könne und solle. |
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Und soll ihnen demnach für allen Dingen,
wenn sie anfangen zu
reden, eines und das
andere kurtze, besonders auf das
Erkenntniß
unsers HErrn und Heylandes JEsu Christi deutlich
führende Sprüchlein, als |
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- Joh. 1. Siehe, das ist GOttes Lamm, etc.
- 1.
Joh. 1. Das Blut JEsu Christi, etc.
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damit sie es recht fassen mögen, |
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{Sp. 2311|S. 1171} |
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offtermahls vorgesagt, und wie wir allein um
dessen theuren Verdienstes willen Vergebung der
Sünden erlangen und selig werden, auch um
desselben willen allein bey ihm, und
GOtt dem
Vater und dem
Heiligen
Geiste, in allen Nöthen,
sonderlich aber in der letzten und Todes-Noth, mit
gantzem Vertrauen des Hertzens auf GOttes
Güte, Liebe und Barmhertzigkeit, Hülffe und
Rettung suchen sollen, aufs deutlichste, und wie
es die Kinder am besten begreiffen können,
erkläret werden, zu welchem Ende denn etwan
bey ihnen etliche Kupffer-Stiche und Figuren,
welche den Kindern anmuthig zu seyn pflegen,
auch auf die Lehre der
Heiligen Schrifft und
unserer Symbolischen Bücher fein nachweisen, zu
gebrauchen wären. Darauf kan ferner, wenn sie
reden können, zu dem Catechismo Lutheri
geschritten, und in demselben ein Hauptstück
nach dem andern, den blossen
Worten nach,
ohne Auslegung, durch öffters Vorsagen, ihnen
allmählich beygebracht, ingleichen auch kurtze
andächtige Gebetlein und Psalmen Davids zu
lernen vorgesagt werden. |
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Dieweil auch hiernächst hochnöthig, daß die
zarte Jugend bald, wenn sie zur
Schulen kommet,
sonderlich zur wahren Gottesfurcht, und deren
Ubung von den Präceptoren und Schulmeistern,
wohl fortgeführet werde, welches denn durch
Lehren der Worte des Catechismi, der Sprüche
und Psalmen, und Erklärung des einfältigen
Verstandes der Hauptstücke des Catechismi,
sodenn auch würckliche Anleitung zu einem
gottseligen Leben und Wandel geschiehet; so soll,
laut der vorerwehnten Landes-Ordnung … |
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- die etwas heran wachsende Jugend so wohl bey den Dorff-Schulen, als auch
in denen niedrigen und teutschen Classen der Stadt-Schulen,
- fürnemlich in dem Catechismo Lutheri, wie hiervon in dem auf
ausdrückliche Hochfürstlichen Verordnung anderweitig
publicirten Schul-Methodo, was
massen die Jugend in den Schulen des
Fürstenthums Gotha kurtz und nützlich zu
unterrichten, mit mehrerm enthalten, samt denen
kurtzen Fragen und Antworten, welche in dem
gleichermassen publicirten kurtzen Begriff der
Christlichen, aus gedachtem Catechismo
gezogenen Lehre für die Einfältigsten beygefüget,
und mit einem * bemercket sind, sodenn auch
ferner die Biblischen, in dem für die Jugend des
gedachten Fürstenthums in Druck gegebenen
Lese-Büchlein, den Glaubens-Artickeln nach
zusammengesetzte Sprüche, etliche der
fürnehmsten Psalmen, wie dieselben zu diesem
Ende in jetzo erwehntem Schul-Methodo
verzeichnet, theils durch das Herumlesen, theils
durch Aufgebung zum Auswendig-Lernen, den
Worten nach gelehret,
- hiernächst ihnen der
Verstand des Catechismi aus gedachtem kurtzen
Begriff und dem darauf folgenden nützlichen
Unterricht von etlichen sonderbaren göttlichen
Wohlthaten, und andern Christlichen Lehr-Puncten, nach Gelegenheit ihrer Fähigkeit,
erkläret, erläutert, und wohl eingebildet,
- die
heranwachsende
- zur Aufmerckung der Predigten
in etwas gewöhnet,
- und jedem derer, wie sie
darin-
{Sp. 2312}
nen auf den Text, Eingang, Abtheilung und
Nutzen, als Lehre, Trost, Vermahnung, Warnung,
fleißig Acht haben sollen, gezeiget,
- dieselbe, was
sie jedesmahl gefasset, examiniret,
- und sodenn je
mehr und mehr die Sprüche, samt dem
Verstande, ingleichen Christliche Gesänge,
Gebetlein, Evangelien und Episteln, samt den
Fest-Fragen, ihnen bekannt gemachet,
- endlich
auch sie
- bey allen Gelegenheiten dasjenige, was
sie gelernet, in der
That zu
Werck setzen,
- sich für
Sünden zu hüten,
- und nebst hertzlichem
Vertrauen auf das heilige
Verdienst Christi, zu
Erlangung der Vergebung der Sünden durch
wahren Glauben,
- eines stetigen bußfertigen
Lebens und Christlicher Tugenden, sonderlich
- der
Liebe und Furcht GOttes,
- inbrünstigen Gebets,
- andächtiger Anhör- und Betrachtung göttlichen
Wortes,
- Fleisses im Lernen,
- Zucht, Ehrbar- und
Schamhafftigkeit in Gebehrden und Reden,
- gehorsamer und schuldiger Ehrerbietung gegen
die Fürgesetzten in den dreyen Haupt-Ständen,
als Obrigkeiten, Prediger, Eltern, und andere, so
an deren statt sind, sonderlich auch gegen ihre
Präceptores und Schulmeister,
sich zu befleißigen
ermahnet,
- und über das die Lehre
- von der
Allgegenwart GOttes,
- von dem Schutz der heiligen
Engel,
- und von der Freude des ewigen Lebens,
welche die Gläubigen und Gerechten nach diesem
Gnaden-Reiche zu gewarten,
- und hingegen von
der Hölle, darinnen die Ungläubigen und Bösen
gerathen,
ihnen wohl fürgebildet werden.
