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Zedler: Unterweisung der Einfältigen und Unwissenden HIS-Data
5028-49-2302-2
Titel: Unterweisung der Einfältigen und Unwissenden
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 49 Sp. 2302-2309
Jahr: 1746
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 49 S. 1166-1170
Vorheriger Artikel: Unterweisung Davids
Folgender Artikel: Unterweisung der Jugend
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

  Text   Quellenangaben
  Unterweisung der Einfältigen und Unwissenden, Lat. Institutio oder Informatio simpliciorum sive rudiorum.  
  Es sollen überhaupt alle rechtschaffene Christen, wie es denn ihre höchste Pflicht und Schuldigkeit ist,  
 
  • das heilige allein seligmachende Wort GOttes, und die hochwürdigen Sacramente, von Hertzengrund lieb und werth halten
  • den Sabbath durch andächtige Besuch- und Abwartung des öffentlichen Gottesdienstes rechtschaffen heiligen,
  • und zu denen Predigten nicht aus Heucheley oder blosser Gewohnheit, sondern in dem rechtschaffnen Vorsatze,
 
  {Sp. 2303|S. 1167}  
  daraus das hellwärtige Erkänntniß GOttes und seines Willens zu ihrer Seligkeit zu lernen, jederzeit kommen,  
 
  • bey aller Verrichtung des öffentlichen Gottesdienstes sich andächtig erweisen,
  • auf die Predigten, und deren Stücke, fleißig Acht haben, und nach denselben im Glauben und Leben sich gehorsamlich bezeigen,
  • auch solchergestalt die Ihrigen, und insonderheit die Kinder, von Jugend auf eyffrig darzu anhalten und gewöhnen;
 
  So ist nöthig, daß ihnen  
 
  • nicht allein durch öffentliche Lehrer und Prediger deutlich gezeiget und eingeschärffet werde, wie sie sich gegen die Pflantzung solcher Lehre und wahrer Glückseligkeit, so durch öffentliche Predigten geschiehet, ingleichen die hochwürdigen Sacramente, und den öffentlichen Gottesdienst zu verhalten, auch besonders aller abergläubischen und damit streitenden Dinge zu enthalten haben;
  • sondern auch den erstern hierinnen von der hohen Obrigkeit krafft ihres aufhabenden Amtes vor ihrer Unterthanen so zeitliches, als ewiges, Leibes- und Seelen-Wohl, bestmöglichst besorgt zu seyn, durch allerhand nützliche und weise Veranstaltungen an die Hand gegangen werde.
 
  Und dahin zielen allerdings auch die in wohlbestellten Ländern und Republicken eingeführten Agenden oder Kirchen-Ordnungen, von deren Gültigkeit und Verbindlichkeit bereits unter dem Artickel: Recht eines Fürsten in Kirchen-Sachen, im XXX. Bande p. 1391. u.ff. mit mehrerm gehandelt worden.  
  Weil aber auch sonderlich die in etlichen Geschäfften begriffene Leute, als  
 
  • Hirten,
  • Schäfer,
  • Müller,
  • Brauer,
  • Köhler,
  • Roßbuben,
  • Räffträger und
  • Fuhrleute,
 
  durch ihre Verrichtung sich öffters von der Besuchung des öffentlichen Gottesdienstes abhalten lassen, so ist besonders in der Hoch-Fürstlichen Sachsen-Gothaischen Landes- Ordnung … gar heilsam und weislich verordnet, daß  
 
  • Hirten, Schäfer, und deren Gesinde an denen Orten, wo das Viehe unumgänglich vor der Predigt, und dem öffentlichen Gottesdienste ausgetrieben werden muß,
    • nach Möglichkeit mit Aufsicht auf das Viehe unter einander abwechseln, damit keines stetig oder beharrlich von Besuchung des Gottesdienstes verbleibe, oder abgehalten werde,
    • oder da sie ja zu solcher Abwechselung keine Mittel und Gelegenheit hätten, auf die Sonntage bald frühe, ehe das Austreiben geschiehet, und der öffentliche Gottesdienst angehet, in die Kirche fürgefordert, und zuweilen durch die Pfarrer, sonst aber auch durch die Schulmeister, nechst Verlesung der Evangelien, und deren kurtzen Auslegung, so in der auf gnädige Landes-Fürstliche Verordnung in Druck gegebenen, mit sonderbarem Fleiß zu Unterricht der Einfältigen verfassten Postille befindlichen, aus dem Catechismo Lutheri, und denen zu dessen Erklärung gehörigen Fragen examiniret, und alsdenn erst zu ihren andern Geschäfften gelassen,
  • die Köhler aber auf die Sonn- und Fest-Tage zu den Vormittags-Predigten unausbleiblich sich einzustellen gewiesen werden,
  • die Müller und Brauer unter währendem öffentlichen
 
