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Zedler: Weib [8] HIS-Data
5028-54-1-2-08
Titel: Weib [8]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 54 Sp. 38
Jahr: 1747
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 54 S. 32
Vorheriger Artikel: Weib [7]
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Übersicht
Ob die Weiber öffentlich lehren dürffen?
Ob die Weiber der Academischen Ehren-Grade fähig seyn?
Rechte der Weiber
Literatur
Siehe auch

  Text   Quellenangaben
  Ob die Weiber öffentlich lehren dürffen?  
  Die Weiber sind von öffentlicher Führung des Lehr-Amtes ausgeschlossen. Denn die Exempel ausserordentlicher mit Lehr-Gaben versehenen Personen weiblichen Geschlechtes z.E.
  • 2. Mos. XV, 21. u.f.
  • Richt. IV, 4, u.f. V, 1. u.f.
  • 2 Kön. XII, 14 u.f.
  • Luc. II, 36.
  • Apost. Gesch. XI, 9.
  können der ausdrücklichen Verordnung, daß die ordentlichen Lehrer der Gemeinden Manns-Personen seyn müssen, um soviel weniger entgegen gesetzet werden; Je unerweißlicher es ist, daß dieselben ein öffentliches Lehr-Amt geführet haben, 4 Mos. XII, 1. 5. 10 u.f.
  Folglich erhellet daraus nur die Fähigkeit der Weibs-Personen zu allen, auch ausserordentlichen Geistes Würckungen, die auch aus Joel III, 1. dargethan werden kan, obgleich der öffentliche Gebrauch derselben zu dem Lehr-Amte näher eingeschräncket ist.  
  Die zu dem äussern Dienste der Gemeinen in den ersten Jahrhunderten verordneten Weibs-Personen, Röm. XVI, 1. 1 Timoth. V, 9. haben ebenfalls so wenig, als andere zu der Ausbreitung des Evangelii beförderlich gewesene Weiber, ein Lehr-Amt verwaltet, oder öffentlich gelehret;
  • Apost. Gesch. XVIII, 26;
  • Röm. XVI, 3. 12;
  • Phil. IV, 2 u.f.
  Jedoch den vornehmsten Ausspruch in dieser Sache giebt Paulus, welcher 1 Corinth. XIV, 34. ausdrücklich bezeuget, es gebühre Weibern in der Gemeine Gottes zu schweigen. So gewiß nun auch dieses ist, so haben sich dennoch zu unterschiedenen Zeiten einige gefunden, die keinen Bedencken getragen, das Gegentheil zu lehren. Wir wollen hier nicht der heydnischen Priesterinnen, Diana, Venus, Vesta u.s.w. gedencken, sondern bey denen bleiben, so sich für Christen ausgeben.  
  Erstlich so scheinet es als ob Simon der Zauberer dieser Meynung gewesen sey, weil er nicht nur aus sich, sondern auch aus seiner gottlosen Helena, fast eine Göttin machen wollen. Ein gleiches könnte man von andern mehr sagen. Insonderheit aber waren die Quintilianer, eine Christliche Secte, mit diesem Irrthume hefftig eingenommen. Denn es erzehlet Epiphanius (Haeres. 49) von ihnen, sie hätten bisweilen nicht nur geistliche Priester-Stellen, sondern auch so gar Bißthümer, den Weibern anvertrauet. Nach ihnen waren die Cataphryges meistens gleicher Meynung, und liessen Weiber zu dem öffentlichen Predigt-Amte, welche sie Presbyteridas zu nennen pflegten. Zu Con-  
  {Sp. 39|S. 33}  
  stantinus des Grossen Zeiten erwählten die Weiber in Syrien etliche ihres Mittels, welcher öffentlich lehren musten; Es geschahe aber solches nur aus Noth, weil Licinius verboten hatte, es solten Weibs-Personen nicht mit den Manns-Personen in eine Versammlung kommen.  
  Zu Basilius Zeiten, sollen Nonnen gelehret, getaufft und das heilige Abendmahl ausgetheilet haben, welches an seinen Ort gestellet seyn mag. In dem achten Jahrhunderte war Pabst Bonifacius auf diese Meynung gerathen, welcher auch denen Nonnen zu predigen erlaubte, wie Hedio von Tecla und Lieba, zweyen Nonnen erzehlet. Ja, es kam damahls soweit, daß etliche Äbtißinnen sich unterfiengen, Priestern die Hände aufzulegen, oder sie zu ordiniren.  
  In dem vorigen Jahrhunderte sind, daß wir von andern nichts sagen, sonderlich die Quäcker auf diese Meynung sehr erpicht geworden, als bey welchen nichts gemeineres ist als dieses, das Weiber gantze Gemeinen öffentlich zu lehren sich unterstehen. Solchen haben es endlich, wie Jedermann bekannt ist, viel andre nachgethan. Von denen so wohl, als auch diesen, kan Crösii Quacker-Historie und D. Feustkings Gynecaeum Fanaticum nachgelesen werden: Insonderheit sind bey dem letztern viel merckwürdiger Exempel zu finden.  
     