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Und dieweil nicht allein einen ziemlichen
Anfang der Christlichen
Wissenschafft und der
Ubung zu machen, sondern auch darinnen je
mehr und mehr fortzufahren, höchstnöthig ist; so
sollen ferner, nach Maßgebung des 4ten Tituls der
mehrerwehnten Sachsen-Gothaischen Landes-
Ordnung, |
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- nicht allein bey den Classen der Schulen, so auf die niedrigen folgen,
- der Catechismus Lutheri, und die zu dessen Erklärung gehörige
mehrere Fragen wiederholet, und der Jugend allda, ihrem weiter
zunehmendem Verstande gemäß, und nach Einleitung des Christlichen
Hauskirch-Büchleins und Unterrichts vor die Christlichen Haus-Väter, so
beyde auf Hochfürstliche
Verordnung abgefasset, und in
Druck gegeben worden, gelehret,
- die etwas
längern Psalmen, und die an den beym nächst
vorhergehenden Capitel gemeldeten Orte
zusammengesetzten auch längere Sprüche, nebst
fleißiger Wiederholung deren, so sie allbereits
gefasset, nachgeholet,
- und zu mehrer und
eigentlicher Aufmerck- und Behaltung der
Predigten gute Anleitung gegeben,
- sondern auch
endlich bey den obern Classen, ingleichen in dem
Gothaischen Gymnasio
- das hierzu verordnete Compendium Theologiae einfältig und deutlich
erkläret,
- die fürnehmsten Stücke daraus
auswendig zu lernen aufgegeben,
- und ermeldte
Jugend allda in wahrer Gottseligkeit nachmals
möglichst geübet werden.
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Und weil die Unterweisung der Kinder in der
Religion, wie gedacht, ein Hauptstück der
Erziehung derselben ist; diese aber ein
unstreitiges
Recht zuförderst der
Eltern ist: so
folget hieraus unfehlbar, daß die Eltern das Recht
haben, ihre
Kinder in |
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{Sp. 2313|S. 1172} |
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ihrer, nehmlich der Eltern, Religion zu
erziehen, oder erziehen zu lassen, und daß also
niemand berechtiget sey, denen Eltern ihre
Kinder, um sie in einer andern Religion erziehen
zu lassen, hinweg zu nehmen, oder durch listige
Beredungen die Kinder, als die davon noch nicht
urtheilen können, wider den
Willen ihrer Eltern zu
einer andern Religion zu verführen. Sind die Eltern
selbst ungleicher Religion; so kommt es zuförderst
darauf an, wie sie sich dieserwegen durch Pacte
verglichen; dieweil ihnen von
Natur das Recht der
Erziehung der Kinder in gleichem Grade zukommt,
und also die daher entstehende Ungewißheit
natürlicher Weise durch Pacte zu heben ist. |
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Man darff sich auch daher nicht etwa einen
Scrupel machen, daß die Religion kein Object der
Pacte sey, denn von der
Wahrheit der Religion,
von welcher nur obgedachte
Regel zu
verstehen,
ist in dergleichen Pacten die Frage nicht, sondern
von der
moralischen That der Erziehung der
Kinder, da jedes von beyden Eltern das
natürliche Recht hat, seinen Uberzeugungen in der Religion
zu folgen, folglich auch das Recht, da das Kind in
einer von beyden Religionen zu erziehen ist, in
beyden aber zugleich nicht erzogen werden kan,
in das Gewissen des andern Ehegatten durch
Pacte zu condescendiren, so lange bis das Kind
zu eigener Uberlegung, und hierdurch, seinem
eigenen Gewissen hierinnen zu folgen, fähig wird.