  {Sp. 2304}  
  Gottesdienste, damit sie nicht sich selbst und andere an solchem verhindern, mit Mahlen und Brauen in Ruhe stehen, oder, da dieses ja zuweilen bey sonderbahren Noth-Fällen nicht geschehen könnte, unter sich und den Ihrigen mit Besuchung der Kirchen und Anhörung des göttlichen Wortes abwechseln;  
 
  • Die Roßbuben, welche auf den Dörffern die Pferde und Ochsen an die Weide zu treiben pflegen, Sonntags zeitig, ehe der Gottesdienst angehet, wiederum sich zurück begeben, des Gottesdienstes gebührlich abwarten,
 
  auch auf solches alles die Obrigkeiten fleißige Aufsicht haben, ingleichen unter den Sonn- und Fest- Tages- auch Buß-Predigten,  
 
  • die Thore und Schläge in den Städten und Dörffern, auch Kram- und Handwercks-Laden, Bier- und Brandtewein-Häuser verschlossen halten lassen,
  • kein Aus- und Einfahren, Kauffen oder Verkauffen, weder in den Häusern, noch auf den Märckten, noch auch Spiel-Plätze, oder Zusammenkünffte auf öffentlichen Plätzen um Geschwätzes willen, verstatten
  • und die Ubertreter zu gebührender und ernster Straffe ziehen sollen.
 