  Ob die Weiber der Academischen Ehren-Grade fähig seyn?  
  Warum nicht? Es wär wieder die Wahrheit, wenn man behaupten wolte, daß keine jemahls mit dem Doctor-Titel, nach Verdienst, begabet worden sey, wie Zeiller ohne Scheu vorgiebt; Es wäre denn, daß er es pur von den Deutschen verstanden hätte. Der bekannte Limnäus führt aus dem Hilarion de Costa ein zweyfaches Exempel an; eines von Isabella Losa von Cordua, einer Spanierin, so zu der Doctorlichen Würde in der heiligen Schrifft gestiegen ist; Nach Absterben ihres Ehe-Herrns, gieng sie in St. Claren-Kloster, und starb 1564 in dem 71 Jahre ihres Alters. Das zweyte von Belticia Gozadina, Amatoris Gozadini, eines vornehmen Edelmanns zu Bononien, Tochter, welche nicht nur in dem Jahr 1535 (war das 23 ihres Alters) eine Doctorin der Rechte, sondern auch in dem Jahr 1539 in die Zahl dasiger Professoren mit höchstem Ruhme an- und aufgenommen ward. Sie hat unterschiedliche Rechts-Bücher geschrieben, so aber alle unter einem fremden und erdichteten Nahmen hervor getreten sind. Sie starb in ledigem Stande.  
  Helena Lucretia Cornara Pocopia verlangte zwar das Theologische Doctorat, aber der Cardinal Barbarigo, als Bischoff zu Padua, wolte ihr solches nicht gönnen; Jedennoch nahm sie den 25 Junius 1678 den höchsten Grad in der Philosophie rühmlich und öffentlich an. Dieser Ehre wegen, glückwünschte ihr Graf Otto von Bronchorst, und ihr Brabevra, und gewesener Lehrer, Carl Rinaldin, Mathematicus zu Padua, kriegte hierdurch Gelegenheit, von dem Theologischen Doctorate umständlicher zu reden, ob solches auch Weibs Personen beygeleget werden könne? Wobey zugleich seine Rede, die er bey der Promotion gehalten hat, mit zu sehen ist. Ihr Leben hat Maximilian De-  
  {Sp. 40}  
  za Italienisch beschrieben, wie auch Lateinisch Benedict Bacchini, wo es bey ihren Wercken, die er 1688 in dreyen Tomis zu Parma zusammen heraus gegeben hat, forn an zu finden ist.  
  Der erste Tomus hat lauter Academische Reden in sich; Der zweyte unterschiedliche Lateinische Lob- und Ehren-Reden, so Fürsten und andern Standes Personen geschrieben sind; Der dritte giebt allerhand Italienische und Lateinische Episteln. Auch hat Anton Lupis ihre Lebens-Beschreibung aufgesetzet, und ihrer Schwester, Venedramin Catharin, zugeeignet, die zwar auch wohlgelahrt war, doch mit Helena nicht zu vergleichen stund. Ihr Vater war Johann Baptista Cornelius, Procurator bey S. Marx in Venedig, ward den 5 Junius 1646 (nach dem neuen Calender) gebohren, starb den 26 Julius 1684 in dem 38 Jahre ihres Alters, und ward Padua in S. Justinen Kloster unter die Mönche begraben. Franciscus Carus hat ihr, den zweyten Tag nach ihrem Hintritte, einen Leichen-Sermon gehalten, der auch zu Padua gedruckt worden ist.  
  Sie war, ihrer schönen und mancherley Wissenschafften halber, in unterschiedene so genannte Academien, oder gelehrte Gesellschafften, eingenommen worden; Als in  
 
  • der Intronatorum ihre zu Sena,
  • der Recuperatorum zu Padua,
  • der Infoecundorum zu Rom,
  • und der Dodonaeorum, wie auch Pacificorum, zu Venedig.
 