Haben die Eltern, diesen Punct durch Pacte
auszumachen, unterlassen; so gehet es billig, wie
in andern, also auch in diesem Stücke, nach dem
Ausspruche dessen, der in der Familie die Ober-Hand hat. |
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Alle Unterweisung nun in denen obgedachten
dreyen Stücken erfordert eine Disciplin oder
Zucht, die man insonderheit die
Kinder-Zucht nennet. Es haben aber die Eltern das Recht, die
Kinder-Zucht oder Unterweisung ihrer Kinder
entweder unmittelbar selbst auszuüben, oder sie
andern, in der
Klugheit, junge Leute zu ziehen,
erfahrnen Personen, welche Lehr- oder Hoff-Meister oder Lehrmeisterinnen genennet werden,
aufzutragen. Da denn ein Lehrmeister und
besonders Hoffmeister bey Unterweisung eines
jungen
Herrn folgende Cautelen in acht zu
nehmen hat: |
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1) |
Vor allen Dingen muß
derselbe das
Naturell und Ingenium seines
Untergebenen gründlich untersuchen, und durch
vielfältigen Versuch
erforschen, worinn sein
natürliches Talent bestehe, wie es vermehret,
oder wozu es angewendet werden könne;
ingleichen woran es ihm eigentlich fehle, und ob
es möglich, durch Fleiß und Übung solches zu
verbessern; |
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2) |
Hat er nun das Ingenium
und die Fähigkeiten des Untergebenen erforschet,
so muß er sich so wohl in der Lehre, als in der Art
solche vorzutragen, darnach richten, damit er ihm
dasjenige, was er am leichtesten begreiffen kan,
am ersten vortrage. Wobey die Regel: daß
diejenigen
Dinge, die am meisten in die
Sinne
fallen, am leichtesten zu begreiffen seyn: daher
durch Bilder bey den Kindern am meisten
auszurichten. |
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3) |
Er muß sich auch nach
den Neigungen und zukünff- |
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{Sp. 2314} |
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tigen Zweck des
Untergebenen richten, und allezeit von solchen
Sachen Gelegenheit nehmen zu reden, wozu er
am meisten Lust hat. Z.E. hat der Untergebene
Lust zum Kriege, so rede er viel von Kriegs-Sachen; hat er Lust zum Hofleben, so nehme er
daher die Exempel; hat er Lust zur Jägerey, so
mische er zum öfftern davon in seinen Reden
etwas ein; |
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4) |
Er soll nicht immer allein
discouriren, noch viel weniger die Zeit mit blossem
Herlesen aus dem
Buche, oder Dictiren zubringen;
sondern mit seinem Untergebenen durch Frage
und Antwort raisonniren, und also selbigen über
eine vorhabende
Materie Gespräch zu führen
gewöhnen. Denn solches wird verursachen, daß
er nicht nur die Regeln leichter fassen und
behalten könne, sondern auch die
Wissenschafften hochzuhalten anfange, wenn er
siehet, daß sie ihn geschickt machen, in
Conversation das seine beyzutragen; |
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5) |
Wenn der Untergebene in
solchem Gespräch etwan stecken bleibet, und
doch gerne fort wolte, soll er ihm alsbald über die
Schwierigkeit hinüber helffen, ohn allen Verweiß
und Schelten, zumahln im Anfang; weil des
Lehrers vornehmste
Kunst darinn bestehet, daß er
ihm alles so leicht und
angenehm mache, als
immer möglich; |
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6) |
Er soll von allen
Wissenschafften dem Untergebenen zwar eine
generale
Idee und die vornehmsten
Fundamente
beybringen, aber nicht bey allen gar zu lange hin
aufhalten, und allzutieff hineinführen. Weil von
einem Edelmann nicht erfordert wird, daß er unter
seinem Hofmeister ein ausbündiger Criticus oder
Logicus werde, oder die Tieffen der Metaphysic,
Physic und Mathematic durchdringe, und in der
Historie und Chronologie meisterliche
Gelehrsamkeit erlange; |
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7) |
Daher hat ein Hofmeister
einen guten Unterscheid unter denen
nothwendigen, nützlichen und curiösen
Studien zu
machen; |
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8) |
Er muß dem
Untergebenen nicht zu viel auf einmahl aufgeben,
noch zu was neues schreiten, bis er dasjenige,
womit er noch zu thun hat, vollkommen
gelernet; |
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9) |
Er muß in der
Unterrichtung nicht bloß auf das Gedächtniß
sehen, noch vielweniger den Untergebenen mit
vielen auswendig lernen plagen, sondern
vornehmlich auf die Besserung des Willens und
Schärffung des Judicii in seinen Discoursen
bedacht seyn; |
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10) |