  Es sollen auch die Pfarrer, die unter dasiger Herrschafft gesessene Räffträger und Fuhrleute, samt andern, die ihr Gewerbe in der Fremde auf eine geraume Zeit treiben, beydes so wohl von der Cantzel, als auch vor der Beichte, fleißig ermahnen, daß solche, wenn sie ausserhalb Landes auf ihren Reisen begriffen, unter Wegens, zumahl an Sonn- und Fest-Tagen, die Kirchen und Predigten an Orten und Enden, da die reine Evangelische Lehre im Schwange gehet, fleißig besuchen, welche lesen können, ihren Catechismum, und mehr gemeldte zu dessen Erklärung aufgesetzte Fragen mit sich nehmen, und Abends und Morgens darinnen lesen. Ibid.
  Und demnach überdieses das Schlaffen in denen Kirchen fast gemein ist; als soll es, wo an einem oder andern Ort zu Verwahrung dessen bereits gewisse Personen bestellet, darbey nochmahls sein Bewenden haben. Wo aber dergleichen Anstalt noch nicht in Gebrauch ist, sollen ebenfalls gewisse Personen verordnet werden, welche unter währenden Predigten herum gehen, auf die Schlaffenden Achtung geben, sie durch etwas anrühren mit einem Stabe aufzuwecken. Ibid.
  Ebenmäßig soll ein jeder seinen Nachbarn in der Kirchen, wenn derselbe schläffet, durch bescheidentliche Maaß aufwecken, ingleichen niemand mit dem andern in der Kirchen unter währendem Gottesdienst Gewäsche treiben, sondern, wenn jemand sich dessen unterfangen will, der Nachbar ihn davon alles Fleisses abmahnen, und sich selbst nicht darzu verstehen. Ibid.
  Noch mehr aber soll von jedes Ortes Obrigkeit gute Aufsicht bestellet werden, daß nicht etwa das junge Volck vor der Kirchen und unter dem Gottesdienste Muthwillen und unnützes Geschwätze treibe. Ibid.
  Weil auch anders nicht, als eine Verachtung GOttes, und derer zu unserer Seligkeit geordneten Mittel, dahero abzunehmen, wenn man sich zum Beichtstuhl und Gebrauch des hochwürdigen  
  {Sp. 2305|S. 1168}  
  Abendmahls nicht öffters gebührlich einstellet, ja es zum öffentlichen Ärgerniß ausschläget, wenn solches ein Jahr lang nicht mehr als einmal geschiehet; als sollen die Pfarrer und Seelsorger ihre Zuhörer fleißigst ermahnen, daß sie des Jahres über, zwar ihrer Andacht nach, jedoch auch ohne verächtliche Verabsäumung, zum wenigsten vier- oder dreymal, bey berührter heiligen Handlung erscheinen. Ibid.
  Und sollen alle, die da beichten wollen, sich nicht allein drey Tage vorher durch die Kirche oder Schulmeister bey ihrem Beicht-Vater anmelden lassen, damit diejenigen, wider welche eine Vermuthung ist, daß sie in den Hauptstücken Christlicher Lehre noch unwissend seynd, oder welchen sonsten des Lebens und Wandels, oder anderer Ursachen halber, zuvorher eines oder das andere vorzuhalten seyn will, zur Information, oder andere nothwendigen Unterredung, zeitig vorbeschieden werden können, sondern sich auch insgesammt Freytags vor der Beichte zu der Exploration, welche mit den Confitenten gehalten wird, und zu Anhörung der Christlichen Vermahnung, einstellen, und solcher Handlung bis zu Ende andächtig beywohnen. Ibid.
  So sollen auch die Unterthanen beym Beichtstuhl und Gebrauch des hochwürdigen Abendmahls nicht allein sonsten recht bußfertig und mit wahrer Andacht erscheinen, sondern auch in diesem heiligen Wercke sich mit guter Nüchternheit zubereiten, dabey in Kleider-Geschmuck gebührliche Masse halten, auch alle andere Uppig- und Leichtfertigkeit vermeiden. Ibid.
  Sintemahl auch die öffentliche Vorstellung der Kinder, die zum erstenmal zum hochwürdigen Abendmahl zugelassen werden sollen, und die darbey, im Angesicht der gantzen Kirchen, vorgehende Erforschung ihrer Wissenschafft in denen Hauptstücken Christlicher Religion, einen sonderbaren Nutzen hat, indem so wohl die Eltern, als andere, so an deren statt sind, und sonsten Christliche Leute, wie weit es die Kinder gebracht, und was sie erlernet, hierdurch vergewissert, auch die Kinder, bey denen diese Handlung in gutem Andencken zu verbleiben pfleget, daß sie in ihrem Christenthum je länger je mehr zunehmen, aufgemuntert werden können; so soll es bey diesem mit einmüthigem Synodal-Schluß in obbemeldtem Fürstenthum und Landen erneuerten nützlichen Gebrauche, nach wie vor, sein Bewenden haben, und ist zugleich ausserdem noch verordnet, daß solcher nicht allein bey den volckreichen Kirchspielen und Gemeinden, wie bisher geschehen, sondern auch insgemein bey allen Kirchen dieser Lande, wenn auch gleich nur zwey Kinder, welche auf einmahl vorgestellet werden könnten, vorhanden wären, nach der Christlichen Anleitung, welche den nöthigen und nützlichen Puncten vor die Kirchen-Diener angehänget sind, in Acht genommen werden. Ibid.
  Und haben dessen Zweck die Pfarrer jedesmals genugsam, auch wie diese Art der Vorstell- und Einsegnung mit der Päbstischen Confirmation und Firmung durchaus keine Verwandtniß habe, zu erklären. Ibid.
  Die-  
  {Sp. 2306}  
  weil auch hoch und viel daran gelegen ist, daß das hochwürdige Sacrament der heiligen Tauffe nicht fahrläßig verabsäumet werde; als soll niemand sein Kind, aus was Ursachen es auch geschehen möchte, über den andern Tag ungetaufft liegen lassen, bey Straffe Fünff, und nach Gelegenheit der Personen Zehen Reichsthaler. Ibid.
  Es sollen auch die Kind-Väter, wenn sie von ihren Seelsorgern bey Bestellung der Tauffe um den Grund ihres Christenthums befraget, oder zu solcher Zeit diesfalls unterrichtet werden, sich bescheidentlich und aufmercksam erweisen, ingleichen die erbetenen Gevattern zu einem gleichen Ende, wenn ihnen deswegen Andeutung geschiehet, bey dem Prediger und Seelsorger sich unsäumlich einstellen. Ibid.
  Weil auch eine nicht geringe Entheiligung des Namens GOttes in abergläubischen Meynungen, und Fürnehmen, so sich unter dem gemeinen Manne im Reden, Schweigen, Thun und Lassen fast starck ereignen, bestehet, also daß  
 