  P. Frantz Macedo didicirte ihr seine Medullam Historiae Ecclesiasticae, und machte ihr zu Ehren diß Epigramma, das Ludwig Granedic auch Griechisch übersetzet hat:  
  Sunt Helenae geminae, sancta altera, et altera pulcra,
Moribus et forma tertia utramque refert.
Crux penes est Helenam: penes est te gloria Christi.
O Helena, illi crux cedit et illa tibi.
 
  In Diario Eruditorum Parmensi wird eine ihr zu Ehren geprägte Müntze gezeiget, wo auf einer Seite ihr Antlitz steht, und diese Worte: Hel. Luc. Cornelia Piscop. Fil. Io. Ba. D. M. P. Sep. Lin. orn. laurea Philosoph. domina Patavii A. S. 1678. Auf der andern Seite ist eine Perlen-Muschel, so mit offnem Maule den von dem Himmel fallenden Thau auffängt, wobey stehet; Non sine foenore. Unten findet man: Patav. Phil. Colleg. Decreto.  
  Vorgedachter P. Fr. Macedo hat in seinem Buche: Gemählde der Stadt Venedig betitelt, bey dem Lobe Cornarii Piscopii, Procurators zu S. Marx, dieses noch:  
  Illud palmarium in Cornelia familia: Cornelia, Mater Gracchorum, fama doctrinae viguit. In tua domo Cornelia Filia, pertissima graecarum literarum, omnigenae doctrinae laude floret. Suae et futurae aetatis miraculum in Veneta concha gemma erudita. Hanc tu pro aede monetoria Tibi vicina thesaurum omnibus gazis pretiosiorem domi habes, et orbi servas et coli a Doctis vides.  
  Daß sie aber auch Doctorin der Artzney Kunst gewesen seyn soll, wie ein anderer berichtet, ist falsch.  
  Mit weit besserer Reputation haben obgedachte den Doctor-Grad erlanget, als der Spanische Jude, Jacob Rosales, seinen, von dem Johann Moller sagt, er sey nicht nur ein Doctor der Artzney-  
  {Sp. 41|S. 34}  
  Kunst und Practicus zu Hamburg, sondern auch ein Kayserlicher Comes Palatinus, gewesen.  
  Wenn denn nun Bononien und Padua Türcken, Saracenen und Jüden des Doctorats würdigen, wie nebst andern, Messeling berichtet, wie vielmehr gebührt solches geschicktem und würdigem Frauenzimmer? Es nimmt uns Wunder, daß die sonst so berühmte hohe Schule zu Pisa dem Groß-Herzoglichen Schalcks-Gecken die Doctorliche Würde und Ehre in beyden Rechten habe beylegen und mittheilen wollen; Worüber zwar der Groß-Hertzog Ferdinand sehr entrüstet ward, und sie, weidlich ausputzte, wie bey dem Janus Nicius Erythräus zu lesen ist, und Itter aus ihm wiederholet. Der Promotus ward hernach nur D. Ciajesius genennet.  
  Weder die Civil-Gesetze, noch der Völcker Gewohnheiten, schliessen die Weibs-Personen von sothanen Academischen Ehren-Graden aus, die göttlichen Gesetze aber haben hierinnen nichts beschlossen, sondern es der Disposition der Menschen anheim gestellet. Obschon das öffentliche Lehr-Amt in der Kirche Weibern verboten ist, können sie deshalben doch wohl Doctorinnen werden, und durch öffentliche Schrifften andere lehren, und also ihren Nahmen vertheidigen.  
  Diana will zwar klugen und gelehrten Weibern auch das öffentliche Lehr-Amt überlassen, und Alloza will ihnen gar Beichte zu hören erlauben; Allein das ist abgeschmackt. Die Diaconißinnen reimen sich gar nicht hierer, massen solche nur die Thür hüteten, und den Priestern bey der Weiber Tauffe, und das der Erbarkeit und des Wohlstandes halber, dieneten. Wirfft uns jemand die Bischoffinnen in den Weg, so Gottes Wort öffentlich lehreten, absolvirten, die Sacramente austheilten, und dergleichen mehr; So waren solche nur unter der ketzerischen Quintilianer und Priscillianer Geschmeisse, nicht bey und unter dem Hauffen derer Rechtgläubigen, bey welchen der Nahme Bischoffin nur ein Ehren und kein Amt-Wort war.  
  Da wir denn die Schelwigische Erinnerung gar nicht in den Wind schlagen, daß nemlich solche von Weibern geschriebene Bücher vorhero von denen ordentlichen Herren Geistlichen gebührender massen übersehen und censiret werden sollen, welches auch denen Manns-Büchern wiederfähret. Konnte Accurs Tochter über das bürgerliche Recht öffentlich zu Bononien lesen; Ward der, wegen der Religion, vertriebenen Olympia Fulvia Morata erlaubt, in dem 29 Jahre ihres Alters, den öffentlichen Lehr Stuhl in Heidelberg zu besteigen, und Griechisch zu Lehren; Ließ man der Juliana Morella, einer Spanierin, zu, in dem 12 Jahre ihres Alters, in Capuziner-Habite, Philosophische Theses öffentlich zu vertheidigen, so sie auch hernach der Königin Margret in Spanien zuschrieb; ward der Cäcilia Siburia, in dem 18 Jahre ihres Alters, vergönnet, unter P. Johann Anton de Panormo, Theses Philosophicas et Theologicas öffentlich zu verfechten; Warum nicht auch andern und mehrern?  
  Sie können sich ja gar wohl der Academischen Ehren-Grade auch fähig machen; Es lauft auch weder der Erbarkeit, noch löblichen Sitten zuwider, solchen die Belohnungen und  
  {Sp. 42}  
  Zeugnisse gültiger Kunst und Wissenschafft mitzutheilen; Wie Andreas Mendo einstreuet.  
  Wie viele nette Dichterinnen sind mit dem Poetischen Lorbeer-Crantze, nach Verdienst, ruhmwürdig gecrönet worden, welche Paullinus, in seinem Hoch- und Wohlgelahrten Deutschen Frauenzimmer, desgleichen Kottholt, vorgestellet hat? Wer könnte, oder wolte, doch mit Fug die Hochgelehrten Damen, (nur gar wenig Deutsche hier zu benennen) oder dero gleichen, als  
 