Wenn der Untergebene
curieux ist nach allen zu fragen, soll er ihn
niemahls höhnisch abweisen, sondern vielmehr
diese rühmliche Curiosität in ihnen zu erhalten,
und zu erwecken suchen; seine Fragen soll er,
wenn sie gleich einfältig, mit Glimpff beantworten,
und was er zu wissen begehret, nach seiner
Fähigkeit erklären; niemahlen aber mit einer
falschen Antwort betrügen, noch mit Erklärungen
und Beschreibungen, die ihm zu hoch, und mit gar
zu vielen Sachen, die zu seinem
Zweck nicht
dienen, seinen
Verstand verwirren. |
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Die Haupt-Kunst aber eines Unterweisers
bestehet hauptsächlich darinne, daß er nehmlich
seines Untergebenen Aufmercksamkeit und Lust
zu lernen wisse zu erwecken und zu erhalten. So
lange er diese hat, wird er den Lernenden so weit
fortbringen, als dessen Fähigkeit |
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{Sp. 2315|S. 1173} |
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verstattet; ohne Aufmercksamkeit aber wird
alle seine Mühe vergebens seyn. Diese nun zu
erwecken, ist folgendes zu observiren: |
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1) |
Er muß so viel, als sich
thun läst, dem Untergebenen den
Nutzen des
Dinges, so er ihm lehren will, begreifflich machen;
und durch das, was er schon gelernet hat, ihn
sehen lassen, daß er nun etwas thun kan, so er
vorhin nicht thun konte, und daß er dadurch
würcklich einen
Vorzug vor andern, die solches
nicht wissen, erlanget; |
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2) |
Dabey muß er in allen
seinen Unterweisungen sich befleißigen, daß
dieselbe mit einer Lieblichkeit und Anmuthigkeit
gewürtzet seyn; und alle seine Minen und
Geberden müssen so freundlich gegen den
Untergebenen seyn, daß er eine Zuversicht zu
ihm gewinne, und überzeuget werde, er habe ihn
lieb, und meyne es in allen Dingen gut mit
ihm; |
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3) |
Muß er den
Untergebenen dasjenige, was er lernen soll,
nimmer als eine Last oder Tagewerck auflegen;
Denn was einem also auferleget wird, wenn es
auch schon sonst angenehm, bringet gleich einen
Eckel und Widerwillen. |
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4) |
Daraus folgt, daß er zur
Erlernung dessen, dazu er eine Lust und
Zuneigung bey dem Untergebenen erreget, nicht
leicht eine andere Zeit nehmen müste, als wenn
der Untergebene munter und aufgereimt ist; |
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5) |
Zu dem Ende hat er die
Abwechselung der
Gemüths-Hurtigkeit an dem
Untergebenen fleißig zu beobachten; damit, wenn
er sich munter, fähig, lustig und wohl aufgeräumt
erzeiget, er ihn alsdenn würcklich vornehme, und
solche gute Stunden nicht lasse verlohren gehen;
wo er aber nicht offt genung sich von selbst hurtig
anmeldet, so muß man ihm durch Zureden eine
Lust und
Begierde erwecken; |
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6) |
Dabey denn viel auf das
Ingenium eines verschlagenen Unterweisers
ankommt, der geschickliche und denen Kindern
lebhafft in das Gemüthe fallende Inventionen hat,
durch welche er dasjenige, was etwa ihre
Achtsamkeit aufhält, mit denen ernsthafften
Dingen, so sie tractiren sollen, anmuthig
verbindet, bisß nach und nach aus dem Spielen
so zu reden ein Ernst werde; |
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7) |
Unachtsamkeit,
Vergessenheit, Unflätigkeit und Flüchtigkeit der
Gedancken sind den Kindern natürlich eigen;
deswegen müssen diese Fehler, wenn keine
Vorsetzlichkeit dabey zu spühren, nur gelinde
berühret, und mit der Zeit gewonnen werden; |
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8) |
Nichts aber ist weniger
geschickt, die verstreuten Gedancken in
Ordnung
zu bringen, und auf die vorhabende Lection feste
zu setzen, als: Schelten und
Straffen; indem es
den Kindern unmöglich aufmercksam zu seyn,
und etwas zu lernen, solange ihre Gedancken von
einiger
Gemüths-Bewegung, und zumahlen von
Furcht zerstöhret seyn; so wenig als man auf
schütternden Pappier saubere Buchstaben
schreiben kan; |
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9) |
Man erhalte also vielmehr
das Gemüthe in einem ruhigen, stillen und wohl
besänfftigten
Zustande, woferne man will, daß es
des Unterrichts fähig seyn soll. |
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- Kemmerichs
Academie der Wissenschafften 1. Eröffnung …
- Müllers Philosophie …
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