  • etliche, wenn sie vermeynen, böse Träume gehabt zu haben, solche erst auf den dritten Tag erzehlen; Kräuter und sonst Artzneyen stillschweigend zu den Krancken tragen;
  • andere vermeynen, es sey für angehende Eheleute gefährlich, wenn unter währender Trauung zwischen ihnen durchgesehen werden könnte;
  • andere geben vor, daß den Kindbetterinnen und kleinen Kinderlein, wenn man sich nicht bey ihnen niedersetzete, die Ruhe abgetragen werde;
  • andere, wenn Leichen zu Grabe ausgetragen werden, die Stätte, da solche letzt im Hause gestanden, damit niemand aus dem Hause bald nachsterben möge, begiessen;
  • andere an dem Tage in der Wochen, an welchem desselbigen Jahres der Tag der unschuldigen Kinderlein eingefallen, weder Hochzeiten anzustellen, noch sonsten etwas wichtiges vorzunehmen, sich getrauen;
  • andere die schwangern Weibes-Personen, weil sie meynen, solches möchte entweder die tragende Frucht, oder die Täufflinge am Leben verkürtzen, nicht zu Gevattern ersuchen mögen;
  • etliche auf den Walpurgis-Abend sich und ihre Viehe durch Anschreibung der Creutze, Aufsteckung gewisser Büsche, und Eintragung anderer Kräuter, verwahren wollen,
 
  und was dergleichen mehr, bey Schliessung der Ehegelöbnissen, Hochzeiten, Kindbetterinnen, und bey Begebenheiten der Todes-Fälle vorgehet:  
  Als sollen nicht allein die Pfarrer ihre Zuhörer von solchen und dergleichen abergläubischen Händeln, dadurch der Feind menschliches Geschlechtes die Leute öffters ie mehr und mehr von GOtt dem HErrn ab- und nach und nach wohl gar auf zäuberische Stücke leitet und führet, sich zu entschlagen, ernstlich ermahnen, und nach Befindung an deren Superintendenten oder Adjuncten davon berichten, sondern auch die Obrigkeiten, wenn das Ärgerniß mit dergleichen Dingen zu groß würde, sonderlich sich etliche etwa gar des Wahrsagens unterfangen, oder andere bey den Wahrsagern Rath holen wolten, darwider, wie beym andern Theile der obangezogenen Landes-Ordnung mit mehrerm enthalten, unnachläßige Bestraf-  
  {Sp. 2307|S. 1169}  
  fung fürnehmen. Ibid.
  Demnach aber sich auch bey denen von Zeit zu Zeit gehaltenen Kirchen-Visitationen bey vielen Erwachsenen eine grosse Unwissenheit, so wohl der Worte und des Verstandes, als des Gebrauchs der Christlichen im Catechismo Lutheri kurtz begriffenen Lehre, und darneben befunden, daß solche Unwissende aus den Predigten gemeiniglich das wenigste anmercken, einnehmen und verstehen; so ist nicht weniger in der mehrbemeldten Sachsen-Gothaischen Landes-Ordnung … verordnet, wie sich die dasigen Unterthanen gegen die Pflantzung solcher Lehre und wahrer Gottseligkeit; vermittelst sonderbahrer Catechismus-Information, so in öffentlichen Kirch-Versammlungen geschiehet, zu verhalten haben.  
  Zu dem Ende denn Ihro Hochfürstl. Durchl. Hertzog Ernst, auf deren ausdrücklichen Befehl die offt erwehnte Landes-Ordnung abgefasset und publiciret worden, eine unumgängliche Nothdurfft zu seyn erachtet, auf vorgehende reiffe Deliberation Dero Fürstlichen Consistorii, und anderer hierzu beschriebenen Superintendenten, Adjuncten und Kirchen-Diener, wegen deren sonderbahrer und individualischer öffentlicher Kirchen-Information, eine und die andere gute Anstalt zu machen und einzuführen, wie hiervon die vorher schon bekannt gemachten Fürstlichen Ausschreiben mit mehrerm Nachweisung geben, und zugleich auch um dieser Ursache willen oberwehnter kurtzer Begriff aus dem Catechismo Lutheri gefertiget worden.  
  Allermassen nun Ihro Hochfürstl. Durchl. zu den Pfarrern und Kirchen-Dienern nochmahls das Vertrauen gesetzet, sie werden ihres Ortes solcher nöthigen, wohlbedachten, auch durch göttliche Verleihung allbereits sehr nützlich befundenen Anstalt, ihres Ortes beharrlich fleißige Vollziehung leisten: Also ist auch Dero ernster Will und Meynung, daß alle und jede Dero Unterthanen, so von ihren Pfarrern zu dieser heilsamen Information gezogen und beruffen werden, sich willig, ihnen selbst zum Besten, zu derselben einfinden, auch die Ihrigen unnachläßig darzu schicken und anhalten. Gothaische Landes-Ordnung
  Wenn aber einer oder der andere auf solche beschehene gütliche Erinner- und Vermahnung bey seinem Ungehorsam widerspenstiglich verharren würde; so soll der oder dieselbige nach Befindung mit ernstem Nachdruck und würcklicher Bestraffung angesehen, auch wohl endlich gar für keinen rechten Christen gehalten, und daher so lange, bis sie sich gehorsamlich bey den Informations-Stunden einstellen, zu keiner Gevatterschaft, oder sonst andern Christlichen Ehrenwercke gelassen werden. Ibid.
  Und dieweil es nicht genung, in Kirchen und Schulen, wovon besonders in den nachstehenden Artickel: Unterweisung der Jugend, Meldung geschehen, den Grund reiner Lehre, und was zur Gottseligkeit gehörig ist, zu fassen, sondern auch daran, daß solches nicht in Vergessenheit gestellet, sondern in steter Wissenschafft und Übung, sonderlich durch fleißige häusliche Anleitung und Wiederhohlung gehalten werde, höch-  
  {Sp. 2308}  
  lich gelegen; so geschiehet ferner in der mehrmahls angezogenen Landes-Ordnung … absonderliche Verordnung, wie die Pflantzung solcher Lehre und wahrer Gottseligkeit, nebst guten Exempeln, vermittelst sonderbarer Information, auch zu Hause geschehen soll.  
  Und ist zwar schon in dem auf Ihro Hochfürstl. Durchl. gnädige Verordnung in Druck gegebenen Haus-Kirch-Büchlein, und Unterricht vor die Christlichen Haus-Väter mit mehrerm darauf gewiesen worden; es geschiehet aber auch in dem letzt gemeldten Orte nochmahls, daß nehmlich in jedem Hause, darinnen Kinder, Pfleghalter, Gesellen, Lehr-Jungen und Gesinde sich befinden,  
 