  • die weyland Chur-Pfaltzische Frau Äbtißin zu Herford, Frau Elisabeth,
  • des Frey-Herrn Carls von Friese, Herrn zu Rhotau, Cotte, u.d.m. älteste Fräulein Tochter Henrietta Cathrina,
  • Herrn Conrad von Löser, Erbherrn in Salitz, Reinhartz, Heinichen, u.s.w. Chur-Sächsischen Hof-Marschalls, Gemahlin, Frau Margrete Sibylla, gebohrne Wagenseilin, aber vermählte Mollerin,
  • Herrn Daniel Wilhelm Mollers, wohlberühmten Professors zu Altdorff, Ehe-Liebste, u.a.m.
 
  der Doctorlichen Würde nicht würdig achten?  
     
  Rechte der Weiber.  
  Von denen Rechten der Weiber sehe man den Artickel: Weiber-Rechte.  
     
Literatur Man lese übrigens von denen bisher abgehandelten Materien,
  • Schneiders Bibl. Lex. II Th. …
  • Rambachs Domat. Theol. I Th. …
  • Schöttgens Antiqu. Lex. …
  • Miri Bibl. Antiqu. Lexic. …
  • Schmidts Bibl. Histor. …
  • Baumgartens Theol. Moral …
  • Unschuldige Nachrichten von 1707 …
  • Schrödters Cont. Acerr. Bibl. Müll. IV Hund …
  • Sewels Geschichte der Quäcker …
  • Reimmanns Histor. Literar. Antedil. …
  • Gründl. Auszüge aus den Disput.
  • Paullini Philos. Lust-Stunden I Th. …
Siehe auch Siehe übrigens den Artickel: Weibs-Person.  
     

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Stand: 17. Februar 2013 © Hans-Walter Pries