  • denselben von Eltern, Vormündern, Herren, Lehr-Meistern, und insgemein Haus-Vätern und Haus-Müttern, mit eigenem guten Exempel eines Christlichen Lebens und Wandels vorgegangen,
  • und alles Ärgerniß in Worten und Wercken zum treulichsten vermieden,
  • gute fleißige Aufsicht auf sie geführet,
  • so denn ferner der Catechismus Lutheri zu gewisser Zeit, und sonderlich nach der Abend-Mahlzeit, ein Hauptstück nach dem andern, von den Kindern, und andern im Hause sich befindenden Personen, nebenst dem Gesinde, wechselsweise hergesaget, auch so unter ihnen seynd, die fertig lesen können, dieselbe zu deutlicher Lesung derer im kurtzen Begriff enthaltenen Catechismus-Fragen und Antworten, wie auch der Heil. Bibel, Alten und Neuen Testaments, und auf die Sonnabende und Sonntage einer reinen Evangelischen Postillen, worzu auch nach Gelegenheit obermeldte auf Hochfürstliche gnädige Verordnung in Druck gegebene, zu gebrauchen,
  • und endlich zu fleißigem andächtigen Gebet, auch Christlichen in unsern Kirchen-Versammlungen gebräuchlichen Gesängen angehalten,
  • und insonderheit, wenn sie zur Beichte gehen wollen, etliche Tage vorher ihnen von der Busse, und würdigen Vorbereitung zum Brauch des Heil. Nachtmahls, nach Vermögen Unterricht gegeben und vorgelesen werde;
 
  darzu unter andern auch gemeldete beyde Büchlein dienlich seyn können.  
  Wenn auch  
 
  • Knaben aus der Schule genommen, und an andere Orte zu Handwercken gethan;
  • oder, wenn sie, nachdem das Handwerck von ihnen ausgelernet, an andre Orte wandern;
  • oder wenn Mägdlein etwan ausserhalb untergebracht werden solten;
  • oder auch so junge von Adel, und andere vornehmer Leute Kinder sich in fremde Lande und Orte begeben wolten,
 
  sollen sie alsdenn nicht nur von den Eltern, Vormündern oder Verwandten, sondern auch auf vorhergehendes Anmelden, von Pfarrern, oder dem Adjuncten, oder Superintendenten, oder auch von Unter-Gerichten, oder dem Hochfürstl. Consistorio selbst, nachdem sie mittel- oder unmittelbar unter Ihro Hochfürstl. Durchl. gesessen, treulich ermahnet, und erinnert werden, wie sie sich im Leben Christlich verhalten, und für Sünde und Schande hüten, und sonderlich mit höchstem Fleiß fürsehen sollen, daß sie nicht in falsche Religion gerathen mögen. Ibid.
  Ingleichem soll man ihnen auch zu ihrem  
  {Sp. 2309|S. 1170}  
  Vorhaben guten Rath ertheilen, und an die Orte, dahin sie reisen, ihnen Recommendation, damit über sie gebührende Inspection gehalten werden möge, mitgeben. Ibid.
  Auch soll man sie ermahnen, und ihnen möglichst einbinden, daß, wenn sie von einem Orte in der Fremde sich ferner an andere begeben wolten, sie solches, so viel möglich, nach Hause bey Zeiten berichten, damit ihnen dißfalls ferner mit gutem Rath und beförderlicher fernerer Recommendation an die Hand gegangen werden könne. Ibid.
  Dieweil endlich auch ein vornehmes Stücke der Christlichen Liebe, deren sich alle Menschen nach GOttes Willen und Gebot befleißigen sollen, dieses ist, daß einer dem andern in vorfallenden Sachen, welche sein Glaubens-Bekänntniß verdächtig machen, oder seinen guten Nahmen und Leimund schwächen, oder andern Ärgerniß geben möchten, wohlmeinend erinnere, ermahne und warne, dadurch denn auch, so es mit rechter Ordnung und geziemender Masse geschiehet, grosser Nutzen, so wohl gute Vorsichtigkeit und Behutsamkeit im Christlichen Leben und Amte, und Abwendung vieles ungleichen Verdachts, bösen Nachklangs und Mißverständniß, gestifftet, als auch das Band der Liebe und Vertraulichkeit zwischen Verwandten, Freunden, Collegen, Nachbarn, und im gantzen gemeinen Leben desto fester und beständiger erhalten wird;  
  als haben mehr bemeldete Ihro Hochfürstl. Durchl. zu solchem Ende  
 
  • nicht allein eine sonderbahre Verordnung, aus waserley Ursachen, und welcher gestalt die Christliche Erinnerung zu des Nächsten Gewinnung geschehen solle, abfassen, auch hierzu gewisse Personen zur Aufsicht neben den Pfarrern bestellen, und mit einer Special-Instruction versehen lassen, wie selbige in den Beyfugen zu Dero Landes-Ordnung sub Lit. B. C. und D. angehänget zu befinden, auch dem ertheilten Befehle gemäß, jährlich zwey mahl zu männiglichs Nachricht von den Cantzeln verlesen werden soll;
  • sondern es wird auch in der Landes-Ordnung selbst …
    • nicht allein denen zu solchem Wercke insonderheit bestellten Aufsehern anbefohlen,
    • sondern es werden auch alle und jede der Unterthanen, hohes und niedrigen Standes, Adel und Unadel, wie auch besonders alle dero hohe und niedrige Bediente zu Hofe und auf dem Lande, ermahnet, sothaner dero Christlichen Anordnung in allem und auf allerley Weise eiferigst nachzuleben.
 
  Dergleichen denn unter andern nicht weniger auch in denen Chur-Sächsischen Landes- und andern Verordnungen, die Kirchen- und Consistorial-Sachen betreffend, als da sind  
 
  • die Landes-Ordnung von 1543. und 1555.
  • die General-Artickel von 1580.
  • die Erledigung der Landes-Gebrechen von 1612. und von 1661.
  • das Revidirte Synodalische General-Decret von 1673.
  • und besonders die Kirchen-Ordnung von 1580.
 
  hin und wieder zu befinden.  
  Ubrigens besiehe hierbey auch den Artickel: Unterthan.  
     

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Stand: 9. September 2016 © Hans-Walter Pries